Index
001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
AVG §62 Abs4;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höß und die Hofräte Dr. Zens und Dr. Nowakowski als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Schilhan, in der Beschwerdesache der BG in N, vertreten durch Dr. Martin Riedl, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Franz Josefs-Kai 5, gegen die Niederösterreichische Landesregierung wegen Verletzung der Entscheidungspflicht i.A. Berufung gegen einen Bescheid betreffend die Verleihung einer schulfesten Leiterstelle, den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin steht als Volksschuloberlehrerin in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Land Niederösterreich. Sie und M bewarben sich auf Grund einer Ausschreibung um eine schulfeste Leiterstelle an der Volksschule N.
Mit Bescheid vom 14. Mai 2004 verlieh die niederösterreichische Landeslehrerkommission für allgemein bildende Pflichtschulen die schulfeste Leiterstelle an die Beschwerdeführerin und wies u.a. die Bewerbung der Mitbeteiligten ab.
Der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung der Mitbeteiligten gab die belangte Behörde mit Bescheid vom 13. April 2005 Folge, behob den erstbehördlichen Bescheid und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an die erstinstanzliche Behörde.
Gegen diesen Bescheid richtete sich die zur hg. Zl. 2005/12/0109 erhobene Beschwerde der Beschwerdeführerin vor dem Verwaltungsgerichtshof. Die niederösterreichische Landeslehrerkommission verlieh daraufhin mit einem im zweiten Rechtsgang des erstinstanzlichen Verfahrens ergangenen - unstrittig mit 22. April 2005 datierten und mit der Geschäftszahl K4-LK-1/001-2005 versehenen - Bescheid die in Rede stehende schulfeste Stelle an M, während u.a. die Bewerbung der Beschwerdeführerin abgewiesen wurde.
Die von der Beschwerdeführerin dagegen erhobene Berufung vom 5. Juli 2005 wurde mit Bescheid der belangten Behörde vom 22. Juli 2005 abgewiesen.
Gegen diesen Bescheid richtete sich die zur hg. Zl. 2005/12/0195 protokollierte Beschwerde der Beschwerdeführerin vor dem Verwaltungsgerichtshof.
Mit Erkenntnis vom 21. Oktober 2005 hob der Verwaltungsgerichtshof den Bescheid der belangten Behörde vom 13. April 2005 wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes auf. Begründend führte der Verwaltungsgerichtshof in diesem Erkenntnis aus, nach der im vorliegenden Fall maßgeblichen Rechtslage komme einem Bewerber um die Verleihung einer schulfesten Stelle mangels rechtlicher Verdichtung Parteistellung auf Grund eines Rechtsanspruches oder eines rechtlichen Interesses im Sinne des § 8 AVG nicht zu. Zwar komme einem in den Dreiervorschlag aufgenommenen Bewerber im Lichte des Art. 81b B-VG eine andere Rechtsposition zu als allfälligen sonstigen, nicht im Vorschlag berücksichtigten Bewerbern, das daraus ableitbare Recht des aufgenommenen Bewerbers erschöpfe sich aber darin, dass nur einer der in den Dreiervorschlag aufgenommenen Bewerber ernannt werde. Da dies vorliegendenfalls geschehen sei, sei M kein rechtliches Interesse zugestanden, welches mit Berufung gegen den erstinstanzlichen Verleihungsbescheid habe verfolgt werden können. Die belangte Behörde hätte die Berufung der M daher zurückzuweisen gehabt.
Mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 29. November 2005 wurde sodann auch der Bescheid der belangten Behörde vom 22. Juli 2005 wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. Begründend führte der Verwaltungsgerichtshof in diesem Erkenntnis aus, gemäß § 42 Abs. 3 VwGG sei durch die mit dem hg. Erkenntnis vom 21. Oktober 2005 bewirkte Aufhebung des Berufungsbescheides der belangten Behörde vom 13. April 2005 die Rechtssache in die Lage zurückgetreten, in der sie sich vor Erlassung dieses Bescheides befunden gehabt habe. Damit erweise sich aber der mit dem Bescheid vom 22. Juli 2005 bestätigte erstinstanzliche Bescheid als rechtswidrig, weil mit ihm während der Dauer eines bereits anhängigen Berufungsverfahrens (über den Bescheid vom 14. Mai 2004) in derselben Angelegenheit neuerlich entschieden worden sei.
Mit Bescheid der belangten Behörde vom 29. März 2006 gab diese der Berufung der M gegen den erstinstanzlichen Bescheid vom 14. Mai 2004 Folge und ernannte diese mit Wirksamkeit vom 1. September 2006 auf die in Rede stehende schulfeste Leiterstelle, während sie die Bewerbung der Beschwerdeführerin abwies.
Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin die zur hg. Zl. 2006/12/0084 protokollierte Beschwerde. Der genannte Bescheid der belangten Behörde wurde mit hg. Erkenntnis vom 13. September 2006 wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben, weil ein Verstoß gegen die Bindungswirkung des Erkenntnisses vom 21. Oktober 2005 vorliege.
Mit einem weiteren Bescheid der belangten Behörde vom 7. November 2006 wurde sodann die Berufung der M gegen den erstinstanzlichen Bescheid vom 14. Mai 2004 zurückgewiesen.
Gegen diesen Bescheid erhob M Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welche zu B 2022/06 protokolliert wurde. Der Verfassungsgerichtshof gab dieser Beschwerde sodann mit Erkenntnis vom 8. März 2007 statt und behob den Bescheid der belangten Behörde vom 7. November 2006.
Mit ihrer am 25. Jänner 2007 zur Post gegebenen Säumnisbeschwerde macht die Beschwerdeführerin eine behauptete Verletzung der Entscheidungspflicht durch die belangte Behörde in Ansehung ihrer Berufung vom 5. Juli 2005 gegen den erstinstanzlichen Bescheid vom 22. April 2005 geltend.
In ihrer über Auftrag des Verwaltungsgerichtshofes erstatteten Gegenschrift legte die belangte Behörde neben dem bereits zitierten Bescheid vom 29. März 2006 einen weiteren Bescheid mit diesem Datum vor, dessen Vorspruch und Spruch wie folgt lautet:
"Über die fristgerecht eingebrachte Berufung der Beschwerdeführerin ..., vom 5. Juli 2005, gegen den Bescheid der NÖ Landeslehrerkommission für allgemein bildende Pflichtschulen vom 31. Mai 2005, K4-LK-1/001-2005, mit welchem M die schulfeste Leiterstelle an der Volksschule Neunkirchen, Mühlfeld, verliehen und die Bewerbung der Beschwerdeführerin um diese Stelle abgewiesen wurde, wird wie folgt entschieden:
Spruch
Der Berufung wird Folge gegeben und der Bescheid ersatzlos
behoben."
In der Begründung dieses Bescheides führte die belangte
Behörde aus, dass sie damit der für sie bindenden Rechtsansicht des Verwaltungsgerichtshofes in seinem Erkenntnis vom 29. November 2005 Rechnung trage.
Ein Nachweis der Zustellung dieses Bescheides an die Beschwerdeführerin war angeschlossen.
In ihrer Gegenschrift führt die belangte Behörde weiters erklärend aus, dass die Zitierung des mit Berufung angefochtenen erstinstanzlichen Bescheides mit 31. Mai 2005 auf einem Irrtum beruht habe, da dieser in Wahrheit mit 22. April 2005 datiert sei. Der Irrtum sei auf eine falsche Protokollierung des Ausstellungsdatums in einem elektronischen Akt der erstinstanzlichen Behörde zurückzuführen gewesen.
In einer Äußerung zur genannten Gegenschrift bestätigte die Beschwerdeführerin, dass ihr der zuletzt zitierte Bescheid der belangten Behörde vom 29. März 2006 am 13. April 2006 zugestellt worden sei. Da die Bezug habenden Geschäftszahlen sowie das jeweilige Datum gleich gelautet hätten, sei vom Beschwerdevertreter irrtümlich angenommen worden, dass es sich dabei um eine weitere Ausfertigung des die Berufung gegen den Bescheid vom 14. Mai 2004 erledigenden, gleichfalls vom 29. März 2006 datierten Bescheides gehandelt habe.
Der Bescheid der belangten Behörde vom 29. März 2006, mit welchem spruchgemäß ein mit einer Berufung vom 5. Juli 2005 angefochtener Bescheid mit der Geschäftszahl "K4-LK-1/001-2005", mit welchem M die schulfeste Stelle verliehen und die Bewerbung der Beschwerdeführerin abgewiesen worden war, ersatzlos aufgehoben wurde, hat - ungeachtet der Zitierung eines falschen Datums des erstinstanzlichen Bescheides (31. Mai 2005 statt richtig 22. April 2005) - die Berufung der Beschwerdeführerin vom 5. Juli 2005 erledigt. Beim Fehlzitat des Bescheiddatums handelt es sich um eine offenbare Unrichtigkeit, zumal sowohl das Datum der Berufung, als auch die Geschäftszahl sowie der Inhalt des maßgeblichen erstinstanzlichen Bescheides vom 22. April 2005 richtig zitiert wurden. Der Bescheidspruch war daher - auch in Ermangelung eines Berichtigungsbescheides - berichtigend dahingehend auszulegen, dass damit die Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid vom 22. April 2005 erledigt wurde (vgl. hiezu auch das zu vergleichbaren Unrichtigkeiten eines Bescheides ergangene hg. Erkenntnis vom 21. Juni 1990, Zl. 89/06/0104 = VwSlg. 13.233 A/1990, sowie die weitere, bei Walter/Thienel, Die österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze I3, unter E. 291 zu § 62 AVG zitierte Judikatur). Damit war aber die belangte Behörde ab dem Datum der Zustellung des zuletzt erwähnten Bescheides vom 29. März 2006 (13. April 2006) mit der Erledigung der Berufung der Beschwerdeführerin gegen den erstinstanzlichen Bescheid vom 22. April 2005 nicht mehr säumig.
Die am 25. Jänner 2007 erhobene Säumnisbeschwerde war daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG mangels Berechtigung zu ihrer Erhebung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff, insbesondere auf § 51 VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.
Wien, am 2. Juli 2007
Schlagworte
Individuelle Normen und Parteienrechte Auslegung von Bescheiden und von Parteierklärungen VwRallg9/1 Offenbare Unzuständigkeit des VwGH Diverses Verletzung der Entscheidungspflicht Allgemein Behördliche Angelegenheiten Verletzung der Entscheidungspflicht Diverses Zurückweisung - EinstellungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2007:2007120019.X00Im RIS seit
01.10.2007