TE OGH 2005/3/22 10Ob33/05h

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Veröffentlicht am 22.03.2005
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Fellinger, Dr. Hoch, Hon. Prof. Dr. Neumayr und Dr. Schramm als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Mag. Arthur Harald L*****, emeritierter Rechtsanwalt, derzeit ohne bekannten festen Wohnsitz, Zustellungsbevollmächtigter: Mag. Johannes Häusle, Rechtsanwalt, Riedgasse 20/3, 6850 Dornbirn, gegen die beklagte Partei mj. Alina Marie Esther N*****, geboren am 20. Juli 1998, *****, vertreten durch die Mutter Doris N*****, ebendort, wegen Feststellung der Erbunwürdigkeit, aus Anlass der Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 23. November 2004, GZ 42 R 487/04k-46, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Josefstadt vom 14. Juli 2004, GZ 16 C 3/03t-39, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Akten werden dem Bezirksgericht P***** als für den Kläger zuständigem Pflegschaftsgericht zu 1 P 162/02p zur Entscheidung gemäß § 6a ZPO übermittelt.Die Akten werden dem Bezirksgericht P***** als für den Kläger zuständigem Pflegschaftsgericht zu 1 P 162/02p zur Entscheidung gemäß Paragraph 6 a, ZPO übermittelt.

Das Verfahren über die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesgerichts ***** als Berufungsgericht vom 23. November 2004, GZ 42 R 487/04k-46, wird bis zur Mitteilung des Pflegschaftsgerichts über die gemäß § 6a ZPO getroffene Maßnahme unterbrochen.Das Verfahren über die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesgerichts ***** als Berufungsgericht vom 23. November 2004, GZ 42 R 487/04k-46, wird bis zur Mitteilung des Pflegschaftsgerichts über die gemäß Paragraph 6 a, ZPO getroffene Maßnahme unterbrochen.

Text

Begründung:

Die am 20. 7. 1998 geborene Beklagte ist die uneheliche Tochter des Klägers. Die Eltern haben das Besuchsrecht des Klägers zu seiner Tochter zunächst einvernehmlich geregelt. Im Zusammenhang damit, dass die allein obsorgeberechtigte Mutter eine Änderung dieser Regelung begehrte, hat das Bezirksgericht J***** mit Beschluss vom 12. 5. 2004 das Besuchsrecht des Vaters bis zum Nachweis ausgesetzt, dass sich dieser erfolgreich einer psychotherapeutischen Behandlung seiner Ängste und Zwangsvorstellungen bezüglich sexuellen Missbrauchs unterzogen hat. Gleichzeitig wurden sämtliche Besuchsrechtsdurchsetzungsanträge des Vaters abgewiesen. Mit seiner am 10. 2. 2003 gegen seine Tochter erhobenen Klage begehrte der Kläger, ein emeritierter Rechtsanwalt, die Feststellung ihrer Erbunwürdigkeit, da sie seit Mitte 2000 immer wieder und seit 29. 6. 2002 fortwährend und ohne rechtfertigenden Grund den persönlichen Verkehr mit ihm verweigere. Dabei werde sie von ihrer Mutter vertreten, deren Haltung und Handlung sie sich zurechnen lassen müsse. Er leide psychisch, physisch und auch wirtschaftlich-existenziell auf das Äußerste unter dem Pflichtverstoß der Tochter, der dies egal zu sein scheine. Sie setze somit ein Verhalten, das als grobe Vernachlässigung ihrer sich aus dem Rechtsverhältnis zwischen Eltern und Kindern ergebenden Pflichten iSd § 540 ABGB anzusehen sei. Da er für ein erfülltes Leben dringend den Kontakt zu seinem Kind bräuchte, diesen aber nun entbehren müsse, habe ihn die Tochter auch im Notstand hilflos im Stich gelassen (§ 768 Z 2 ABGB). Dass er sich seit 19. 2. 2003 in Untersuchungshaft befinde, sei letztlich ebenfalls kausal auf ihr Verhalten bzw das ihrer Mutter zurückzuführen. Es sei menschenrechtswidrig, dass er als unehelicher Vater auf die Unterhaltspflicht reduziert werde und an die Tochter vererben dürfe. Es sei im höchsten Maße als unmenschlich und erniedrigend anzusehen, dass er die materiellen Früchte seines Daseins jemandem hinterlassen müsse, auf dessen Persönlichkeit er nicht einwirken, von dessen Entwicklung er sich nicht überzeugen und dessen Wertvorstellung er nicht lenken könne. Dadurch werde er in seinem Fortkommen, seinem Ehrgeiz und seinem beruflichen und sonstigen Enthusiasmus gedämpft.Die am 20. 7. 1998 geborene Beklagte ist die uneheliche Tochter des Klägers. Die Eltern haben das Besuchsrecht des Klägers zu seiner Tochter zunächst einvernehmlich geregelt. Im Zusammenhang damit, dass die allein obsorgeberechtigte Mutter eine Änderung dieser Regelung begehrte, hat das Bezirksgericht J***** mit Beschluss vom 12. 5. 2004 das Besuchsrecht des Vaters bis zum Nachweis ausgesetzt, dass sich dieser erfolgreich einer psychotherapeutischen Behandlung seiner Ängste und Zwangsvorstellungen bezüglich sexuellen Missbrauchs unterzogen hat. Gleichzeitig wurden sämtliche Besuchsrechtsdurchsetzungsanträge des Vaters abgewiesen. Mit seiner am 10. 2. 2003 gegen seine Tochter erhobenen Klage begehrte der Kläger, ein emeritierter Rechtsanwalt, die Feststellung ihrer Erbunwürdigkeit, da sie seit Mitte 2000 immer wieder und seit 29. 6. 2002 fortwährend und ohne rechtfertigenden Grund den persönlichen Verkehr mit ihm verweigere. Dabei werde sie von ihrer Mutter vertreten, deren Haltung und Handlung sie sich zurechnen lassen müsse. Er leide psychisch, physisch und auch wirtschaftlich-existenziell auf das Äußerste unter dem Pflichtverstoß der Tochter, der dies egal zu sein scheine. Sie setze somit ein Verhalten, das als grobe Vernachlässigung ihrer sich aus dem Rechtsverhältnis zwischen Eltern und Kindern ergebenden Pflichten iSd Paragraph 540, ABGB anzusehen sei. Da er für ein erfülltes Leben dringend den Kontakt zu seinem Kind bräuchte, diesen aber nun entbehren müsse, habe ihn die Tochter auch im Notstand hilflos im Stich gelassen (Paragraph 768, Ziffer 2, ABGB). Dass er sich seit 19. 2. 2003 in Untersuchungshaft befinde, sei letztlich ebenfalls kausal auf ihr Verhalten bzw das ihrer Mutter zurückzuführen. Es sei menschenrechtswidrig, dass er als unehelicher Vater auf die Unterhaltspflicht reduziert werde und an die Tochter vererben dürfe. Es sei im höchsten Maße als unmenschlich und erniedrigend anzusehen, dass er die materiellen Früchte seines Daseins jemandem hinterlassen müsse, auf dessen Persönlichkeit er nicht einwirken, von dessen Entwicklung er sich nicht überzeugen und dessen Wertvorstellung er nicht lenken könne. Dadurch werde er in seinem Fortkommen, seinem Ehrgeiz und seinem beruflichen und sonstigen Enthusiasmus gedämpft.

Mit Beschluss vom 16. 4. 2003 (ON 7) setzte das Erstgericht das Verfahren bis zur Entscheidung des Bezirksgerichts P***** in dem dort anhängigen, den Kläger betreffenden Sachwalterschaftsverfahren 1 P 162/02p aus. Dieses Sachwalterschaftsverfahren wurde mit rechtskräftigem Beschluss des Bezirksgerichts P***** vom 10. 7. 2003, 1 P 162/02p-55, eingestellt, worauf das Erstgericht das Verfahren fortsetzte (ON 18). In der Begründung des Einstellungsbeschlusses brachte das Pflegschaftsgericht zum Ausdruck, dass sich im Fall einer künftigen Intensivierung der einschlägigen Prozesstätigkeit des Klägers die Beurteilung auch in Richtung einer doch gegebenen Notwendigkeit einer Sachwalterbestellung ändern könnte. Das Erstgericht hat die Klage schließlich ohne Durchführung eines Beweisverfahrens abgewiesen. Die fünfjährige Beklagte sei deliktsunfähig. Erbunwürdigkeitsgründe würden aber ein Verschulden voraussetzen, das der Erbe nur persönlich und nicht durch seinen Vertreter setzen könne. Da sich die begehrte Rechtsfolge aus dem vorgebrachten Sachverhalt mangels Verschuldensfähigkeit der Beklagten nicht ableiten lasse, sei die Klage abzuweisen.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung. Es verneinte eine Nichtigkeit des erstinstanzlichen Verfahrens und bestätigte im Ergebnis die Rechtsansicht des Erstgerichts.

Rechtliche Beurteilung

In seiner Revision gegen die Entscheidung des Berufungsgerichts führt der Kläger unter anderem ausführlich aus, dass seine Tochter gemäß § 57 WehrG dann als deliktsfähig anzusehen sei, wenn ihr inkriminiertes Verhalten - wie hier - von militärischer Relevanz sei. Angelegenheiten des Wehrgesetzes seien auch und vor allem die Landesverteidigung sowie die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung sowie der Schutz der demokratischen Einrichtungen. Dass alle diese Agenda durch einen zufolge Entfremdung von seinem Kinde psychisch-seelisch zerstörten Vater ernsthaft gefährdet sein könnten, werde "hoffentlich inzwischen amtsbekannt sein". Dass Väter (und wohl auch Mütter), die ihr Kind nicht sehen dürften und daher psychisch fertig seien, zur Landesverteidigung, auch zur geistigen, nichts beitragen könnten, aber auch an der Ausübung der demokratischen Rechte zunehmend das Interesse verlören oder auch überhaupt gegenüber politischen Abläufen des Praxisalltags ein völliges Gleichgültigkeitsgefühl an den Tag legten; all dies dürfte inzwischen wohl amtsbekannt sein. Die grundlose Verweigerung des persönlichen Verkehrs werde zweifelsfrei als eine gröbliche Vernachlässigung der sich aus dem Familienverhältnis ergebenden Pflichten iSd § 540 ABGB, nämlich jener aus § 145b iVm § 148 ABGB anzusehen sein. Die grundsätzlich fehlende Deliktsfähigkeit von Unmündigen ergebe sich - zufolge der massiven militärischen Relevanz der Pflichtverletzung - aus § 57 WehrG (mit weiteren Ausführungen dazu, dass ein Kind ob seines Verhaltens immer dann deliktsfähig sei, wenn dieses Verhalten in militärischen Belangen von Relevanz sei). Über § 57 WehrG könne die zivilrechtliche Lücke des Mangels der Deliktsfähigkeit eines Kindes im § 540 ABGB geschlossen werden. Aus diesem keinen nachvollziehbaren Konnex zum Recht auf persönlichen Verkehr und zur Erbunwürdigkeit aufweisenden Vorbringen ergeben sich erneut gewichtige Anzeichen, dass der Kläger wegen einer psychischen Krankheit seine Angelegenheiten als Prozesspartei nicht ohne Gefahr eines Nachteils für sich selbst zu besorgen vermag, sodass die Voraussetzungen des § 273 ABGB vorliegen könnten.In seiner Revision gegen die Entscheidung des Berufungsgerichts führt der Kläger unter anderem ausführlich aus, dass seine Tochter gemäß Paragraph 57, WehrG dann als deliktsfähig anzusehen sei, wenn ihr inkriminiertes Verhalten - wie hier - von militärischer Relevanz sei. Angelegenheiten des Wehrgesetzes seien auch und vor allem die Landesverteidigung sowie die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung sowie der Schutz der demokratischen Einrichtungen. Dass alle diese Agenda durch einen zufolge Entfremdung von seinem Kinde psychisch-seelisch zerstörten Vater ernsthaft gefährdet sein könnten, werde "hoffentlich inzwischen amtsbekannt sein". Dass Väter (und wohl auch Mütter), die ihr Kind nicht sehen dürften und daher psychisch fertig seien, zur Landesverteidigung, auch zur geistigen, nichts beitragen könnten, aber auch an der Ausübung der demokratischen Rechte zunehmend das Interesse verlören oder auch überhaupt gegenüber politischen Abläufen des Praxisalltags ein völliges Gleichgültigkeitsgefühl an den Tag legten; all dies dürfte inzwischen wohl amtsbekannt sein. Die grundlose Verweigerung des persönlichen Verkehrs werde zweifelsfrei als eine gröbliche Vernachlässigung der sich aus dem Familienverhältnis ergebenden Pflichten iSd Paragraph 540, ABGB, nämlich jener aus Paragraph 145 b, in Verbindung mit Paragraph 148, ABGB anzusehen sein. Die grundsätzlich fehlende Deliktsfähigkeit von Unmündigen ergebe sich - zufolge der massiven militärischen Relevanz der Pflichtverletzung - aus Paragraph 57, WehrG (mit weiteren Ausführungen dazu, dass ein Kind ob seines Verhaltens immer dann deliktsfähig sei, wenn dieses Verhalten in militärischen Belangen von Relevanz sei). Über Paragraph 57, WehrG könne die zivilrechtliche Lücke des Mangels der Deliktsfähigkeit eines Kindes im Paragraph 540, ABGB geschlossen werden. Aus diesem keinen nachvollziehbaren Konnex zum Recht auf persönlichen Verkehr und zur Erbunwürdigkeit aufweisenden Vorbringen ergeben sich erneut gewichtige Anzeichen, dass der Kläger wegen einer psychischen Krankheit seine Angelegenheiten als Prozesspartei nicht ohne Gefahr eines Nachteils für sich selbst zu besorgen vermag, sodass die Voraussetzungen des Paragraph 273, ABGB vorliegen könnten.

Davon ist gemäß § 6a ZPO - auch im Revisionsverfahren - gemäß § 6a Satz 1 ZPO das zuletzt zuständige Pflegschaftsgericht (§ 109 Abs 2 JN) zu verständigen (2 Ob 14/88; 10 ObS 101/92 = SSV-NF 6/57; 10 ObS 167/01h; RIS-Justiz RS0035231, RS0035270; Schubert in Fasching/Konecny2 II/1 § 6a ZPO Rz 2). Das Pflegschaftsgericht hat dem Revisionsgericht ehestens mitzuteilen, ob ein (einstweiliger) Sachwalter bestellt oder sonst eine entsprechende Maßnahme getroffen wird (§ 6a Satz 2 ZPO).Davon ist gemäß Paragraph 6 a, ZPO - auch im Revisionsverfahren - gemäß Paragraph 6 a, Satz 1 ZPO das zuletzt zuständige Pflegschaftsgericht (Paragraph 109, Absatz 2, JN) zu verständigen (2 Ob 14/88; 10 ObS 101/92 = SSV-NF 6/57; 10 ObS 167/01h; RIS-Justiz RS0035231, RS0035270; Schubert in Fasching/Konecny2 II/1 Paragraph 6 a, ZPO Rz 2). Das Pflegschaftsgericht hat dem Revisionsgericht ehestens mitzuteilen, ob ein (einstweiliger) Sachwalter bestellt oder sonst eine entsprechende Maßnahme getroffen wird (Paragraph 6 a, Satz 2 ZPO).

Bis zur Entscheidung des Pflegschaftsgerichts ist das Revisionsverfahren in sinngemäßer Anwendung des § 190 ZPO zu unterbrechen (4 Ob 329/98f = JBl 1999, 536 = NZ 2000, 309; RIS-Justiz RS0035234).Bis zur Entscheidung des Pflegschaftsgerichts ist das Revisionsverfahren in sinngemäßer Anwendung des Paragraph 190, ZPO zu unterbrechen (4 Ob 329/98f = JBl 1999, 536 = NZ 2000, 309; RIS-Justiz RS0035234).

Anmerkung

E76621 10Ob33.05h

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2005:0100OB00033.05H.0322.000

Dokumentnummer

JJT_20050322_OGH0002_0100OB00033_05H0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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