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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §14;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):2004/21/0054Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Novak und die Hofräte Dr. Robl, Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher und Dr. Pfiel als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Plankensteiner, über die Beschwerden 1. des J, und 2. des B, beide vertreten durch Mag. Werner Suppan, Rechtsanwalt in 1160 Wien, Huttengasse 71-75, gegen die Bescheide der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 12. Jänner 2004, Zl. Fr 4167/03 (hg. Zl. 2004/21/0053), und vom 15. Jänner 2004, Zl. Fr 4168/03 (hg. Zl. 2004/21/0054), jeweils betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben dem Bund jeweils Aufwendungen in der Höhe von EUR 51,50 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
In den vorgelegten Verwaltungsakten liegt eine Anzeige des Gendarmeriepostens G des Inhalts, dass die beiden Beschwerdeführer, slowakische Staatsangehörige, anlässlich einer gemeinsam mit der "KIAB" Wr. Neustadt durchgeführten Kontrolle bei der Durchführung von Arbeiten angetroffen worden seien, obwohl sie keine fremden- bzw. arbeitsrechtlichen Bewilligungen besessen hätten. Der Erstbeschwerdeführer habe als Tischler gearbeitet und sich im ersten Stock hinter einer Bretterwand vor der Kontrolle versteckt; der Zweitbeschwerdeführer sei angetroffen worden, als er im Garten mit einer Kreissäge Holz geschnitten habe.
Die mit dem Erstbeschwerdeführer aufgenommene Niederschrift hat im Wesentlichen folgenden Inhalt:
"Ich bin ... am 6.9.2003 letztmalig nach Österreich ... eingereist… Ich wollte in Österreich Urlaub machen, habe mich aber trotzdem um Arbeit umgesehen. Bei jeder Baustelle habe ich nach Arbeit gefragt. Ich bin vor ca. einer Woche mit dem Zug auf den S gefahren und habe auch dort nach Arbeit gesucht. Bei der Baustelle, wo ich aufgegriffen wurde, habe ich einen Mann namens Werner gefragt, ob er Arbeit für mich hat. Nach neuerlicher Befragung und Wahrheitserinnerung gebe ich Folgendes an: Ich habe in Slowakei in einer Zeitung ein Inserat gelesen, wo Arbeit in Österreich angeboten wird. Bei diesem Inserat war eine Telefonnummer angegeben, die ich anrief. Dabei meldete sich die Frau von Werner B. Sie sagte, ich soll nach Wien kommen und am 'Tirolerplatz' und habe am Bahnhof bei der großen Löwenstatue Werner getroffen. Dabei hat er mir gesagt, dass er am S in seinem Privathaus Arbeit habe. Ich fuhr gleich mit Werner am S und begann mit der Arbeit. Der Stundenlohn betrug 3,50 Euro. ... Im Haus der B habe ich Tischlerarbeiten gemacht ... Zum Zeitpunkt der Kontrolle habe ich gerade fertige Fenster eingehängt. ... Die Arbeit wurde uns von Werner B angeschafft. Schlafen und Essen war frei. Ich habe täglich von 8 bis 16 Uhr, außer Samstag gearbeitet.
Der zweite Mann, der mit mir arbeitete, hat Holz geschnitten und auf der Terrasse aufgeschlichtet. Für Maurerarbeiten war es zu kalt, weshalb er nur Heizholz gerichtet hat.
..."
Der Zweitbeschwerdeführer gab im Wesentlichen an:
"Ich bin vorgestern über die Grenze Berg mit Bus nach Wien, Südbahnhof gekommen. Auf dem Südbahnhof hat mein Onkel auf mich gewartet. Der Onkel brachte mich auf den S zu meiner Tante. Über den Vorhalt, ob sie tatsächlich meine Tante ist, gebe ich an, dass sie keine leibliche Tante von mir ist. Sondern ich sie seit meiner Kindheit lediglich 'Tante' nenne, da sie entfernt mit unserer Familie verwandt ist. ...
Ich habe am heutigen Tag um 08.30 Uhr begonnen, mit der Kreissäge Holz zu schneiden. Die Arbeit wurde mir von meinem 'Onkel' Werner angeschafft. Bezahlt hätte ich für diese Tätigkeit nichts bekommen, lediglich Kost und Logis sollten frei sein."
Die niederschriftliche Aussage des Werner B hat auszugsweise folgenden Inhalt:
"Der slowakische Staatsbürger, welcher Holz geschnitten hat, heißt Brano. Den Familiennamen kenne ich nicht. Er ist ein guter Bekannter von mir, er hat sich nur Holz gemacht, weil es kalt ist. Er wohnt seit gestern an der Adr. ... Die Liegenschaft gehört meiner Frau ... Der zweite Slowake heißt Jan. Familiennamen kenne ich nicht. Er ist ein Cousin meiner Frau. Er hat wahrscheinlich Fenster eingehängt. Lohn erhalten die beiden keinen. Unterkunft ist frei, sie sind auf Besuch da, verpflegen müssen sie sich beide. Jan ist ebenfalls seit gestern da. Jan hängt die Fenster nur ein, weil es kalt ist."
Mit den angefochtenen Bescheiden erließ die belangte Behörde im Instanzenzug gegen die Beschwerdeführer jeweils gemäß § 36 Abs. 1 Z 1 und Z 2 und Abs. 2 Z 8 und Abs. 4 Fremdengesetz 1997 - FrG ein auf fünf Jahre befristetes Aufenthaltsverbot. Dieser Maßnahme legte sie die zitierte Anzeige und den oben wiedergegebenen Inhalt der Niederschriften zu Grunde. Sie nahm als erwiesen an, dass der Erstbeschwerdeführer am 8. Oktober 2003 der Verrichtung von Tischlerarbeiten nachgegangen und mit ihm ein Stundenlohn in Höhe von EUR 3,50 vereinbart worden sei. Weiters habe er auch Gegenleistungen erhalten, wie z.B. kostenlose Unterkunft und Verpflegung. Auch der Zweitbeschwerdeführer habe diverse entgeltwerte Gegenleistungen erhalten, wie z.B. kostenlose Unterkunft und Verpflegung. Beide seien für die Zeit ihrer Tätigkeit von ihrem Arbeitgeber persönlich und wirtschaftlich abhängig gewesen.
Den Behauptungen in den Berufungen, wonach es bei den Niederschriften auf Grund von Sprachschwierigkeiten zu Missverständnissen und unrichtigen Aussagen gekommen sei, könne nicht gefolgt werden. Die Dolmetscherin sei nämlich laut Mitteilung der Bezirkshauptmannschaft Neunkirchen seit vielen Jahren und ohne Probleme als Dolmetscherin verwendet worden. Die behaupteten Verständigungsprobleme seien als reine Schutzbehauptungen zu qualifizieren. Die in Kopie vorgelegte Einzahlungsbestätigung an das Finanzamt Neunkirchen über die Selbstverrechnung betreffend einen Mietvertrag (der Frau des Werner B) mit dem Zweitbeschwerdeführer vermöge mangels Aktualität (Poststempel vom 6. Juni 2003) keinen Beweis für einen aufrechten Mietvertrag zum Zeitpunkt der Betretung liefern.
Rechtlich folgerte die belangte Behörde aus dem festgestellten Sachverhalt, dass der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z 8 FrG erfüllt sei und das große öffentliche Interesse an der Verhinderung von "Schwarzarbeit" die in § 36 Abs. 1 FrG normierte Annahme rechtfertige. Hinsichtlich der Ermessensübung führte die belangte Behörde aus, dass keine ausreichenden Umstände vorgebracht worden seien, die allenfalls für ein Absehen von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes sprechen könnten.
Beide Beschwerdeführer hätten keine wesentlichen privaten oder familiären Beziehungen zu in Österreich lebenden Personen. Familiäre Interessen stünden somit der Erlassung des Aufenthaltsverbotes im Sinn des § 37 FrG nicht entgegen. Das Aufenthaltsverbot scheine erforderlich, damit die Beschwerdeführer für einen längeren Zeitraum vom Bundesgebiet ferngehalten werden könnten. Wegen der genannten öffentlichen Interessen stehe weder die Kannbestimmung des § 36 Abs. 1 FrG noch das Regelungswerk des § 37 Abs. 1 leg. cit. der Erlassung des Aufenthaltsverbotes entgegen. Entsprechend der nicht erkennbaren Integration der Beschwerdeführer in Österreich bzw. der mangelnden familiären Anknüpfungspunkte zu in Österreich lebenden Personen im Verhältnis zu den doch schwer zu gewichtenden öffentlichen Interessen an der Verhinderung von Schwarzarbeit sei die Erlassung eines auf fünf Jahre befristeten Aufenthaltsverbotes vertretbar und auch notwendig.
Gegen diese Bescheide richten sich die vorliegenden Beschwerden, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten durch die belangte Behörde und Verbindung der Rechtssachen wegen des sachlichen Zusammenhanges erwogen hat:
Gegen die behördliche Beweiswürdigung bringen die Beschwerdeführer vor, dass die Dolmetscherin unrichtig übersetzt habe. In Wahrheit sei der Erstbeschwerdeführer lediglich beim Einhängen von Fenstern behilflich gewesen, habe dafür kein Entgelt erhalten und habe mit seinem Freund am S gewohnt, der dort ein Zimmer gemietet habe. Der Zweitbeschwerdeführer habe in Wahrheit ausgesagt, dass weder Kost noch Logis frei gewesen seien.
Wenn auch grundsätzlich einer Partei die Einwendung, es sei ein Fehler bei der Übersetzung unterlaufen, offen steht (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 15. Februar 2001, Zl. 99/20/0103), vermögen die Beschwerdeführer keine Bedenken gegen die behördliche Feststellung über die Richtigkeit der Übersetzungen ihrer Aussagen hervorrufen. Einerseits hat die Behörde erster Instanz bestätigt, die Dolmetscherin seit vielen Jahren und ohne Probleme einzusetzen. Andererseits werden auch keine konkreten Übersetzungsfehler aufgezeigt, sondern es wird auf eine inhaltlich anders lautende Aussage verwiesen. Dabei bleibt unklar, wie es zu dieser angeblich völligen Falschübersetzung gekommen sein soll. Was den Inhalt der angeblichen Aussage betrifft, übergehen die Beschwerdeführer die eingangs zitierte Aussage des Werner B. Zu dessen Aussage, dass beide Beschwerdeführer freie Unterkunft hätten, würden die angeblich getätigten und unrichtig übersetzten Aussagen der Beschwerdeführer über die Miete eines Zimmers in Widerspruch stehen. Hingegen stimmen diesbezüglich die Angaben überein. Insgesamt ist es somit nicht als unschlüssig zu erkennen, wenn die belangte Behörde davon ausgeht, dass die behaupteten Aussagen in dieser Art nicht getätigt wurden und die Aussagen auch nicht falsch übersetzt wurden.
Im Blick auf diese Aussage des Werner B über das Fehlen eines Mietvertrages ist weiters die behördliche Feststellung im Ergebnis nicht zu beanstanden, dass sie dem Einzahlungsbeleg über eine angebliche Selbstverrechnung aus einem Mietvertrag mit dem Zweitbeschwerdeführer keine Bedeutung zugemessen hat (ohne dessen Echtheit und inhaltliche Richtigkeit zu überprüfen).
Durfte nun die belangte Behörde im Ergebnis die übersetzten Aussagen der Beschwerdeführer der angefochtenen Maßnahme zu Grunde legen, erweisen sich die angefochtenen Bescheide nicht als rechtswidrig.
Die bloße Behauptung, dass der Erstbeschwerdeführer gelernter Automechaniker sei und sich angeblich mit Tischlerarbeiten nicht auskenne, ist nicht geeignet, die Feststellung zu erschüttern, dass er doch solche (ungelernten) Arbeiten gemacht habe. Dies trifft auch auf das Argument des Zweitbeschwerdeführers zu, dass dieser angeblich keine schweren Arbeiten verrichten dürfe und kein gelernter Maurer, sondern Maschinenbaumechaniker sei. Auch die Menge des vom Zweitbeschwerdeführer geschnittenen Holzes ist irrelevant, da sich die belangte Behörde auf dessen Aussage stützen durfte, er habe am Tag des Aufgriffes um 8.30 Uhr begonnen, mit der Kreissäge Holz zu schneiden und es sei ihm diese Arbeit angeschafft worden. Daraus darf eine weisungsgemäß vorgenommene Tätigkeit abgeleitet werden, wobei dieser Beurteilung ein möglicherweise minderer Arbeitserfolg nicht entgegen steht.
Unzutreffend ist der Vorwurf des Zweitbeschwerdeführers über eine angebliche Aktenwidrigkeit im angefochtenen Bescheid. Die belangte Behörde hat nämlich in korrekter Weise die Aussage des Erstbeschwerdeführers zitiert, in der unter anderem von einem - nun als aktenwidrig gerügten - Aufschlichten des Holzes auf der Terrasse die Rede war.
Letztlich vermögen die Verfahrensrügen in den Beschwerden in keiner Weise zu erklären, warum sich der Erstbeschwerdeführer - unbestritten - bei der Kontrolle im ersten Stock hinter einer Bretterwand versteckt habe.
Im Ergebnis wurde daher zum einen der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z 8 FrG verwirklicht, zum anderen durfte wegen des großen öffentlichen Interesses an der Verhinderung von "Schwarzarbeit" die im § 36 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme bejaht werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. März 2006, Zl. 2006/21/0044).
Der von den Beschwerdeführern in diesem Zusammenhang aufgezeigte Wertungswiderspruch zwischen § 36 Abs. 2 Z 2 und Z 8 FrG liegt nicht vor. Im Gegensatz zu den den erstgenannten Aufenthaltsverbotstatbestand gegen den Arbeitgeber rechtfertigenden zwei Bestrafungen wegen Verstoßes gegen das Ausländerbeschäftigungsgesetz betrifft nämlich der Tatbestand der Z 8 das Betretenwerden des Arbeitnehmers und die Möglichkeit eines Aufenthaltsverbotes gegen diesen. Es ist nicht zu erkennen, dass der Gesetzgeber durch die Normierung dieser Tatbestände verfassungsgesetzliche Schranken überschritten hätte.
Die - zutreffenden - Überlegungen der belangten Behörde bei ihrer Beurteilung nach § 37 FrG werden in den Beschwerden nicht releviert. Es werden auch keine Umstände geltend gemacht, die die belangte Behörde hätten veranlassen müssen, von dem ihr eingeräumten Ermessen zu Gunsten der Beschwerdeführer Gebrauch zu machen.
Da somit die angefochtenen Bescheide keine Rechtswidrigkeit aufweisen, waren die Beschwerden gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003.
Wien, am 28. Juni 2007
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2007:2004210053.X00Im RIS seit
02.10.2007Zuletzt aktualisiert am
07.12.2011