Kopf
Das Oberlandesgericht Wien hat als Rekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Oberlandesgerichtes Mag. Hellmich (Vorsitzender) sowie die Richterinnen des Oberlandesgerichtes Dr. Blaszczyk und Dr. Primus in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Mag. A*****, *****, vertreten durch Dr. Johannes Schuster, Rechtsanwalt in 1020 Wien, gegen die beklagte Partei Gemeindeverband der Musikschule *****, vertreten durch Dr. Franz Nistelberger, Rechtsanwalt in 1010 Wien, wegen EUR 4.625,41 samt Nebengebühren über den Rekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 23.11.2004, 29 Cga 124/04y-9, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der Klägerin binnen 14 Tagen die mit EUR 333,12 bestimmten Kosten der Rekursbeantwortung (darin EUR 55,52 USt) zu ersetzen.
Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig (§ 2 ASGG, § 528 Abs 2 Z 2 ZPO).Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig (Paragraph 2, ASGG, Paragraph 528, Absatz 2, Ziffer 2, ZPO).
Text
Begründung:
Der Zahlungsbefehl vom 25.8.2004 wurde dem Beklagten am 30.8.2004 durch Hinterlegung zugestellt. Auf der Sendung scheint neben dem Namen und der Anschrift des Beklagten auch deren “Obmann Mag.P***** K*****” auf. Am Zustellschein sind Zustellversuche am 27. und 30.8.2004 vermerkt. Ab 30.8.2004 lag die Sendung auch zur Abholung beim Zustellpostamt bereit.Der Zahlungsbefehl vom 25.8.2004 wurde dem Beklagten am 30.8.2004 durch Hinterlegung zugestellt. Auf der Sendung scheint neben dem Namen und der Anschrift des Beklagten auch deren “Obmann Mag.P***** K*****” auf. Am Zustellschein sind Zustellversuche am 27. und 30.8.2004 vermerkt. Ab 30.8.2004 lag die Sendung auch zur Abholung beim Zustellpostamt bereit.
Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Erstgericht die am 19.10.2004 überreichten Anträge der Beklagten auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zur Erhebung eines Einspruches gegen den Zahlungsbefehl sowie auf Aufhebung der Vollstreckbarkeitsbestätigung ab; den gleichzeitig erhobenen Einspruch wies es als verspätet zurück. Dabei nahm es im Wesentlichen folgenden Sachverhalt als bescheinigt an:
“Die Sekretärin der beklagten Partei fand die Hinterlegungsanzeige in der Musikschule vor und benachrichtigte davon am 7.9.2004 den Obmann (des beklagten Gemeindeverbandes). Sie versuchte am selben Tag, das Schriftstück bei der Post zu beheben, dies wurde ihr unter Hinweis darauf, dass es sich um ein RSa-Schreiben handelte, jedoch verwehrt. Der Obmann der beklagten Partei ist ausgebildeter Jurist, seit 20 Jahren jedoch als Landwirt tätig und außerdem Vizebürgermeister des beklagten Gemeindeverbandes (richtig: der Gemeinde Z*****). Am 8.9.2004 nahm er den gelben Hinterlegungszettel, ohne die darauf angeführte Belehrung zu lesen, von der Sekretärin in Empfang und begab sich zum Postamt, wo ihm der Zahlungsbefehl ausgehändigt wurde. Der Zahlungsbefehl enthielt in der Rechtsbelehrung zum Fristenlauf den Hinweis, dass auch die Hinterlegung beim Postamt als Zustellung gilt und für den Fristenlauf in einem solchen Fall die Hinterlegung und nicht erst die Abholung maßgebend ist. Der Obmann, Mag. Peter Kafka, las diese Rechtsbelehrung nicht. Er erteilte in der irrigen Vorstellung, dass die Zustellung am Vortag, dem 7.9.2004, erfolgt wäre, dies dem Beklagtenvertreter in einem Schreiben vom 13.9.2004 mit und beauftragte ihn mit der Einspruchserhebung. In der Kanzlei des Beklagtenvertreters wurde der 7.9.2004 als Zustelltag vermerkt, ohne dass weitere Auskünfte über die Zustellung eingeholt wurden, und der Ablauf der Einspruchsfrist mit 5.10.2004 festgesetzt. Am 5.10.2004 überprüfte die Kanzlei des Beklagtenvertreters den Fristenlauf durch Anruf in der zuständigen Abteilung des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien. Dabei wurde die Auskunft erteilt, dass der Zahlungsbefehl bereits am 30.8.2004 durch Hinterlegung zugestellt worden und bereits rechtskräftig und vollstreckbar wäre. Am selben Tag nahmen Mitarbeiter des Beklagtenvertreters Einsicht in den Gerichtsakt.”“Die Sekretärin der beklagten Partei fand die Hinterlegungsanzeige in der Musikschule vor und benachrichtigte davon am 7.9.2004 den Obmann (des beklagten Gemeindeverbandes). Sie versuchte am selben Tag, das Schriftstück bei der Post zu beheben, dies wurde ihr unter Hinweis darauf, dass es sich um ein RSa-Schreiben handelte, jedoch verwehrt. Der Obmann der beklagten Partei ist ausgebildeter Jurist, seit 20 Jahren jedoch als Landwirt tätig und außerdem Vizebürgermeister des beklagten Gemeindeverbandes (richtig: der Gemeinde Z*****). Am 8.9.2004 nahm er den gelben Hinterlegungszettel, ohne die darauf angeführte Belehrung zu lesen, von der Sekretärin in Empfang und begab sich zum Postamt, wo ihm der Zahlungsbefehl ausgehändigt wurde. Der Zahlungsbefehl enthielt in der Rechtsbelehrung zum Fristenlauf den Hinweis, dass auch die Hinterlegung beim Postamt als Zustellung gilt und für den Fristenlauf in einem solchen Fall die Hinterlegung und nicht erst die Abholung maßgebend ist. Der Obmann, Mag. Peter Kafka, las diese Rechtsbelehrung nicht. Er erteilte in der irrigen Vorstellung, dass die Zustellung am Vortag, dem 7.9.2004, erfolgt wäre, dies dem Beklagtenvertreter in einem Schreiben vom 13.9.2004 mit und beauftragte ihn mit der Einspruchserhebung. In der Kanzlei des Beklagtenvertreters wurde der 7.9.2004 als Zustelltag vermerkt, ohne dass weitere Auskünfte über die Zustellung eingeholt wurden, und der Ablauf der Einspruchsfrist mit 5.10.2004 festgesetzt. Am 5.10.2004 überprüfte die Kanzlei des Beklagtenvertreters den Fristenlauf durch Anruf in der zuständigen Abteilung des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien. Dabei wurde die Auskunft erteilt, dass der Zahlungsbefehl bereits am 30.8.2004 durch Hinterlegung zugestellt worden und bereits rechtskräftig und vollstreckbar wäre. Am selben Tag nahmen Mitarbeiter des Beklagtenvertreters Einsicht in den Gerichtsakt.”
Rechtlich folgerte das Erstgericht, dass der Irrtum des Obmanns des Beklagten über den Zustellvorgang als nicht bloß minderer Grad des Versehens zu werten sei. Es gehöre zur üblichen Sorgfalt eines Obmannes (eines Gemeindeverbandes) zu wissen oder allenfalls zu ermitteln, dass im Falle einer postalischen Hinterlegung eine Zustellung mit dem ersten Tag der Abholfrist vorliege, auch wenn die tatsächliche Übernahme bei der Post erst einige Tage später erfolge. Da der Obmann des beklagten Verbandes über eine juristische Ausbildung verfüge, sei sein Verhalten am Sorgfaltsmaßstab eines Rechtskundigen zu messen. Besonders schwer wiege der Irrtum des Obmanns deswegen, weil sowohl auf der Hinterlegungsanzeige als auch in der Rechtsbelehrung des Zahlungsbefehles auf die Wirkung der Hinterlegung hingewiesen worden sei. Unabhängig von Rechtskenntnissen könne von jedermann das Lesen der Rechtsbelehrung erwartet werden. Die Frage nach einem Sorgfaltsverstoß des Beklagtenvertreters, der sich auf die Angaben des Obmanns des Beklagten verlassen und eine Fristüberprüfung erst am letzten Tag nach eigener Fristberechnung vorgenommen habe, könne dahingestellt bleiben.
Rechtliche Beurteilung
Gegen diesen Beschluss erhob der Beklagte Rekurs, gestützt auf die Gründe der unrichtigen Beweiswürdigung und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung; sie stellte den Abänderungsantrag, ihren in erster Instanz gestellten Anträgen stattzugeben.
Die Klägerin erstattete innerhalb von 14 Tagen eine Rekursbeantwortung und beantragte, dem Rekurs nicht Folge zu geben. Vorweg war die Zweiseitigkeit des Rekursverfahrens zu prüfen. Nach § 521 a Abs 1 ZPO zählt die Ablehnung einer Wiedereinsetzung nicht zu jenen Fällen, in welchen das Rekursverfahren zweiseitig ist. Der OGH hat daher, solange er in Arbeitsrechtssachen noch mit Wiedereinsetzungsanträgen befasst werden konnte, in solchen Zwischenverfahren strikt an der Einseitigkeit des Rechtsmittelverfahrens festgehalten (9 ObA 103/00g). Diese Judikatur kann aber seit dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 6.2. 2001, Beer gegen Österreich (ÖJZ 2001/16), als überholt gelten. Seit diesem Urteil, das dazu führte, dass der Gesetzgeber das Kostenrekursverfahren zweiseitig gestaltete (BGBl 2001 I 98), hat der OGH wiederholt ausgesprochen, dass ein Rechtsmittelverfahren in Verfolgung eines “materiellen oder prozessualen Rechtsschutzanpruchs” in Analogie zu § 521 a ZPO auch dann zweiseitig ist, wenn die Zweiseitigkeit nicht ausdrücklich im Gesetz angeordnet ist (Rkv 1/01: Sicherheitsleistung für Prozesskosten in einem Außerstreitverfahren nach dem Dritten Rückstellungsgesetz; 6 Ob 281/01v: Verfahren zur Bestellung eines Heiratsguts; 8 Ob 282/01f: Konkurseröffnungsverfahren). Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand berührt jedenfalls dann einen Rechtsschutzanspruch in diesem Sinne (ein “civil right” nach Art 6 EMRK), wenn sie in die Rechtskraft einer Entscheidung eingreift. Zu einem Rekurs gegen die Abweisung eines darauf gerichteten Wiedereinsetzungsantrags - nur im Fall dieser Entscheidung ist ein Rekurs gemäß § 153 ZPO zulässig - muss sich der Verfahrensgegner daher aus Gründen der Waffengleichheit äußern können. Das Mittel der Gehörgewährung ist die Rekursbeantwortung im Sinne der genannten Prozessvorschrift (OLG Wien 21.1.2005, 2 R 231/04m; 14.12.2004, 2 R 234/04b; OLG Linz 9.2.2004, 2 R 23/04x mwN, RIS Justiz RL0000043; Georg E. Kodek, “Zur Zweiseitigkeit des Rekursverfahrens”, ÖJZ 2004, 593).Die Klägerin erstattete innerhalb von 14 Tagen eine Rekursbeantwortung und beantragte, dem Rekurs nicht Folge zu geben. Vorweg war die Zweiseitigkeit des Rekursverfahrens zu prüfen. Nach Paragraph 521, a Absatz eins, ZPO zählt die Ablehnung einer Wiedereinsetzung nicht zu jenen Fällen, in welchen das Rekursverfahren zweiseitig ist. Der OGH hat daher, solange er in Arbeitsrechtssachen noch mit Wiedereinsetzungsanträgen befasst werden konnte, in solchen Zwischenverfahren strikt an der Einseitigkeit des Rechtsmittelverfahrens festgehalten (9 ObA 103/00g). Diese Judikatur kann aber seit dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 6.2. 2001, Beer gegen Österreich (ÖJZ 2001/16), als überholt gelten. Seit diesem Urteil, das dazu führte, dass der Gesetzgeber das Kostenrekursverfahren zweiseitig gestaltete (BGBl 2001 römisch eins 98), hat der OGH wiederholt ausgesprochen, dass ein Rechtsmittelverfahren in Verfolgung eines “materiellen oder prozessualen Rechtsschutzanpruchs” in Analogie zu Paragraph 521, a ZPO auch dann zweiseitig ist, wenn die Zweiseitigkeit nicht ausdrücklich im Gesetz angeordnet ist (Rkv 1/01: Sicherheitsleistung für Prozesskosten in einem Außerstreitverfahren nach dem Dritten Rückstellungsgesetz; 6 Ob 281/01v: Verfahren zur Bestellung eines Heiratsguts; 8 Ob 282/01f: Konkurseröffnungsverfahren). Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand berührt jedenfalls dann einen Rechtsschutzanspruch in diesem Sinne (ein “civil right” nach Artikel 6, EMRK), wenn sie in die Rechtskraft einer Entscheidung eingreift. Zu einem Rekurs gegen die Abweisung eines darauf gerichteten Wiedereinsetzungsantrags - nur im Fall dieser Entscheidung ist ein Rekurs gemäß Paragraph 153, ZPO zulässig - muss sich der Verfahrensgegner daher aus Gründen der Waffengleichheit äußern können. Das Mittel der Gehörgewährung ist die Rekursbeantwortung im Sinne der genannten Prozessvorschrift (OLG Wien 21.1.2005, 2 R 231/04m; 14.12.2004, 2 R 234/04b; OLG Linz 9.2.2004, 2 R 23/04x mwN, RIS Justiz RL0000043; Georg E. Kodek, “Zur Zweiseitigkeit des Rekursverfahrens”, ÖJZ 2004, 593).
Das Rekursverfahren ist daher zweiseitig, der Rekurs aber nicht berechtigt.
In der Beweisrüge macht der Rekurswerber eine Unvollständigkeit des erhobenen Sachverhalts geltend. Damit bekämpft er nicht die Würdigung der Verfahrensergebnisse durch das Erstgericht, sondern - gemäß § 496 Abs 1 Z 3 ZPO - dessen rechtliche Beurteilung (Kodek in Rechberger² § 496 ZPO Rz 4). Eine gesetzmäßig ausgeführte Beweisrüge lag daher nicht vor, sodass auf sich beruhen konnte, ob und inwieweit die erstrichterliche Beweiswürdigung (Würdigung der Bescheinigungsmittel) überhaupt der Überprüfung durch das Rekursgericht zugänglich wäre (dazu: RIS-Justiz RS0109206, RS0012391).In der Beweisrüge macht der Rekurswerber eine Unvollständigkeit des erhobenen Sachverhalts geltend. Damit bekämpft er nicht die Würdigung der Verfahrensergebnisse durch das Erstgericht, sondern - gemäß Paragraph 496, Absatz eins, Ziffer 3, ZPO - dessen rechtliche Beurteilung (Kodek in Rechberger² Paragraph 496, ZPO Rz 4). Eine gesetzmäßig ausgeführte Beweisrüge lag daher nicht vor, sodass auf sich beruhen konnte, ob und inwieweit die erstrichterliche Beweiswürdigung (Würdigung der Bescheinigungsmittel) überhaupt der Überprüfung durch das Rekursgericht zugänglich wäre (dazu: RIS-Justiz RS0109206, RS0012391).
Die Ausführungen zur Rechtsrüge widmen sich überwiegend (sekundären) Feststellungsmängeln. Zusätzliche Feststellungen auf der Grundlage der Ergebnisse des Bescheinigungsverfahrens hätten - so der Rekurs - verdeutlicht, dass sich der Obmann des Beklagten nicht in einem Rechtsirrtum (über die Rechtswirkung der Hinterlegung), sondern in einem Tatsachenirrtum (über den Zeitpunkt der Hinterlegung) befunden habe. Der Genannte sei irrtümlich davon ausgegangen, dass am 7.9.2004 der erste Zustellversuch erfolgt sei. Das Nichtlesen der Rechtsmittelbelehrungen könne ihm schon deswegen nicht zum Vorwurf gemacht werden, weil diese ihn nicht über seinen Tatsachenirrtum aufgeklärt hätten. Die irrige Annahme eines (ersten) Zustellversuches am genannten Tage habe mit dem Wissen um Zustellvorschriften nichts zu tun. Der Tatsachenirrtum beruhe auf einem bloß minderen Grad des Versehens. Im Übrigen unterläge der Obmann des beklagten Gemeindeverbandes - wie der Rekurswerber in seinen Ausführungen zur Rechtsrüge weiter meint - nicht den Sorgfaltspflichten eines (gesellschaftsrechtlichen) Geschäftsführers. Nach den Bestimmungen des NÖ Gemeindeverbandsgesetzes obliege jenem die Besorgung der ihm besonders zugewiesenen Aufgaben und aller übrigen Aufgaben des Gemeindeverbandes, die nicht ausdrücklich einem anderen Verbandsorgan übertragen seien; mangels Feststellung der Aufgabengebiete könne nicht beurteilt werden, ob diese mit denen eines Geschäftsführers vergleichbar seien. Ebensowenig gelte für den Obmann des Rekurswerbers, ausgehend von weiteren noch zu treffenden Feststellungen zu dessen Mangel an juristischer Praxis, der Sorgfaltsmaßstab, an dem eine rechtskundige Person zu messen sei. Nach § 146 Abs 1 ZPO ist einer Partei die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis an der rechtzeitigen Vornahme einer befristeten Prozesshandlung verhindert wurde. Dass der Partei an der Versäumung ein Verschulden zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich um einen minderen Grad des Versehens handelt.Die Ausführungen zur Rechtsrüge widmen sich überwiegend (sekundären) Feststellungsmängeln. Zusätzliche Feststellungen auf der Grundlage der Ergebnisse des Bescheinigungsverfahrens hätten - so der Rekurs - verdeutlicht, dass sich der Obmann des Beklagten nicht in einem Rechtsirrtum (über die Rechtswirkung der Hinterlegung), sondern in einem Tatsachenirrtum (über den Zeitpunkt der Hinterlegung) befunden habe. Der Genannte sei irrtümlich davon ausgegangen, dass am 7.9.2004 der erste Zustellversuch erfolgt sei. Das Nichtlesen der Rechtsmittelbelehrungen könne ihm schon deswegen nicht zum Vorwurf gemacht werden, weil diese ihn nicht über seinen Tatsachenirrtum aufgeklärt hätten. Die irrige Annahme eines (ersten) Zustellversuches am genannten Tage habe mit dem Wissen um Zustellvorschriften nichts zu tun. Der Tatsachenirrtum beruhe auf einem bloß minderen Grad des Versehens. Im Übrigen unterläge der Obmann des beklagten Gemeindeverbandes - wie der Rekurswerber in seinen Ausführungen zur Rechtsrüge weiter meint - nicht den Sorgfaltspflichten eines (gesellschaftsrechtlichen) Geschäftsführers. Nach den Bestimmungen des NÖ Gemeindeverbandsgesetzes obliege jenem die Besorgung der ihm besonders zugewiesenen Aufgaben und aller übrigen Aufgaben des Gemeindeverbandes, die nicht ausdrücklich einem anderen Verbandsorgan übertragen seien; mangels Feststellung der Aufgabengebiete könne nicht beurteilt werden, ob diese mit denen eines Geschäftsführers vergleichbar seien. Ebensowenig gelte für den Obmann des Rekurswerbers, ausgehend von weiteren noch zu treffenden Feststellungen zu dessen Mangel an juristischer Praxis, der Sorgfaltsmaßstab, an dem eine rechtskundige Person zu messen sei. Nach Paragraph 146, Absatz eins, ZPO ist einer Partei die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis an der rechtzeitigen Vornahme einer befristeten Prozesshandlung verhindert wurde. Dass der Partei an der Versäumung ein Verschulden zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich um einen minderen Grad des Versehens handelt.
Nach dem gemäß § 149 Abs 1 ZPO (Eventualmaxime) maßgebenden und auch bescheinigten Vorbringen im Wiedereinsetzungsantrag hat der Beklagte die Einspruchsfrist deswegen versäumt, weil ihr Obmann fälschlich meinte, der Tag, an dem er von der Hinterlegungsanzeige benachrichtigt worden sei, habe jenem entsprochen, an welchem die Anzeige an der Abgabestelle zurückgelassen worden sei. Umstände, die diesen Irrtum als ein geringgradiges Versehen erscheinen ließen, wurden allerdings nicht vorgebracht. Der tatsächliche Tag des zur Hinterlegung führenden erfolglosen Zustellversuchs hätte ohne besonderen Aufwand durch einen Blick auf die Hinterlegungsanzeige festgestellt werden können. Nach § 17 Abs 2 ZustG hat diese nicht nur den Ort der Hinterlegung zu bezeichnen und auf die Wirkung der Hinterlegung hinzuweisen, sondern auch den Beginn und die Dauer der Abholfrist anzugeben. Ohne dass der gesamte Text gelesen hätte werden müssen, hätte es zur Beseitigung, allenfalls schon zur Vermeidung, des Irrtums genügt, dem auf der Hinterlegungsanzeige angeführten Datum Aufmerksamkeit zu schenken. Eine bestehende Unklarheit über den Tag des maßgeblichen Zustellvorgangs hätte letztlich auch durch Einholung einer Auskunft beim Postamt im Zuge der Behebung der Sendung beseitigt werden können.Nach dem gemäß Paragraph 149, Absatz eins, ZPO (Eventualmaxime) maßgebenden und auch bescheinigten Vorbringen im Wiedereinsetzungsantrag hat der Beklagte die Einspruchsfrist deswegen versäumt, weil ihr Obmann fälschlich meinte, der Tag, an dem er von der Hinterlegungsanzeige benachrichtigt worden sei, habe jenem entsprochen, an welchem die Anzeige an der Abgabestelle zurückgelassen worden sei. Umstände, die diesen Irrtum als ein geringgradiges Versehen erscheinen ließen, wurden allerdings nicht vorgebracht. Der tatsächliche Tag des zur Hinterlegung führenden erfolglosen Zustellversuchs hätte ohne besonderen Aufwand durch einen Blick auf die Hinterlegungsanzeige festgestellt werden können. Nach Paragraph 17, Absatz 2, ZustG hat diese nicht nur den Ort der Hinterlegung zu bezeichnen und auf die Wirkung der Hinterlegung hinzuweisen, sondern auch den Beginn und die Dauer der Abholfrist anzugeben. Ohne dass der gesamte Text gelesen hätte werden müssen, hätte es zur Beseitigung, allenfalls schon zur Vermeidung, des Irrtums genügt, dem auf der Hinterlegungsanzeige angeführten Datum Aufmerksamkeit zu schenken. Eine bestehende Unklarheit über den Tag des maßgeblichen Zustellvorgangs hätte letztlich auch durch Einholung einer Auskunft beim Postamt im Zuge der Behebung der Sendung beseitigt werden können.
Die genannten Maßnahmen, für deren Unterbleiben keinerlei Gründe vorgetragen wurden, wären jedem Durchschnittsmenschen zumutbar gewesen, sodass es auf die Anwendbarkeit eines strengeren Sorgfaltsmaßstabes gar nicht ankam. Nur der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass die eigenen Angaben des Obmanns des Beklagten keine Erklärung für den geltend gemachten Tatsachenirrtum bieten. Nach diesen hätte an der Abgabestelle, einer Musikschule, bis 6.9.2004 ein “eingeschränkter Ferialbetrieb” geherrscht. Die Sekretärin sei nur unregelmäßig an manchen Tagen in der Musikschule (der Abgabestelle) anwesend gewesen. Am 6.9. hätte zwar der normale Musikbetrieb wieder begonnen, an diesem Tag sei die Sekretärin aber wegen der Einschulung ihres Sohnes nicht anwesend gewesen. Am 7.9. hätte sie dem Obmann des Beklagten telefonisch mitgeteilt, dass sie eine Hinterlegungsanzeige, nämlich einen “gelben Zettel”, vorgefunden hätte; wie lange der “gelbe Zettel” schon im Büro gewesen wäre, hätte sie nicht gesagt. Ausgehend von diesen Gegebenheiten gab es keinen Anlass, den Tag des Auffindens der Hinterlegungsanzeige mit jenem Tag gleichzusetzen, an dem diese Anzeige an der Abgabestelle zurückgelassen oder die Sendung (letztmals) zuzustellen versucht wurde. Auch allgemeine Wahrnehmungen über Unzulänglichkeiten bei der Postzustellung in den Zustellbezirken des beklagten Gemeindeverbandes lassen die gewünschte Schlussfolgerung nicht zu. Allfällige Unzukömmlichkeiten in dieser Hinsicht könnten im Übrigen nicht von der Verpflichtung befreien, den Vorgängen um Zustellungen in eigener Sache, insbesondere einer schriftlichen Verständigung von einer Hinterlegung, die entsprechende Aufmerksamkeit entgegenzubringen.Die genannten Maßnahmen, für deren Unterbleiben keinerlei Gründe vorgetragen wurden, wären jedem Durchschnittsmenschen zumutbar gewesen, sodass es auf die Anwendbarkeit eines strengeren Sorgfaltsmaßstabes gar nicht ankam. Nur der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass die eigenen Angaben des Obmanns des Beklagten keine Erklärung für den geltend gemachten Tatsachenirrtum bieten. Nach diesen hätte an der Abgabestelle, einer Musikschule, bis 6.9.2004 ein “eingeschränkter Ferialbetrieb” geherrscht. Die Sekretärin sei nur unregelmäßig an manchen Tagen in der Musikschule (der Abgabestelle) anwesend gewesen. Am 6.9. hätte zwar der normale Musikbetrieb wieder begonnen, an diesem Tag sei die Sekretärin aber wegen der Einschulung ihres Sohnes nicht anwesend gewesen. Am 7.9. hätte sie dem Obmann des Beklagten telefonisch mitgeteilt, dass sie eine Hinterlegungsanzeige, nämlich einen “gelben Zettel”, vorgefunden hätte; wie lange der “gelbe Zettel” schon im Büro gewesen wäre, hätte sie nicht gesagt. Ausgehend von diesen Gegebenheiten gab es keinen Anlass, den Tag des Auffindens der Hinterlegungsanzeige mit jenem Tag gleichzusetzen, an dem diese Anzeige an der Abgabestelle zurückgelassen oder die Sendung (letztmals) zuzustellen versucht wurde. Auch allgemeine Wahrnehmungen über Unzulänglichkeiten bei der Postzustellung in den Zustellbezirken des beklagten Gemeindeverbandes lassen die gewünschte Schlussfolgerung nicht zu. Allfällige Unzukömmlichkeiten in dieser Hinsicht könnten im Übrigen nicht von der Verpflichtung befreien, den Vorgängen um Zustellungen in eigener Sache, insbesondere einer schriftlichen Verständigung von einer Hinterlegung, die entsprechende Aufmerksamkeit entgegenzubringen.
Es ist im vorliegenden Fall nicht strittig, dass der Obmann des beklagten Gemeindeverbandes zu dessen gesetzlicher Vertretung berufen ist (§ 4 ZPO). Seine Befugnis zur Empfangnahme eigenhändig zuzustellender Sendungen (§ 13 Abs 3 ZustG) ergibt sich gemäß § 9 Abs 2 Satz 2 ZustG schon daraus, dass er nach dem NÖ Gemeindeverbandsgesetz auch Mitglied (Vorsitzender) der beiden weiteren - kollegial besetzten - Verbandsorgane ist (§§ 7, 8, 9 Abs 1, 10 Abs 1 und 3 leg.cit.).Es ist im vorliegenden Fall nicht strittig, dass der Obmann des beklagten Gemeindeverbandes zu dessen gesetzlicher Vertretung berufen ist (Paragraph 4, ZPO). Seine Befugnis zur Empfangnahme eigenhändig zuzustellender Sendungen (Paragraph 13, Absatz 3, ZustG) ergibt sich gemäß Paragraph 9, Absatz 2, Satz 2 ZustG schon daraus, dass er nach dem NÖ Gemeindeverbandsgesetz auch Mitglied (Vorsitzender) der beiden weiteren - kollegial besetzten - Verbandsorgane ist (Paragraphen 7,, 8, 9 Absatz eins,, 10 Absatz eins und 3 leg.cit.).
Unbeantwortet bleiben konnte, ob der anwaltliche Vertreter des Beklagten auf die ihm schriftlich zugegangenen Angaben über das Zustelldatum vertrauen durfte. Ein nicht bloß leichtes Verschulden dieses Vertreters daran, dass das Hindernis nicht schon früher wegfiel, der Irrtum nicht früher aufgeklärt wurde, könnte aber nur für die Wahrung der Wiedereinsetzungsfrist (§ 148 Abs 2 ZPO) rechtlich eigenständige Bedeutung haben. Da aber die Aufklärungspflicht des berufsmäßigen Parteienvertreters im vorliegenden Fall schon vor Ablauf der dann versäumten vierwöchigen Einspruchsfrist (§ 248 Abs 2 ZPO) bestanden hätte, wäre ein allfälliger Sorgfaltsverstoß dieses Vertreters ohnedies auch im Rahmen des Wiedereinsetzungsgrundes zu prüfen (Gitschthaler in Rechberger² § 149 ZPO Rz 7 mwN).Unbeantwortet bleiben konnte, ob der anwaltliche Vertreter des Beklagten auf die ihm schriftlich zugegangenen Angaben über das Zustelldatum vertrauen durfte. Ein nicht bloß leichtes Verschulden dieses Vertreters daran, dass das Hindernis nicht schon früher wegfiel, der Irrtum nicht früher aufgeklärt wurde, könnte aber nur für die Wahrung der Wiedereinsetzungsfrist (Paragraph 148, Absatz 2, ZPO) rechtlich eigenständige Bedeutung haben. Da aber die Aufklärungspflicht des berufsmäßigen Parteienvertreters im vorliegenden Fall schon vor Ablauf der dann versäumten vierwöchigen Einspruchsfrist (Paragraph 248, Absatz 2, ZPO) bestanden hätte, wäre ein allfälliger Sorgfaltsverstoß dieses Vertreters ohnedies auch im Rahmen des Wiedereinsetzungsgrundes zu prüfen (Gitschthaler in Rechberger² Paragraph 149, ZPO Rz 7 mwN).
Der Rekurs musste daher erfolglos bleiben.
Die Entscheidung über Rekurskosten beruht auf § 2 ASGG und § 154 ZPO.Die Entscheidung über Rekurskosten beruht auf Paragraph 2, ASGG und Paragraph 154, ZPO.
Oberlandesgericht Wien
1016 Wien, Schmerlingplatz 11
Anmerkung
EW00540 9Ra19.05pEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OLG0009:2005:0090RA00019.05P.0314.000Dokumentnummer
JJT_20050314_OLG0009_0090RA00019_05P0000_000