Kopf
Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte, Kammer I, Beschwerdesache Ecker gegen Österreich, Zulässigkeitsentscheidung vom 1.2.2005, Bsw. 32042/02.Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte, Kammer römisch eins, Beschwerdesache Ecker gegen Österreich, Zulässigkeitsentscheidung vom 1.2.2005, Bsw. 32042/02.
Spruch
Art. 6 Abs. 1 EMRK, § 91 GOG - Fristsetzungsantrag und Erschöpfung des Instanzenzugs.Artikel 6, Absatz eins, EMRK, Paragraph 91, GOG - Fristsetzungsantrag und Erschöpfung des Instanzenzugs.
Zurückweisung der Beschwerde unter Art. 6 Abs. 1 EMRK (einstimmig).Zurückweisung der Beschwerde unter Artikel 6, Absatz eins, EMRK (einstimmig).
Text
Begründung:
Sachverhalt:
Die Staatsanwaltschaft Linz leitete am 26.11.1996 wegen Betrugsverdachts Vorerhebungen gegen den Bf. ein, die am 2.2.1999 abgeschlossen wurden.
Am 9.2.1999 beantragte die Staatsanwaltschaft beim LG Linz die Einleitung der Voruntersuchung gegen den Bf. Nachdem das LG Linz weitere Beweise erhoben hatte, übermittelte es im Oktober 1999 die Akten dem Staatsanwalt, der am 9.11.1999 einen Strafantrag wegen fahrlässiger Krida einbrachte.
Am 8.9.2000 wurde die Akte der Staatsanwaltschaft übermittelt, da inzwischen § 159 StGB geändert worden war (BGBl. 58/2000). Die Staatsanwaltschaft erklärte, den Strafantrag aufrecht zu erhalten. In einer am 9.7.2001 durchgeführten Verhandlung wurde die Sache auf unbestimmte Zeit vertagt.Am 8.9.2000 wurde die Akte der Staatsanwaltschaft übermittelt, da inzwischen Paragraph 159, StGB geändert worden war Bundesgesetzblatt 58 aus 2000,). Die Staatsanwaltschaft erklärte, den Strafantrag aufrecht zu erhalten. In einer am 9.7.2001 durchgeführten Verhandlung wurde die Sache auf unbestimmte Zeit vertagt.
Nachdem das LG Linz am 26.2.2002 eine weitere Verhandlung durchgeführt hatte, sprach es den Bf. frei. Die schriftliche Urteilsausfertigung wurde dem Verteidiger des Bf. am 21.8.2002 zugestellt.
Rechtliche Beurteilung
Rechtsausführungen:
Der Bf. behauptet eine Verletzung von Art. 6 Abs. 1 EMRK (hier: Recht auf angemessene Verfahrensdauer).Der Bf. behauptet eine Verletzung von Artikel 6, Absatz eins, EMRK (hier: Recht auf angemessene Verfahrensdauer).
Zur behaupteten Verletzung von Art. 6 Abs. 1 EMRK:Zur behaupteten Verletzung von Artikel 6, Absatz eins, EMRK:
Die Regierung behauptet, der Bf. habe nicht alle innerstaatlichen Rechtsmittel erschöpft, da er weder einen Fristsetzungsantrag nach § 91 Gerichtsorganisationsgesetz (GOG) gestellt noch eine Aufsichtsbeschwerde nach § 37 Staatsanwaltschaftsgesetz (StAG) erhoben habe.Die Regierung behauptet, der Bf. habe nicht alle innerstaatlichen Rechtsmittel erschöpft, da er weder einen Fristsetzungsantrag nach Paragraph 91, Gerichtsorganisationsgesetz (GOG) gestellt noch eine Aufsichtsbeschwerde nach Paragraph 37, Staatsanwaltschaftsgesetz (StAG) erhoben habe.
Der Bf. entgegnet, ein Fristsetzungsantrag könne nicht als wirksamer Rechtsbehelf angesehen werden. Ein solcher Antrag hätte weitere Verzögerungen mit sich gebracht, weil die Akte an ein übergeordnetes Gericht übermittelt hätte werden müssen. Zudem könne von ihm als Angeklagtem nicht erwartet werden, einen Fristsetzungsantrag zu stellen, da dies auf Missbilligung seitens des LG gestoßen wäre. Der GH erinnert daran, dass er bereits im Fall Holzinger/A einen Fristsetzungsantrag nach § 91 GOG grundsätzlich als wirksamen Rechtsbehelf beurteilt hat, von welchem in Bezug auf Beschwerden wegen überlanger Verfahrensdauer Gebrauch zu machen ist. Die Wirksamkeit eines solchen Rechtsmittels kann davon abhängen, ob es eine signifikante Auswirkung auf die Verfahrensdauer insgesamt hat. Daher kann ein Fristsetzungsantrag dann nicht als wirksames Rechtsmittel angesehen werden, wenn das Verfahren einen wesentlichen Zeitraum beinhaltete, während dessen dem Bf. dieser Rechtsbehelf nicht zur Verfügung stand.Der Bf. entgegnet, ein Fristsetzungsantrag könne nicht als wirksamer Rechtsbehelf angesehen werden. Ein solcher Antrag hätte weitere Verzögerungen mit sich gebracht, weil die Akte an ein übergeordnetes Gericht übermittelt hätte werden müssen. Zudem könne von ihm als Angeklagtem nicht erwartet werden, einen Fristsetzungsantrag zu stellen, da dies auf Missbilligung seitens des LG gestoßen wäre. Der GH erinnert daran, dass er bereits im Fall Holzinger/A einen Fristsetzungsantrag nach Paragraph 91, GOG grundsätzlich als wirksamen Rechtsbehelf beurteilt hat, von welchem in Bezug auf Beschwerden wegen überlanger Verfahrensdauer Gebrauch zu machen ist. Die Wirksamkeit eines solchen Rechtsmittels kann davon abhängen, ob es eine signifikante Auswirkung auf die Verfahrensdauer insgesamt hat. Daher kann ein Fristsetzungsantrag dann nicht als wirksames Rechtsmittel angesehen werden, wenn das Verfahren einen wesentlichen Zeitraum beinhaltete, während dessen dem Bf. dieser Rechtsbehelf nicht zur Verfügung stand.
Weder die Regierung noch der Bf. haben vorgebracht, dass der vorliegende Fall eine wesentliche Zeitspanne umfasst hätte, während der dem Bf. der Fristsetzungsantrag nach § 91 GOG nicht zur Verfügung gestanden wäre. Die Verzögerungen, die in dem Verfahren auftraten, resultierten aus der behaupteten Untätigkeit des LG im Hauptverfahren, während dem der Bf. einen Fristsetzungsantrag nach § 91 GOG hätte stellen können.Weder die Regierung noch der Bf. haben vorgebracht, dass der vorliegende Fall eine wesentliche Zeitspanne umfasst hätte, während der dem Bf. der Fristsetzungsantrag nach Paragraph 91, GOG nicht zur Verfügung gestanden wäre. Die Verzögerungen, die in dem Verfahren auftraten, resultierten aus der behaupteten Untätigkeit des LG im Hauptverfahren, während dem der Bf. einen Fristsetzungsantrag nach Paragraph 91, GOG hätte stellen können.
Der GH kommt daher zu dem Schluss, dass der Bf. es verabsäumte, alle innerstaatlichen Rechtsbehelfe zu erschöpfen. Die Beschwerde ist daher gemäß Art. 35 Abs. 1 iVm. Abs. 4 EMRK zurückzuweisen (einstimmig).Der GH kommt daher zu dem Schluss, dass der Bf. es verabsäumte, alle innerstaatlichen Rechtsbehelfe zu erschöpfen. Die Beschwerde ist daher gemäß Artikel 35, Absatz eins, in Verbindung mit Absatz 4, EMRK zurückzuweisen (einstimmig).
Vom GH zitierte Judikatur:
Holzinger/A (Nr. 1) v. 30.1.2001, ÖJZ 2001, 478.
Holzinger/A (Nr. 2) v. 30.1.2001, ÖJZ 2001, 479.
Talirz/A v. 11.9.2001 (ZE), ÖJZ 2002, 619.
Hinweis:
Das vorliegende Dokument über die Zulässigkeitsentscheidung des EGMR vom 1.2.2005, Bsw. 32042/02, entstammt der Zeitschrift „Newsletter Menschenrechte" (NL 2005, 113) bzw. der entsprechenden Datenbank des Österreichischen Institutes für Menschenrechte, Salzburg, und wurde von diesem dem OGH zur Aufnahme in die Entscheidungsdokumentation Justiz im RIS zur Verfügung gestellt.
Die Zulässigkeitsentscheidung im englischen Originalwortlaut (pdf-Format): www.menschenrechte.ac.at/orig/05_3/Ecker.pdf
Das Original der Zulässigkeitsentscheidung ist auch auf der Website des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (www.echr.coe.int/hudoc) abrufbar.
Anmerkung
EGM00562 Bsw32042.02-ZEDokumentnummer
JJT_20050201_AUSL000_000BSW32042_0200000_000