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32 SteuerrechtNorm
B-VG Art144 Abs1 / AnlaßfallSpruch
Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in seinen Rechten verletzt worden.
Der Bescheid wird aufgehoben.
Der Bund (Bundesminister für Finanzen) ist schuldig, dem Beschwerdeführer die mit € 2.142,-- bestimmten Prozeßkosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu bezahlen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Mit Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich vom 11. Jänner 2002 wurden dem nunmehrigen Beschwerdeführer Einkommensteuervorauszahlungen für das Kalenderjahr 2001 und die Folgejahre gemäß §45 Abs1 EStG 1988 iVm §121 Abs5 Z2 EStG 1988 in bestimmter Höhe zur Entrichtung vorgeschrieben.
2. Gegen diesen Bescheid wendet sich die auf Art144 Abs1 B-VG gestützte Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, in der der Beschwerdeführer die Verletzung in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Unversehrtheit des Eigentums und Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz sowie die Verletzung in Rechten wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des bekämpften Bescheides begehrt.
3. Die belangte Behörde legte innerhalb der ihr gesetzten Frist die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, nahm von der Erstattung einer Äußerung aber Abstand.
II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen.
1. Mit Erkenntnis vom 26. November 2002, G318/02, hat der Verfassungsgerichtshof die Ziffern 2 und 3 des §121 Abs5 EStG 1988, BGBl. 400, idF BGBl. I 59/2001, als verfassungswidrig aufgehoben.
2. Gemäß Art140 Abs7 B-VG wirkt die Aufhebung eines Gesetzes auf den Anlaßfall zurück. Es ist daher hinsichtlich des Anlaßfalles so vorzugehen, als ob die als verfassungswidrig erkannte Norm bereits zum Zeitpunkt der Verwirklichung des dem Bescheid zugrundegelegten Tatbestandes nicht mehr der Rechtsordnung angehört hätte.
3. Dem in Art140 Abs7 B-VG genannten Anlaßfall (im engeren Sinn), anläßlich dessen das Gesetzesprüfungsverfahren tatsächlich eingeleitet worden ist, sind all jene Beschwerdefälle gleichzuhalten, die zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung im Gesetzesprüfungsverfahren (bei Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung zu Beginn der nichtöffentlichen Beratung) beim Verfassungsgerichtshof bereits anhängig waren (VfSlg. 10.616/1985, 11.711/1988).
4. Die nichtöffentliche Beratung des Verfassungsgerichtshofes im Gesetzesprüfungsverfahren fand am 26. November 2002 statt. Die vorliegende Beschwerde ist beim Verfassungsgerichtshof am 28. Februar 2002 eingelangt, war also zum Zeitpunkt der nichtöffentlichen Beratung schon anhängig; der ihr zugrundeliegende Fall ist somit einem Anlaßfall gleichzuhalten.
5. Die belangte Behörde wendete bei Erlassung des angefochtenen Bescheides - da die Ziffer 2 des §121 Abs5 EStG 1988, BGBl. 400, idF BGBl. I 59/2001, gemäß §124b Z61 EStG 1988, idF BGBl. I 59/2001, erstmals auf die Festsetzung von Vorauszahlungen nach dem 31. Dezember 2001 anzuwenden ist und der angefochtene Bescheid am 11. Jänner 2002 erlassen wurde - die als verfassungswidrig aufgehobene Gesetzesbestimmung an. Es ist nach Lage des Falles offenkundig, daß diese Anwendung für die Rechtsstellung des Beschwerdeführers nachteilig war. Der Beschwerdeführer wurde somit wegen Anwendung einer verfassungswidrigen Gesetzesbestimmung in seinen Rechten verletzt.
Der Bescheid war daher aufzuheben.
III. Die Kostenentscheidung gründet sich auf §88 VfGG. In den zugesprochenen Kosten ist eine Eingabegebühr gemäß §17a VfGG iHv € 180,-- und Umsatzsteuer iHv € 327,-- enthalten.
IV. Diese Entscheidung wurde gemäß §19 Abs4 Z3 VfGG in nichtöffentlicher Sitzung ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung getroffen.
Schlagworte
VfGH / AnlaßfallEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2002:B458.2002Dokumentnummer
JFT_09978874_02B00458_00