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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
FrG 1997 §56 Abs1 Z2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Novak und die Hofräte Dr. Robl und Dr. Pelant als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Plankensteiner, über die Beschwerde des A, vertreten durch Dr. Farhad Paya, Rechtsanwalt in 9020 Klagenfurt, Herrengasse 12/I, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für Kärnten vom 9. Februar 2006, Zl. KUVS-1950/12/2005, betreffend Schubhaft, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid vom 1. Dezember 2005 verhängte die Bundespolizeidirektion Villach gemäß § 61 Abs. 1 des (bis 31. Dezember 2005 in Geltung gestandenen) Fremdengesetzes 1997 - FrG über den Beschwerdeführer, der am 30. November 2005 festgenommen worden war, die Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung (§ 56 FrG).
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Schubhaftbeschwerde als unbegründet ab.
Sie ging dabei von folgendem - unbestrittenen - Sachverhalt aus: Mit Bescheid vom 9. März 2004 habe die Bundespolizeidirektion Villach gegen den Beschwerdeführer, einen türkischen Staatsangehörigen, ein befristetes Aufenthaltsverbot erlassen. Der dagegen erhobenen Berufung habe die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Kärnten mit Bescheid vom 12. Oktober 2005 keine Folge gegeben. Gegen diesen Bescheid habe der Beschwerdeführer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erhoben; dieser Beschwerde sei mit Beschluss vom 28. November 2005, Zl. AW 2005/21/0182-3, die aufschiebende Wirkung zuerkannt worden. Dieser Beschluss sei dem Vertreter des Beschwerdeführers am 13. Dezember 2005 zugestellt worden. Wegen der Gewährung der aufschiebenden Wirkung sei der Beschwerdeführer an diesem Tag aus der Schubhaft entlassen worden. Rechtlich folgerte die belangte Behörde, dass der Beschwerdeführer auf Grund des rechtskräftigen Aufenthaltsverbotsbescheides zur Ausreise verpflichtet gewesen wäre, sich jedoch bis zu seiner Festnahme am 30. November 2005 im Bundesgebiet aufgehalten habe. Unverzüglich nach Kenntniserlangung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde habe die Behörde erster Instanz die Schubhaft aufgehoben. Diese sei zur Sicherung der Abschiebung zulässig gewesen. Erst die Gewährung der aufschiebenden Wirkung habe bewirkt, dass die Abschiebung des Fremden unzulässig sei. Somit sei die Schubhaft in gesetzeskonformer Weise verhängt worden.
Der Verfassungsgerichtshof trat die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde nach Ablehnung ihrer Behandlung mit Beschluss vom 27. Februar 2007, B 549/06-6, dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.
Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:
Zutreffend weist der Beschwerdeführer darauf hin, dass die fehlende Ausreisewilligkeit für sich allein die Verhängung der Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung nicht rechtfertigen könne. Erst dann, wenn die behördliche Prüfung die Zulässigkeit einer Abschiebung (etwa wenn der Fremde seiner Verpflichtung zur Ausreise nicht zeitgerecht nachgekommen ist; § 56 Abs. 1 Z 2 FrG) ergeben hat, ist in einem zweiten Schritt die Frage zu beantworten, ob ein Sicherungsbedarf besteht. Das Sicherungserfordernis des § 61 Abs. 1 FrG bzw. § 76 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 - FPG muss daher in weiteren Umständen begründet sein, wofür etwa mangelnde berufliche oder soziale Verankerung im Inland in Betracht kommen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 8. September 2005, Zl. 2005/21/0301, und vom 27. Februar 2007, Zl. 2006/21/0311). Indem die belangte Behörde allein darauf abgestellt hat, dass der Beschwerdeführer nach Erlassung des rechtskräftigen Aufenthaltsverbotsbescheides Österreich nicht verlassen hat, hat sie die Rechtslage verkannt.
Demnach war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG in einem nach § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat aufzuheben.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003.
Wien, am 28. Juni 2007
Schlagworte
Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2Besondere RechtsgebieteEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2007:2007210078.X00Im RIS seit
31.07.2007Zuletzt aktualisiert am
26.01.2009