Index
10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
FrPolG 2005 §53 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Schiffkorn, über die Beschwerde des JD in Linz, geboren am 15. April 1970, vertreten durch Dr. Christian Ransmayr, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Huemerstraße 1, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 13. November 2006, Zl. St-203/06, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer den Aufwand in Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 13. November 2006 hat die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich (die belangte Behörde) den Beschwerdeführer, einen syrischen Staatsangehörigen, gemäß §§ 31, 53 und 66 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 - FPG, BGBl. I Nr. 100, ausgewiesen.
Der Beschwerdeführer sei am 21. März 2001 am Luftweg unter Verwendung eines fremden Passes nach Österreich eingereist und habe am 23. März 2001 einen Asylantrag gestellt. Seit Mai 2002 sei er durchgehend bei verschiedenen Unternehmen beschäftigt. Eine bis zum 11. Mai 2007 gültige Arbeitsbewilligung liege vor. Der Asylantrag sei mit Wirkung vom 8. Oktober 2004 in zweiter Instanz rechtskräftig abgewiesen worden. Die Behandlung der dagegen eingebrachten Beschwerde sei mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 29. Juni 2006 abgelehnt worden. Seither halte er sich insofern rechtswidrig im Bundesgebiet auf, als ihm seit diesem Zeitpunkt weder ein Einreisetitel nach dem FPG noch ein Aufenthaltstitel nach dem NAG erteilt worden sei. Ihm komme nach der Aktenlage auch kein Aufenthaltsrecht auf Grund einer anderen gesetzlichen Bestimmung zu. Der Hinweis des Beschwerdeführers auf seine Anträge nach dem NAG (auf Erteilung einer humanitären Aufenthaltserlaubnis) bzw. nach dem Asylgesetz könne daran nichts ändern, weil es darüber noch keine für ihn positive Entscheidungen gebe.
Wie sich aus der Darstellung der persönlichen Verhältnisse des Beschwerdeführers ergebe (nähere verwandtschaftliche oder familiäre Beziehungen habe er nicht geltend gemacht), würde es sich bereits erübrigen zu erörtern, ob die Ausweisung im Sinn des § 66 Abs. 1 FPG dringend geboten sei, weil nicht in relevanter Weise in sein Privat- und Familienleben eingegriffen werde (die belangte Behörde verwies dazu auf das hg. Erkenntnis vom 14. April 1993, Zl. 93/18/0112). Auch von einer beruflichen Integration könne nicht ausgegangen werden, weil er lediglich während der Dauer seines Asylverfahrens Arbeitsverhältnisse eingegangen sei. Er habe nicht damit rechnen dürfen, nach dem negativen Ausgang seines Asylverfahrens weiterhin in Österreich bleiben zu können. Er halte sich seit dem 29. Juni 2006, also seit vier Monaten, illegal in Österreich auf. Dieser unrechtmäßige Aufenthalt gefährde die öffentliche Ordnung in hohem Maß, weshalb die Ausweisung gemäß § 66 Abs. 1 FPG zur Wahrung der öffentlichen Ordnung dringend geboten sei. Die Übertretung fremdenpolizeilicher Vorschriften stelle einen gravierenden Verstoß gegen die österreichische Rechtsordnung dar. Ein geordnetes Fremdenwesen sei für den österreichischen Staat von großem Interesse. Die öffentliche Ordnung werde schwerwiegend beeinträchtigt, wenn sich einwanderungswillige Fremde, ohne das betreffende Verfahren abzuwarten, unerlaubt nach Österreich begeben würden, um österreichische Behörden vor vollendete Tatsachen zu stellen. Die Ausweisung sei erforderlich, um jenen Zustand herzustellen, der bestünde, wenn sich der Fremde gesetzestreu verhalten hätte. Vor dem Hintergrund dieser Tatsache habe auch von der Ermessensbestimmung des § 53 Abs. 1 FPG Gebrauch gemacht werden müssen, insbesondere weil das dem Beschwerdeführer vorwerfbare Fehlverhalten im Verhältnis zu der von ihm geltend gemachten Integration überwiege und weder aus dem Akt noch aus der Berufungsschrift des Beschwerdeführers besondere Umstände ersehen werden könnten, die eine Ermessensübung zu seinen Gunsten begründen würden.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes oder Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, nahm jedoch von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1.1. Der Beschwerdeführer bekämpft den angefochtenen Bescheid - abgesehen von hier nicht relevanten asylrechtlichen Ausführungen - unter dem Blickwinkel des § 66 Abs. 1 FPG und bringt vor, dass er lange in Österreich gelebt habe, hier Verwandte habe und bei verschiedenen Arbeitgebern beschäftigt gewesen sei.
1.2. Diese Vorbringen führt die Beschwerde im Ergebnis zum Erfolg. Die Ansicht der belangten Behörde, es werde nicht in relevanter Weise in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers eingegriffen und es würde sich daher erübrigen zu erörtern, ob die Ausweisung im Sinn des § 66 Abs. 1 FPG dringend geboten sei, wird vom Verwaltungsgerichtshof schon im Hinblick auf den mehr als fünfjährigen inländischen Aufenthalt des Beschwerdeführers nicht geteilt (vgl. § 66 Abs. 2 Z. 1 FPG). Die Ausweisung ist - anders als die belangte Behörde an anderer Stelle der Bescheidbegründung und in widersprüchlicher Weise meint - nicht schon wegen des viermonatigen unrechtmäßigen Aufenthaltes des Beschwerdeführers zur Wahrung der öffentlichen Ordnung im Sinn des § 66 Abs. 1 FPG dringend geboten. Dies wäre vielmehr nur dann der Fall, wenn die auch nach dieser Gesetzesgestelle erforderliche Interessenabwägung kein Überwiegen der persönlichen Interessen des Fremden an einem Verbleib im Bundesgebiet gegenüber den öffentlichen Interessen an der Beendigung seines Aufenthaltes ergibt. Eine nachvollziehbare Abwägung dieser Interessen ist dem widersprüchlich und teilweise nicht nachvollziehbar begründeten angefochtenen Bescheid jedoch nicht zu entnehmen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. Jänner 2007, Zl. 2006/18/0403).
2. Der angefochtene Bescheid war gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben.
3. Die Zuerkennung von Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 3. Juli 2007
Schlagworte
Besondere RechtsgebieteEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2007:2006180455.X00Im RIS seit
26.07.2007Zuletzt aktualisiert am
25.01.2009