TE Vwgh Erkenntnis 2007/7/3 2005/05/0009

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 03.07.2007
beobachten
merken

Index

L37153 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Niederösterreich;
L82000 Bauordnung;
L82003 Bauordnung Niederösterreich;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §38;
AVG §56;
BauO NÖ 1996 §20 Abs1;
BauO NÖ 1996 §23;
BauO NÖ 1996 §29 Z1;
BauO NÖ 1996 §29;
BauRallg;
VVG §1 Abs1;
VVG §4 Abs1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Kail, Dr. Pallitsch, Dr. Waldstätten und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Fritz, über die Beschwerde des Karl Hössl in Brunn am Gebirge, vertreten durch Dr. Ernst Brunner, Rechtsanwalt in 1040 Wien, Prinz Eugen Straße 62, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 30. November 2004, Zl. RU1-BR-119/002/2004, betreffend eine Bauangelegenheit (mitbeteiligte Partei: Gemeinde Wienerwald), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Kostenbegehren der mitbeteiligten Gemeinde wird abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeführer ist Eigentümer der Grundstücke Nr. 92 und 93/1, KG Dornbach, Gemeinde Wienerwald. Mit Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde (als Oberbehörde gemäß § 73 Abs. 2 AVG) vom 27. Februar 2003 wurde dem Beschwerdeführer die baubehördliche Bewilligung für die Errichtung eines Pferdestalles sowie eines Pferdeunterstandes auf den oben genannten Grundstücken unter Vorschreibung näher dargestellter Auflagen erteilt (Spruchpunkt I), das Ansuchen des Beschwerdeführers um baubehördliche Bewilligung für die Errichtung eines Buschenschankgebäudes und eines Gebäudes (laut Bescheidbegründung: "Wohngebäudes") auf den gegenständlichen Grundstücken jedoch abgewiesen (Spruchpunkt II). Die Bewilligung bezüglich des Pferdestalles und des Pferdeunterstandes begründete der Gemeinderat damit, dass die durch die Verordnung des Gemeinderates vom 22. September 2000, genehmigt von der Aufsichtsbehörde am 18. März 2002, für die gegenständlichen Grundstücke geschaffenen Freihalteflächen aufgrund des Antragszeitpunktes (1997) keine Anwendung fänden. Hinsichtlich des "Gebäudes" und des Buschenschankgebäudes sei aber 2002 eine neue Antragsstellung erfolgt. Die gegen Spruchpunkt II erhobene Vorstellung des Beschwerdeführers wurde von der belangten Behörde mit Bescheid vom 27. Oktober 2003 als unbegründet abgewiesen.

Anlässlich einer am 21. August 2003 auf den gegenständlichen Grundstücken in Anwesenheit des Bausachverständigen Dipl. Ing. R. durchgeführten Überprüfungsverhandlung stellte die Baubehörde fest, dass auf den gegenständlichen Grundstücken

"1. Ein Wohnhaus im Rohbau mit den Abmessungen von 11,30 x 11,36 m,

2.

Ein Pferdestall mit den Abmessungen 9,46 x 15,84 m sowie

3.

Ein Pferdeunterstand mit Futterlager, 8,00 x 9,72 m" errichtet worden sei.

Aus einer vom Sachverständigen angefertigten Lageskizze - auf welcher der festgestellte Bestand dem ursprünglich bewilligten Bauvorhaben auf den gegenständlichen Grundstücken gegenübergestellt wurde - geht hervor, dass der ursprünglich im Ausmaß von 9,54 x 15,9 m bewilligte Pferdestall in den Maßen von 9,46 x 15,84 m errichtet und um 9,5 m Richtung Norden verschoben sowie der ursprünglich im Ausmaß von 4 x 5 m bewilligte Pferdeunterstand im Ausmaß von 8,00 x 9,72 m in einer völlig anderen Lage errichtet worden war.

Mit Ansuchen vom 2. Dezember 2003 und vom 3. Dezember 2003 beantragte der Beschwerdeführer u. a. die baubehördliche Genehmigung des Planwechsels des Pferdestalles aufgrund geringfügiger Veränderungen, in eventu die Erteilung der Baubewilligung für die Ausführung des Pferdestalles sowie die Erteilung einer baubehördlichen Bewilligung für die Errichtung eines Pferdeunterstandes, eines Wohngebäudes und einer Buschenschank. Diese Anträge des Beschwerdeführers bilden den Gegenstand des hg. Erkenntnisses vom heutigen Tage, Zl. 2006/05/0130.

Mit Bescheid des Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde vom 26. Jänner 2004 wurde dem Beschwerdeführer aufgrund des Ergebnisses der baubehördlichen Überprüfung vom 21. August 2003

(Spruchpunkt a.) gemäß § 29 Ziffer 1 NÖ BauO 1996 die Fortsetzung der Ausführung des Gebäudes, des Pferdestalles und des Pferdeunterstandes auf den gegenständlichen Grundstücken untersagt;

(Spruchpunkt b 1) gemäß § 29 Abs. 2 i.V.m. Abs. 3 der NÖ BauO 1996 verfügt, das Gebäude binnen einer Frist von drei Monaten ab Rechtskraft des Bescheides zu entfernen und

(Spruchpunkt b 2) den Pferdestall und den Pferdeunterstand gemäß dem rechtskräftigen Baubewilligungsbescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom 27. Februar 2003 herzustellen.

Begründend wurde ausgeführt, dass für das gegenständliche Gebäude keine Baubewilligung vorliege. Der baubehördlich bewilligte Pferdestall und der Pferdeunterstand seien derart abgeändert ausgeführt worden, dass diesbezüglich ein "aliud" anzunehmen sei. Dies stehe hinsichtlich des Pferdeunterstandes unbestritten fest; aber auch in Bezug auf den Pferdestall könne bei einer Verschiebung von rund 9,50 m nicht mehr von nur geringfügigen Änderungen ausgegangen werden. Da für die beiden gegenständlichen Grundstücke laut rechtsgültigem Flächenwidmungsplan die Widmung "Freihaltefläche" gelte, könne eine nachträgliche Baubewilligung auch nicht erteilt werden; eine Aufforderung zur Einbringung einer nachträglichen Baubewilligung oder einer Bauanzeige binnen einer bestimmten Frist sei daher überflüssig gewesen. Es sei daher nach dem gewährten Parteiengehör im Anschluss an die Verfügung der Baueinstellung der Auftrag zur Herstellung eines Zustandes, der dem Zustand vor Baubeginn bzw. dem bewilligten Bauvorhaben entspreche, zu verfügen gewesen.

In seiner dagegen erhobenen Berufung brachte der Beschwerdeführer vor, es liege für den Pferdestall und den Pferdeunterstand eine rechtskräftige baubehördliche Bewilligung vor. Die Errichtung des Pferdestalles mit veränderten Maßen von 9,46 m x 15,84 m statt 9,54 m x 15,90 stelle lediglich eine geringfügige Änderung dar. Auch die Verschiebung des Pferdestalles um 9,50 m nach Norden sei - insbesondere unter dem Gesichtspunkt, dass die gegenständlichen Grundstücke von unbebauten Liegenschaften umgeben seien - bloß geringfügig und werde damit in keine Nachbarrechte eingegriffen. Dessen ungeachtet sei das Verfahren auf Genehmigung der geringfügigen Abweichungen des abgeänderten Pferdestalles und Pferdeunterstandes - infolge Berufung - noch offen. Betreffend das Gebäude habe der Beschwerdeführer ebenfalls um nachträgliche Baubewilligung angesucht; auch dieses Verfahren sei noch offen. Da der Ausgang dieser Verfahren aber für das gegenständliche Verfahren präjudiziell sei, beantragte er das verfahrensgegenständliche Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Bauansuchen auszusetzen.

Mit Bescheid des Gemeindevorstandes der mitbeteiligten Gemeinde vom 29. März 2003 wurde die Berufung sowie der Antrag des Beschwerdeführers auf Aussetzung des Verfahrens als unbegründet abgewiesen. Sowohl für den Pferdeunterstand, als auch für den Pferdestall liege zwar eine rechtskräftige Baubewilligung vor. In der Natur sei aber ein anderes Bauvorhaben, für welches keine Baubewilligung vorliege, ausgeführt worden. Da der rechtsgültige Flächenwidmungsplan für die gegenständlichen Grundstücke die Widmung "Freihaltefläche" vorsehe, sei eine nachträgliche Baubewilligung auch nicht zu erteilen. Da sämtliche Kriterien des § 29 NÖ BauO 1996 vorliegen würden, sei die Fortsetzung der Arbeiten zu untersagen und gleichzeitig ein Abbruch- bzw. Wiederherstellungsauftrag unter Fristsetzung zu verfügen gewesen. Hinsichtlich der Aussetzung des Verfahrens ermögliche es § 38 AVG der Behörde auszuwählen, ob die Behörde die Rechtsfrage selbst löse oder das Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung in einem Vorverfahren aussetze. Im vorliegenden Fall sei die Behörde - insbesondere auch unter dem Gesichtspunkt, dass sie auch im Baubewilligungsverfahren zu entscheiden habe - in der Lage, die Vorfrage selbst zu lösen, weshalb eine Aussetzung des Verfahrens im vorliegenden Fall untunlich sei.

Mit Schreiben vom 5. November 2004 gab der Sachverständige Dipl. Ing. R. der Baubehörde bekannt, dass bei der Überprüfungsverhandlung am 21. August 2003 die Gebäude auf den gegenständlichen Grundstücken wie folgt vorgefunden worden seien:

"Pferdeunterstand: Dachdeckung fehlt, Dach für Deckung vorbereitet.

Pferdestall: Regenabfallrohr noch nicht an Kanal bzw. Sickerschacht angeschlossen, Entwässerung provisorisch über Betonplatte vor dem Gebäude geführt.

Wohngebäude: Dachdeckung fehlt, Dach für Deckung vorbereitet, Fassade noch nicht verputzt. Das Gebäude wurde innen nicht besichtigt."

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der gegen den Berufungsbescheid erhobenen Vorstellung des Beschwerdeführers in Bezug auf den Pferdestall Folge gegeben, der Bescheid in diesem Punkt behoben und zur neuerlichen Entscheidung an die mitbeteiligte Gemeinde verwiesen (Spruchpunkt 1); ansonsten wurde die Vorstellung als unbegründet abgewiesen (Spruchpunkt 2). Der Antrag auf Aussetzung des Verfahrens wurde als unzulässig zurückgewiesen (Spruchpunkt 3). Begründend führte die belangte Behörde aus, bei den gegenständlichen Bauvorhaben handle es sich um bewilligungs- bzw. anzeigepflichtige Bauvorhaben. Die Errichtung dieser Bauvorhaben stehe aber im Widerspruch mit der Widmung der gegenständlichen Grundstücke "Grünland-Freihalteflächen" und seien daher nicht bewilligungsfähig. Aus dem Schreiben des Dipl. Ing. R. vom 5. November 2004 ergebe sich, dass zum Zeitpunkt der Baueinstellung die Arbeiten zur Errichtung des Pferdestalles bereits abgeschlossen worden seien. Da sich die Untersagung der Fortsetzung der Arbeiten schon begrifflich nur auf noch nicht abgeschlossene Arbeiten beziehen könne, wäre hinsichtlich des Pferdestalles ein Abbruchauftrag nach § 35 Abs. 2 Z. 3 1. Fall NÖ BauO von der Behörde erster Instanz anzuordnen gewesen; dies hätte die Berufungsbehörde wahrnehmen müssen. Da sie dies verkannt habe, sei hinsichtlich des Pferdestalls der Vorstellung stattzugeben gewesen. Hinsichtlich der im Bescheiderlassungszeitpunkt noch nicht vollendeten Bauwerke würden jedoch alle Voraussetzungen für die Vorschreibung eines baupolizeilichen Auftrages nach § 29 NÖ BauO vorliegen und sei diesbezüglich die Vorstellung als unbegründet abzuweisen gewesen. Bei der Frage, ob für die gegenständlichen Bauvorhaben eine Baubewilligung zu erteilen sei, handle es sich um keine Vorfrage im Sinne des § 38 AVG, da diese Frage nicht von einer anderen Verwaltungsbehörde zu entscheiden sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht, "wonach während eines Verfahrens auf Baubewilligung ein Auftrag zur Entfernung bzw. Abbruchauftrag nicht zulässig sei sowie weiters, dass geringfügige Abänderungen eines bewilligten Bauvorhabens zulässig" seien, verletzt. Es sei unbestritten, dass der Pferdestall mit geringfügigen abgeänderten Ausmaßen hergestellt und in seiner Lage um 9,5 m in Richtung Norden verschoben worden sei. Der Verwaltungsgerichtshof habe in seinem Erkenntnis vom 25. März 1977 (richtig: 1997), Zl. 94/05/0077, ausgesprochen, dass bei bereits rechtskräftig bewilligten Bauvorhaben Änderungen zulässig seien und nicht etwa jeweils ein neues Baubewilligungsverfahren durchzuführen sei. Dadurch aber, dass der Pferdestall im vorliegenden Fall dem bisher eingereichten Projekt hinsichtlich der Maße vollinhaltlich entspreche, lediglich der Abstand zur Grundgrenze zum Nachbargrundstück geändert worden sei, sei erwiesen, dass es sich um eine geringfügige Veränderung handle, die mittels einer Planwechselgenehmigung zu bewilligen sei. Durch die Änderung der Ausführung des Pferdestalles ergebe sich bezüglich des Ortsbildes und anderer wesentlicher Vorschriften der NÖ BauO keine nachteilige Beschränkung irgendwelcher Interessen, sodass es zu keiner Beeinträchtigung subjektiv-öffentlicher Rechte komme. Da geringfügige Änderungen bei bereits bewilligten Bauvorhaben zulässig seien, sei der Auftrag den Pferdestall sowie den Pferdeunterstand gemäß dem rechtskräftigen Baubewilligungsbescheid entsprechenden Zustand herzustellen, zu Unrecht ergangen. Betreffend den Antrag auf baubehördliche Bewilligung für die Errichtung des Gebäudes sei derzeit ein Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof anhängig. Der Verwaltungsgerichtshof habe in seinem Erkenntnis vom 15. Oktober 1987, Zl. 87/06/0053, ausgesprochen, dass ein Auftrag zur Entfernung bzw. zum Abbruch bis zur Entscheidung über eine Baubewilligung nicht zulässig sei. Wenn die Baubewilligung nachträglich erteilt werde, würde der Abbruchauftrag gegenstandslos. Bereits aus diesem Grund sei der gegenständliche Entfernungsauftrag zu Unrecht erfolgt. Das Baubewilligungsverfahren sei insofern präjudiziell für das gegenständliche Verfahren. Entgegen der Ansicht der belangten Behörde handle es sich dabei sehr wohl um eine Vorfrage im Sinne des § 38 AVG. Diese Vorfrage - ob für die eingereichten Bauvorhaben eine Baubewilligung zu erteilen sei - sei für das gegenständliche Verfahren von eminenter Wichtigkeit, weil sich im Falle einer Baubewilligung ergebe, dass der gegenständliche Entfernungsauftrag zu Unrecht erteilt worden sei. Im Übrigen habe der Beschwerdeführer bereits wiederholt vorgebracht, dass die von der mitbeteiligten Gemeinde verordnete Flächenwidmung der gegenständlichen Grundstücke als "Grünland-Freihaltefläche" rechtswidrig sei und der Beschwerdeführer diesbezüglich den Verfassungsgerichtshof angerufen habe. Sollte der Verfassungsgerichtshof diese Verordnung als verfassungswidrig aufheben, würde dies bedeuten, dass die Bauansuchen des Beschwerdeführers zu bewilligen seien und der Entfernungsauftrag daher zu Unrecht ergangen sei. Es werde daher der Antrag gestellt, das Verfahren bis zur Erledigung über die beim Verfassungsgerichtshof anhängige Beschwerde auszusetzen.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete, ebenso wie die mitbeteiligte Partei, eine Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Bescheid des Gemeindevorstandes der mitbeteiligten Gemeinde vom 29. März 2003 in Bezug auf den gegenständlichen Pferdestall aufgehoben (Spruchpunkt I), wobei - wie sich aus der Bescheidbegründung eindeutig durch den Verweis auf § 35 NÖ BauO ergibt - auch der Wiederherstellungsauftrag von der Aufhebung erfasst war. Soweit sich der Beschwerdeführer gegen die Zulässigkeit des Wiederherstellungsauftrages in Bezug auf den Pferdestall wendet, ist ihm entgegen zu halten, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (zuletzt im hg. Erkenntnis vom 24. April 2007, Zl. 2004/05/0228 zur Rechtslage in Kärnten) nur den tragenden Aufhebungsgründen eines aufsichtsbehördlichen Bescheides für das fortgesetzte Verfahren bindende Wirkung zukommt. Allen nicht die Aufhebung tragenden Ausführungen in der Begründung des angefochtenen Bescheides kann der Beschwerdeführer im fortgesetzten Verfahren entgegentreten. Daher könnten die Parteien des aufsichtsbehördlichen Verfahrens einen kassatorischen Vorstellungsbescheid ausschließlich deshalb vor dem Verwaltungsgerichtshof bekämpfen, weil die die Aufhebung tragenden Gründe ihrer Ansicht nach unzutreffend sind (siehe das hg Erkenntnis vom 1. September 1998, Zl. 98/05/0132).

Tragender Aufhebungsgrund im angefochtenen Bescheid war, dass nach Ansicht der belangten Behörde der Wiederherstellungsauftrag hinsichtlich des - bereits vollendeten - Pferdestalles auf eine falsche Rechtsnorm - nämlich auf § 29 NÖ BauO an Stelle von (richtiger Weise) § 35 Abs. 2 Z. 3 1. Fall leg. cit. - gestützt wurde. Insofern erachtet sich der Beschwerdeführer jedoch in seinen Rechten nicht verletzt.

Die von den Gemeindebehörden nach § 29 NÖ BauO angeordnete Baueinstellung und der damit verbundene Abbruch- bzw. Wiederherstellungsauftrag betreffend das Gebäude und den Pferdeunterstand wurde von der belangten Behörde mit dem angefochtenen Bescheid hingegen bestätigt.

§ 29 der NÖ BauO 1996 (BO) lautet auszugsweise:

"Baueinstellung

Die Baubehörde hat die Fortsetzung der Ausführung eines Bauvorhabens zu untersagen, wenn

              1.              die hiefür notwendige Baubewilligung (§ 23) oder Anzeige (§ 15) nicht vorliegt oder

              2.              ...

Im ersten Fall hat die Baubehörde die Herstellung eines Zustandes, der dem vorherigen entspricht, zu verfügen, wenn nicht innerhalb einer von der Baubehörde bestimmten Frist um nachträgliche Baubewilligung angesucht oder die Anzeige vorgelegt wird.

Darf eine Baubewilligung nicht erteilt werden (§ 23 Abs. 1) oder ist das Bauvorhaben zu untersagen (§ 15 Abs. 3), hat diese Verfügung nach der Baueinstellung zu erfolgen.

..."

Im vorliegenden Fall steht unbestritten fest, dass für das beschwerdegegenständliche Gebäude keine Baubewilligung vorlag. Auch in Bezug auf den Pferdeunterstand bestreitet der Beschwerdeführer nicht, dass die Bauausführung nicht so, wie mit Bescheid des Gemeinderates vom 27. Februar 2003 bewilligt, erfolgt ist; da ein im Vergleich zur baubehördlichen Bewilligung doppelt so groß errichteter Pferdeunterstand in einer völlig anderen Lage keinesfalls als geringfügige Änderung und daher als das gleiche Bauvorhaben beurteilt werden kann (vgl. u.a. das hg Erkenntnis 15. Juli 2003, Zl. 2002/05/0743), erfolgte auch die Errichtung des Pferdeunterstandes im vorliegenden Fall konsenslos. Die Gemeindebehörden haben daher - da nach den Ermittlungsergebnissen weder der Pferdeunterstand, noch das Gebäude im Zeitpunkt der Baueinstellung fertig gestellt waren - zu Recht eine Baueinstellung im Sinne des § 29 1. Fall BO angeordnet.

Nach § 29 2. und 3. Satz BO hat die Baubehörde bei Feststellung von Konsenswidrigkeiten neben der Untersagung der Fortsetzung der Ausführung des Bauvorhabens (Baueinstellung) den Bauführer entweder - bevor ein Auftrag zur Herstellung eines Zustandes, der dem vorherigen entspricht, ergeht - zur Antragsstellung auf nachträgliche baubehördliche Bewilligung innerhalb einer von der Baubehörde zu bestimmenden Frist oder sofort zur Wiederherstellung aufzufordern. Die Aufforderung zur Antragsstellung auf nachträgliche baubehördliche Bewilligung hat u. a. dann zu unterbleiben, wenn eine Baubewilligung nicht erteilt werden darf. Dies ist grundsätzlich dann der Fall, wenn das Bauvorhaben offenkundig in Widerspruch zu den in § 20 Abs. 1 Z. 1 bis 6 BO angeführten Bestimmungen steht.

Die Frage der Bewilligungsfähigkeit eines Bauvorhabens stellt im Verfahren betreffend einen Wiederherstellungsauftrag nach § 29 BO - unabhängig davon, dass dieselbe Behörde über die Bewilligungsfähigkeit als Hauptfrage in einem anderen, nämlich dem Baubewilligungsverfahren zu entscheiden hat (vgl die bei Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6, 395, wiedergegebene Judikatur zu § 38 AVG) - eine Vorfrage im Sinne des § 38 AVG dar (hg Erkenntnis vom 27. Oktober 1992, Zl. 92/05/0254, zu § 113 Abs. 2 Z. 3 NÖ BauO 1976), welche die Baubehörde - sofern darüber noch keine rechtskräftige Entscheidung vorliegt - selbständig nach der im Zeitpunkt des Wiederherstellungsauftrages geltenden Rechtslage (vgl. das hg Erkenntnis vom 20. Jänner 1981, Zl. 05/3311/79 zu § 113 Abs. 2 Z. 3 NÖ BauO 1976) zu beurteilen hat. Kommt die Baubehörde dabei zur Ansicht, das Bauvorhaben stehe offenkundig in Widerspruch zu den von der Baubehörde zu beachtenden Gesetzes- und Verordnungsbestimmungen, hat sie nach der Baueinstellung - ohne vorangehende Aufforderung zur Antragsstellung auf baubehördliche Bewilligung - einen Auftrag zur Herstellung eines Zustandes, der dem vorherigen entspricht, zu verfügen. Ein Ansuchen um nachträgliche Baubewilligung kann somit nur dann die Unzulässigkeit eines Wiederherstellungsauftrages bewirken, wenn es infolge Aufforderung der Baubehörde im Sinne des § 29 2. Satz BO fristgerecht gestellt wurde; ein ohne behördliche Aufforderung gestelltes Bauansuchen kann dagegen keine Unzulässigkeit eines Wiederherstellungsauftrages begründen.

Die gegenständlichen Baugrundstücke weisen laut rechtsgültigem Flächenwidmungsplan die Widmung "Grünland-Freihaltefläche" auf. Dabei handelt es sich im Sinne des § 19 Abs. 2 Z. 18 NÖ ROG 1976 in der Fassung der Novelle LGBl. 8000-13 (ROG) um Flächen, die aufgrund öffentlicher Interessen von jeglicher Bebauung freigehalten werden sollen. Da die Errichtung eines Pferdeunterstandes und eines Gebäude somit zweifellos der im Flächenwidmungsplan festgelegten Widmungsart entgegensteht (siehe § 20 Abs. 1 Z. 1 BO), kann den Baubehörden auch nicht entgegen getreten werden, wenn sie aufgrund dieser Widmung die Erteilung einer nachträglichen Baubewilligung ausgeschlossen und damit sofort einen Wiederherstellungs- bzw. Entfernungsauftrag verfügt haben. Daran ändert auch nichts, dass der Beschwerdeführer dennoch nachträglich um Baubewilligung angesucht hat. Wie bereits oben dargestellt ist ein Wiederherstellungsauftrag im Sinne des § 29

              3.              Satz BO nämlich selbst dann zulässig, wenn ein Verfahren betreffend eine nachträgliche Baubewilligung anhängig ist (vgl. dazu das vom Beschwerdeführer zitierte hg Erkenntnis vom 15. Oktober 1987, Zl. 87/06/0053 zur Rechtslage in der Steiermark, welches die vom Beschwerdeführer vertretene Rechtsansicht, wonach ein Wiederherstellungs- bzw. Abbruchauftrag während eines anhängigen Baubewilligungsverfahren nicht zulässig sei, keinesfalls stützt); der Auftrag darf aber während der Anhängigkeit nicht vollstreckt werden (vgl. dazu das zuletzt zitierte Erkenntnis und das hg Erkenntnis vom 27. Oktober 1992, Zl. 92/05/0254, zu § 113 Abs. 2 Z. 3 lit. a NÖ BauO 1976). Es bestand daher im vorliegenden Fall - insbesondere auch unter dem Gesichtspunkt, dass die Baubehörde die Frage der Bewilligungsfähigkeit zunächst selbständig beurteilen kann und dem Beschwerdeführer nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ohnedies kein Recht auf Aussetzung des Verfahrens nach § 38 AVG eingeräumt ist (siehe dazu das hg Erkenntnis vom 30. August 1994, Zl. 94/05/0094) - zu Recht keine Veranlassung, das gegenständliche Verfahren bis zur rechtskräftigen Erledigung der nachträglichen Bauansuchen auszusetzen.

Der vor dem Verwaltungsgerichtshof gestellte Antrag des Beschwerdeführers auf Aussetzung des Verfahrens bis zur Erledigung seiner beim Verfassungsgerichtshof anhängigen Beschwerde ist gegenstandslos, weil der Verfassungsgerichtshof mit Beschluss vom 27. Februar 2006, B 27/05-8, die Behandlung dieser Beschwerde abgelehnt hat.

Die Beschwerde erweist sich daher insgesamt als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl II Nr. 333/2003. Die mitbeteiligte Gemeinde hat die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt; Schriftsatzaufwand (dieser käme hier in Betracht) steht ihr aber nicht zu, weil sie nicht tatsächlich durch einen Rechtsanwalt vertreten war (siehe das hg. Erkenntnis vom 15. Juni 2004, Zl. 2003/05/0228).

Wien, am 3. Juli 2007

Schlagworte

Maßgebende Rechtslage maßgebender SachverhaltAnzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2Baubewilligung BauRallg6Baupolizei Baupolizeiliche Aufträge Baustrafrecht Kosten Konsenslosigkeit und Konsenswidrigkeit unbefugtes Bauen BauRallg9/2Baupolizei Vollstreckung Kosten BauRallg10

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2007:2005050009.X00

Im RIS seit

09.08.2007

Zuletzt aktualisiert am

27.03.2012
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten