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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
FrG 1997 §36 Abs1 Z1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Schiffkorn, über die Beschwerde des DM in B, geboren am 15. November 1984, vertreten durch Dr. Manfred Trentinaglia und Dr. Clemens Winkler, Rechtsanwälte in 6370 Kitzbühel, Kirchgasse 5, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Tirol vom 7. Juli 2004, Zl. III 4033-127/00, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer den Aufwand in Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Tirol (der belangten Behörde) vom 7. Juli 2004 wurde gegen den Beschwerdeführer, seinem Vorbringen zufolge ein Staatsangehöriger von Bosnien und Herzegowina, gemäß § 36 Abs. 1 Z. 1 und Abs. 2 Z. 1 sowie §§ 37, 38 und 39 Fremdengesetz 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von fünf Jahren erlassen.
Der Beschwerdeführer habe mit zwei Mittätern am 20. Mai 1999 in Kirchberg aus einem nicht verriegelten Schaukasten zehn Geldtaschen (nicht feststellbaren Wertes) gestohlen und am 22. Mai 1999 ebendort die Scheibe eines Schaukastens eingeschlagen und aus diesem sechs Messer (nicht feststellbaren Wertes) gestohlen. Das Jugendstrafverfahren gegen den Beschwerdeführer wegen des Verbrechens des Diebstahles durch Einbruch nach § 127 und § 129 Z. 2 StGB sei vom Landesgericht Innsbruck gemäß § 9 Abs. 1 Z. 1 JGG unter Bestimmung einer Probezeit von zwei Jahren vorläufig eingestellt worden.
Mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 8. August 2000 sei der Beschwerdeführer wegen des Verbrechens des teils versuchten, teils vollendeten Diebstahles durch Einbruch nach § 127, § 129 Z. 1 und 2, § 15 StGB und wegen des Vergehens der Urkundenfälschung nach § 223 Abs. 2 StGB für schuldig erkannt worden. Der Ausspruch der wegen dieser Jugendstraftaten zu verhängenden Strafe sei für eine Probezeit von zwei Jahren vorbehalten und die Bewährungshilfe angeordnet worden. Der Schuldspruch dieses Urteiles laute:
"Der (Beschwerdeführer) ist schuldig, er hat
I.
anderen fremde bewegliche Sachen in einem S 25.000,-- nicht übersteigenden Wert mit dem Vorsatz, sich oder Dritte durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, weggenommen bzw. wegnehmen versucht und zwar
1. zwischen 13. und 24.02.1999 in 6364 Brixen i.Th. in mehreren Zugriffen dem CH (Bäckerei 'H') Bargeld in Höhe von insgesamt S 8.600,-- durch Eindringen in ein Gebäude mit einem widerrechtlich erlangten Schlüssel (F. ON 2);
2. am 20.05.1999 in 6363 Kirchberg zusammen mit dem abgesondert verfolgten DG dem HM (Kiosk 'M') 10 Geldtaschen im Wert von cirka S 2.458,-- (F. 1 ON 2 in ON 7);
3. am 22.05.1999 in 6363 Kirchberg zusammen mit dem abgesondert verfolgten DG und AP dem HM 6 Messer und 5 Hüllen im Wert von S 781,-- durch Aufbrechen eines Behältnisses (Auslagenscheibe, F. 2 in ON 2 in ON 7);
4. am 29.02.2000 in 6363 Westendorf einem Verfügungsberechtigten des Spargeschäftes eine Packung Kaugummi im Wert von S 16,90 (Versuch, F. ON 2 in ON 10);
II.
1. Anfang Jänner eine falsche Urkunde, nämlich einen von ihm selbst hergestellten Schülerfreifahrausweis lautend auf AP, versehen mit dem eigenen Lichtbild, mit dem Vorsatz hergestellt, dass sie im Rechtsverkehr zum Beweis eines Rechtes, eines Rechtsverhältnisses und einer Tatsache gebraucht werde;
2. Am 29.02.2000 diese falsche Urkunde (s. oben II. 1) im Rechtsverkehr zum Beweis eines Rechtes, eines Rechtsverhältnisses und einer Tatsache gebraucht, indem er sie 2-mal bei Bahnfahrten zwischen Brixen i.Th. und St. Johann i.T. durch Vorweisen gegenüber HH als Identitätsnachweis gebrauchte."
Mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom
25. Juni 2002 sei der Beschwerdeführer wegen des Vergehens der
gefährlichen Drohung nach § 107 Abs. 1 StGB unter gleichzeitigem
nachträglichen Strafausspruch in Bezug auf das genannte Urteil vom
8. August 2000 mit einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen belegt
worden, weil der Beschwerdeführer "am 30.03.2000 ... den
Fahrdienstleiter M. ... durch drohendes Erheben eines Stahlrohres
(Drohung mit Körperverletzung) gefährlich bedroht" habe, um ihn in Furcht und Unruhe zu versetzen.
Mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 27. Mai 2003 sei der Beschwerdeführer wegen der Vergehen des Diebstahles nach § 127 StGB und der schweren Sachbeschädigung nach den § 125 und § 126 Abs. 1 Z. 5 StGB mit einer Zusatzgeldstrafe von 50 Tagessätzen belegt worden, weil er und ein Mittäter im Februar 2000 in Kitzbühel im bewussten und gewollten Zusammenwirken jeweils zum Nachteil bekannter PKW-Eigentümer ein BMW-Emblem nicht festgestellten Wertes, einen Mercedesstern nicht festgestellten Wertes, ein VW-Emblem nicht festgestellten Wertes sowie zum Nachteil weiterer 33 unbekannter PKW-Eigentümer Fahrzeugembleme im Gesamtwert von ca. EUR 250,-- gestohlen hätten und weil der Beschwerdeführer und ein Mittäter fremde Sachen beschädigt, verunstaltet oder unbrauchbar gemacht hätten, und zwar im Februar 2002 in Oberndorf im bewussten und gewollten Zusammenwirken fünf Schneestangen und Begrenzungspflöcke der L. 40 durch Abreißen, wodurch ein Schaden von ca. EUR 270,-- entstanden sei, sowie weil der Beschwerdeführer im Februar 2002 in Westendorf einen PKW durch Bewerfen mit einem Trinkglas, wodurch ein Schaden in Höhe von ca. EUR 3,-- entstanden sei, beschädigt habe.
Mit rechtskräftigem Urteil des Bezirksgerichtes Kitzbühel vom 28. April 2004 sei der Beschwerdeführer wegen des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs. 1 StGB mit einer Geldstrafe von 200 Tagessätzen belegt worden. Der Schuldspruch dieses Urteils laute:
"Der (Beschwerdeführer) hat
1.) am 20. September 2003 in Kitzbühel im Zuge einer Auseinandersetzung CE durch Schlagen einer Halskette in das Gesicht, wodurch dieser eine Rissquetschwunde am linken Ohrläppchen und Abschürfungen an der Stirn erlitt,
2.) am 23. November 2003 in Kitzbühel TP und BR durch Versetzen von mehreren Faustschlägen in deren Gesichter, wodurch TP Hämatome auf beiden Augen und BR eine Hautabschürfung im Bereich des linken Auges erlitt, vorsätzlich leicht am Körper verletzt und
3.) am 28.12.2003 in Kirchberg im Nachtlokal 'D' CK durch Versetzen eines Faustschlages und eines Fußtrittes in das Gesicht, wodurch dieser ein Hämatom an der linken Wange erlitt, den Genannten vorsätzlich leicht am Körper verletzt."
Mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 4. Mai 2004 sei der Beschwerdeführer schließlich wegen des Vergehens der Sachbeschädigung nach § 125 StGB mit einer Geldstrafe von 200 Tagessätzen belegt worden. Der Schuldspruch dieses Urteiles laute:
"Der (Beschwerdeführer) ist schuldig, er hat fremde Sachen zerstört bzw. beschädigt, und zwar
1. im Mai 2003 in 6362 Ellmau den PKW des SU durch Zerkratzen der Kühlerhaube mit einem Schlüssel, wodurch ein Schaden in Höhe von EUR 407,-- entstand (F. ON 3 in ON 7);
2. im Mai 2003 in 6362 Ellmau den Klein-LKW des SB durch Zerkratzen des Lackes der Motorhaube und der rechten Fahrzeugseite mit einem Schlüssel, wodurch ein Schaden in Höhe von EUR 1.532,83 entstand (F. ON 3 in ON 7)."
Das Gesamtfehlverhalten des Beschwerdeführers zeige seine negative Einstellung zur Rechtsordnung. Er sei nicht gewillt, Rechtsvorschriften in erforderlicher Weise zu achten und sein Verhalten dem Gesetz anzupassen. Daher stelle der Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit dar (§ 36 Abs. 1 Z. 1 FrG). Die Verurteilungen des Beschwerdeführers vom 8. August 2000, 27. Mai 2003 und 4. Mai 2004 wegen Delikten gegen fremdes Vermögen würden den Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 1 4. Fall FrG erfüllen.
Die Zeit des Wohlverhaltens des Beschwerdeführers seit seiner letzten Straftat und "Ihr Bereuen der Straftaten (Ihr Reifungsprozess)" sei zu kurz, um davon ausgehen zu können, dass der Beschwerdeführer in Zukunft keine Gefahr mehr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstellen werde. Die "ausländische Herkunft" und daran anknüpfende "demütigende Vorgangsweisen und rassistische Äußerungen" anderer Menschen würden nicht die Begehung von Straftaten im Gastland rechtfertigen. Trotz niederschriftlicher Androhung der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen den Beschwerdeführer durch die Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel vom 12. April 1999 und sogar trotz Belegung des Beschwerdeführers mit einem Aufenthaltsverbot durch die Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel mit Bescheid vom 11. Oktober 2000, das von der belangten Behörde im Vertrauen auf eine positive Zukunftsprognose aufgehoben worden sei, sei der Beschwerdeführer wieder straffällig geworden. Die Verhinderung strafbarer Handlungen und der Schutz der Rechte anderer hätten einen großen öffentlichen Stellenwert.
Der Beschwerdeführer befinde sich seit 1991 im Bundesgebiet. Er habe die Volks- und Hauptschule besucht und anschließend als Hilfsarbeiter gearbeitet. Er sei im Bundesgebiet dementsprechend gut integriert und lebe im Haushalt seiner ebenfalls gut integrierten Eltern. Das Gewicht seiner privaten und familiären Integration im Bundesgebiet werde verringert durch seine Volljährigkeit und den Umstand, dass er ledig und für niemanden sorgepflichtig sei. Die soziale Komponente seiner Integration werde durch seine zahlreichen Straftaten gegen fremdes Vermögen und die körperliche Unversehrtheit anderer erheblich beeinträchtigt.
Ein relevanter Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers im Sinn des § 37 Abs. 1 FrG liege vor. Dieser Eingriff mache das Aufenthaltsverbot gegen ihn im Grund des § 37 Abs. 1 FrG aber nicht unzulässig. Die sich in seinem Gesamtfehlverhalten manifestierende Neigung, sich über die Rechtsordnung hinwegzusetzen, mache die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele der Verhinderung weiterer strafbarer Handlungen und des Schutzes der Rechte anderer (auf Vermögen, körperliche Unversehrtheit) dringend geboten. Die privaten und familiären Interessen des Beschwerdeführers am Verbleib im Bundesgebiet wögen schwer, sie wögen jedoch höchstens gleich schwer wie die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes, weshalb dieses auch im Grund des § 37 Abs. 2 FrG zulässig sei. Die Schadensgutmachung durch die Eltern des Beschwerdeführers und diesen selbst würde nichts an der Begehung der Straftaten und der daraus hervorleuchtenden Gefährlichkeit seiner Person ändern. "Die (katastrophalen) Auswirkungen des Aufenthaltsverbotes auf Sie und Ihre Eltern" hätte der Beschwerdeführer durch sein strafbares Verhalten verursacht. Diese müssten im Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit in Kauft genommen werden. Ein Aufenthaltsverbot ordne nicht an, wohin der Fremde auszureisen habe oder allenfalls abgeschoben werde. Maßgeblich für die Interessenabwägung sei das in Österreich geführte Privat- und Familienleben.
Ein Aufenthaltsverbot-Verbotsgrund gemäß § 38 und § 35 FrG komme nicht zum Tragen. Der Beschwerdeführer sei nicht von klein auf im Bundesgebiet aufgewachsen. Er erfülle in Anbetracht der ersten Tatzeit im Februar 1999 und seinen Aufenthalt seit Februar 1991 auch nicht die Zehnjahresfrist des § 10 Abs. 1 Staatsbürgerschaftsgesetz. § 38 Abs. 1 Z. 2 iVm § 35 Abs. 2 FrG komme nicht zum Tragen, weil er von einem inländischen Gericht (nicht nur einmal) wegen Begehung strafbarer Handlungen rechtskräftig verurteilt worden sei und daraus ableitbar sein Verbleib im Bundesgebiet die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährde.
Die Dauer des Aufenthaltsverbotes entspreche § 39 Abs. 1 FrG und den für seine Erlassung maßgeblichen Umständen. Bis zum Wegfall des Grundes für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes, nämlich der Gefährlichkeit des Beschwerdeführers für die öffentliche Ordnung und Sicherheit, sei das Verstreichen von fünf Jahren notwendig. Vor diesem Hintergrund könne von der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes auch nicht im Rahmen des der Behörde zustehenden Ermessens Abstand genommen werden.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
3. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Die Beschwerde wendet sich nicht gegen die Auffassung der belangten Behörde, dass vorliegend der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 1 FrG erfüllt sei. Auf dem Boden der unbestrittenen Feststellungen begegnet diese Beurteilung keinen Bedenken.
2.1. Im Grund des § 36 Abs. 1 FrG macht die Beschwerde geltend, die belangte Behörde habe keine Gefährlichkeitsprognose und auch keine konkreten Feststellungen in Bezug auf das Gesamtverhalten des Beschwerdeführers getroffen.
2.2. Die belangte Behörde hat das Fehlverhalten des Beschwerdeführers sehr ausführlich dargestellt und insbesondere darauf verwiesen, dass er trotz Androhung der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes am 12. April 1999 und trotz der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes vom 11. Oktober 2000 durch die Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel sich nicht habe davon abhalten lassen, wiederum straffällig zu werden. Daher kann die Beurteilung der belangten Behörde, es sei in Anbetracht des Gesamtfehlverhaltens des Beschwerdeführers die im § 36 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme gerechtfertigt, nicht als rechtswidrig erkannt werden.
3. Entgegen der Beschwerdeansicht ist ein Kind, das, wie unstrittig der Beschwerdeführer, erst im Alter von sechs Jahren in das Bundesgebiet eingereist ist, nicht von klein auf im Inland aufgewachsen, sodass § 38 Abs. 1 Z. 4 FrG der Erlassung des Aufenthaltsverbotes nicht entgegensteht (vgl. etwa den hg. Beschluss vom 17. September 1998, Zl. 96/18/0150, mwN).
4. Gemäß § 38 Abs. 1 Z. 3 FrG darf ein Aufenthaltsverbot nicht erlassen werden, wenn dem Fremden vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes die Staatsbürgerschaft gemäß § 10 Abs. 1 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985 hätte verliehen werden können, es sei denn, der Fremde wäre wegen einer gerichtlich strafbaren Handlung rechtskräftig zu mehr als zwei Jahren Freiheitsstrafe verurteilt worden.
Unter dem Zeitpunkt "vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes" ist der Zeitpunkt vor Eintritt der ersten der in ihrer Gesamtheit für die Verhängung des Aufenthaltsverbotes maßgeblichen Umstände zu verstehen. Im Fall eines auf strafbaren Handlungen gegründeten Aufenthaltsverbotes handelt es sich beim "maßgeblichen Sachverhalt" nicht um die jeweilige Verurteilung bzw. Bestrafung, sondern um das einer Verurteilung bzw. Bestrafung zu Grunde liegende Fehlverhalten. Der "maßgebliche Sachverhalt" umfasst alle Umstände, die die Behörde zulässigerweise zur Begründung des im konkreten Fall in der festgesetzten Dauer verhängten Aufenthaltsverbotes herangezogen hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom 31. März 2004, Zl. 99/18/0462).
Das erste von der belangten Behörde dem gegenständlichen Aufenthaltsverbot zu Grunde gelegte Fehlverhalten hat der Beschwerdeführer bereits im Februar 1999 gesetzt und nicht, wie die Beschwerde meint, "in den Jahren 2002 und 2003". Vor Verwirklichung dieses maßgeblichen Sachverhaltes hätte dem Beschwerdeführer daher im Hinblick auf das Erfordernis des § 10 Abs. 1 Z. 1 Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 (Hauptwohnsitz seit mindestens zehn Jahren ununterbrochen im Bundesgebiet) die Staatsbürgerschaft nicht verliehen werden können, weshalb auch der Aufenthaltsverbot-Verbotsgrund des § 38 Abs. 1 Z. 3 FrG nicht vorliegt.
5.1. Der Beschwerdeführer wendet sich gegen den angefochtenen Bescheid schließlich auch auch im Grund des § 37 FrG. Mit der Verhängung des Aufenthaltsverbotes wäre ein massiver Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers verbunden. Sowohl aus § 37 FrG als auch unmittelbar aus Art. 8 EMRK sei die Unzulässigkeit des verhängten Aufenthaltsverbotes abzuleiten.
5.2. Dieses Vorbringen führt die Beschwerde zum Erfolg. Die belangte Behörde hat zutreffend darauf hingewiesen, dass dem öffentlichen Interesse an der Verhinderung strafbarer Handlungen und am Schutz der Rechte anderer ein hoher Stellenwert zukomme. Sie hat aber den beachtlichen persönlichen Interessen des Beschwerdeführers an einem Verbleib in Österreich nicht das ihnen gebührende Gewicht beigemessen. Der Beschwerdeführer kam im Jahr 1991 im Alter von sechs Jahren in das Bundesgebiet und hat hier die Volks- und Hauptschule besucht und anschließend als Hilfsarbeiter gearbeitet. Der demnach - auch von der belangten Behörde so gesehen - gut integrierte Beschwerdeführer lebt mit seinen ebenfalls gut in Österreich integrierten Eltern im gemeinsamen Haushalt. Das Gesamtfehlverhalten des Beschwerdeführers lässt zwar im Sinn des § 37 Abs. 1 FrG die aufenthaltsbeendende Maßnahme wegen Gefährdung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Rechtsgüter als dringend geboten erscheinen; ihre Auswirkungen auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers würden jedoch in Anbetracht des oben dargestellten Ausmaßes seiner Integration sowie der seiner Eltern schwerer wiegen als die Abstandnahme von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes für die genannten öffentlichen Interessen, sodass diese Maßnahme im Grund des § 37 Abs. 2 FrG nicht zulässig ist.
6. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
7. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Wien, am 3. Juli 2007
Schlagworte
Besondere RechtsgebieteEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2007:2004180268.X00Im RIS seit
26.07.2007Zuletzt aktualisiert am
07.12.2011