TE OGH 2004/12/16 1Ob199/04b

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Veröffentlicht am 16.12.2004
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Rohrer, Dr. Zechner, Dr. Prückner und Univ. Doz. Dr. Bydlinski als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Howard K*****, vertreten durch Dr. Andreas A. Lintl, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur in Wien, wegen EUR 389.868,34 infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 14. Juni 2004, GZ 14 R 77/04b-19, mit dem das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 26. Jänner 2004, GZ 32 Cg 19/02b-15, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 2.227,92 EUR bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

Im Rahmen eines gegen den Kläger unter anderem wegen des Verdachts der Beteiligung an einer kriminellen Organisation (§ 278a StGB) geführten Strafverfahrens erließ das zuständige Strafgericht über Antrag der Staatsanwaltschaft gemäß § 144a StPO einstweilige Verfügungen, mit denen Bankkonten und ein Banksafe des Klägers gesperrt und beschlagnahmt wurden. Diese Entscheidungen wurden nach dem Freispruch des Klägers wieder aufgehoben. Der Kläger stellte daraufhin unter Berufung auf § 144a Abs 1 Satz 2 StPO iVm § 394 EO im Strafverfahren den Antrag, die beklagte Partei zu verpflichten, ihm den durch die einstweiligen Verfügungen verursachten Vermögensschaden zu ersetzen. Das Gericht wies den Antrag ab; ein dagegen erhobenes Rechtsmittel wurde sowohl vom Oberlandesgericht Wien als auch vom Obersten Gerichtshof als unzulässig zurückgewiesen, weil § 144a Abs 6 StPO gegen derartige Beschlüsse keinen Rechtszug vorsehe. Das Landesgericht für Strafsachen Wien lehnte in seiner Entscheidung im Anlassverfahren die in einem ebenfalls auf § 394 EO gestützten Verfahren des Klägers gegen die beklagte Partei zu 1 Ob 239/00d (SZ 73/187) geäußerte Rechtsansicht insoweit ab, als darin zum Ausdruck gebracht worden war, von dem in § 144a Abs 1 Satz 2 enthaltenen Verweis auf die sinngemäße Geltung der Bestimmungen der Exekutionsordnung über einstweilige Verfügungen sei auch § 394 EO erfasst. Es führte zur Begründung unter anderem Folgendes aus:Im Rahmen eines gegen den Kläger unter anderem wegen des Verdachts der Beteiligung an einer kriminellen Organisation (Paragraph 278 a, StGB) geführten Strafverfahrens erließ das zuständige Strafgericht über Antrag der Staatsanwaltschaft gemäß Paragraph 144 a, StPO einstweilige Verfügungen, mit denen Bankkonten und ein Banksafe des Klägers gesperrt und beschlagnahmt wurden. Diese Entscheidungen wurden nach dem Freispruch des Klägers wieder aufgehoben. Der Kläger stellte daraufhin unter Berufung auf Paragraph 144 a, Absatz eins, Satz 2 StPO in Verbindung mit Paragraph 394, EO im Strafverfahren den Antrag, die beklagte Partei zu verpflichten, ihm den durch die einstweiligen Verfügungen verursachten Vermögensschaden zu ersetzen. Das Gericht wies den Antrag ab; ein dagegen erhobenes Rechtsmittel wurde sowohl vom Oberlandesgericht Wien als auch vom Obersten Gerichtshof als unzulässig zurückgewiesen, weil Paragraph 144 a, Absatz 6, StPO gegen derartige Beschlüsse keinen Rechtszug vorsehe. Das Landesgericht für Strafsachen Wien lehnte in seiner Entscheidung im Anlassverfahren die in einem ebenfalls auf Paragraph 394, EO gestützten Verfahren des Klägers gegen die beklagte Partei zu 1 Ob 239/00d (SZ 73/187) geäußerte Rechtsansicht insoweit ab, als darin zum Ausdruck gebracht worden war, von dem in Paragraph 144 a, Absatz eins, Satz 2 enthaltenen Verweis auf die sinngemäße Geltung der Bestimmungen der Exekutionsordnung über einstweilige Verfügungen sei auch Paragraph 394, EO erfasst. Es führte zur Begründung unter anderem Folgendes aus:

"Es ist eindeutig, dass eine Bindung in verfahrensrechtlicher Hinsicht vorliegt. Dies bedeutet, dass das Landesgericht für Strafsachen Wien an die Rechtsansicht des Obersten Gerichtshofes als Zivilgericht gebunden ist, wonach das Landesgericht für Strafsachen Wien als Sicherungsgericht über auf § 394 EO gestützte Anträge zu entscheiden hat. ..."Es ist eindeutig, dass eine Bindung in verfahrensrechtlicher Hinsicht vorliegt. Dies bedeutet, dass das Landesgericht für Strafsachen Wien an die Rechtsansicht des Obersten Gerichtshofes als Zivilgericht gebunden ist, wonach das Landesgericht für Strafsachen Wien als Sicherungsgericht über auf Paragraph 394, EO gestützte Anträge zu entscheiden hat. ...

Es ist festzuhalten, dass die oben ersichtliche Entscheidung des Obersten Gerichtshofs nicht im gegenständlichen Strafverfahren ergangen ist. Es liegt keine Entscheidung des zuständigen Landesgerichtes für Strafsachen Wien vor, welche angefochten worden ist. Daraus muss abgeleitet werden, dass die im Zivilrechtsweg ergangene Entscheidung des Höchstgerichtes keine Bindungswirkung in materieller Hinsicht bezüglich des gegenständlichen Strafverfahrens entfalten kann. Eine gegenteilige Ansicht würde die in der Strafprozessordnung vorgesehenen Anhörungsrechte der Staatsanwaltschaft Wien als Anklagebehörde, der Oberstaatsanwaltschaft und der Generalprokuratur (gegebenenfalls) ausschalten und eindeutig der im Strafverfahren anzuwendenden Strafprozessordnung widersprechen. ...

Wenn § 144a Abs 1 letzter Satz StPO darauf verweist, dass für diese einstweilige Verfügungen die Bestimmungen der Exekutionsordnung über einstweilige Verfügungen sinngemäß gelten, soferne im Folgenden nichts anderes bestimmt ist, so kann daraus nur abgeleitet werden, dass diese Anwendung der EO eben nur dem Sinne nach erfolgen kann. Dies bedeutet jedoch, dass die sinngemäße Anwendung der Exekutionsordnung nur für die Erlassung und die Durchführung von einstweiligen Verfügungen erfolgen soll. Denn nur die Erlassung und die Durchführung von solchen einstweiligen Verfügungen ist neu in der Strafprozessordnung und wurde diesbezüglich auf die Exekutionsordnung verwiesen. Es ist dem Strafgesetzgeber nicht zuzusinnen, dass er bei der Durchsetzung allfälliger Ersatzansprüche - wie im gegenständlichen Fall - in der Strafprozessordnung ein neues aus der Exekution entlehntes Rechtsinstitut einführen und damit eine Ungleichbehandlung gegenüber jenen Personen, die gemäß § 144 StPO über sich Hausdurchsuchungen, Personendurchsuchungen und Beschlagnahmungen ergehen lassen mussten, bewirken wollte. Dies bedeutet, dass im gegenständlichen Fall hinsichtlich allfälliger Ersatzansprüche nicht anders vorzugehen ist, als bei gemäß §§ 143, 144 StGB erlassenen und angeordneten gerichtlichen Maßnahmen. Daraus folgt weiters, dass sich die sinngemäße Anwendung der Bestimmungen der EO keinesfalls auf die Kosten- und Ersatzansprüche beziehen kann, weil diese in der Strafprozessordnung ausführlich und endgültig (§§ 381 f bzw 390 f StPO) geregelt und vom Strafgesetzgeber auch nicht geändert worden sind. ...Wenn Paragraph 144 a, Absatz eins, letzter Satz StPO darauf verweist, dass für diese einstweilige Verfügungen die Bestimmungen der Exekutionsordnung über einstweilige Verfügungen sinngemäß gelten, soferne im Folgenden nichts anderes bestimmt ist, so kann daraus nur abgeleitet werden, dass diese Anwendung der EO eben nur dem Sinne nach erfolgen kann. Dies bedeutet jedoch, dass die sinngemäße Anwendung der Exekutionsordnung nur für die Erlassung und die Durchführung von einstweiligen Verfügungen erfolgen soll. Denn nur die Erlassung und die Durchführung von solchen einstweiligen Verfügungen ist neu in der Strafprozessordnung und wurde diesbezüglich auf die Exekutionsordnung verwiesen. Es ist dem Strafgesetzgeber nicht zuzusinnen, dass er bei der Durchsetzung allfälliger Ersatzansprüche - wie im gegenständlichen Fall - in der Strafprozessordnung ein neues aus der Exekution entlehntes Rechtsinstitut einführen und damit eine Ungleichbehandlung gegenüber jenen Personen, die gemäß Paragraph 144, StPO über sich Hausdurchsuchungen, Personendurchsuchungen und Beschlagnahmungen ergehen lassen mussten, bewirken wollte. Dies bedeutet, dass im gegenständlichen Fall hinsichtlich allfälliger Ersatzansprüche nicht anders vorzugehen ist, als bei gemäß Paragraphen 143,, 144 StGB erlassenen und angeordneten gerichtlichen Maßnahmen. Daraus folgt weiters, dass sich die sinngemäße Anwendung der Bestimmungen der EO keinesfalls auf die Kosten- und Ersatzansprüche beziehen kann, weil diese in der Strafprozessordnung ausführlich und endgültig (Paragraphen 381, f bzw 390 f StPO) geregelt und vom Strafgesetzgeber auch nicht geändert worden sind. ...

Davon abgesehen, ist die Gleichstellung der Staatsanwaltschaft mit einer gefährdeten Partei nach der EO auch grundsätzlich unzulässig. Denn der Staatsanwalt schreitet für den Strafanspruch des Staates ein, nicht aber für privatrechtliche Ansprüche der Republik. Solche sind von der Finanzprokuratur geltend zu machen, die sich dabei - wie jeder andere Geschädigte auch - der Zivilgerichte bedienen kann. Stellt sie dort für die Republik Österreich nach §§ 378 ff EO Anträge, so treten auch die in den §§ 393, 394 EO beschriebenen Kosten- und Ersatzpflichten ein.Davon abgesehen, ist die Gleichstellung der Staatsanwaltschaft mit einer gefährdeten Partei nach der EO auch grundsätzlich unzulässig. Denn der Staatsanwalt schreitet für den Strafanspruch des Staates ein, nicht aber für privatrechtliche Ansprüche der Republik. Solche sind von der Finanzprokuratur geltend zu machen, die sich dabei - wie jeder andere Geschädigte auch - der Zivilgerichte bedienen kann. Stellt sie dort für die Republik Österreich nach Paragraphen 378, ff EO Anträge, so treten auch die in den Paragraphen 393,, 394 EO beschriebenen Kosten- und Ersatzpflichten ein.

Die im § 144a StPO beschriebenen Sicherungsmittel dienen dagegen nicht der Einbringlichmachung privatrechtlicher Ansprüche für die Republik, sondern ausschließlich der Sicherung eines Vorgehens nach § 20 StGB oder § 20b StGB. Dabei handelt es sich in beiden Fällen um Entscheidungen, die das Strafgericht von Amts wegen zu treffen hat - also nicht auf Antrag und zugunsten der Staatsanwaltschaft als gefährdete bzw betreibende Partei - und die auch keine privatrechtliche Forderung zum Gegenstand hat.Die im Paragraph 144 a, StPO beschriebenen Sicherungsmittel dienen dagegen nicht der Einbringlichmachung privatrechtlicher Ansprüche für die Republik, sondern ausschließlich der Sicherung eines Vorgehens nach Paragraph 20, StGB oder Paragraph 20 b, StGB. Dabei handelt es sich in beiden Fällen um Entscheidungen, die das Strafgericht von Amts wegen zu treffen hat - also nicht auf Antrag und zugunsten der Staatsanwaltschaft als gefährdete bzw betreibende Partei - und die auch keine privatrechtliche Forderung zum Gegenstand hat.

Daher gelten hier auch nicht die Bestimmungn der EO über Kosten und Ersatzleistungen, sondern nur die der StPO...

Zusammenfassend kommt man sohin zu dem Ergebnis, dass dem Gesetzgeber (Strafgesetzgeber) nicht zugesonnen werden kann, dass er in die Strafprozessordnung ein neues aus der Exekutionsordnung entlehntes Rechtsinstitut einführen wollte. Hiezu gelangt man nicht nur auf dem Weg einer systematischen Interpretation (§ 144a ist unmittelbar an § 144 StPO angefügt worden), sondern auch auf dem Weg einer historisch-teleologischen Interpretation. Die Bestimmung des § 144a StPO ist im Anschluss an die Neuschaffung der Tatbestände der Geldwäscherei und der kriminellen Organisation im Strafgesetzbuch zum Zweck der besseren Bekämpfung der besonders gefährlichen und international tätigen Kriminalität geschaffen worden. Schon daraus erhellt, dass dem historischen Strafgesetzgeber keinesfalls zugesonnen werden darf, dass er in diesem Zusammenhang gegebenenfalls entstehende Ersatzansprüche hinsichtlich ihrer Durchsetzbarkeit besser stellen wollte als solche, wie sie sich aus § 144 StPO ergeben."Zusammenfassend kommt man sohin zu dem Ergebnis, dass dem Gesetzgeber (Strafgesetzgeber) nicht zugesonnen werden kann, dass er in die Strafprozessordnung ein neues aus der Exekutionsordnung entlehntes Rechtsinstitut einführen wollte. Hiezu gelangt man nicht nur auf dem Weg einer systematischen Interpretation (Paragraph 144 a, ist unmittelbar an Paragraph 144, StPO angefügt worden), sondern auch auf dem Weg einer historisch-teleologischen Interpretation. Die Bestimmung des Paragraph 144 a, StPO ist im Anschluss an die Neuschaffung der Tatbestände der Geldwäscherei und der kriminellen Organisation im Strafgesetzbuch zum Zweck der besseren Bekämpfung der besonders gefährlichen und international tätigen Kriminalität geschaffen worden. Schon daraus erhellt, dass dem historischen Strafgesetzgeber keinesfalls zugesonnen werden darf, dass er in diesem Zusammenhang gegebenenfalls entstehende Ersatzansprüche hinsichtlich ihrer Durchsetzbarkeit besser stellen wollte als solche, wie sie sich aus Paragraph 144, StPO ergeben."

Der Kläger machte nun Amtshaftungsansprüche geltend, weil der Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen Wien auf einer unrichtigen und unvertretbaren Rechtsauffassung beruhe. Das Erstgericht wies das Klagebegehren im Wesentlichen mit der Begründung ab, die beanstandete Entscheidung sei jedenfalls vertretbar. Nur ein Abweichen von einer klaren Rechtslage oder der ständigen Rechtsprechung des zuständigen Höchstgerichts, das nicht auf einer sorgfältig begründeten Überlegung und der Auseinandersetzung mit der herrschenden Rechtsprechung beruhe, sei in der Regel als rechtswidrig und schuldhaft zu beurteilen. Im vorliegenden Fall habe das Gericht seine inhaltlich von der (einzigen) höchstgerichtlichen Entscheidung abweichende Ansicht sorgfältig und ausführlich begründet. In einer späteren Entscheidung habe auch der Oberste Gerichtshof die gegenteilige Auffassung, nämlich die Ansicht, § 394 EO sei unanwendbar, als vertretbar angesehen.Der Kläger machte nun Amtshaftungsansprüche geltend, weil der Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen Wien auf einer unrichtigen und unvertretbaren Rechtsauffassung beruhe. Das Erstgericht wies das Klagebegehren im Wesentlichen mit der Begründung ab, die beanstandete Entscheidung sei jedenfalls vertretbar. Nur ein Abweichen von einer klaren Rechtslage oder der ständigen Rechtsprechung des zuständigen Höchstgerichts, das nicht auf einer sorgfältig begründeten Überlegung und der Auseinandersetzung mit der herrschenden Rechtsprechung beruhe, sei in der Regel als rechtswidrig und schuldhaft zu beurteilen. Im vorliegenden Fall habe das Gericht seine inhaltlich von der (einzigen) höchstgerichtlichen Entscheidung abweichende Ansicht sorgfältig und ausführlich begründet. In einer späteren Entscheidung habe auch der Oberste Gerichtshof die gegenteilige Auffassung, nämlich die Ansicht, Paragraph 394, EO sei unanwendbar, als vertretbar angesehen.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und erklärte die ordentliche Revision für zulässig. Es entspreche einheitlicher Rechtsprechung, dass im Amtshaftungsrecht nicht anders gehaftet werde als im allgemeinen Schadenersatzrecht und die Rechtsträger auch für leichtes Organverschulden hafteten. Es solle nur nicht jede Rechtsansicht, die von der höheren Instanz nicht gebilligt wurde, schon als rechtswidrig und schuldhaft gelten. Seien Gesetzesbestimmungen nicht vollkommen eindeutig, enthielten sie Unklarheiten über die Tragweite ihres Wortlauts, und stehe zudem keine höchstgerichtliche Rechtsprechung als Entscheidungshilfe zur Verfügung, komme es allein darauf an, ob bei pflichtgemäßer Überlegung aller Umstände die getroffene Entscheidung als vertretbar bezeichnet werden könne. Ein Abweichen von einer klaren Rechtslage oder der ständigen Rechtsprechung des zuständigen Höchstgerichts, das nicht erkennen lasse, dass es auf einer sorgfältigen und bei geforderter Schriftlichkeit auch begründeten Überlegung unter Auseinandersetzung mit der herrschenden Rechtsprechung beruht, werde in der Regel als rechtswidrig und schuldhaft zu beurteilen sein. Ungeachtet seiner zu 1 Ob 239/00d ergangenen Entscheidung über die Anwendbarkeit des § 394 EO im Verfahren über einstweilige Verfügungen nach § 144a StPO habe der Oberste Gerichtshof zu 1 Ob 248/00b eine außerordentliche Revision gegen ein Urteil des Oberlandesgerichts Linz, das die gegenteilige Auffassung als vertretbar angesehen hat, zurückgewiesen und erklärt, die Auffassung über die Vertretbarkeit der abweichenden Rechtsansicht stelle keine vom Obersten Gerichtshof zu korrigierende grobe Verkennung der Rechtslage dar. Der Oberste Gerichtshof habe insbesondere darauf Bedacht genommen, dass die gesetzliche Anordnung, die Bestimmungen über die einstweilige Verfügung seien "sinngemäß" anzuwenden, viele Fragen offen lasse und zum Zeitpunkt der Entscheidung des dortigen Berufungsgerichts höchstgerichtliche Rechtsprechung zu dieser Frage noch nicht vorgelegen sei. Nach der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs zur Anwendbarkeit des § 394 EO habe der Gesetzgeber durch das StRÄG 2002 dem § 144a StPO einen Absatz 7 angefügt, der nun ausdrücklich anordne, dass der Bund ausschließlich nach den Bestimmungen des Amtshaftungsgesetzes hafte. Für den vorliegenden Fall, für den es eine derartige klare Einschränkung noch nicht gegeben habe, sei die Rechtslage weiterhin nicht eindeutig gewesen, wohl sei aber eine höchstgerichtliche Entscheidung in einem Zivilverfahren vorgelegen, die gerade jenen Kläger betroffen habe, der auch den Antrag im Strafverfahren gestellt hat. Das Strafgericht habe seine Entscheidung, dass es die in einem Zivilverfahren ergangene höchstgerichtliche Entscheidung wohl als für seine Zuständigkeit, nicht aber für das Bestehen eines solchen Anspruchs bindend ansah, ausführlich und mit verschiedenen Argumenten begründet. Da nur eine einzige höchstgerichtliche Entscheidung vorgelegen sei, könne von einer ständigen höchstgerichtlichen Rechtsprechung nicht ausgegangen werden; auch Lehrmeinungen in diese Richtung hätten keine dogmatische Begründung enthalten. In der Regierungsvorlage zum StRÄG 2002 werde zur Anfügung des Abs 7 in § 144a ZPO auf die Entscheidung zu 1 Ob 239/00d Bezug genommen, jedoch moniert, dass diese die Besonderheiten einer einstweiligen Verfügung nach § 144a StPO übersehen habe; durch den neuen Abs 7 solle ausdrücklich verankert und klargestellt werden, dass eine Haftung des Bundes nur nach den Bestimmungen des Amtshaftungsgesetzes eintrete. Auch daraus lasse sich keineswegs im Sinne des Klägers ableiten, dass nach Ansicht des Gesetzgebers bis dahin eine Ersatzpflicht nach § 394 EO unbezweifelbar bestanden habe. Die Erwägungen in dieser Regierungsvorlage zeigten vielmehr, dass verschiedene Auslegungen des § 144a Abs 1 letzter Satz StPO durchaus sinnvoll möglich gewesen seien. Schließlich spreche auch der Umstand, dass die Regelung über die beschränkte Anfechtbarkeit von Entscheidungen im Verfahren nach § 144a Abs 6 StPO Entscheidungen über Ersatzansprüche nach § 394 EO nicht enthalte, dafür, dass der Gesetzgeber einen solchen Anspruch nicht im Auge gehabt habe; bei gegenteiliger Auffassung wäre es zu der äußerst ungewöhnlichen Situation gekommen, dass über derartige Ersatzansprüche das Strafgericht erster Instanz unanfechtbar entschieden hätte. Wohl hänge die Vertretbarkeit einer Rechtsansicht in der Regel von den Umständen des Einzelfalls ab. Da aber in der inkriminierten Entscheidung von einer Entscheidung des Höchstgerichts betreffend denselben Anspruchswerber abgegangen wurde, liege eine "im Sinn der Einheitlichkeit" erhebliche Rechtsfrage vor, weshalb die ordentliche Revision zugelassen werde.Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und erklärte die ordentliche Revision für zulässig. Es entspreche einheitlicher Rechtsprechung, dass im Amtshaftungsrecht nicht anders gehaftet werde als im allgemeinen Schadenersatzrecht und die Rechtsträger auch für leichtes Organverschulden hafteten. Es solle nur nicht jede Rechtsansicht, die von der höheren Instanz nicht gebilligt wurde, schon als rechtswidrig und schuldhaft gelten. Seien Gesetzesbestimmungen nicht vollkommen eindeutig, enthielten sie Unklarheiten über die Tragweite ihres Wortlauts, und stehe zudem keine höchstgerichtliche Rechtsprechung als Entscheidungshilfe zur Verfügung, komme es allein darauf an, ob bei pflichtgemäßer Überlegung aller Umstände die getroffene Entscheidung als vertretbar bezeichnet werden könne. Ein Abweichen von einer klaren Rechtslage oder der ständigen Rechtsprechung des zuständigen Höchstgerichts, das nicht erkennen lasse, dass es auf einer sorgfältigen und bei geforderter Schriftlichkeit auch begründeten Überlegung unter Auseinandersetzung mit der herrschenden Rechtsprechung beruht, werde in der Regel als rechtswidrig und schuldhaft zu beurteilen sein. Ungeachtet seiner zu 1 Ob 239/00d ergangenen Entscheidung über die Anwendbarkeit des Paragraph 394, EO im Verfahren über einstweilige Verfügungen nach Paragraph 144 a, StPO habe der Oberste Gerichtshof zu 1 Ob 248/00b eine außerordentliche Revision gegen ein Urteil des Oberlandesgerichts Linz, das die gegenteilige Auffassung als vertretbar angesehen hat, zurückgewiesen und erklärt, die Auffassung über die Vertretbarkeit der abweichenden Rechtsansicht stelle keine vom Obersten Gerichtshof zu korrigierende grobe Verkennung der Rechtslage dar. Der Oberste Gerichtshof habe insbesondere darauf Bedacht genommen, dass die gesetzliche Anordnung, die Bestimmungen über die einstweilige Verfügung seien "sinngemäß" anzuwenden, viele Fragen offen lasse und zum Zeitpunkt der Entscheidung des dortigen Berufungsgerichts höchstgerichtliche Rechtsprechung zu dieser Frage noch nicht vorgelegen sei. Nach der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs zur Anwendbarkeit des Paragraph 394, EO habe der Gesetzgeber durch das StRÄG 2002 dem Paragraph 144 a, StPO einen Absatz 7 angefügt, der nun ausdrücklich anordne, dass der Bund ausschließlich nach den Bestimmungen des Amtshaftungsgesetzes hafte. Für den vorliegenden Fall, für den es eine derartige klare Einschränkung noch nicht gegeben habe, sei die Rechtslage weiterhin nicht eindeutig gewesen, wohl sei aber eine höchstgerichtliche Entscheidung in einem Zivilverfahren vorgelegen, die gerade jenen Kläger betroffen habe, der auch den Antrag im Strafverfahren gestellt hat. Das Strafgericht habe seine Entscheidung, dass es die in einem Zivilverfahren ergangene höchstgerichtliche Entscheidung wohl als für seine Zuständigkeit, nicht aber für das Bestehen eines solchen Anspruchs bindend ansah, ausführlich und mit verschiedenen Argumenten begründet. Da nur eine einzige höchstgerichtliche Entscheidung vorgelegen sei, könne von einer ständigen höchstgerichtlichen Rechtsprechung nicht ausgegangen werden; auch Lehrmeinungen in diese Richtung hätten keine dogmatische Begründung enthalten. In der Regierungsvorlage zum StRÄG 2002 werde zur Anfügung des Absatz 7, in Paragraph 144 a, ZPO auf die Entscheidung zu 1 Ob 239/00d Bezug genommen, jedoch moniert, dass diese die Besonderheiten einer einstweiligen Verfügung nach Paragraph 144 a, StPO übersehen habe; durch den neuen Absatz 7, solle ausdrücklich verankert und klargestellt werden, dass eine Haftung des Bundes nur nach den Bestimmungen des Amtshaftungsgesetzes eintrete. Auch daraus lasse sich keineswegs im Sinne des Klägers ableiten, dass nach Ansicht des Gesetzgebers bis dahin eine Ersatzpflicht nach Paragraph 394, EO unbezweifelbar bestanden habe. Die Erwägungen in dieser Regierungsvorlage zeigten vielmehr, dass verschiedene Auslegungen des Paragraph 144 a, Absatz eins, letzter Satz StPO durchaus sinnvoll möglich gewesen seien. Schließlich spreche auch der Umstand, dass die Regelung über die beschränkte Anfechtbarkeit von Entscheidungen im Verfahren nach Paragraph 144 a, Absatz 6, StPO Entscheidungen über Ersatzansprüche nach Paragraph 394, EO nicht enthalte, dafür, dass der Gesetzgeber einen solchen Anspruch nicht im Auge gehabt habe; bei gegenteiliger Auffassung wäre es zu der äußerst ungewöhnlichen Situation gekommen, dass über derartige Ersatzansprüche das Strafgericht erster Instanz unanfechtbar entschieden hätte. Wohl hänge die Vertretbarkeit einer Rechtsansicht in der Regel von den Umständen des Einzelfalls ab. Da aber in der inkriminierten Entscheidung von einer Entscheidung des Höchstgerichts betreffend denselben Anspruchswerber abgegangen wurde, liege eine "im Sinn der Einheitlichkeit" erhebliche Rechtsfrage vor, weshalb die ordentliche Revision zugelassen werde.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision erweist sich mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO als unzulässig.Die Revision erweist sich mangels Vorliegens der Voraussetzungen des Paragraph 502, Absatz eins, ZPO als unzulässig.

Schon die Vorinstanzen haben zutreffend darauf hingewiesen, dass ein amtshaftungsbegründendes Verschulden des Organs nach herrschender Lehre und Rechtsprechung (vgl dazu nur Schragel, AHG³, Rz 159) dann nicht vorliegt, wenn die der Entscheidung zu Grunde gelegte Rechtsansicht als vertretbar anzusehen ist. Nach herrschender Judikatur ist ein Abweichen von der ständigen Rechtsprechung des zuständigen Höchstgerichts, das nicht erkennen lässt, dass es auf einer sorgfältigen Überlegung und Auseinandersetzung mit der Rechtsprechung beruht, in der Regel als rechtswidrig und schuldhaft zu beurteilen (Nachweise bei Schragel, aaO). Es ist einem Entscheidungsorgan also kein Verschulden anzulasten, wenn es deshalb eine von der höchstgerichtlichen Judikatur abweichende Auffassung vertritt, weil es meint, Argumente ins Treffen führen zu können, die stärker seien als jene des Höchstgerichts (vgl etwa SZ 52/56). Das im Anlassverfahren tätig gewordene Strafgericht hat - wie die obige Wiedergabe zeigt - seine Entscheidung ausführlich und keineswegs mit absurden Argumenten begründet. Wenngleich der erkennende Senat den Beschluss des Strafgerichts für unrichtig erachtet und die von ihm zu 1 Ob 239/00d geäußerte Rechtsansicht bekräftigt, kann im Sinne obiger Ausführungen die vom Landesgericht für Strafsachen Wien vorgenommene Auslegung noch nicht als unvertretbar angesehen werden. Die Richtigkeit der im Anlassverfahren getroffenen Entscheidung bedarf hier keiner Prüfung, sodass inhaltlich weitere Ausführungen entbehrlich sind.Schon die Vorinstanzen haben zutreffend darauf hingewiesen, dass ein amtshaftungsbegründendes Verschulden des Organs nach herrschender Lehre und Rechtsprechung vergleiche dazu nur Schragel, AHG³, Rz 159) dann nicht vorliegt, wenn die der Entscheidung zu Grunde gelegte Rechtsansicht als vertretbar anzusehen ist. Nach herrschender Judikatur ist ein Abweichen von der ständigen Rechtsprechung des zuständigen Höchstgerichts, das nicht erkennen lässt, dass es auf einer sorgfältigen Überlegung und Auseinandersetzung mit der Rechtsprechung beruht, in der Regel als rechtswidrig und schuldhaft zu beurteilen (Nachweise bei Schragel, aaO). Es ist einem Entscheidungsorgan also kein Verschulden anzulasten, wenn es deshalb eine von der höchstgerichtlichen Judikatur abweichende Auffassung vertritt, weil es meint, Argumente ins Treffen führen zu können, die stärker seien als jene des Höchstgerichts vergleiche etwa SZ 52/56). Das im Anlassverfahren tätig gewordene Strafgericht hat - wie die obige Wiedergabe zeigt - seine Entscheidung ausführlich und keineswegs mit absurden Argumenten begründet. Wenngleich der erkennende Senat den Beschluss des Strafgerichts für unrichtig erachtet und die von ihm zu 1 Ob 239/00d geäußerte Rechtsansicht bekräftigt, kann im Sinne obiger Ausführungen die vom Landesgericht für Strafsachen Wien vorgenommene Auslegung noch nicht als unvertretbar angesehen werden. Die Richtigkeit der im Anlassverfahren getroffenen Entscheidung bedarf hier keiner Prüfung, sodass inhaltlich weitere Ausführungen entbehrlich sind.

Hat das Berufungsgericht im vorliegenden Verfahren die Auffassung vertreten, die ausführlich begründete Entscheidung des Landesgerichts für Strafsachen Wien stelle keine unvertretbare Auslegung des Gesetzes in Abweichung von (ständiger) höchstgerichtlicher Rechtsprechung dar, so kann darin keine erhebliche Fehlbeurteilung erblickt werden, die vom Obersten Gerichtshof aus Gründen der Rechtssicherheit korrigiert werden müsste. Daran, dass die Frage der Vertretbarkeit einer Rechtsansicht im Rahmen der Verschuldensprüfung nach § 1 AHG stets von den Umständen des Einzelfalls abhängt und somit regelmäßig nicht als erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO qualifiziert werden kann, ändert auch der Umstand nichts, dass die gegenteilige Auffassung des Obersten Gerichtshofs in einem Verfahren geäußert wurde, das gerade der nunmehrige Kläger wegen eben jenes Schadens angestrengt hatte, den er in der Folge mit einem an das Strafgericht gerichteten Antrag geltend machte. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 50 Abs 1, 41 Abs 1 ZPO. Die Revisionsbeantwortung der beklagten Partei, in der auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen wurde, stellt sich als zweckentsprechende Rechtsverteidigungsmaßnahme dar.Hat das Berufungsgericht im vorliegenden Verfahren die Auffassung vertreten, die ausführlich begründete Entscheidung des Landesgerichts für Strafsachen Wien stelle keine unvertretbare Auslegung des Gesetzes in Abweichung von (ständiger) höchstgerichtlicher Rechtsprechung dar, so kann darin keine erhebliche Fehlbeurteilung erblickt werden, die vom Obersten Gerichtshof aus Gründen der Rechtssicherheit korrigiert werden müsste. Daran, dass die Frage der Vertretbarkeit einer Rechtsansicht im Rahmen der Verschuldensprüfung nach Paragraph eins, AHG stets von den Umständen des Einzelfalls abhängt und somit regelmäßig nicht als erhebliche Rechtsfrage im Sinne des Paragraph 502, Absatz eins, ZPO qualifiziert werden kann, ändert auch der Umstand nichts, dass die gegenteilige Auffassung des Obersten Gerichtshofs in einem Verfahren geäußert wurde, das gerade der nunmehrige Kläger wegen eben jenes Schadens angestrengt hatte, den er in der Folge mit einem an das Strafgericht gerichteten Antrag geltend machte. Die Kostenentscheidung beruht auf den Paragraphen 50, Absatz eins,, 41 Absatz eins, ZPO. Die Revisionsbeantwortung der beklagten Partei, in der auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen wurde, stellt sich als zweckentsprechende Rechtsverteidigungsmaßnahme dar.

Anmerkung

E75875 1Ob199.04b

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2004:0010OB00199.04B.1216.000

Dokumentnummer

JJT_20041216_OGH0002_0010OB00199_04B0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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