Index
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
B-VG Art140 Abs7;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Köller, Dr. Thoma und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pfau, über die Beschwerde der GZ in H, vertreten durch Dr. Wolfgang Lirk, Mag. Hanna Spielbüchler und Dr. Johannes Hirtzberger, Rechtsanwälte in 5020 Salzburg, Rochusgasse 4/Franz-Huemer-Straße 16, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Salzburg, vom 28. Februar 2006, Zl. RV/0097-S/05, betreffend Schenkungssteuer, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Zur Bestreitung ihres Unterhalts erhielt die Beschwerdeführerin von ihrem Lebensgefährten und Vater ihrer beiden Kinder eine Schenkung von EUR 5.000,00.
Das Finanzamt Salzburg-Land schrieb der Beschwerdeführerin mit Bescheid vom 10. Februar 2005 Schenkungssteuer von EUR 684,60 vor.
In der Berufung gegen diesen Bescheid rügte die Beschwerdeführerin die Zuordnung ihres Lebensgefährten in die Steuerklasse V.
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. In der Begründung führte die belangte Behörde aus, dass die Lebensgemeinschaft einer Ehe nicht gleichzuhalten sei und daher die Steuerklasse I nicht anzuwenden sei.
Der Verfassungsgerichtshof wies die zunächst an ihn erhobene Beschwerde mit Erkenntnis vom 12. Oktober 2006, B 771/06 - 6, ab und trat die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab. Der Verfassungsgerichtshof entschied, dass die Beschwerdeführerin durch den angefochtenen Bescheid nicht wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden ist. In der Begründung führte er aus, dass die von der Beschwerdeführerin behauptete Rechtsverletzung nicht gegeben sei. Da sie nur die Verletzung von Rechten wegen Anwendung einer generellen Norm behauptet habe, sei nicht darauf einzugehen, ob die Verletzung eines anderen (verfassungsgesetzlich gewährleisteten) Rechtes vorliege.
Mit Beschluss vom 29. März 2007, A 2007/0023, stellte der Verwaltungsgerichtshof im Beschwerdefall gemäß Art. 140 Abs. 1 B-VG an den Verfassungsgerichtshof den Antrag, die Z 2 des § 1 Abs. 1 Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz 1955, BGBl. 141, mit der Wortfolge "2. Schenkungen unter Lebenden," als verfassungswidrig aufzuheben.
Mit Erkenntnis vom 15. Juni 2007, G 23/07-7 u.a., hob der Verfassungsgerichtshof auch aus Anlass des vorliegenden Beschwerdefalles § 1 Abs. 1 Z 2 des Bundesgesetzes vom 30. Juni 1955 betreffend die Erhebung einer Erbschafts- und Schenkungssteuer (Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz 1955), BGBl. 141, als verfassungswidrig auf.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Ist ein Gesetz wegen Verfassungswidrigkeit aufgehoben worden oder hat der Verfassungsgerichtshof gemäß Abs. 4 ausgesprochen, dass ein Gesetz verfassungswidrig war, so sind gemäß Art. 140 Abs. 7 B-VG alle Gerichte und Verwaltungsbehörden an den Spruch des Verfassungsgerichtshofes gebunden. Auf die vor der Aufhebung verwirklichten Tatbestände mit Ausnahme des Anlassfalles ist jedoch das Gesetz weiterhin anzuwenden, sofern der Verfassungsgerichtshof nicht in seinem aufhebenden Erkenntnis anderes ausspricht. Hat der Verfassungsgerichtshof in seinem aufhebenden Erkenntnis eine Frist gemäß Abs. 5 gesetzt, so ist das Gesetz auf alle bis zum Ablauf dieser Frist verwirklichten Tatbestände mit Ausnahme des Anlassfalles anzuwenden.
Der Beschwerdefall bildet einen Anlassfall für den verfassungsgerichtlichen Ausspruch, dass die angewendete und vom Verwaltungsgerichtshof anzuwendende Gesetzesstelle verfassungswidrig war.
Dadurch, dass die belangte Behörde den angefochtenen Abgabenbescheid auf diese die Abgabenvorschreibung tragende Gesetzesstelle gestützt hat, belastete sie diesen mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 28. Juni 2007
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2007:2007160112.X00Im RIS seit
26.07.2007