Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Zechner, Univ. Doz. Dr. Bydlinski, Dr. Fichtenau und Dr. Glawischnig als weitere Richter in den verbundenen Rechtssachen der klagenden Parteien 1. Dr. Arno F*****, und 2. A***** GmbH, *****, beide vertreten durch Dr. Johann Poulakos und Mag. Claudia Payreder, Rechtsanwälte in Linz, wider die beklagten Parteien 1. Univ. Prof. Dr. Bell ***** C*****, und 2. Mag. Waltraud C*****, vertreten durch Moringer & Moser Rechtsanwälte OEG in Linz, wegen Aufkündigung, infolge außerordentlicher Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Landesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 8. September 2004, GZ 14 R 89/04p-23, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision wird mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Text
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
1. Fragen der Vertragsauslegung stellen regelmäßig keine iSd § 502 Abs 1 ZPO erheblichen Rechtsfragen dar, sofern das Berufungsgericht - wie hier - die anerkannten Auslegungsgrundsätze beachtet hat (RZ 1994/45, MietSlg 50.547, ArbSlg 11.955 uva). Auch sonst ist dem Berufungsgericht bei der Bestimmung des Vertragsinhalts keine auffallende Fehlbeurteilung unterlaufen, die vom Obersten Gerichtshof aus Gründen der Rechtssicherheit zu korrigieren wäre.
Unzutreffend ist insbesondere die Auffassung der Revisionswerber, der schriftlichen Vertragsurkunde sei jedenfalls der Vorrang vor (abweichenden) unmittelbar vorangegangenen mündlichen Vereinbarungen zu geben, zumal die Beklagten nicht einmal ihre Bedenken über die Diskrepanz zwischen mündlicher Zusage und schriftlicher Urkunde nach außen kundgetan hätten. Nach den Tatsachenfeststellungen der Vorinstanzen fiel den Beklagten vielmehr nach Zusendung des Mietvertrags auf, dass einige Punkte nicht den mündlich getroffenen Vereinbarungen entsprachen, weshalb sie sich bei rechtskundigen Freunden informierten. Es wurde ihnen versichert, dass die mündliche Zusicherung, sie könnten so lange in dem Objekt bleiben, wie sie wollen, Geltung habe, und dass standardisierte Formulierungen in Mietverträgen an dieser Rechtslage nichts ändern würden. Auch der Erstkläger bestätigte diese Rechtsansicht.
Angesichts der zuletzt wiedergegebenen Feststellung kann dem Berufungsgericht keine erhebliche Fehlbeurteilung vorgeworfen werden, wenn es im Ergebnis die Auffassung vertrat, die Klausel im Mietvertrag, nach der im Fall eines Verkaufs des Hauses das Mietverhältnis erlösche, könne angesichts der der schriftlichen Vertragsabfassung unmittelbar vorangegangenen Zusage, die Beklagten könnten im Haus bleiben, so lange sie wollten, weil der Verkauf des Hauses grundsätzlich nicht in Frage käme, keine vom Willen der Vertragsparteien getragene Einigung über einen besonderen Kündigungsgrund darstellen.
Ähnliches gilt für die Vereinbarungen über die Benützung der Garage. Hat der Erstkläger den Beklagten vor Abschluss des schriftlichen Mietvertrags erklärt, sie könnten die Garage benützen, sobald der darin abgestellte Oldtimer verkauft sei - was etwa ein Jahr später auch geschehen ist -, und steht fest, dass die Erwähnung der Garage im schriftlichen Mietvertrag als ausgenommen lediglich auf der damaligen Nutzung durch den Eigentümer des Fahrzeugs beruhte, so bestehen keine Bedenken gegen die Auffassung des Berufungsgerichts, die Garage sei bereits ursprünglich mitvermietet worden, wenn auch in dem Sinn, dass eine Benützung erst nach Eintritt der besprochenen Bedingung, nämlich der Entfernung des Fahrzeugs, möglich sein werde.
Nicht nachvollziehbar ist der Hinweis der Revisionswerber, der Erstkläger sei bei Vertragsabschluss „Schriftenverfasser" und nicht Vermieter gewesen, wird doch in der Revision weiter ausgeführt, der Erstkläger sei als Vertreter des Vermieters tätig geworden. Damit sind dessen Zusagen aber zweifellos dem Vermieter zuzurechnen.
2. Warum es von Bedeutung sein sollte, ob das Mietverhältnis seinerzeit zur Gänze oder nur zum Teil dem Mietengesetz unterlag, ist nicht verständlich, gestehen doch die Revisionswerber zu, dass jedenfalls die mietrechtlichen Kündigungsschutzvorschriften anzuwenden waren. Andere als kündigungsrechtliche Fragen stellen sich im vorliegenden Zusammenhang aber ohnehin nicht. Der Verweis auf § 19 Abs 6 MG geht schon deshalb ins Leere, weil das Berufungsgericht eben die Auffassung vertrat, der Verkauf der Liegenschaft sei nicht als Kündigungsgrund vereinbart worden.
3. Soweit sich die Revisionswerber darauf berufen, dass sie ihre Kündigung auch auf die Generalklausel des § 30 Abs 1 MRG stützten, ist ihren Ausführungen nicht zu entnehmen, welcher konkrete Sachverhalt einen wichtigen Grund für die Kündigung darstellen könnte, der den in Abs 2 aufgezählten Kündigungsgründen an Gewicht gleich käme. Ein Sachverhalt, der einem Spezialtatbestand des § 30 Abs 2 MRG zu unterstellen wäre, für dessen Verwirklichung jedoch ein Merkmal fehlt, kann nur dann einen wichtigen Kündigungsgrund iSd Abs 1 darstellen, wenn das fehlende Merkmal durch ebenso gewichtige, zusätzliche Sachverhaltselemente ersetzt wird (Nachweise bei Würth in Rummel II3 § 30 MRG Rz 7). Der bloße Hinweis darauf, der Verkauf eines Hauses könne ohne Weiteres als Kündigungsgrund iSd § 30 Abs 2 Z 13 MRG vereinbart werden, lässt nicht erkennen, warum ohne eine derartige Vereinbarung beim Verkauf des Mietobjekts dieselbe Rechtsfolge eintreten sollte (vgl dazu nur MietSlg 18.367/22 ua).3. Soweit sich die Revisionswerber darauf berufen, dass sie ihre Kündigung auch auf die Generalklausel des § 30 Abs 1 MRG stützten, ist ihren Ausführungen nicht zu entnehmen, welcher konkrete Sachverhalt einen wichtigen Grund für die Kündigung darstellen könnte, der den in Abs 2 aufgezählten Kündigungsgründen an Gewicht gleich käme. Ein Sachverhalt, der einem Spezialtatbestand des § 30 Abs 2 MRG zu unterstellen wäre, für dessen Verwirklichung jedoch ein Merkmal fehlt, kann nur dann einen wichtigen Kündigungsgrund iSd Abs 1 darstellen, wenn das fehlende Merkmal durch ebenso gewichtige, zusätzliche Sachverhaltselemente ersetzt wird (Nachweise bei Würth in Rummel II3 § 30 MRG Rz 7). Der bloße Hinweis darauf, der Verkauf eines Hauses könne ohne Weiteres als Kündigungsgrund iSd § 30 Abs 2 Z 13 MRG vereinbart werden, lässt nicht erkennen, warum ohne eine derartige Vereinbarung beim Verkauf des Mietobjekts dieselbe Rechtsfolge eintreten sollte vergleiche dazu nur MietSlg 18.367/22 ua).
Soweit die Revisionswerber in diesem Zusammenhang durch die Hinweise auf den Gesundheitszustand des Erstklägers sowie seine derzeitige Wohnung der Sache nach Eigenbedarf geltend machen, ist festzuhalten, dass die Kündigung gar nicht darauf gestützt wurde.
4. Wie bereits dargelegt, kann in der Rechtsauffassung des Berufungsgerichts, die Garage sei bereits Gegenstand des ursprünglichen Mietvertrags gewesen, keine bedenkliche Fehlbeurteilung erblickt werden. War einheitliches Bestandobjekt damit aber die gesamte Liegenschaft, kann es für die Frage der Kündigung nicht von Bedeutung sein, dass das durch einen Dritten beschädigte Garagengebäude während aufrechten Vertrags - auf Kosten der Beklagten - neu errichtet wurden. Von einem Untergang der Bestandsache kann keine Rede sein.
Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).
Textnummer
E76301European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2005:0010OB00016.05T.0222.000Im RIS seit
24.03.2005Zuletzt aktualisiert am
24.11.2010