TE OGH 2004/12/15 6Ob138/04v

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Veröffentlicht am 15.12.2004
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Ehmayr als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Huber, Dr. Prückner, Dr. Schenk und Dr. Schramm als weitere Richter in den verbundenen Rechtssachen der klagenden und widerbeklagten Partei Dr. Monika D*****, vertreten durch Dr. Helene Klaar, Mag. Norbert Marschall Rechtsanwälte OEG in Wien, gegen die beklagte und widerklagende Partei Heinz D*****, vertreten durch Freund & Kleiber, Rechtsanwälte in Wien, wegen Ehescheidung, über die außerordentliche Revision der beklagten und widerklagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Wr. Neustadt als Berufungsgericht vom 26. März 2004, GZ 16 R 75/04z-48, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts Mödling vom 27. November 2003, GZ 2 C 220/01v (2 C 250/01f)-42, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 2 ZPO zurückgewiesen.Die außerordentliche Revision wird gemäß Paragraph 508 a, Absatz 2, ZPO mangels der Voraussetzungen des Paragraph 502, Absatz 2, ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Wenn eine Ehescheidungsklage unter Anspruchsverzicht zurückgenommen wurde, können die vor der Klagsrücknahme liegenden Scheidungsgründe nur im Zusammenhang mit einem nachher gesetzten Scheidungsgrund ins Treffen geführt werden (RIS-Justiz RS0039659). Gemäß § 59 Abs 2 EheG können auch Eheverfehlungen, auf die eine Scheidungsklage nicht mehr gegründet werden, nach Ablauf der Fristen des § 57 EheG zur Unterstützung einer auf andere Eheverfehlungen gegründeten Scheidungsklage geltend gemacht werden. Auch in die Verschuldensabwägung können verjährte Eheverfehlungen einbezogen werden (RIS-Justiz RS0043434, RS0057209).Wenn eine Ehescheidungsklage unter Anspruchsverzicht zurückgenommen wurde, können die vor der Klagsrücknahme liegenden Scheidungsgründe nur im Zusammenhang mit einem nachher gesetzten Scheidungsgrund ins Treffen geführt werden (RIS-Justiz RS0039659). Gemäß Paragraph 59, Absatz 2, EheG können auch Eheverfehlungen, auf die eine Scheidungsklage nicht mehr gegründet werden, nach Ablauf der Fristen des Paragraph 57, EheG zur Unterstützung einer auf andere Eheverfehlungen gegründeten Scheidungsklage geltend gemacht werden. Auch in die Verschuldensabwägung können verjährte Eheverfehlungen einbezogen werden (RIS-Justiz RS0043434, RS0057209).

Während die Wertung, ob die wesentliche Grundlage für die Fortführung der Ehe bei einem Teil subjektiv zu bestehen aufgehört hat, dem irrevisiblen Tatsachenbereich zuzuordnen ist (SZ 70/19; 6 Ob 326/00k; 10 Ob 6/03k), stellt die Frage, ob die Ehe objektiv unheilbar zerrüttet ist, eine aufgrund der Feststellungen zu entscheidende Rechtsfrage dar (RIS-Justiz RS0043432; 6 Ob 326/00k ua). Unheilbare Ehezerrüttung iSd § 49 EheG ist dann anzunehmen, wenn die geistige, seelische und körperliche Gemeinschaft zwischen den Ehegatten und damit die Grundlage der Ehe objektiv und wenigsten bei einem Ehegatten auch subjektiv zu bestehen aufgehört haben (RIS-Justiz RS0056832). Dem Revisionswerber ist zuzugestehen, dass nach neuerer Rechtsprechung der Kausalzusammenhang zwischen einer Eheverfehlung und der Zerrüttung dann nicht mehr gegeben ist, wenn die Ehe zu diesem Zeitpunkt schon so tief zerrüttet war, dass eine weitere Zerrüttung nicht mehr eintreten konnte (10 Ob 258/99k mwN). Ein Ehegatte kann daher die Scheidung nicht gemäß § 49 EheG wegen Eheverfehlungen begehren, die erst nach der unheilbaren Zerrüttung der Ehe begangen wurden, weil die Eheverfehlungen für die Zerrüttung der Ehe kausal sein müssen (10 Ob 258/99k mwN). Es gibt aber auch Fälle, in denen die Ehe zwar tiefgreifend, aber noch nicht unheilbar zerrüttet war und in denen vor allem ein Teil die Zerrüttung noch nicht als unheilbar empfand, weshalb er die Eheverfehlungen noch als ehezerstörend ansehen musste (10 Ob 2298/96f; 10 Ob 258/99k mwN). Auch wenn eine Ehe schon einen gewissen Zerrüttungszustand erreicht hat, müssen die Partner einander weiterhin anständig begegnen und die eheliche Treue einhalten. Nach Eintreten der (noch nicht gänzlichen und unheilbaren) Zerrüttung gesetzte Eheverfehlungen sind daher nicht schlechthin unbeachtlich, da auch eine schon bestehende Zerrüttung noch vertieft werden kann. Es ist im Einzelfall zu prüfen, ob durch weitere Eheverfehlungen eine solche Vertiefung tatsächlich eingetreten ist, ob also zwischen der Zerrüttung und weiteren Eheverfehlungen ein kausaler Zusammenhang besteht (10 Ob 258/99k mwN). Selbst nachdem die Ehe aus dem Verschulden eines Ehegatten zerrüttet wurde, sind Eheverfehlungen des anderen Teils dann noch von Belang und geeignet ein Mitverschulden zu begründen, wenn eine Vertiefung der Zerrüttung nicht ausgeschlossen werden kann und der zunächst schuldtragende Teil das Verhalten seines Gatten bei verständiger Würdigung noch als ehezerrüttend empfinden darf (SZ 70/19; 10 Ob 258/99k mwN). Die Frage, wann die unheilbare Zerrüttung der Ehe eintrat, hängt von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls ab (6 Ob 326/00k ua). Wann und in welchem Ausmaß von einer vollständigen und unheilbaren Zerrüttung der Ehe auszugehen ist, sodass danach erfolgte, auch schwere Eheverfehlungen bei der Verschuldensabwägung nicht mehr zu berücksichtigen sind (RIS-Justiz RS0056900), hängt immer von den festgestellten Umständen des Einzelfalls ab (6 Ob 252/03g). Den Ausführungen im Berufungsurteil ist klar zu entnehmen, dass es entgegen den Revisionsausführungen für den Oktober 2000 noch nicht von einer derart unheilbaren Zerrüttung der Ehe ausging, dass die nachfolgenden Eheverfehlungen des Revisionswerbers, die nach der Rücknahme der ersten Scheidungsklage der Frau liegen, keine Vertiefung der Zerrüttung bewirken hätten können. In einem solchen Fall sind nachfolgende Eheverfehlungen - wie ausgeführt - beachtlich. Eine über ein außerordentliches Rechtsmittel aufgreifbare rechtliche Fehlbeurteilung liegt nicht vor. Nur wenn die Eheverfehlung des beklagten Ehegatten durch die Verfehlungen des klagenden Ehegatten derart beeinflusst wurden, dass sie etwa nur eine Reaktion darstellten, oder wenn sie in ihrer Bedeutung hinter die Verfehlungen des klagenden völlig zurücktreten, könnte das Scheidungsbegehren sittlich nicht gerechtfertigt sein (1 Ob 4/98i; 10 Ob 6/03k ua). Der Revisionswerber vermag im Zusammenhang mit der sittlichen Rechtfertigung des Scheidungsbegehrens der Klägerin keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO aufzuzeigen. Sein von den Vorinstanzen festgestelltes Verhalten rechtfertigt in seiner Gesamtheit keine Berufung auf die Verwirkungsklausel des § 49 letzter Satz EheG. Im Übrigen muss die Frage der sittlichen Berechtigung des Scheidungsbegehrens ohnedies aufgrund der gesamten Umstände des jeweiligen Einzelfalls geprüft werden (10 Ob 6/03k mwN).Während die Wertung, ob die wesentliche Grundlage für die Fortführung der Ehe bei einem Teil subjektiv zu bestehen aufgehört hat, dem irrevisiblen Tatsachenbereich zuzuordnen ist (SZ 70/19; 6 Ob 326/00k; 10 Ob 6/03k), stellt die Frage, ob die Ehe objektiv unheilbar zerrüttet ist, eine aufgrund der Feststellungen zu entscheidende Rechtsfrage dar (RIS-Justiz RS0043432; 6 Ob 326/00k ua). Unheilbare Ehezerrüttung iSd Paragraph 49, EheG ist dann anzunehmen, wenn die geistige, seelische und körperliche Gemeinschaft zwischen den Ehegatten und damit die Grundlage der Ehe objektiv und wenigsten bei einem Ehegatten auch subjektiv zu bestehen aufgehört haben (RIS-Justiz RS0056832). Dem Revisionswerber ist zuzugestehen, dass nach neuerer Rechtsprechung der Kausalzusammenhang zwischen einer Eheverfehlung und der Zerrüttung dann nicht mehr gegeben ist, wenn die Ehe zu diesem Zeitpunkt schon so tief zerrüttet war, dass eine weitere Zerrüttung nicht mehr eintreten konnte (10 Ob 258/99k mwN). Ein Ehegatte kann daher die Scheidung nicht gemäß Paragraph 49, EheG wegen Eheverfehlungen begehren, die erst nach der unheilbaren Zerrüttung der Ehe begangen wurden, weil die Eheverfehlungen für die Zerrüttung der Ehe kausal sein müssen (10 Ob 258/99k mwN). Es gibt aber auch Fälle, in denen die Ehe zwar tiefgreifend, aber noch nicht unheilbar zerrüttet war und in denen vor allem ein Teil die Zerrüttung noch nicht als unheilbar empfand, weshalb er die Eheverfehlungen noch als ehezerstörend ansehen musste (10 Ob 2298/96f; 10 Ob 258/99k mwN). Auch wenn eine Ehe schon einen gewissen Zerrüttungszustand erreicht hat, müssen die Partner einander weiterhin anständig begegnen und die eheliche Treue einhalten. Nach Eintreten der (noch nicht gänzlichen und unheilbaren) Zerrüttung gesetzte Eheverfehlungen sind daher nicht schlechthin unbeachtlich, da auch eine schon bestehende Zerrüttung noch vertieft werden kann. Es ist im Einzelfall zu prüfen, ob durch weitere Eheverfehlungen eine solche Vertiefung tatsächlich eingetreten ist, ob also zwischen der Zerrüttung und weiteren Eheverfehlungen ein kausaler Zusammenhang besteht (10 Ob 258/99k mwN). Selbst nachdem die Ehe aus dem Verschulden eines Ehegatten zerrüttet wurde, sind Eheverfehlungen des anderen Teils dann noch von Belang und geeignet ein Mitverschulden zu begründen, wenn eine Vertiefung der Zerrüttung nicht ausgeschlossen werden kann und der zunächst schuldtragende Teil das Verhalten seines Gatten bei verständiger Würdigung noch als ehezerrüttend empfinden darf (SZ 70/19; 10 Ob 258/99k mwN). Die Frage, wann die unheilbare Zerrüttung der Ehe eintrat, hängt von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls ab (6 Ob 326/00k ua). Wann und in welchem Ausmaß von einer vollständigen und unheilbaren Zerrüttung der Ehe auszugehen ist, sodass danach erfolgte, auch schwere Eheverfehlungen bei der Verschuldensabwägung nicht mehr zu berücksichtigen sind (RIS-Justiz RS0056900), hängt immer von den festgestellten Umständen des Einzelfalls ab (6 Ob 252/03g). Den Ausführungen im Berufungsurteil ist klar zu entnehmen, dass es entgegen den Revisionsausführungen für den Oktober 2000 noch nicht von einer derart unheilbaren Zerrüttung der Ehe ausging, dass die nachfolgenden Eheverfehlungen des Revisionswerbers, die nach der Rücknahme der ersten Scheidungsklage der Frau liegen, keine Vertiefung der Zerrüttung bewirken hätten können. In einem solchen Fall sind nachfolgende Eheverfehlungen - wie ausgeführt - beachtlich. Eine über ein außerordentliches Rechtsmittel aufgreifbare rechtliche Fehlbeurteilung liegt nicht vor. Nur wenn die Eheverfehlung des beklagten Ehegatten durch die Verfehlungen des klagenden Ehegatten derart beeinflusst wurden, dass sie etwa nur eine Reaktion darstellten, oder wenn sie in ihrer Bedeutung hinter die Verfehlungen des klagenden völlig zurücktreten, könnte das Scheidungsbegehren sittlich nicht gerechtfertigt sein (1 Ob 4/98i; 10 Ob 6/03k ua). Der Revisionswerber vermag im Zusammenhang mit der sittlichen Rechtfertigung des Scheidungsbegehrens der Klägerin keine erhebliche Rechtsfrage iSd Paragraph 502, Absatz eins, ZPO aufzuzeigen. Sein von den Vorinstanzen festgestelltes Verhalten rechtfertigt in seiner Gesamtheit keine Berufung auf die Verwirkungsklausel des Paragraph 49, letzter Satz EheG. Im Übrigen muss die Frage der sittlichen Berechtigung des Scheidungsbegehrens ohnedies aufgrund der gesamten Umstände des jeweiligen Einzelfalls geprüft werden (10 Ob 6/03k mwN).

Da der Gesetzgeber dem Richter nicht die Pflicht auferlegt hat, hinsichtlich des Verschuldensausmaßes subtile Abwägungen vorzunehmen (RIS-Justiz RS0057325), bedarf es der weiteren Voraussetzung, dass das eigene Verschulden desjenigen, der die Feststellung des Überwiegens des Verschuldens des anderen Ehepartners begehrt, fast völlig in den Hintergrund tritt (RIS-Justiz RS0057821 [T1]). Dies hat das Berufungsgericht mit vertretbarer und somit nichtrevisibler Rechtsauffassung verneint.

Daher erweist sich die außerordentliche Revision mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO als unzulässig. Diese Beurteilung bedarf nach § 510 Abs 3 ZPO keiner weiteren Begründung.Daher erweist sich die außerordentliche Revision mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage iSd Paragraph 502, Absatz eins, ZPO als unzulässig. Diese Beurteilung bedarf nach Paragraph 510, Absatz 3, ZPO keiner weiteren Begründung.

Anmerkung

E75865 6Ob138.04v

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2004:0060OB00138.04V.1215.000

Dokumentnummer

JJT_20041215_OGH0002_0060OB00138_04V0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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