Kopf
Das Oberlandesgericht Wien hat als Rekursgericht durch die Senatspräsidentin des Oberlandesgerichtes Dr.Falser als Vorsitzende, die Richterin des Oberlandesgerichtes Dr.Wittmann-Tiwald und den Richter des Oberlandesgerichtes Dr.Sonntag in der Rechtssache der klagenden Partei *****, Pensionistin, *****, vertreten durch Jarolim Specht Rechtsanwälte GmbH in Wien, wider die beklagte Partei *****, Selbständige, *****, vertreten durch Dr.Hans-Georg Mondel, Rechtsanwalt in Wien, wegen EUR 35.798,86 s.A., infolge des Rekurses der klagenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichtes für ZRS Wien vom 29.10.2004, 29 Cg 51/03p-38, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die Klägerin hat die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen.
Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.
Text
Begründung:
Mit Urteil vom 3.6.2004 hat das Berufungsgericht der Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Erstgerichtes vom 18.2.2004 nicht Folge gegeben (ON 33). Die Berufungsentscheidung wurde den Klagevertretern am 2.8.2004 zugestellt.
Mit Postaufgabe 23.9.2004 erhob die klagende Partei gegen dieses Urteil außerordentliche Revision (ON 34).
Mit Beschluss vom 27.9.2004, ON 35, hat das Erstgericht die außerordentliche Revision der Klägerin als verspätet zurückgewiesen. Dieser Beschluss wurde den Klagevertretern am 29.9.2004 zugestellt. Am 8.10.2004 gab die Klägerin einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Revisionsfrist zur Post, in dem im Wesentlichen vorgebracht wurde, die Sekretärin ***** habe die Frist für die Einbringung der außerordentlichen Revision berechnet und als letzten möglichen Tag den 23.9.2004 eingetragen. Bei der darauffolgenden Postsitzung sei die unrichtige Eintragung vom leitenden Rechtsanwalt nicht bemerkt worden. Am 23.9.2004 habe RA Mag.***** die letzten Änderungen an der außerordentlichen Revision vorgenommen und sodann diesen Schriftsatz unterfertigt. Am selben Tag sei er zur Post gebracht worden. Die Unrichtigkeit dieser Fristvormerkung sei erst bei Einlangen des Zurückweisungsbeschlusses des Erstgerichtes bemerkt worden.
Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Erstgericht diesen Wiedereinsetzungsantrag zurückgewiesen. Es begründete diesen Beschluss im Wesentlichen damit, die Frist des § 148 Abs.2 ZPO beginne bereits mit einer allenfalls schon bestehenden, vom Wiedereinsetzungswerber jedoch tatsächlich nicht ausgeschöpften Möglichkeit des Wegfalls, etwa, wenn eine nachträgliche Kontrolle der Rechtsmittelfrist möglich gewesen wäre. Diese Möglichkeit habe im vorliegenden Fall seit dem 23.9.2004 bestanden. Spätestens dann hätte die fehlerhafte Fristenberechnung dem zuständigen Rechtsanwalt auffallen müssen. Dieses Versäumnis des RA Mag.***** könne nicht mehr als leichtes Verschulden gewertet werden, da einem Rechtsanwalt ein solcher Fehler in der Fristenberechnung unbedingt hätte auffallen müssen. Der Wiedereinsetzungsantrag sei daher verspätet.Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Erstgericht diesen Wiedereinsetzungsantrag zurückgewiesen. Es begründete diesen Beschluss im Wesentlichen damit, die Frist des Paragraph 148, Absatz , ZPO beginne bereits mit einer allenfalls schon bestehenden, vom Wiedereinsetzungswerber jedoch tatsächlich nicht ausgeschöpften Möglichkeit des Wegfalls, etwa, wenn eine nachträgliche Kontrolle der Rechtsmittelfrist möglich gewesen wäre. Diese Möglichkeit habe im vorliegenden Fall seit dem 23.9.2004 bestanden. Spätestens dann hätte die fehlerhafte Fristenberechnung dem zuständigen Rechtsanwalt auffallen müssen. Dieses Versäumnis des RA Mag.***** könne nicht mehr als leichtes Verschulden gewertet werden, da einem Rechtsanwalt ein solcher Fehler in der Fristenberechnung unbedingt hätte auffallen müssen. Der Wiedereinsetzungsantrag sei daher verspätet.
Rechtliche Beurteilung
Gegen diesen Beschluss richtet sich der vorliegende Rekurs mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss dahingehend abzuändern, dass dem Antrag der Klägerin auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Revisionsfrist stattgegeben werde, hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Der Rekurs ist nicht berechtigt.
In ihrem Rekurs führt die Klägerin im Wesentlichen aus, eine falsche Fristvormerkung stelle nur einen geringen Grad des Versehens dar. Wenn aber selbst die verfehlte Fristberechnung durch einen Rechtsanwalt als ein Versehen minderen Grades zu qualifizieren sei, so könne das Übersehen dieses Irrtums bei Korrektur und Unterfertigung des Schriftsatzes nicht als auffallende Sorglosigkeit gewertet werden. Bei der Beurteilung der Frage, wann die Verspätung hätte auffallen müssen, dürfe nicht ein strengerer Maßstab angelegt werden als bei der Versäumung der Frist selbst. Die Wiedereinsetzungsfrist habe erst mit der tatsächlichen Aufklärung des Irrtums über die Revisionsfrist, somit mit Zustellung des die Revision zurückweisenden Beschlusses, zu laufen begonnen. Diesen Ausführungen ist nicht beizupflichten.
In 9 ObA 259/90 hat der OGH ausgeführt, dass der Lauf der Frist zur Stellung des Wiedereinsetzungsantrages nicht zwingend erst mit der Aufklärung des Irrtums beginnt, sondern bereits mit seiner möglichen Aufklärung beginnen kann, sodass es nicht darauf ankommt, wenn das die Versäumung verursachende Ereignis weggefallen ist, sondern, wann es weggefallen sein könnte. Diese Frist kann jedenfalls nur dann in Lauf gesetzt werden, wenn die mögliche Aufklärung nicht nur wegen eines minderen Grades des Versehens unterblieben ist. Es darf nämlich bei der Beurteilung dieser Frage kein strengerer Maßstab angelegt werden als bei der Versäumung der Frist selbst.
Im dort zu entscheidenden Fall ging es darum, dass der zuständige Rechtsanwalt am letzten Tag der Frist die rechtzeitige Absendung der Berufung nicht mehr kontrollieren konnte, weil er einen unerwarteten auswärtigen Termin wahrzunehmen hatte. Der Oberste Gerichtshof hielt fest, dass es lediglich ein Versehen minderen Grades darstelle, dass dem Rechtsanwalt am nächsten Werktag die unterbliebene Absendung der Berufung nicht aufgefallen sei.
Die grundsätzlichen Ausführungen dieser Entscheidung hat das Höchstgericht in mehreren folgenden Entscheidungen wiederholt (vgl RIS-Justiz RS0036608), sodass die von der Rekurswerberin zitierte Entscheidung SSV-NF 4/43 als teilweise überholt zu betrachten ist, zumindest jedoch um den oben wiedergegebenen Rechtssatz zu ergänzen ist.Die grundsätzlichen Ausführungen dieser Entscheidung hat das Höchstgericht in mehreren folgenden Entscheidungen wiederholt vergleiche RIS-Justiz RS0036608), sodass die von der Rekurswerberin zitierte Entscheidung SSV-NF 4/43 als teilweise überholt zu betrachten ist, zumindest jedoch um den oben wiedergegebenen Rechtssatz zu ergänzen ist.
Hat der Anwalt des Beschwerdeführers einen Tag nach Fristablauf der Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof diese selbst bearbeitet, hätte ihm auffallen müssen, dass die Frist für die Beschwerdeerhebung bereits am Vortag abgelaufen ist und beginnt die Frist für den Wiedereinsetzungsantrag bereits am Tag der Unterfertigung der Beschwerde (VfSlg. 12365). Ebenso judiziert der VwGH (vgl Beschluss vom 28.2.2002, 2001/15/02/05, ua).Hat der Anwalt des Beschwerdeführers einen Tag nach Fristablauf der Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof diese selbst bearbeitet, hätte ihm auffallen müssen, dass die Frist für die Beschwerdeerhebung bereits am Vortag abgelaufen ist und beginnt die Frist für den Wiedereinsetzungsantrag bereits am Tag der Unterfertigung der Beschwerde (VfSlg. 12365). Ebenso judiziert der VwGH vergleiche Beschluss vom 28.2.2002, 2001/15/02/05, ua).
Der OGH hat in 10 Ob 1505/94 offengelassen, ob dem Anwalt in der beschriebenen Konstellation eine sofortige Handlungspflicht treffe, weil dies keine erhebliche Rechtsfrage darstelle. Es stellte jedoch bei dieser Entscheidung fest, dass das Rekursgericht, dass die Rechtsansicht des VfGH und des VwGH vertreten hatte, von der Judikatur des OGH (insb 9 ObA 259/90) nicht abgewichen sei. Auch in 7 Ob 61/01y erachtete das Höchstgericht diese Frage nicht als eine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 528 Abs.1 ZPO, erblickte in der Beurteilung des Rekursgerichtes, dem Beklagtenvertreter hätte bereits bei Verfassung der Berufung auffallen müssen, dass die Berufungsfrist an diesem Tag ende und eine Postaufgabe am darauffolgenden Tag zur Zurückweisung wegen Verspätung führen würde, jedenfalls keine krasse Fehlbeurteilung.Der OGH hat in 10 Ob 1505/94 offengelassen, ob dem Anwalt in der beschriebenen Konstellation eine sofortige Handlungspflicht treffe, weil dies keine erhebliche Rechtsfrage darstelle. Es stellte jedoch bei dieser Entscheidung fest, dass das Rekursgericht, dass die Rechtsansicht des VfGH und des VwGH vertreten hatte, von der Judikatur des OGH (insb 9 ObA 259/90) nicht abgewichen sei. Auch in 7 Ob 61/01y erachtete das Höchstgericht diese Frage nicht als eine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des Paragraph 528, Absatz , ZPO, erblickte in der Beurteilung des Rekursgerichtes, dem Beklagtenvertreter hätte bereits bei Verfassung der Berufung auffallen müssen, dass die Berufungsfrist an diesem Tag ende und eine Postaufgabe am darauffolgenden Tag zur Zurückweisung wegen Verspätung führen würde, jedenfalls keine krasse Fehlbeurteilung.
Nach der Auffassung von Gitschthaler in Rechberger², Rz 8 zu § 149 ZPO trifft einen Rechtsanwalt bei Unterfertigung eines von seinem Rechtsanwaltsanwärter ausgearbeiteten verspäteten Rechtsmittels noch nicht die Verpflichtung, einen Wiedereinsetzungsantrag zu stellen, es sei denn, ihm wäre die Verspätung aufgefallen.Nach der Auffassung von Gitschthaler in Rechberger², Rz 8 zu Paragraph 149, ZPO trifft einen Rechtsanwalt bei Unterfertigung eines von seinem Rechtsanwaltsanwärter ausgearbeiteten verspäteten Rechtsmittels noch nicht die Verpflichtung, einen Wiedereinsetzungsantrag zu stellen, es sei denn, ihm wäre die Verspätung aufgefallen.
Diese Auffassung wird vom Rekursgericht nicht geteilt: In ihrer außerordentlichen Revision führt die Klägerin ausdrücklich das Zustelldatum des Berufungsurteiles an und, dass innerhalb offener Frist (§ 225 iVm § 505 ZPO) außerordentliche Revision erhoben werde. Es ist dem Erstgericht darin beizupflichten, dass - gerade beim Diktieren dieser Passage - dem zuständigen Rechtsanwalt der Klagevertreter die falsche Fristberechnung hätte auffallen müssen. An einem rechtskundigen Parteienvertreter ist bei der Beurteilung, ob ein minderer Grad des Versehens vorliegt, ein strengerer Maßstab anzulegen. Die Wiedereinsetzung ist ausgeschlossen, wenn ein Rechtsanwalt nach Rückkehr von seinem Urlaub die angefallenen Akten durchsah und ihm eine unrichtige Eintragung im Fristenvormerkbuch seiner Sekretärin nicht auffiel (RZ 1998/21). Die vorliegende Konstellation ist mit jener der zitierten Entscheidung vergleichbar. Entgegen den Ausführungen der Rekurswerberin hat das Erstgericht daher bei der Fassung des angefochtenen Beschlusses hinsichtlich der Beurteilung des Beginns des Laufes der Frist des § 148 Abs.2 ZPO keinen strengeren Maßstab angelegt als hinsichtlich der Versäumung der Frist selbst.Diese Auffassung wird vom Rekursgericht nicht geteilt: In ihrer außerordentlichen Revision führt die Klägerin ausdrücklich das Zustelldatum des Berufungsurteiles an und, dass innerhalb offener Frist (Paragraph 225, in Verbindung mit Paragraph 505, ZPO) außerordentliche Revision erhoben werde. Es ist dem Erstgericht darin beizupflichten, dass - gerade beim Diktieren dieser Passage - dem zuständigen Rechtsanwalt der Klagevertreter die falsche Fristberechnung hätte auffallen müssen. An einem rechtskundigen Parteienvertreter ist bei der Beurteilung, ob ein minderer Grad des Versehens vorliegt, ein strengerer Maßstab anzulegen. Die Wiedereinsetzung ist ausgeschlossen, wenn ein Rechtsanwalt nach Rückkehr von seinem Urlaub die angefallenen Akten durchsah und ihm eine unrichtige Eintragung im Fristenvormerkbuch seiner Sekretärin nicht auffiel (RZ 1998/21). Die vorliegende Konstellation ist mit jener der zitierten Entscheidung vergleichbar. Entgegen den Ausführungen der Rekurswerberin hat das Erstgericht daher bei der Fassung des angefochtenen Beschlusses hinsichtlich der Beurteilung des Beginns des Laufes der Frist des Paragraph 148, Absatz , ZPO keinen strengeren Maßstab angelegt als hinsichtlich der Versäumung der Frist selbst.
Wenn die Rekurswerberin auf die Ausführungen von Frauenberger in ÖJZ 1992, 113ff verweist, so ist ihr entgegenzuhalten, dass dessen Ausführungen im Rekurs unvollständig zitiert werden: Auf Seite 117 aaO führt Frauenberger aus, im Regelfall begründe das bloße Versehen bei einer falschen Fristvormerkung die Wiedereinsetzung, es müssten keine weiteren Umstände dazutreten, die den Anwalt entlasteten. Allerdings seien alle Begleitumstände danach zu prüfen, ob sie nicht auf eine grobe Fahrlässigkeit hinweisen würden. Dies werde beim Anwalt wegen des von ihm zu vertretenden höheren Sorgfaltsmaßstabes eher der Fall sein als bei einer unvertretenen Partei. Auch Frauenberger vertritt daher nicht die Rechtsauffassung, dass ein falscher Fristenvormerk durch einen Rechtsanwalt generell nur einen minderen Grad des Versehens bedeute. Angesichts der dargestellten Rechtsprechung ist von einer auffallenden Sorglosigkeit auszugehen. Dem insgesamt unberechtigten Rekurs war daher der Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung beruht darauf, dass die Klägerin mit ihrem Rekurs erfolglos geblieben ist, des Weiteren beruht sie auf § 154Die Kostenentscheidung beruht darauf, dass die Klägerin mit ihrem Rekurs erfolglos geblieben ist, des Weiteren beruht sie auf Paragraph 154,
ZPO.
Der Ausspruch über die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses beruht
auf § 528 Abs.2 Z 2 ZPO.auf Paragraph 528, Absatz , Ziffer 2, ZPO.
Oberlandesgericht Wien
1016 Wien, Schmerlingplatz 11
Anmerkung
EW00519 16R299.04iEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OLG0009:2005:01600R00299.04I.0127.000Dokumentnummer
JJT_20050127_OLG0009_01600R00299_04I0000_000