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10 VerfassungsrechtNorm
StGG Art12 / VereinsrechtLeitsatz
Keine Verletzung des Vereinsrechts durch die Abweisung eines Antrags auf Wiederaufnahme eines die Auflösung eines Vereins betreffenden VerfahrensSpruch
Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt worden.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Mit Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 23. Dezember 1998 wurde der Verein "Dichterstein Offenhausen" gemäß §24 des Vereinsgesetzes 1951 aufgelöst. Die dagegen erhobene Berufung wurde mit Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 5. Juli 1999 abgewiesen.
2. Den vom nunmehrigen Beschwerdeführer - unter Hinweis auf seine ehemalige Vereinsmitgliedschaft - am 10. Mai 2002 eingebrachten, auf §69 Abs1 Z2 AVG gestützten Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens wies der Bundesminister für Inneres mit Bescheid vom 1. Juli 2002 als unbegründet ab.
3. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts auf Vereinsfreiheit behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des bekämpften Bescheids beantragt wird.
4. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt, von der Erstattung einer Gegenschrift aber Abstand genommen.
II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:
1. Wie der Verfassungsgerichtshof bereits wiederholt ausgesprochen hat, umfasst die Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofs nach Art144 B-VG bei behaupteter Verletzung des Vereinsrechts auch die verfahrensrechtlichen Fragen (vgl. VfSlg. 4816/1964 mwN). Es ist daher auf die Beschwerdeausführungen - die eine Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machen - einzugehen.
2.1. Der Beschwerdeführer stützte seinen Wiederaufnahmeantrag auf eine APA-Meldung vom 15. April 1997, die er am 9. Mai 2002 per Fax erhalten habe und aus der hervorgehe, dass in der Vergangenheit zwar wiederholt Ermittlungen durchgeführt worden seien, sich aber bis zum 15. April 1997 keine rechtliche Handhabe für vereinsbehördliche Maßnahmen gegen den Verein "Dichterstein Offenhausen" ergeben hätten. Bei dieser APA-Meldung handle es sich um eine neue Tatsache bzw. ein neues Beweismittel iSd §69 Abs1 Z2 AVG.
2.2. Nach Auffassung der belangten Behörde wäre eine Berücksichtigung dieser APA-Meldung weder allein noch in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens geeignet, einen im Hauptinhalt des Spruchs anders lautenden Bescheid herbeizuführen, weil - wie schon im Berufungsbescheid vom 5. Juli 1999 betreffend die Auflösung des Vereins dargelegt wurde - das Einschreiten der Vereinsbehörde zur Auflösung des Vereins durch aktuellere Ereignisse - nämlich einer für den 1. und 2. Mai 1998 vorgesehenen Ehrung von zwei namentlich bezeichneten Personen - veranlasst gewesen sei. Dadurch hätten auch einzelne andere, früher bekannt gewordene Vorgänge ebenso wie die gesamte frühere Vereinstätigkeit eine "neue" Bedeutung erlangt. Der Wiederaufnahmeantrag sei daher infolge Fehlens der Voraussetzung der Entscheidungsrelevanz des Vorbringens des Antragstellers abzuweisen gewesen.
2.3. In seiner Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof bringt der Beschwerdeführer dazu vor, dass "die APA-Meldung vom 15.4.1997 sehr wohl einen geänderten - vom Vereinsauflösungsbescheid erheblich abweichenden - Sachverhalt enthält, nämlich die unmißverständliche Aussage des damaligen Leiters der Staatspolizei in der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich [...], wonach dem Verein 'Verein Dichterstein Offenhausen' weder 'nationalsozialistische Wiederbetätigung' noch 'Verhetzung' nach Überprüfung durch die zuständige Staatsanwaltschaft vorgeworfen werden kann". Aus dem Akt der Vereinsbehörde sei auch ersichtlich, dass der Verein in der Zeit vom 15. April 1997 bis zum Tag der Vereinsauflösung (23. Dezember 1998) keinerlei Tätigkeit ausgeübt habe; die für 29. April bis 3. Mai 1998 angemeldeten 35. Kulturtage des Vereins hätten nicht stattgefunden. Aus dem vorgelegten Beweismittel ergebe sich daher, dass keine Auflösungsgründe im Sinne des §24 Vereinsgesetz 1951 vorgelegen seien und die Auflösung daher zu Unrecht erfolgt sei.
2.4. Im Hinblick darauf, dass die Auflösung des Vereins "Dichterstein Offenhausen" im (Berufungs-)Bescheid vom 5. Juli 1999 primär mit der für den 1. und 2. Mai 1998 geplant gewesenen Ehrung zweier Schriftsteller begründet wurde, ist der belangten Behörde nicht entgegenzutreten, wenn sie die vorgelegte APA-Meldung vom 15. April 1997 als nicht geeignet erachtet, einen im Hauptinhalt des Spruchs anders lautenden Bescheid herbeizuführen. Dass die vorgesehenen Ehrungen tatsächlich nicht stattgefunden haben, ist in diesem Zusammenhang nicht von Bedeutung, zumal eine Wiederaufnahme des Verfahrens jedenfalls keine Handhabe dafür bietet, eine in dem abgeschlossenen Verfahren von der belangten Behörde ihrer Entscheidung zugrunde gelegte Beweiswürdigung oder Sachverhaltsannahme zu bekämpfen (vgl. VwGH 7.11.1995, 95/20/0223).
Durch die Abweisung des Antrags auf Wiederaufnahme des Verfahrens ist daher keine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Vereinsrechts erfolgt.
Die Verletzung eines anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts kommt angesichts der festgestellten Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheids nicht in Betracht (vgl. zB VfSlg. 9246/1981, 9879/1983, 11.735/1988).
Der Beschwerdeführer ist auch nicht wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt worden.
Die Beschwerde ist daher abzuweisen.
3. Dies konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.
Schlagworte
Vereinsrecht, Vereinsauflösung, Verwaltungsverfahren, WiederaufnahmeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2002:B1224.2002Dokumentnummer
JFT_09978874_02B01224_00