TE OGH 2005/2/22 1Ob288/04s

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Veröffentlicht am 22.02.2005
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Zechner, Univ. Doz. Dr. Bydlinski, Dr. Fichtenau und Dr. Glawischnig als weitere Richter in der Rechtssache der Klägerin und gefährdeten Partei Karin Irmgard B*****, vertreten durch Dr. Franz Hitzenberger, Dr. Otto Urban, Mag. Andreas Meissner und Mag. Thomas Laherstorfer, Rechtsanwälte in Vöcklabruck, wider den Beklagten und Gegner der gefährdeten Partei Hans Siegfried B*****, vertreten durch Dr. Michael Kinberger, Dr. Alexander Schuberth und Mag. René Fischer, Rechtsanwälte in Zell am See, wegen einstweiligen Unterhalts (Revisionsrekursstreitwert EUR 10.320), infolge Revisionsrekurses der Klägerin und gefährdeten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts Wels als Rekursgericht vom 22. September 2004, GZ 21 R 259/04v-13, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Vöcklabruck vom 30. Juni 2004, GZ 11 C 186/04w-8, abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Die Klägerin und gefährdete Partei ist schuldig, dem Beklagten und Gegner der gefährdeten Partei die mit EUR 686,88 (darin enthalten EUR 114,48 USt) bestimmten Kosten der Revisionsrekursbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

Die miteinander verheirateten Streitteile leben getrennt, eine Scheidungsklage ist anhängig. Die drei ehelichen Kinder Julia (geboren 20. 8. 1991), Lucy (geboren 20. 7. 1994) und Stefan (geboren 21. 10. 1981) befinden sich beim Beklagten und Gegner der gefährdeten Partei (in der Folge nur Beklagter).

Auf Grund des Beschlusses des Landesgerichts Wels als Rekursgericht vom 28. 4. 2004, AZ 21 R 99/04i, ist der Beklagte zur Zahlung eines einstweiligen monatlichen Unterhalts von EUR 1.010 ab 9. 12. 2003 an die Klägerin und gefährdete Partei (in der Folge nur Klägerin) verpflichtet.

Mit rechtskräftigen einstweiligen Verfügungen des Bezirksgerichts Vöcklabruck vom 22. 3. 2004 und 27. 2. 2004 wurden der Klägerin ab 27. 2. 2004 einstweilige monatliche Unterhaltszahlungen in Höhe von EUR 413 bzw 340 an die Töchter Julia und Lucy (1 P 83/02v) sowie in Höhe von EUR 462 an den Sohn Stefan (11 C 99/04a) auferlegt.

Mit dem vorliegenden Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung begehrte die Klägerin, den Beklagten zusätzlich zum bisher zuerkannten einstweiligen Ehegattenunterhalt (von monatlich EUR 1.010) zu einem weiteren einstweiligen Unterhalt von EUR 1.050 monatlich bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Unterhaltsstreits zu verpflichten.

Sie brachte vor, dass sich zwar das Familieneinkommen nicht geändert habe, eine Änderung der Verhältnisse aber darin liege, dass sie mittlerweile zu Unterhaltszahlungen an die gemeinsamen Kinder verpflichtet worden sei, deren gesamte Höhe (EUR 1.215) ihren Ehegattenunterhalt übersteige. Nach Abzug dieser Unterhaltszahlungen und der Kosten ihrer Unterkunft würde ihr nichts mehr zum Leben bleiben. Sie habe daher nunmehr Anspruch auf Unterhalt in Höhe von 40 % - statt bisher 28 % - des Familieneinkommens abzüglich ihres eigenen Einkommens von EUR 1.232, somit insgesamt auf EUR 2.060.

Das Erstgericht gab dem Antrag teilweise Folge und erkannte den Beklagten schuldig, der Klägerin zusätzlich zum bisherigen einstweiligen Unterhalt von monatlich EUR 1.010 einen weiteren einstweiligen Unterhalt von monatlich EUR 960, somit insgesamt monatlich EUR 1.970 ab 1. 3. 2004 zu zahlen.

Es nahm im Wesentlichen Folgendes als bescheinigt an:

Die Klägerin bezieht Krankengeld von EUR 1.232 monatlich. Sie bewohnt seit Ende April 2004 ein Mietobjekt, wofür sie zwischen EUR 400 und 450 an Miete inklusive Betriebskosten zuzüglich der Stromkosten zahlen muss. Für die Einrichtung der Wohnung tätigte sie verschiedene Anschaffungen (Waschmaschine, Fernseher, Geschirr etc).

Der Beklagte verdient als Geschäftsführer einer GmbH 14 mal jährlich EUR 6.000, wobei die Einkommensteuer vom Verrechnungskonto der GmbH überwiesen wird. Außerdem erzielt er monatliche Mieteinkünfte von EUR 287 und verfügt über einen Sachbezug im Wert von EUR 510 monatlich (Benützung eines PKW der GmbH). Die Fixkosten für das eheliche Wohnhaus betragen rund EUR 3.000 monatlich. Darin sind monatliche Kreditrückzahlungsraten in Höhe von EUR 2.048 enthalten.

In rechtlicher Hinsicht vertrat das Erstgericht die Ansicht, der Umstand, dass die Klägerin zu Unterhaltsleistungen für ihre drei Kinder verpflichtet worden sei, rechtfertige die Erhöhung des ihr vom Beklagten zu leistenden Unterhalts.

Das Rekursgericht änderte die Entscheidung des Erstgerichts dahin ab, dass es den Antrag der Klägerin auf Zuerkennung eines weiteren einstweiligen Unterhalts abwies. Es sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Da sich die unterhaltsberechtigten Kinder in Pflege des Vaters befänden, der der Mutter Unterhalt leiste, sei die Mutter zu Unterhaltsleistungen an die Kinder auch aus den Mitteln des ihr geleisteten Unterhalts verpflichtet. Zur Ermittlung der Höhe des Unterhaltsanspruchs der Klägerin gegen den Beklagten seien Abzüge für dessen Sorgepflichten vorzunehmen, sodass der Unterhalt der Klägerin nicht - wie vom Erstgericht angenommen - 40 %, sondern nur 28 % des Familieneinkommens abzüglich der eigenen Einkünfte, also EUR 1.010 betrage. Es sei nämlich nicht danach zu unterscheiden, ob die zu berücksichtigenden Sorgepflichten für die Kinder in Geld oder durch Betreuung iSd § 140 Abs 2 ABGB erfüllt würden. Auch die Betreuung eines Kindes stelle eine vermögenswerte Leistung dar, die bei der Bemessung der Unterhaltspflicht gegenüber einem anderen Unterhaltsberechtigten nicht vernachlässigt werden könne. Es bestehe daher kein Grund, die Betreuung von Kindern durch den in Anspruch genommenen Unterhaltspflichtigen bei der Unterhaltsbemessung anders zu berücksichtigen als die Leistung vom Geldunterhalt. Der Antrag auf Zuerkennung eines höheren einstweiligen Unterhalts sei daher abzuweisen.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen diese Entscheidung gerichtete Revisionsrekurs ist nicht zulässig.

Grundsätzlich ist jedes Einkommen das dem Unterhaltspflichtigen zukommt und über das er verfügen kann, bei der Bemessung des Kindesunterhalts zu berücksichtigen. Ausgenommen sind nur solche Einnahmen, die der Abgeltung von effektiven Auslagen dienen. Unterhaltsempfänge eines Ehegatten sind daher aus seinem Einkommen auch dann nicht auszuscheiden, wenn es um die gegen ihn gerichteten Unterhaltsansprüche seiner Kinder geht. Dies gilt uneingeschränkt für den Geldunterhalt, den der Unterhaltsschuldner etwa vom geschiedenen bzw nicht mehr in Hausgemeinschaft lebenden Ehegatten erhält. Solche Zuflüsse erhöhen die allgemeine Leistungsfähigkeit des Unterhaltsschuldners, weshalb eine „Immunisierung" dieser Einnahmen gegen Unterhaltsansprüche seiner Kinder nicht sachgerecht wäre (5 Ob 3/97w = ÖA 1998, 21; SZ 73/9, 1 Ob 218/00s = ÖA 2001, 318; 9 Ob 80/01g; RIS-Justiz RS0107262; RS0047336, Schwimann/Kolmasch, Unterhaltsrecht³, 48). Die Verwendung der empfangenen Unterhaltsleistungen für den Kindesunterhalt berührt nur das Verhältnis zwischen dem gemäß §140 ABGB unterhaltspflichtigen Ehegatten und seinen Kindern, hat aber auf die Leistungspflicht des gegenüber diesem Ehegatten Unterhaltspflichtigen keinen Einfluss (5 Ob 3/97w). Die unterhaltsrechtliche Beziehung zwischen den Ehegatten ist somit von derjenigen zwischen einem der Ehegatten und seinen Kindern zu unterscheiden.

Gemäß diesen Grundsätzen können die der Klägerin auferlegten Unterhaltszahlungen für ihre Kinder keine Erhöhung der Leistungspflicht des Beklagten bewirken. Die Verpflichtung der Klägerin zur Geldunterhaltsleistung an ihre Kinder stellt keine wesentliche Änderung dar, die eine Erhöhung des gesetzlichen Ehegattenunterhalts erlauben würde (RIS-Justiz RS0047398). Die Klägerin kann sich auch nicht auf das wesentlich höhere Einkommen des Beklagten berufen. Beträchtliche Einkommensunterschiede zwischen den Ehegatten wären nur für die Höhe des von der Klägerin zu leistenden Unterhalts an ihre Kinder bedeutsam - dieser ist aber rechtskräftig festgesetzt -, nicht aber für den vom Beklagten an sie zu leistenden Unterhalt, der ohnehin auf dem „Familieneinkommen" basiert.

Der vom Rekursgericht und von der Klägerin zitierten Entscheidung 7 Ob 526/93 (= ZfRV 1993, 255) ist lediglich zu entnehmen, dass die Erwägungen der dortigen Rechtsmittelwerberin, sie könne nicht mehr angemessen an den Lebensverhältnissen ihres geschiedenen Gatten teilhaben, Gegenstand eines Unterhaltserhöhungsantrags sein könnten, nicht aber, dass einem solchen Antrag auch Erfolg beschieden sein könnte. Diese Entscheidung steht sohin auch nicht im Widerspruch zu den zuvor zitierten Erkenntnissen des Obersten Gerichtshofs.

Die Abweisung des Begehrens der Klägerin wirft damit keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung auf. Dies führt zur Zurückweisung des Revisionsrekurses.

Die Entscheidung über die Kosten der Revisionsrekursbeantwortung beruht auf den §§ 402 Abs 4, 78 EO iVm §§ 41, 50 ZPO.Die Entscheidung über die Kosten der Revisionsrekursbeantwortung beruht auf den §§ 402 Abs 4, 78 EO in Verbindung mit §§ 41, 50 ZPO.

Textnummer

E76302

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2005:0010OB00288.04S.0222.000

Im RIS seit

24.03.2005

Zuletzt aktualisiert am

13.01.2011
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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