TE Vwgh Erkenntnis 2007/6/28 2007/21/0161

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Veröffentlicht am 28.06.2007
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Index

24/01 Strafgesetzbuch;
41/02 Asylrecht;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

FrPolG 2005 §60 Abs1;
FrPolG 2005 §60 Abs2 Z1;
StGB §146;
StGB §147 Abs1 Z1;
StGB §147 Abs2;
StGB §148;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Novak und die Hofräte Dr. Robl und Dr. Pelant als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Plankensteiner, über die Beschwerde der J, vertreten durch Dr. Arnulf Summer, Dr. Nikolaus Schertler und Mag. Nicolas Stieger, Rechtsanwälte in 6900 Bregenz, Kirchstraße 4, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Vorarlberg vom 13. April 2007, Zl. Fr-4250-131/06, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem zitierten, im Instanzenzug ergangenen Bescheid erließ die belangte Behörde gegen die Beschwerdeführerin, eine Staatsangehörige von "Serbien-Montenegro", gemäß § 60 Abs. 1 und Abs. 2 Z 1 sowie den §§ 63 und 66 Fremdenpolizeigesetz 2005 - FPG ein auf acht Jahre befristetes Aufenthaltsverbot.

Zur Begründung dieser Maßnahme verwies sie auf die rechtskräftige Verurteilung der Beschwerdeführerin durch das Landesgericht Feldkirch vom 7. August 2006 wegen gewerbsmäßigen schweren Betruges nach den §§ 146, 147 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2, 148 zweiter Fall StGB zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren, davon zwei Jahre bedingt nachgesehen. In der Bescheidbegründung werden die strafbaren Handlungen aufgelistet, die von Sommer 2005 bis März 2006 andauerten und im Wesentlichen Bestellungen bei Versandhäusern unter falschem Namen zum Inhalt hatten.

Aus der Vielzahl der Tathandlungen, dem der Verurteilung zu Grunde liegenden schweren Gesamtfehlverhalten, den Tatwiederholungen und einer "überaus raffinierten Vorgangsweise" schloss die belangte Behörde - neben der Erfüllung des Tatbestandes des § 60 Abs. 2 Z 1 FPG - auf die in § 60 Abs. 1 FPG umschriebene Gefährlichkeitsprognose. Weiters listete die belangte Behörde rechtskräftige Bestrafungen nach dem Meldegesetz, dem KFG und dem FSG auf und wies darauf hin, dass gegen die Beschwerdeführerin gemäß § 12 Abs. 1 Waffengesetz ein Waffenverbot verhängt worden sei.

In Österreich befinde sich der Ehemann der Beschwerdeführerin, ein Staatsangehöriger von "Serbien-Montenegro", bei dem sich die Beschwerdeführerin ab dem Jahr 2002 zeitweise aufgehalten habe. Sie habe auf Grund diverser partnerschaftlicher Streitigkeiten in "Serbien-Montenegro" und auch in Vorarlberg zeitweise von ihrem Ehemann getrennt gelebt. Vor ihrer Verhaftung am 10. März 2006 sei sie als Zeitungsausträgerin beschäftigt gewesen und habe diese Arbeit teilweise ausgenützt, um ihre "betrügerischen Machenschaften" zu begehen.

Der Beschwerdeführerin sei die Obsorge für die in den Jahren 2000 und 2002 geborenen Kinder entzogen worden.

Durch die fremdenpolizeiliche Maßnahme werde in einem relevanten Maß in das Privat- und Familienleben der Beschwerdeführerin eingegriffen. Durch die vielfach begangenen Straftaten habe die soziale Komponente ihrer Integration eine Minderung erfahren. Dies treffe wegen der zeitweise getrennten Wohnsitze von ihrem Ehemann und dem Entzug des Sorgerechts auch für die familiäre Komponente zu. Das Aufenthaltsverbot sei nicht nur wegen der Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit, sondern auch im Interesse der Verhinderung von strafbaren Handlungen dringend geboten. Unter Berücksichtigung aller Umstände dränge das in hohem Maß bestehende öffentliche Interesse, einen weiteren Aufenthalt der Beschwerdeführerin im Bundesgebiet zu untersagen, deren private und familiäre Interessen in den Hintergrund. Die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes wögen schwerer als dessen Auswirkungen auf die Lebenssituation der Beschwerdeführerin und ihrer Familie. Die Beschwerdeführerin habe keinen Grund vorgebracht, der einer (gemeinsamen) Ausreise in ihr Heimatland entgegenstehe und somit die Fortsetzung des Familienlebens im Heimatland hindern würde.

Das Aufenthaltsverbot scheine für acht Jahre erforderlich, um den angestrebten Verwaltungszweck, nämlich die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit und die Verhinderung weiterer Straftaten, zu erreichen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem nach § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:

Gemäß § 60 Abs. 1 FPG kann gegen einen Fremden ein Aufenthaltsverbot erlassen werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass sein Aufenthalt die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet (Z 1) oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen (diese Konventionsbestimmung nennt die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung, die Verhinderung von strafbaren Handlungen, den Schutz der Gesundheit und der Moral und den Schutz der Rechte und Freiheiten anderer) zuwiderläuft (Z 2).

In § 60 Abs. 2 FPG sind demonstrativ Sachverhalte angeführt, die als bestimmte Tatsachen im Sinn des § 60 Abs. 1 leg. cit. gelten, bei deren Verwirklichung die dort genannte Annahme gerechtfertigt sein kann. Bei der Erstellung der für jedes Aufenthaltsverbot zu treffenden Gefährlichkeitsprognose ist das Gesamtverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die in § 60 Abs. 1 FPG umschriebene Annahme gerechtfertigt ist. Bei der Entscheidung, ein Aufenthaltsverbot zu erlassen, ist Ermessen zu üben, wobei die Behörde vor dem Hintergrund der gesamten Rechtsordnung auf alle für und gegen das Aufenthaltsverbot sprechenden Umstände Bedacht zu nehmen hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. Mai 2007, Zl. 2007/21/0141).

Die Beschwerdeführerin bestreitet nicht die behördlichen Feststellungen und wendet sich auch nicht gegen die - zutreffende -

Ansicht der belangten Behörde, dass der Tatbestand des § 60 Abs. 2 Z 1 (2. Fall) FPG erfüllt sei.

Angesichts des großen öffentlichen Interesses an der Unterbindung einer schweren und gewerbsmäßig ausgeübten Betrugskriminalität ist auch die Ansicht der belangten Behörde nicht zu beanstanden, dass für den weiteren Aufenthalt der Beschwerdeführerin in Österreich eine negative Prognose im Sinn des § 60 Abs. 1 FPG zu treffen sei.

Die Beschwerdeführerin meint, dass die belangte Behörde das ihr eingeräumte Ermessen nicht im Sinn des Gesetzes geübt habe. Dieser Vorwurf geht schon deswegen fehl, weil bei einer einer Aufenthaltsverfestigung nach § 55 Abs. 3 FPG entgegenstehenden Verurteilung eine Ermessensübung zu Gunsten des Fremden nicht im Sinn des Gesetzes gelegen wäre (vgl. auch dazu das zit. hg. Erkenntnis vom 22. Mai 2007).

Auch der Vorwurf der Beschwerdeführerin, dass die belangte Behörde eine Interessenabwägung nicht vorgenommen habe, ist - wie aus der Wiedergabe der Bescheidbegründung zu erkennen ist - unberechtigt. Wenn die Beschwerdeführerin in diesem Zusammenhang auf "positive Punkte" verweist, unterlässt sie es, diese zu konkretisieren. Die vorliegenden Umstände (nur zeitweises Zusammenleben mit ihrem Ehemann, Entziehung der Obsorge für ihre Kinder), aus denen weder eine maßgebliche private Integration noch eine starke familiäre Integration der Beschwerdeführerin im Bundesgebiet abzuleiten ist, lassen die von der belangten Behörde durchgeführte Interessenabwägung - auf den Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides bezogen - nicht als rechtswidrig beurteilen.

Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 28. Juni 2007

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2007:2007210161.X00

Im RIS seit

06.08.2007

Zuletzt aktualisiert am

25.06.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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