Index
001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
AVG §37;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höß und die Hofräte Dr. Zens und Dr. Thoma als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Schilhan, über die Beschwerde des WW-Sch in B, vertreten durch Dr. Susanne Schuh, Rechtsanwältin in 2380 Perchtoldsdorf, Wienergasse 7, als seine Sachwalterin, gegen den zweiten Spruchabschnitt des Bescheides der Niederösterreichischen Landesregierung vom 6. Juni 2006, Zl. K4-L- 1357/002-2006, betreffend Ruhen des Waisenversorgungsgenusses nach § 17 Abs. 3 des Pensionsgesetzes 1965, zu Recht erkannt:
Spruch
Der Bescheid wird im Umfang seiner Anfechtung wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Das Land Niederösterreich hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der im Jahre 1957 geborene Beschwerdeführer leidet an paranoider Schizophrenie. Mit Beschluss des Bezirksgerichtes Mödling vom 3. September 1999 wurde ihm die Einschreiterin als Sachwalterin - u.a. zu seiner Vertretung vor Gericht, Ämtern und Behörden - beigegeben. Mit Beschluss des Bezirksgerichtes Mödling vom 23. April 2001 wurde der Wirkungskreis der Sachwalterin des Beschwerdeführers auf alle Angelegenheiten erweitert.
Sein Vater, AW-Sch, stand seit seiner Versetzung in den Ruhestand mit 1. Jänner 1986 bis zu seinem Tod am 25. April 1995 in einem öffentlich-rechtlichen Ruhestandsverhältnis zum Land Niederösterreich. Hinsichtlich des Verfahrens über den Waisenversorgungsgenuss des Beschwerdeführers nach seinem verstorbenen Vater nach § 83 der Dienstpragmatik der Landesbeamten 1972 wird in sinngemäßer Anwendung des § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG auf das in dieser Sache ergangene hg. Erkenntnis vom 7. September 2004, Zl. 2004/12/0056, verwiesen.
Die Mutter des Beschwerdeführers, HW-Sch, stand bis zu ihrem Tod am 8. Juni 1999 als Landeslehrerin im Ruhestand ebenfalls in einem öffentlich-rechtlichen Ruhestandsverhältnis zum Land Niederösterreich.
Mit Eingabe vom 18. Oktober 2001 ersuchte der durch seine Sachwalterin vertretene Beschwerdeführer um Gewährung eines Waisenversorgungsgenusses nach seiner verstorbenen Mutter.
Mit Bescheid vom 12. Juni 2003 stellte der Landesschulrat für Niederösterreich fest, dass dem Beschwerdeführer gemäß § 17 Abs. 3 iVm Abs. 2 des Pensionsgesetzes 1965 "in der geltenden Fassung" kein Waisenversorgungsgenuss gebühre. Zur Begründung führte die Behörde erster Instanz beschwerdefallbezogen aus, unter Erwerbsfähigkeit sei die Tauglichkeit, das heiße die körperliche und geistige Eignung zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit, zu verstehen. Ob sich auf dem Arbeitsmarkt eine konkrete Erwerbsmöglichkeit biete, sei für die Beantwortung der Frage, ob Erwerbsfähigkeit oder Erwerbsunfähigkeit bestehe, ohne Bedeutung. Laut Mitteilung der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft vom 13. Dezember 2001 habe sich der Beschwerdeführer zwischen 1974 und 1976 mehrmals in einem ordentlichen Dienstverhältnis befunden bzw. sei in der Zeit von Jänner 1982 bis Juni 1997 durchgehend erwerbstätig gewesen.
In der dagegen erhobenen Berufung brachte der durch die Sachwalterin vertretene Beschwerdeführer vor, er sei zwar in den erhobenen Zeiten "pflichtversichert" gewesen und habe somit "Versicherungszeiten" erworben, denen zufolge er eine Erwerbsunfähigkeitspension zugesprochen erhalten habe, er sei jedoch in diesen Zeiten trotz Anstellung "ohne nennenswerten Erwerb", de facto in der Regel ganz ohne Erwerb gewesen. Die Sachwalterin habe von einem Bekannten des Betroffenen erfahren, dass dieser trotz der bezughabenden Dienstverhältnisse bzw. trotz der bei der Versicherung gemeldeten "selbständigen Tätigkeit" tatsächlich überhaupt kein nennenswertes Einkommen erzielt hätte. So sei auch beim Wohnsitzfinanzamt zu erheben gewesen, dass der Beschwerdeführer bis zur Sachwalterbestellung nie eine Einkommensteuererklärung für die angeblich von ihm ausgeübte selbständige Tätigkeit abgegeben habe - was er gemacht hätte, wenn er Einnahmen aus selbständiger Erwerbstätigkeit bezogen hätte. Der Beschwerdeführer sei zwar kurzzeitig erwerbstätig gewesen, er sei jedoch auf Grund seiner psychischen Erkrankung nicht imstande gewesen, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt einen nennenswerten Erwerb zu erzielen.
Mit dem angefochtenen Bescheid sprach die belangte Behörde über diese Berufung folgendermaßen ab:
"Der Berufung wird Folge gegeben und festgestellt, dass Sie Anspruch auf Waisenversorgungsgenuss haben.
Gleichzeitig wird ausgesprochen, dass dieser Waisenversorgungsgenuss ruht, da Sie Einkünfte beziehen, die zur Bestreitung eines angemessenen Lebensunterhaltes ausreichen.
Rechtsgrundlagen:
§ 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) §§ 17 und 18 Pensionsgesetz 1965, idgF, (PG)"
Begründend führte die belangte Behörde vorerst im Zuge der Darstellung des Verwaltungsverfahrens aus, im Rahmen des Ermittlungsverfahrens sei ein Gutachten vom Landesklinikum Donauregion, Abteilung Gerontopsychiatrie, Prim. Dr. WB, am 7. November 2005 erstellt, eingeholt und dem Beschwerdeführer mit Schreiben vom 16. Februar 2006 zur Kenntnis und allfälligen Stellungnahme übermittelt worden. Darin sei folgende Beurteilung abgegeben worden:
"Beim Beschwerdeführer besteht eine paranoide Schizophrenie mit unvollständiger Remission (F 20.04), aktuell ist eine mäßiggradige Derealisation und Depersonalisation neben einer deutlichen Affektflachheit und leichten Angetriebenheit beobachtbar, wobei der Untersuchte an seine psychotischen Erlebniswelten offenbar gut adaptiert ist. Die Diagnose ist durch die aktuelle Symptomatik und die gut dokumentierte Vorgeschichte zweifelsfrei zu stellen.
Im Allgemeinen fällt der Beginn einer derartigen Erkrankung in die Adoleszenz bzw. Zeit des frühen Erwachsenenalters. Dabei muss die erste stationäre Behandlung nicht unbedingt mit dem Beginn der Erkrankung zusammen fallen, da die Adoleszenz als Zeit eines lebensgeschichtlichen Umbruchs auch ohne Vorliegen einer Erkrankung durch seltsame Verhaltensweisen, Leistungseinbrüche und andere soziale Auffälligkeiten gekennzeichnet sein kann. Gleichzeitig sind ähnliche Erscheinungen als Vorläuferstadien (Prodrome) von schizophrenen Erkrankungen typisch und können oft erst im Nachhinein bei gesicherter Diagnose als das erkannt werden was sie eben waren, nämlich Vorläufer und erste Anzeichen der beginnenden Erkrankung.
Beim Beschwerdeführer ist aus den verfügbaren Dokumenten die schizophrene Erkrankung zumindest ab dem 22. Lebensjahr gesichert, also ab dem in der Krankengeschichte des DKL Gugging vermerkten stationären Aufenthalt im AKH Wien im Jahr 1980. Es hat aber der Beschwerdeführer offenbar nach Abschluss der Hauptschule bereits durchgehend psychosoziale Schwierigkeiten vor allem in Zusammenhang mit einer Berufsausbildung und dann Berufsausübung gezeigt. Weiters hat er von familiären Schwierigkeiten berichtet und zwar ab Beginn der Lehrzeit. Dies sind Hinweise darauf, dass mit großer Wahrscheinlichkeit bereits zu diesem Zeitpunkt krankheitsbedingt Verhaltensauffälligkeiten und Sozialisationsschwierigkeiten aufgetreten waren, die auf ein bereits damals beginnendes Prodromalstadium der schizophrenen Erkrankung hinwiesen. Der Beschwerdeführer beschreibt sich selbst während seiner gesamten Lehrzeit als 'langsam und faul', was ebenfalls für eine im Verhältnis zur Bezugsgruppe verringerte Leistungs- und Anpassungsfähigkeit spricht. Die im weiteren Krankheitsverlauf gut dokumentierten heftigen Auseinandersetzungen und Konflikte mit den Eltern insbesondere der Mutter sind ebenfalls mit sehr großer Wahrscheinlichkeit nicht plötzlich erst ab dem 22. Lebensjahr aufgetreten, sondern bereits in Pubertät und Adoleszenz entstanden. Die Auffälligkeiten als Vorläufer einer schizophrenen Erkrankung in Pubertät und Adoleszenz führen häufig zu einer intensiveren Sorge der Eltern, damit auch gleichzeitig zu einer erschwerten Ablösung der Kinder und münden bei schizophrenen Erkrankten oftmals in eine Art Teufelskreis von gegen- und wechselseitiger Verstärkung.
Auch der schwere Mopedunfall im 16. oder 17. Lebensjahr muss bei der psychiatrischen Beurteilung der Arbeitsfähigkeit mit berücksichtigt werden, da er zweifellos eine sehr schwere Belastung, einen Einschnitt in die Entwicklung eines Menschen darstellt, der in der Folge von einer schweren psychischen Erkrankung getroffen wird. Die Bewältigung dieses körperlichen Traumas hat mit großer Wahrscheinlichkeit zu einer beträchtlichen Beanspruchung des psychischen Apparates, aber auch zu einer Belastung des familiären Gefüges geführt, welches die weitere psychosoziale Entwicklung erschwerte.
Unter Berücksichtigung dieser Umstände scheint daher aus psychiatrischer Sicht gesichert, dass die psychische Erkrankung des Beschwerdeführers nicht erst mit der ersten stationären Aufnahme im Jahr 1980, sondern bereits weit früher begonnen hat und ihre Auswirkungen auf seine Leistungsfähigkeit und sein Bewältigungsstrategien für komplexe soziale Situationen und Veränderungen immer stärker beeinträchtigt hat. Er war daher aus psychiatrischer Sicht mit großer Wahrscheinlichkeit bereits ab seinem 18. Lebensjahr zumindest von den Vorstadien der Erkrankung so schwer getroffen, dass er nicht in der Lage war, durch eigene Arbeit einen wesentlichen Beitrag zum Lebensunterhalt zu verdienen. Insbesondere die Fähigkeit ein geeignetes Arbeitstempo vorzulegen, die an ihn gerichteten Aufgaben entsprechend zu strukturieren und zeitgerecht zu erledigen, also dabei nicht nur die Aufgabe selbst sondern auch die Rahmenbedingungen mit zu berücksichtigen, war beim Beschwerdeführer mit großer Wahrscheinlichkeit bereits ab seinem 18. Geburtstag in so hohem Maße reduziert, dass er außerstande war, einem regelmäßigen Erwerb nachzugehen."
Mit Bescheid der belangten Behörde, Abteilung Personalangelegenheiten, vom 3. Mai 2006, sei dem Beschwerdeführer folgender monatlicher Waisenversorgungsgenuss (nach seinem verstorbenen Vater) zugesprochen worden:
"Ab 1. Oktober 2001
EUR 1.263,83
Ab 1. Jänner 2002
EUR 1.277,73
Ab 1. Jänner 2003
EUR 1.284,12
Ab 1. Jänner 2004
EUR 1.294,14
Ab 1. Jänner 2005
EUR 1.304,44
Ab 1. Jänner 2006
EUR 1.337,05"
Nach weiterer Wiedergabe der Rechtsgrundlagen führte die belangte Behörde erwägend aus, auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens, insbesondere auf Grund des gesamten Akteninhaltes und des schlüssig und nicht zu Zweifeln Anlass gebenden Gutachtens des Landesklinikums Donauregion, werde festgestellt:
Der Vater des Beschwerdeführers sei am 25. April 1995, dessen Mutter am 8. Juni 1999 verstorben. Da der Beschwerdeführer am 3. Juli 1957 geboren worden sei, sei er zum Zeitpunkt des Todes seiner Mutter bereits über 18 Jahre alt gewesen und seit dem 18. Lebensjahr infolge Krankheit nicht in der Lage, einen wesentlichen Beitrag zum Lebensunterhalt zu verdienen. Seit 1. Juli 1997 erhalte er von der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft eine Erwerbsunfähigkeitspension in der Höhe von ca. EUR 400,-- zuzüglich eines Pflegegeldes in der Höhe von monatlich ca. EUR 270,--. Auf Grund des Bescheides der belangten Behörde vom 3. Mai 2006 erhalte er seit 1. Oktober 2001 monatlich EUR 1.263,83 zuzüglich der jährlichen Steigerungsraten seit 1. Jänner 2006 EUR 1.337,05 als Waisenversorgungsgenuss nach seinem verstorbenen Vater.
Nach weiterer Wiedergabe von Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum Begriff der Erwerbsfähigkeit im Sinne des Pensionsgesetzes 1965 führte die belangte Behörde abschließend aus, aus dem Gutachten des Landesklinikums Donauregion gehe eindeutig hervor, dass der Beschwerdeführer seit seinem 18. Lebensjahr nicht erwerbsfähig gewesen sei und daher ergebe sich ein nach § 17 Abs. 3 und § 18 Abs. 1 PG bestimmter Waisenversorgungsgenussanspruch. Da der Beschwerdeführer bereits, wie festgestellt worden sei, für den Zeitraum ab Antragstellung und derzeit laufend ein Einkommen beziehe, das zur Bestreitung seines angemessenen Lebensunterhaltes ausreiche, ruhe der Waisenversorgungsgenuss nach seiner verstorbenen Mutter.
Gegen den zweiten Spruchabschnitt des Bescheides richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften begehrt wird.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem nach § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Gemäß § 106 Abs. 1 Z. 2 des Landeslehrer-Dienstrechtsgesetzes 1984, BGBl. Nr. 302, gilt für das Besoldungs- und Pensionsrecht (der Landeslehrer) unter Bedachtnahme auf Abs. 2, soweit nicht in diesem Bundesgesetz anderes bestimmt wird, das Pensionsgesetz 1965, BGBl. Nr. 340.
Nach § 17 Abs. 3 des Pensionsgesetzes 1965, BGBl. Nr. 340, gebührt dem Kind eines verstorbenen Beamten, das das 18. Lebensjahr vollendet hat, auf Antrag ein monatlicher Waisenversorgungsgenuss, wenn es seit der Vollendung des 18. Lebensjahres oder seit dem Ablauf des im Abs. 2 genannten Zeitraumes infolge Krankheit oder Gebrechens erwerbsunfähig ist.
Nach Abs. 4 lit. a leg. cit. (die Bezeichnung des Absatzes in der Fassung der 8. Pensionsgesetz-Novelle, BGBl. Nr. 426/1985) ruht der Waisenversorgungsgenuss nach den Abs. 2 und 3, wenn das Kind Einkünfte bezieht, die zur Bestreitung seines angemessenen Lebensunterhaltes ausreichen.
"Angemessen" (im Sinn des § 17 Abs. 4 leg. cit.) ist ein unbestimmter Rechtsbegriff und bedeutet jemandes Bedürfnis oder Anspruch entsprechend, eine Leistung, die im richtigen Verhältnis zu einem Erfordernis, Zweck oder Erfolg steht, die den Verhältnissen entspricht. Unterhalt ist Nahrung, Kleidung, Wohnung und sonst zur Befriedigung leiblicher und geistiger Bedürfnisse Nötiges, z.B. auch Heilmittel und ärztliche Hilfe (vgl. die in Gebetsroiter/Grüner, Das Pensionsgesetz 19652 (1976), unter Anm. 24 und 39 zu § 17 PG mwN wiedergegebenen Begriffsbestimmungen).
Im Beschwerdefall ist die Gebührlichkeit des Waisenversorgungsgenusses nach § 17 Abs. 3 des Pensionsgesetzes 1965 unstrittig. Die belangte Behörde gelangte im angefochtenen Bescheid zum Schluss, dass das vom Beschwerdeführer bezogene Einkommen zur Bestreitung seines angemessenen Lebensunterhaltes ausreiche; strittig ist daher, ob der Anspruch des Beschwerdeführers auf Waisenversorgungsgenuss nach seiner verstorbenen Mutter nach § 17 Abs. 4 lit. a leg. cit. ruht.
Die Beschwerde führt dem gegenüber ins Treffen, im angefochtenen Bescheid fehlten Feststellungen zum Finanzierungsbedarf des Beschwerdeführers völlig. Es sei auch nicht der "angemessene Lebensunterhalt" festgestellt worden. Die Kosten seiner Betreuung im Pflegeheim betrügen monatlich 2.200,- EUR. Aufgabe der belangten Behörde in einem Verfahren nach § 17 Abs. 4 lit. a PG sei es, in einem ordnungsgemäßen Verwaltungsverfahren Feststellungen sowohl zur Frage des Bezuges von Einkünften als auch zur Notwendigkeit dieser zur Bestreitung eines angemessenen Lebensunterhaltes zu treffen. Die Ausführungen der Behörde, die sich nur auf die Seite der Einkünfte bezögen, würden diesen Anforderungen keinesfalls gerecht.
Mit diesem Vorbringen ist die Beschwerde im Recht.
Der Verwaltungsgerichtshof führte in seinem Erkenntnis vom 17. September 1997, Zl. 96/12/0150, zur Frage des Ruhens eines Waisenversorgungsgenusses nach § 17 Abs. 4 lit. a des Pensionsgesetzes 1965 aus, Aufgabe der Behörde in einem Verfahren nach dieser Bestimmung sei es, in einem ordnungsgemäßen Verwaltungsverfahren Feststellungen sowohl zur Frage des Bezuges von Einkünften als auch zur Notwendigkeit dieser zur Bestreitung eines angemessenen Lebensunterhaltes zu treffen. Die Ausführungen im angefochtenen Bescheid, die sich nur auf die Seite der Einkünfte bezögen (und teilweise offenbar nur einmalige Erlöse erfassten), würden den vorstehend skizzierten Anforderungen keinesfalls gerecht.
Auch im vorliegenden Beschwerdefall beschränkte sich die belangte Behörde darauf, Feststellungen über die Einkünfte des Beschwerdeführers zu treffen. Allein dies reicht jedoch nicht aus, die im Beschwerdefall strittige Frage eindeutig zu beantworten, ob diese Einkünfte zur Bestreitung des für den Beschwerdeführer angemessenen Lebensunterhaltes unter Berücksichtigung seines Sonderbedarfes auf Grund seines stationären Aufenthaltes ausreichen.
Der in der Gegenschrift erhobene Einwand, der Beschwerdeführer sei im Rahmen des Verwaltungsverfahrens seinen Mitwirkungspflichten nicht nachgekommen, weil er Angaben über dessen Sonderbedarf unterlassen habe, versagt vor dem Hintergrund der dargelegten amtswegigen Ermittlungspflichten der (Pensions-) Behörde. Auf der Grundlage des § 1 Abs. 1 DVG herrscht im Verfahren in Angelegenheiten des öffentlich-rechtlichen Dienst-, Ruhe- und Versorgungsverhältnisses die in § 39 Abs. 2 AVG umschriebene Offizialmaxime. Gemäß § 8 DVG hat die Behörde im Dienstrechtsverfahren die zum Vorteil und Nachteil der Partei dienenden Umstände mit gleicher Sorgfalt zu berücksichtigen. Wohl besteht auch im Dienstrechtsverfahren eine Mitwirkungspflicht der Partei bei der Feststellung des Sachverhaltes. Doch hat auch in diesen Fällen die Behörde von Amts wegen zu bestimmen, welche Tatsachen zu beweisen sind, und die Erbringung der Beweise anzuordnen, sofern der Beteiligte nicht von sich aus Beweisanträge stellt oder Beweise vorlegt (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 25. September 2002, Zl. 2001/12/0150).
Da im Beschwerdefall die Behörde keine Ermittlungstätigkeit zur Frage der Bedürfnisse des Beschwerdeführers entfaltete, konnte dieser auch keine Mitwirkungspflicht verletzen.
Auch die weitere in der Gegenschrift aufgeworfene Frage, ob andere Personen oder staatliche Stellen zur Deckung des in Rede stehenden Sonderbedarfes des Beschwerdeführers heranzuziehen seien, harrt einer Beantwortung durch die Behörde im Rahmen eines ordnungsgemäßen Verwaltungsverfahrens.
Da die belangte Behörde Feststellung über die zur Deckung des angemessenen Lebensunterhaltes des Beschwerdeführers notwendigen Mittel, insbesondere unter Berücksichtigung seines Sonderbedarfes, unterließ, belastete sie den Bescheid in seinem zweiten Spruchabschnitt mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, weshalb dieser gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben war.
Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.
Wien, am 2. Juli 2007
Schlagworte
Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung VerfahrensmangelVerfahrensgrundsätze im Anwendungsbereich des AVG Offizialmaxime Mitwirkungspflicht Manuduktionspflicht VwRallg10/1/1Auslegung unbestimmter Begriffe VwRallg3/4Verfahrensbestimmungen Amtswegigkeit des Verfahrens Mitwirkungspflicht ManuduktionspflichtEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2007:2006120139.X00Im RIS seit
26.07.2007Zuletzt aktualisiert am
28.06.2013