Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht in Kartellrechtssachen durch die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Birgit Langer als Vorsitzende und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Manfred Vogel und Dr. Wolfgang Schramm sowie die fachkundigen Laienrichter Kommerzialräte Dr. Fidelis Bauer und Dr. Erich Haas in der Kartellrechtssache der Antragsteller (zu 26 Kt 230/02) 1. K*****gesellschaft mbH, *****, vertreten durch Dr. Michael Metzler, Rechtsanwalt in Linz, 2. K***** KG, *****, 3. C***** GmbH, *****, Zweit- und Drittantragsteller vertreten durch Mag. Daniela Karollus-Bruner, Rechtsanwältin in Wien, 4. Dr. Matthias Schmidt, Rechtsanwalt in Wien, besonderer Verwalter im Konkursverfahren über das Vermögen der C***** Gesellschaft mbH (*****), sowie der weiteren Antragstellerin (zu 26 Kt 93, 94/03) Bundeswettbewerbsbehörde, 1020 Wien, Praterstraße 21, wider die Antragsgegner 1. C***** Gesellschaft mbH, 2. C***** Gesellschaft mbH, 3. L***** Betriebsgesellschaft mbH, alle *****, 4. Ing. Christian L*****, 5. S*****-GmbH, *****, 6. L***** Privatstiftung, *****, 7. C***** GmbH, *****, alle vertreten durch Dr. Norbert Gugerbauer, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung (§ 35 Abs 1 und 2 KartG), in eventu Feststellung (§ 8a KartG), und Entscheidungsveröffentlichung (§ 38 KartG), über die Rekurse der Antragsgegner (ON 113), der Erstantragstellerin (ON 111), der Zweitantragstellerin (ON 112) sowie der Bundeswettbewerbsbehörde (ON 110) gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Wien als Kartellgericht vom 28. April 2004, GZ 26 Kt 230/02, 26 Kt 93, 94/03-103, in nichtöffentlicher Sitzung den BeschlussDer Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht in Kartellrechtssachen durch die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Birgit Langer als Vorsitzende und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Manfred Vogel und Dr. Wolfgang Schramm sowie die fachkundigen Laienrichter Kommerzialräte Dr. Fidelis Bauer und Dr. Erich Haas in der Kartellrechtssache der Antragsteller (zu 26 Kt 230/02) 1. K*****gesellschaft mbH, *****, vertreten durch Dr. Michael Metzler, Rechtsanwalt in Linz, 2. K***** KG, *****, 3. C***** GmbH, *****, Zweit- und Drittantragsteller vertreten durch Mag. Daniela Karollus-Bruner, Rechtsanwältin in Wien, 4. Dr. Matthias Schmidt, Rechtsanwalt in Wien, besonderer Verwalter im Konkursverfahren über das Vermögen der C***** Gesellschaft mbH (*****), sowie der weiteren Antragstellerin (zu 26 Kt 93, 94/03) Bundeswettbewerbsbehörde, 1020 Wien, Praterstraße 21, wider die Antragsgegner 1. C***** Gesellschaft mbH, 2. C***** Gesellschaft mbH, 3. L***** Betriebsgesellschaft mbH, alle *****, 4. Ing. Christian L*****, 5. S*****-GmbH, *****, 6. L***** Privatstiftung, *****, 7. C***** GmbH, *****, alle vertreten durch Dr. Norbert Gugerbauer, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung (Paragraph 35, Absatz eins und 2 KartG), in eventu Feststellung (Paragraph 8 a, KartG), und Entscheidungsveröffentlichung (Paragraph 38, KartG), über die Rekurse der Antragsgegner (ON 113), der Erstantragstellerin (ON 111), der Zweitantragstellerin (ON 112) sowie der Bundeswettbewerbsbehörde (ON 110) gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Wien als Kartellgericht vom 28. April 2004, GZ 26 Kt 230/02, 26 Kt 93, 94/03-103, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss
gefasst:
Spruch
1. Die Rekurse der Zweit- bis Siebentantragsgegner werden zurückgewiesen.
2. Sämtlichen übrigen Rekursen wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung:
Die Erstantragstellerin betreibt zwei Großkinos (Multiplexe), und zwar in St. Pölten und Linz. Die Zweitantragstellerin betreibt zwei Großkinos in Wien. Die Drittantragstellerin betrieb Großkinos in Wien und Leoben; sie zog ihre Anträge zurück, nachdem ihre Kinos im Laufe des Verfahrens von der Zweitantragsgegnerin übernommen worden sind. Der Viertantragsteller ist besonderer Verwalter im Konkurs über das Vermögen eines Kinounternehmens und war im Zeitpunkt der Einbringung des Antrags mit dem Fortbetrieb von drei der insgesamt neun Kinos der Gemeinschuldnerin in Wien betraut; er schränkte seinen Antrag im Verfahren auf Kosten ein.
Die Erstantragsgegnerin betreibt österreichweit einen Filmverleih. Sie hält 98 % der Anteile an der Zweitantragsgegnerin sowie sämtliche Anteile an der Drittantragsgegnerin, die beide Kinos im ganzen Bundesgebiet betreiben. Die Zweitantragsgegnerin betreibt Multiplexe unter den Bezeichnungen "Cineplexx", "Cineplexx World" oder "Cineplexx Palace" in Hohenems (9 Säle), Innsbruck (8 Säle), Salzburg Airport (10 Säle), Salzburg City (8 Säle), Linz (10 Säle), Graz (10 Säle), Villach (6 Säle), Leoben (6 Säle) und Wien: Apollo (12 Säle), Palace Wien (14 Säle), Wien-Auhof (8 Säle), Wienerberg (10 Säle) und Wien Donauplex (13 Säle); weiter betreibt sie das Stadtkino Villach mit 3 Sälen. Während dieses Verfahrens hat die Zweitantragsgegnerin von der Drittantragstellerin die Multiplexe am Wienerberg und in Leoben sowie das früher von der Zweitantragstellerin betriebene Multiplex im Donauplex (Wien 22) übernommen und unter dem Markennamen "Cineplexx" wiedereröffnet. Die Drittantragsgegnerin betreibt folgende traditionelle Kinos: in Wien das Actors (3 Säle), Artis (6 Säle), Atelier (1 Saal), Tuchlauben (2 Säle), Urania (1 Saal) und Auge Gottes (5 Säle), in Baden das Beethoven (2 Säle), in Graz das Geidorf (3 Säle) und das Royal (3 Säle), in Linz das Kolosseum (4 Säle). Darüber hinaus programmiert die Drittantragsgegnerin eine Reihe von Kinos mit 1 bis 8 Sälen (insgesamt 76 Säle) in ganz Österreich. Viert- und Sechstantragsgegner sind die einzigen Gesellschafter der Erstantragsgegnerin; ersterer ist deren alleiniger Geschäftsführer. Die Siebentantragsgegnerin ist ein Tochterunternehmen der Erstantragsgegnerin. Die Fünftantragsgegnerin hat ihre Geschäftsanteile an der Erstantragsgegnerin Ende 2002 an die Sechstantragsgegnerin abgetreten.
Die Erst- und Zweitantragstellerin (in der Folge: Antragsteller) beantragten die Erteilung von Aufträgen nach § 35 Abs 1 und 2 KartG sowie die Ermächtigung zur Entscheidungsveröffentlichung. Die Unternehmensgruppe der Antragsgegner sei in Österreich sowohl im Filmverleih als auch als Kinobetreiber marktbeherrschend; sie missbrauche ihre Marktmacht gegenüber den Antragstellern fortwährend dadurch, dass sie diese mit Filmen zur Erstaufführung ohne hinreichende sachliche Begründung nicht beliefere, die Zu- oder Absage ungebührlich hinauszögere, sodass im Kinoprogramm nicht mehr disponiert werden könne, im Falle der Belieferung unangemessene Bedingungen (bezüglich Vorführzeiten, Saalgröße, Spieldauer, Leihmieten etc) stelle und auch einfordere, im Übrigen aber die Kinos der Antragsteller gegenüber den eigenen und von den Antragsgegnern programmierten Kinos bei der Belieferung, Versorgung mit Werbe- und Promotionsmaterial sowie bei Sonderwerbeaktionen wie Premieren benachteilige. Den Antragsgegnern sei Preismissbrauch, Konditionenmissbrauch, Missbrauch durch Tätigkeitsbeschränkung, durch Abschlussverweigerung und durch Diskriminierung vorzuwerfen. Der vorgetragene Sachverhalt rechtfertige die Anordnung der Entflechtung der Unternehmensgruppe der Antragsgegner dahingehend, dass entweder der Filmverleih oder der Kinobetrieb in ein unabhängiges Unternehmen ausgelagert werde. Das Verhalten der Antragsgegner, eigene Kinos zu Lasten fremder zu fördern und dazu auch Druck auf andere Verleiher auszuüben, dass fremde Kinos nicht beliefert werden sollten, während Kinos der eigenen Gruppe gestattet werde, von vereinbarten Bedingungen nach Belieben abzuweichen, führe zur Monopolstellung der eigenen Gruppe auf dem Kinomarkt, in welcher diese Unternehmensgruppe bestimmen könne, welcher Film zu welchen Konditionen in Österreich in die Kinos komme. Die Medienvielfalt sei dann nicht mehr gewährleistet.Die Erst- und Zweitantragstellerin (in der Folge: Antragsteller) beantragten die Erteilung von Aufträgen nach Paragraph 35, Absatz eins und 2 KartG sowie die Ermächtigung zur Entscheidungsveröffentlichung. Die Unternehmensgruppe der Antragsgegner sei in Österreich sowohl im Filmverleih als auch als Kinobetreiber marktbeherrschend; sie missbrauche ihre Marktmacht gegenüber den Antragstellern fortwährend dadurch, dass sie diese mit Filmen zur Erstaufführung ohne hinreichende sachliche Begründung nicht beliefere, die Zu- oder Absage ungebührlich hinauszögere, sodass im Kinoprogramm nicht mehr disponiert werden könne, im Falle der Belieferung unangemessene Bedingungen (bezüglich Vorführzeiten, Saalgröße, Spieldauer, Leihmieten etc) stelle und auch einfordere, im Übrigen aber die Kinos der Antragsteller gegenüber den eigenen und von den Antragsgegnern programmierten Kinos bei der Belieferung, Versorgung mit Werbe- und Promotionsmaterial sowie bei Sonderwerbeaktionen wie Premieren benachteilige. Den Antragsgegnern sei Preismissbrauch, Konditionenmissbrauch, Missbrauch durch Tätigkeitsbeschränkung, durch Abschlussverweigerung und durch Diskriminierung vorzuwerfen. Der vorgetragene Sachverhalt rechtfertige die Anordnung der Entflechtung der Unternehmensgruppe der Antragsgegner dahingehend, dass entweder der Filmverleih oder der Kinobetrieb in ein unabhängiges Unternehmen ausgelagert werde. Das Verhalten der Antragsgegner, eigene Kinos zu Lasten fremder zu fördern und dazu auch Druck auf andere Verleiher auszuüben, dass fremde Kinos nicht beliefert werden sollten, während Kinos der eigenen Gruppe gestattet werde, von vereinbarten Bedingungen nach Belieben abzuweichen, führe zur Monopolstellung der eigenen Gruppe auf dem Kinomarkt, in welcher diese Unternehmensgruppe bestimmen könne, welcher Film zu welchen Konditionen in Österreich in die Kinos komme. Die Medienvielfalt sei dann nicht mehr gewährleistet.
Die Antragsgegner beantragten die Abweisung der Anträge. Das Kartellgesetz sei in dieser Sache aufgrund der Länderbereichsausnahme des § 4 Abs 1 KartG nicht anzuwenden. Sie seien nicht marktbeherrschend. Im Filmverleih, der ein österreichweiter Markt sei, erreiche die Erstantragsgegnerin keinen Marktanteil, der die gesetzliche Vermutung einer Marktbeherrschung begründe. Die Summe der Besucherzahlen ihrer Kinos sei für ihre Marktstellung auf den Kinomärkten nicht aussagekräftig, weil diese Märkte auf Grund der Einzugsgebiete der Standorte räumlich eng abzugrenzen seien. Mangels Marktbeherrschung treffe sie im Verleih-Geschäft - jedenfalls bei nicht besonders erfolgversprechenden Filmen - keine Belieferungspflicht. Für den österreichischen Markt stehe auf Grund der Vorgaben der Lizenzgeber von jedem Film nur eine begrenzte Anzahl an Kopien zur Erstaufführung zur Verfügung. Die Vergabe der Kopien erfolge streng nach sachlichen Gesichtspunkten, vor allem nach dem verleihinternen Umsatzranking. Die Umsatzzahlen mit Filmen anderer Verleiher stünden den Antragsgegnern nicht zur Verfügung. Eigene und von den Antragsgegnern programmierte Kinos würden weder bei der Belieferung noch bei den Verleihbedingungen oder der Bewerbung der Filme bevorzugt behandelt.Die Antragsgegner beantragten die Abweisung der Anträge. Das Kartellgesetz sei in dieser Sache aufgrund der Länderbereichsausnahme des Paragraph 4, Absatz eins, KartG nicht anzuwenden. Sie seien nicht marktbeherrschend. Im Filmverleih, der ein österreichweiter Markt sei, erreiche die Erstantragsgegnerin keinen Marktanteil, der die gesetzliche Vermutung einer Marktbeherrschung begründe. Die Summe der Besucherzahlen ihrer Kinos sei für ihre Marktstellung auf den Kinomärkten nicht aussagekräftig, weil diese Märkte auf Grund der Einzugsgebiete der Standorte räumlich eng abzugrenzen seien. Mangels Marktbeherrschung treffe sie im Verleih-Geschäft - jedenfalls bei nicht besonders erfolgversprechenden Filmen - keine Belieferungspflicht. Für den österreichischen Markt stehe auf Grund der Vorgaben der Lizenzgeber von jedem Film nur eine begrenzte Anzahl an Kopien zur Erstaufführung zur Verfügung. Die Vergabe der Kopien erfolge streng nach sachlichen Gesichtspunkten, vor allem nach dem verleihinternen Umsatzranking. Die Umsatzzahlen mit Filmen anderer Verleiher stünden den Antragsgegnern nicht zur Verfügung. Eigene und von den Antragsgegnern programmierte Kinos würden weder bei der Belieferung noch bei den Verleihbedingungen oder der Bewerbung der Filme bevorzugt behandelt.
Die Bundeswettbewerbsbehörde beantragte unter Bezugnahme auf die bereits vorliegenden Anträge und das bis dahin erstattete Vorbringen aller Antragsteller die "Untersagung der beanstandeten missbräuchlichen Verhaltensweisen: Diskriminierung (sachwidrige Begründung) bei der Vergabe von Filmkopien, bei Konditionen und bei Werbung, diskriminierende Geschäftspolitik, intransparente Filmvergabe, Konditionenmissbrauch und Boykott bzw. Aufruf zum Boykott" (26 Kt 93/03), in eventu die Feststellung, dass die eben beschriebenen Verhaltensweisen gegen § 35 KartG verstoßen hätten. Ihr weiterer Antrag auf Verhängung einer Geldbuße (26 Kt 95/03) war nicht Gegenstand der angefochtenen Entscheidung.Die Bundeswettbewerbsbehörde beantragte unter Bezugnahme auf die bereits vorliegenden Anträge und das bis dahin erstattete Vorbringen aller Antragsteller die "Untersagung der beanstandeten missbräuchlichen Verhaltensweisen: Diskriminierung (sachwidrige Begründung) bei der Vergabe von Filmkopien, bei Konditionen und bei Werbung, diskriminierende Geschäftspolitik, intransparente Filmvergabe, Konditionenmissbrauch und Boykott bzw. Aufruf zum Boykott" (26 Kt 93/03), in eventu die Feststellung, dass die eben beschriebenen Verhaltensweisen gegen Paragraph 35, KartG verstoßen hätten. Ihr weiterer Antrag auf Verhängung einer Geldbuße (26 Kt 95/03) war nicht Gegenstand der angefochtenen Entscheidung.
Der Bundeskartellanwalt war in den öffentlichen mündlichen
Verhandlungen vertreten.
Das Erstgericht fasste folgenden Beschluss:
I.1. Der Erstantragsgegnerin wird aufgetragen,römisch eins.1. Der Erstantragsgegnerin wird aufgetragen,
a) sämtliche von Erst- und Zweitantragsteller betriebenen Kinos mit Filmkopien von Filmen, welche österreichweit mit mindestens 10 Kopien gestartet und von der jeweiligen Antragstellerin bestellt werden, zum Starttermin zu beliefern;
b) Erst- und Zweitantragsteller rechtzeitig, und zwar mindestens vier Wochen vor dem Filmstart, die Starttermine bekanntzugeben und die Belieferung zu bestätigen sowie ihnen unverzüglich Werbe- und Promotionsmaterial auszuliefern, sobald es zur Verfügung steht, sowie
c) Erst- und Zweitantragsteller hinsichtlich deren Kinos in Wien und Linz/Pasching die gleichen Bedingungen bei der Werbetätigkeit im Rahmen des Filmverleihs zu gewähren wie den der Zweit- und Drittantragsgegnerin gehörigen oder von diesen betreuten ("programmierten") Kinos am jeweiligen Standort.
Jahr Anzahl Besucher Umsatz (in
der Filme (in Mio) EUR Mio)
1999 242 15,023 87,3
2000 236 16,298 93,2
2001 239 18,832 108,6
2002 259 19,316 114,5
2003*) 194 7,839 108,1
Gesamt 1.170 77,308 511,7
2.3. Die einzelnen Verleiher brachten es dabei im Zeitraum 2000 bis 2003 jährlich etwa auf folgende Anzahlen an neuen Filmen:
Verleiher Anzahl der Filme 2000 bis 2003
2000 2001 2002 2003
Constantin 42 43 54 43
Buena Vista 20 20 21 23*
UIP 26 22 22 19*
Warner Bros 13 18 28 18*
Cent Fox 14 14 17 15*
Columbia 20 12 11 15*
Filmladen 30 36 45 36*
Einhorn 12 17 13 8*
Concorde 14 15 3 ---
Polyfilm 21 19 27 26*
Stadtkino 3 6 8 12*
*Zahlen liegen nur bis 14.11. vor (Beilage./Y10).
80 % des Gesamtmarktvolumens (Besucher und Einspielergebnisse oder "Box Offices") konzentrieren sich alljährlich auf die fünf bis sechs größten Verleiher.
Gemessen an Besucherzahlen und Einspielergebnissen betrug der Marktanteil der Erstantragsgegnerin rund 16 %. Von 1999 bis 2001 nahm sie unter allen österreichischen Verleihern einen der ersten drei Ränge ein. Bei den unabhängigen Verleihern war sie in diesen Jahren stets Marktführer mit Marktanteilen zwischen 50 und 67 %. 2000 und 2001 bewegte sich ihr Anteil an den genannten Volumina mindestens zwischen 22 % und 25 %. In derselben Höhe lag in diesem Zeitraum ihr Anteil an den Verleihumsätzen. 2002 sank ihr (Verleih-)Umsatz- und Besucheranteil auf rund 12 %, 2003 waren ihre Anteile am Gesamtverleihumsatz und an den Besucherzahlen nicht höher als im Jahr davor.
Für jede Erstaufführung steht dem österreichischen Markt nur eine begrenzte Anzahl an Filmkopien zur Verfügung. Deren Höhe richtet sich in erster Linie nach den in den Film gesetzten Umsatzerwartungen. Es werden drei Segmente unterschieden: Erfolgversprechende Filme mit mindestens 50 Startkopien („Blockbusters"), ein (das breitere Publikum ansprechendes und daher für kommerzielle Kinos geeignetes) Mittelsegment mit Produktionen unterschiedlichster Herkunft und aller Genres, in die mäßige Erfolgserwartung gesetzt wird und die mit 10 bis 49 Kopien starten, und (qualitativ hochwertige) Kunst- oder Nischenfilme, die ein kunstsinniges oder an Spezialgebieten interessiertes Publikum ansprechen und mit weniger als 10 Kopien starten. Nicht jeder erfolgversprechende Film löst die wirtschaftlichen Erwartungen auch ein. Nur rund 10 bis 16 Filme locken jährlich mehr als 300.000 Besucher ins Kino ("Golden Ticket"). Von diesen Filmen, die allesamt mit deutlich mehr als 50 Kopien zur Erstaufführung gelangten, brachten es nur 1 bis 4 auf mehr als 600.000 Besucher ("Super Golden Ticket"). Auf mehr als 1 Mio Besucher kamen "Titanic" 1998, "Der Schuh des Manitu" 2001, "Der Herr der Ringe I" 2002 und der "Herr der Ringe II" 2003 (Warner Bros.). Diese Filme wurden mit dem "Diamond Ticket" prämiert. Der erfolgreichste Film der Erstantragsgegnerin in Österreich war der 2001 erstaufgeführte Film "Der Schuh des Manitu" mit mehr als 2 Mio Kinobesuchern. 2002 und 2003 brachte es kein Film aus dem Verleih der Erstantragsgegnerin auf eine so hohe Besucherzahl. Während 2001 noch 5 der 10 in Österreich erfolgreichsten Filme aus deren Verleih stammten, ragte aus ihrem Filmangebot 2002 nur "Lara Croft - Tomb Raider 2" mit rund 160.000 Besuchern heraus. Jeder erfolgversprechende Film stellt aus wirtschaftlicher Sicht einen eigenen Markt dar. Auf einen gleichwertigen Film kann regelmäßig nicht ausgewichen werden. Übers Jahr ist der Ausgleich des entgangenen Geschäftsergebnisses nicht möglich, weil während des Ausfalls kein ähnlich ertragreicher Film erhältlich ist und im Falle eines Nachspielens einer freiwerdenden Kopie bestenfalls noch durchschnittliche Umsätze erzielt werden können. Die Beeinträchtigung führt oft zu weitergehenden Ausfällen bei Umfeldgeschäften ("kleine" Gastronomie) und dauerhaftem Besucherrückgang aus Enttäuschung über das "Stammkino".
Von den insgesamt 1.170 im Zeitraum 1999-2003 erstaufgeführten Filmen waren 238 (ca 20,4 %) erfolgversprechend. Diese zeichneten im Zeitraum von 1999 bis 2003 für einen Gesamtumsatz von rund 386,8 Mio EUR bzw eine Gesamtbesucherzahl von rund 55,1 Mio. Besuchern verantwortlich, was einem Anteil von rund 72 % am Gesamtumsatzvolumen und an der Gesamtbesucherzahl entspricht. Auf das mittlere Segment entfielen in demselben Zeitraum 470 Filme (rund 40 %) mit einem Umsatz von 127,6 Mio EUR und einer Besucherzahl von rund 19 Mio, was einem Anteil von rund 25 % am Gesamtumsatzvolumen und der Gesamtbesucherzahl entspricht. 462 Filme zählt das nach den Anteilen an Umsatz- und Besucherzahlen (jeweils ca 3 %) kleinste Segment. Im Bereich erfolgversprechender Filme verzeichnete die Erstantragsgegnerin im genannten Zeitraum 34 Filme (von gesamt 238), davon 6 im Jahr 1999 (von 37), 11 im Jahr 2000 (von 50), 7 im Jahr 2001 (von 45); 6 im Jahr 2002 (von 51), 4 im (Rumpf-)Jahr 2003 (von 52). Diese Filme wurden im Ergebnis von rund 6,6 Mio Kinobesuchern gesehen und erzielten ein Umsatzvolumen von rund 44,4 Mio EUR. Umgelegt auf das Gesamtmarktvolumen erreichte die Erstantragsgegnerin bei erfolgversprechenden Filmen damit einen Marktanteil von rund 11,5 % (Umsatz) oder 11,9 % (Besucher). Im mittleren Segment (10 bis 49 Startkopien) lag der Anteil der Constantin an Besucherzahlen und Einspielergebnissen nach den EDI-AC Nielsen Daten 1999 bei rund 25 %, 2000 bei rund 22 %, 2001 bei rund 32 %, 2002 bei knapp 30 % und 2003 bei rund 17 %. Nach den Daten der Antragsgegner ergibt sich folgendes Bild:
Jahr Gesamtmarkt (Markt-)Anteil Constantin
Umsatz Besucher Umsatz Besucher Umsatz Besucher
(´000) (´000) (´000) (´000) (%) (%)
2001 29.679 4.516 10.396 1.583 35,03 35,06
2002 27.096 4.054 8.909 1.310 32,88 32,32
2003*)14.786 2.228 2.928 452 19,8 19,8
*) Die Zahlen dieses Jahres sind nicht vollständig.
Die Marktstrukturen stellen sich im mittleren Segment nach von den
Antragsgegnern beigebrachten Zahlen wie folgt dar:
Wett- Marktanteile Zeitraum 2001-2003
bewerber (Filme 10-49 Kopien)
Umsatz Besucher Umsatz Besucher
(´000 EUR) (´000) (%) (%)
Constantin 22.233 3.346 31,07 30,98
UIP 7.067 1.042 9,87 9,65
Warner Bros 9.403 1.430 13,14 13,25
Centfox 8.711 1.262 12,17 11,69
Columbia 5.002 742 6,99 6,87
Buena Vista 5.496 854 7,68 7,91
Filmladen 7.918 1.241 11,07 11,5
Einhorn 2.910 445 4,07 4,12
Concorde 637 98 0,89 0,91
Polyfilm 1.880 292 2,63 2,7
Stadtkino 240 37 0,34 0,34
TOP/Kinowelt 62 10 0,09 0,09
Gesamt 71.559 10.799 100,01 100,01
Das Kinowesen erfuhr in den letzten Jahrzehnten einen tiefgreifenden
Strukturwandel. Ab dem Ende der 80er-Jahre des letzten Jahrhunderts
kam es zu einem deutlichen Wachstum der Anzahl an Kinos und
Leinwänden. Bestehende Kinos vergrößerten ihr Saalangebot durch Aus-
und Zubauten. In Wien und in den größeren (Landeshaupt-)Städten
entstanden in den 90ern zahlreiche Mehrsaalkinos der Kategorie
"Multiplex". Das früher übliche Einsaalkino wurde, vor allem in
Ballungszentren fast völlig zurückgedrängt. Die Inbetriebnahme von
Multiplexen führte zu teilweise massiven Umsatzrückgängen bei
herkömmlichen Kinos. Insgesamt verzeichnete aber der Kinomarkt von
1990 an jährlich Umsatzzuwächse. Der Kinomarkt ist nunmehr im
Wesentlichen gesättigt, an weiteren Multiplexen besteht kein weiterer
Bedarf. Es ist vielmehr in dieser Kino-Sparte mit einer
Konsolidierung zu rechnen. Folgende Übersicht gibt die Entwicklung
des österreichischen Kinomarktes in den letzten Jahren wieder:
Jahr Anzahl der Anzahl der Besucher Umsatz in
Kinos Säle (´000) Mio (EUR)
1998 k.A. 424 15.219 87,06
1999 208 524 15.023 87,3
2000 204 534 16.298 93,2
2001 201 564 18.832 108,6
2002 199 564 19.316 114,5
2003 k.A. k.A. k.A. k.A.
Der Wettbewerb der Kinos untereinander wird weniger über den Eintrittspreis, als über die Programmgestaltung und die Bewerbung der ins Programm genommenen Filme ausgetragen. Kinos erwirtschaften aber auch Nebenumsätze mit der sogenannten kleinen Gastronomie. Manche Multiplex-Betreiber erzielen darüber hinaus Einnahmen aus der Vermietung anderer im ihrem Gebäude-Komplex untergebrachter Geschäfte. Schließlich erzielen Kinos auch Werbeeinnahmen, die nach Besucherzahlen abgerechnet werden. Multiplexe verfügen nach allgemeinem Branchenverständnis über mindestens 8 Kinosäle. Für Kinohäuser mit 4 bis 7 Sälen hat sich die Bezeichnung "Miniplex" etabliert. Lichtspieltheater mit 1 bis 3 Sälen können als "traditionelle" Kinos bezeichnet werden. Nachstehende Übersicht zeigt, dass 27 Multiplexe den Großteil des österreichischen Marktvolumens, nämlich rund 64 %, gemessen an Umsatz- und Besucherzahlen, auf sich vereinen (Stand 2002):
Säle Anzahl d. % Besucher % Netto- %
(Stand Kinos (´000) ein-
2002) nahmen
(´000)
8+ 27 13,64 12.340 63,88 73.554 64,24
4-7 23 11,62 3.011 15,59 17.473 15,26
1-3 148 74,74 3.966 20,53 23.476 20,50
Gesamt 198 100 19.316 100 114.502 100
Multiplexe sind überwiegend in oder an Einkaufszentren außerhalb oder am Rande größerer Städte gelegen und ziehen vor allem ein mobiles Breitenpublikum an, das die Befriedigung unterschiedlicher moderner Konsumbedürfnisse - von Einkaufen über Essen und Trinken bis zur Unterhaltungskultur - sucht. Sie sind "kommerzielle" Kinos, die kein besonderes Programm haben, sondern sich am Mainstream orientieren und das allerorten übliche Kinoprogramm zeigen. Multiplex-Betreiber verleihen ihren Häusern zunehmend unter Ausnützung vorhandener Potenziale ein eigenes Profil, gestalten also das Programm für bestimmte Zielgruppen (wie Kinder oder Familien) besonders attraktiv. Sie versuchen sich im Wettbewerb vermehrt in Nischen, etwa im Arthouse-Sektor, zu etablieren, bringen aber nur Kunstfilme mit einer gewissen Breitenerwartung. Das Einzugsgebiet von Multiplexen ist in der Regel größer als das herkömmlicher Kinos am selben Standort. In Deutschland betrug 2000 der Anteil der mindestens 50 Jahre alten Kinobesucher nur 19 %; 47 % hingegen waren zwischen 16 und 24 Jahre alt. Dieses Publikum richtet seinen Kinobesuch überwiegend nach einem bestimmten Film aus. Erstaufführungen haben ganz allgemein, nicht nur bei Blockbustern, einen wesentlich höheren Stellenwert als Wiederaufführungen (Reprisen). Der durchschnittliche Kinobesucher will heute einen ausgewählten Film unverzüglich nach dessen Start sehen, er richtet seinen Kinobesuch, zumal an Orten mit vielen Kinos, weniger nach einem bestimmten Kino aus. Das "Nachspielen" von Filmen "in der zweiten oder dritten Welle" hat an Bedeutung verloren. Multiplexe spielen aus diesem Grund auch fast nur neue Filme, die Cineplexx-Kinos etwa zu 95 %. Diese Entwicklung hat dazu geführt, dass der Erfolg der Auswertung von Mainstream-Filmen in der Regel von den Einspielergebnissen in den ersten Wochen nach dem Start in Österreich abhängt. Die Umsatzentwicklung ist in diesem Zeitraum stark degressiv. Im Durchschnitt werden rund 60-70 % des Gesamtumsatzes eines Films in den ersten drei bis vier Aufführungswochen gemacht. Kommerzielle Filme, die sich nicht zum Blockbuster entwickeln, bleiben häufig auch nur die Mindestspieldauer von vier Wochen im Programm.
Der wirtschaftliche Erfolg von Multiplexen hängt von der Breite des Filmangebots ab: Es ist wirtschaftlich unergiebig, in allen oder mehreren Sälen Filme desselben Genres zu zeigen. Multiplex-Betreiber verfolgen daher eine "All-Product"-Philosophie. Unter Berücksichtigung des Besucherverhaltens sind sie bei ihrer Programmgestaltung zumindest auf jeden Film angewiesen, der in Österreich neu auf den Markt kommt und nicht zu einem absoluten Minderheitenprogramm zählt. Ein Multiplex kann nur mit einem - Woche für Woche neu zusammengesetzten - ausgewogenen "Filmmix" auf lange Sicht überleben. Während ein Zwei-Saal-Kino jedes Jahr etwa 40 neue Filme bringt, braucht ein Multiplex eine Mehrfaches davon, bei den Antragstellerinnen sind es insgesamt 180 bis 200 Filme. Für Multiplex-Betreiber ist es aufgrund dieser Rahmenbedingungen (betriebs-)wirtschaftlich wichtig, neben der Belieferung mit erfolgversprechenden Filmen ausreichend Zugriff auf neue Filme aus dem mittleren Segment zu haben.
Im Jahresdurchschnitt starten jede Woche 4 bis 6 neue Filme. Besonders erfolgversprechende Werke (80 bis 100 Kopien) werden nur etwa alle 14 Tage erstaufgeführt. Der österreichische Verleiher legt die Startkopienanzahl fest. Die Genehmigung der Lizenzgeber, die die Filmkopien üblicherweise auch herstellen lassen, wird dazu so gut wie immer erteilt. Lizenzgeber treten auch einer nachträglichen Erhöhung der einmal festgelegten Kopienanzahl nicht entgegen, wenn diese ein gewisses Ausmaß nicht überschreitet. Ein bis zwei zusätzliche Kopien scheitern nicht an Einwänden der Lizenzgeber und können auch kurzfristig, etwa von Montag auf Freitag, besorgt werden. In manchen Fällen, wenn ein Film am ersten Wochenende viel einträglicher als erwartet ist, werden auch Kopien nachgezogen, die dann ab der zweiten Woche zum Einsatz kommen. Für die Anzahl der Startkopien sind die Erfolgsaussichten des Filmes in Österreich entscheidend. Der Verleiher beurteilt diese auf ähnliche Weise, wie der Programmierer die Auswahl der Filme für ein bestimmtes Kino trifft, anhand seiner Branchenkenntnis, Marktbeobachtung und seiner persönlichen Einschätzung des Films, den er stets vorab anschaut. Die Anzahl der in Deutschland vergebenen Startkopien bildet eine erste Bezugsgröße, die dem Verhältnis der Bevölkerungszahlen entsprechend (1:10) auf den österreichischen Markt umgelegt wird. Auf Besonderheiten des österreichischen Marktes in Geschmack und Vorlieben des Kinopublikums wird Bedacht genommen. Im Übrigen werden auch bereits eingegangene Bestellungen von nahezu allen Verleihern möglichst berücksichtigt. Bekundete Belieferungswünsche können einen Erfolgsindikator darstellen. Es können allerdings nicht alle österreichischen Kinos mit einer Startkopie eines Films versorgt werden. Die Grenzen setzt die von den Kopienkosten und der erwarteten Besucherzahl ausgehende Wirtschaftlichkeitsprüfung, die jeder Verleiher für jeden einzelnen Film vornimmt und die darauf abzielt, mit möglichst geringem Aufwand - möglichst wenig Kopien - das Besucherpotenzial auszuschöpfen. Besondere Vorsicht bei dieser Prüfung birgt allerdings die Gefahr, die bestmögliche Auswertung eines Filmes zu verfehlen. Eine zurückhaltende Vergabepraxis nützt eher den zur Erstaufführung belieferten Kinos, während eine breite Streuung häufig die Gesamtauswertung des Filmes verbessert, weil der Film dadurch regional besser gestreut und stärker wahrgenommen werden kann.
Eine geringfügige Erhöhung des Kopienkontingents stößt allerdings selten auf ein wirtschaftliches Hindernis und wird von den Verleihern, auch von der Erstantragsgegnerin, von dieser aber überwiegend zugunsten der eigenen Kinos, immer wieder praktiziert. Die Kosten einer Filmkopie von 1.100 EUR sind bei einem durchschnittlichen Kartenpreis von 5,80 Euro bei rund 190 zahlenden Kinobesuchern gedeckt. In den Verhandlungen zwischen Verleihern und Kinobetreibern sind die Kopienkosten heute im Allgemeinen kein Thema. Viele Verleiher liefern bei großen Produktionen zum Start sogar mehrere Kopien für ein und dasselbe Multiplex. Die Programmierer (Kinobetreiber) nehmen aufgrund der Startlisten ihre Buchungen für die darauf folgenden Wochen, manchmal auch Monate, vor. Bei Aussendung der Startliste und Feststehen des Starttages hat der Verleiher immer auch schon eine erste Einschätzung des zu erwartenden Filmerfolgs vorgenommen; ihm ist es zu diesem Zeitpunkt stets möglich, interessierten Programmierern eine ungefähre Kopienanzahl bekanntzugeben.
Spätestens vier Wochen vor dem Start ist jeder Verleiher, von seltenen Ausnahmefällen abgesehen, in der Lage, ihm vorliegende Bestellungen definitiv zu beantworten. Filmverleiher sind im Allgemeinen selbst daran interessiert, Buchungen unverzüglich zu bestätigen, weil ihnen selbst an einer möglichst frühzeitig einsetzenden Bewerbung und damit gewährleisteten bestmöglichen Auswertung ihrer Filme gelegen ist. Zu- oder Absagen erfolgen daher üblicherweise formlos - auf telefonischem oder elektronischem Weg - innerhalb weniger Tage oder auch nur Stunden. Das gesprochene Wort gilt als verbindlich. Spätestens 4 Wochen vor dem Start wird Kinobetreibern (deren Programmierern) in aller Regel Bescheid gegebenen, ob sie den Film zur Erstaufführung erhalten. Am Montag vor dem Filmstart leiten die Kinounternehmer um 13.00 Uhr das ab Freitag gültige Kinoprogramm für die Folgewoche an die Medien weiter, damit dieses noch in derselben Woche veröffentlicht wird. Bis zu diesem Zeitpunkt kann ein am darauf folgenden Freitag startender Film noch ins Programm aufgenommen werden. Für eine ausreichende Bewerbung des Films im Kino mittels Aushangs ("Reklame") und Vorspannfilmen ("Trailern"; "Teaser", das sind kürzere Vorspannfilme, die nur von größeren Filmen, dann aber über mehrere Monate, eingesetzt werden) ist es dann allerdings bereits zu spät. Ein Film kann durch ein Kino nur dann erfolgreich ausgewertet werden, wenn es ihn mindestens durch 4 Wochen hindurch auf die dargestellte Weise ankündigt. Filmverleiher verteilen daher das genannte, im Allgemeinen in ausreichender Menge vorhandene Werbematerial regelmäßig bis spätestens 6 Wochen vor dem Start an die in Betracht kommenden Erstaufführungskinos. Für österreichische Filmverleiher kommt grundsätzlich jedes Kino für eine Erstaufführung in Betracht. Die Auswahl der Kinos, die beliefert werden, treffen die Verleiher nach folgenden Grundsätzen: Bundesweite Streuung, um die Konzentration in einer Landeshauptstadt zu vermeiden. Allerdings werden in der Regel (Ausnahme: Erstantragsgegnerin) auch im mittleren Filmsegment, wenn zumindest 30 Startkopien zur Verfügung stehe, alle Multiplexe bedient; da sich diese in Wien häufen, kommt es vor, dass bei einem Film mit 30 Kopien die Hälfte nach Wien geht. Größe der Stadt; Größe und Umsatz des Kinos; Vorrangige Belieferung von spezialisierten Kinos mit Kunst- und Nischenfilmen.
Alle großen Verleiher verwenden im internen Gebrauch "Rankings". Diese reihen Kinos nach ihrer Umsatzstärke. Maßgeblich sind bei allen die Umsätze mit den Filmen aus dem eigenen Verleih. Die Grundlagen der Rangfolge werden den Kinounternehmern nicht offengelegt. Die der Reihung zugrundeliegenden Zeiträume werden nicht einheitlich gehandhabt. Die Einstufung der Entleiher steht letztlich im Belieben des Verleihers; zumindest ist sie für die Entleiher nicht überprüfbar. Von Fall zu Fall bleibt auch unklar, ob bei der Vergabe streng nach dem Umsatz-Ranking vorgegangen oder ob und in wie weit davon aus anderen für maßgeblich befundenen Gründen abgegangen wurde. Dies wird von den Kinounternehmern als unbefriedigend empfunden. Allerdings gelingt es außer der Erstantragsgegnerin allen Verleihern meist, ihre Entscheidung, die Belieferung eines Kinos mit einem bestimmten Film abzulehnen, für das betroffene Unternehmen zufriedenstellend zu begründen. Die Verleihunternehmen tauschen untereinander ihre Umsatzzahlen nicht aus. Die Erstantragsgegnerin hat im Verfahren allerdings Gesamtbesucherzahlen auch von Multiplexen der "Konkurrenz" - insbesondere jener der Antragstellerinnen - vorgelegt.
Der Verleiher gibt nicht nur die Höhe der Leihmieten vor, er stellt vor Zusage der Belieferung auch andere Bedingungen, etwa zur Mindestspieldauer (in der Regel 4 Wochen), den Beginnzeiten, zu Vorführanzahl und Saalbelegung. Es ist nicht nur in den Vermietungsrichtlinien vorgesehen, sondern auch branchenüblich, dass Verleihbedingungen "nachverhandelt" werden, wenn ein Film die Erfolgserwartungen nicht einlöst. Filmverleiher gestehen in diesen Fällen den Kinounternehmen im Nachhinein immer wieder zu, einen Film in einem kleineren Saal oder täglich weniger oft als vereinbart zu spielen. Ab der zweiten Woche werden aus diesem Grund, wenngleich zurückhaltender, auch Leihmietenreduktionen gewährt. Es ist branchenüblich, dass Filmverleiher ihre Kinofilme selbst bewerben. Sie besorgen vor allem die überregionale Bewerbung in Tageszeitungen, Fernseh- und Radiowerbung, auf Plakaten und im Internet. Die Verleiher statten aber auch die Kinos mit Werbematerial aus, und zwar mit dem sogenannten Aushang (Plakate unterschiedlicher Größen) und Vorspannfilmen ("Trailern" und "Teasern"). Kinounternehmer dagegen bewerben ihre eigenen Häuser. Neben dem Einsatz des vom Verleih zur Verfügung gestellten Werbematerials veröffentlichen sie insbesondere ihr Programm in Tages- und Bezirkszeitungen, auf Flugblättern; auf diese Weise kündigen sie auch von ihnen durchgeführte Sonderveranstaltungen wie Vorpremieren und Sneak-Previews (dazu unten) an.
Bei der Erstantragsgegnerin erfolgen Filmstarts im Allgemeinen mit weniger Kopien als bei anderen Verleihern, und zwar "kleine" mit 5 bis 15 Kopien, "mittlere" mit 20 bis 40 und "große" mit 60 bis knapp über 70. Sie ist mit ihrer Erfolgseinschätzung im Allgemeinen vorsichtiger als andere Filmverleiher. Die von ihr gestreute Anzahl an Startkopien bleibt immer wieder hinter den Erwartungen der Marktgegenseite zurück. Sie lehnt eine Belieferung von ihr unabhängigen Kinos zur Erstaufführung immer wieder mit dem Hinweis auf die "geringe Startkopienanzahl" ab. Dabei wird auch Multiplexen gegenüber auf das "verleihinterne Umsatzranking" verwiesen, ohne dieses näher zu erläutern. Auf Nachfrage des Betroffenen wird allenfalls dessen Listenplatz bekanntgegeben. Das Ranking wird nicht offengelegt. Wird in der Folge beanstandet, dass ein mit dem nichtbelieferten Großkino von den Umsatzzahlen her vergleichbares Cineplexx sehr wohl eine Startkopie erhalten habe, verweist sie darauf, dass dieses Cineplexx eben mit Filmen aus ihrem Verleih bessere Umsätze erziele. Die Antragsgegner legten im Verfahren die für ihren Verleih maßgebliche Rangliste nicht vor, boten aber an, einem Sachverständigen (Wirtschaftstreuhänder) Einblick in die Liste geben zu wollen, ohne diese aber den Antragstellerinnen gegenüber offenlegen zu wollen. Es kann nicht festgestellt werden, welche Plätze auf dieser Liste die Multiplexe der Antragstellerinnen verglichen mit anderen, vor allem jenen der Antragsgegner, einnehmen. Kinos der Antragsgegner besetzen etwa 25 der ersten 50 Stellen dieser Liste. Alle österreichischen Multiplexe rangieren unter den ersten 50, nicht alle aber unter den ersten 30 Kinos. Die Erstantragsgegnerin schiebt verbindliche Antworten auf Bestellungen, die nach Aussenden der Startliste eingehen, immer wieder hinaus; dabei weist sie häufig darauf hin, dass die Startkopienanzahl "noch nicht" oder "erst in einigen (zwei) Wochen" feststehe, seltener darauf, dass der Starttermin noch nicht fix sei. Auch bei ihr ist man aber spätestens 4 bis 6 Wochen vor einem Filmstart darüber im Bilde, in welcher Größenordnung ein Film starten wird. Die endgültige Kopienanzahl wird oft erst viel später festgelegt. Ein Grund dafür liegt darin, dass die Erstantragsgegnerin - um Kosten zu sparen - immer wieder zeitversetzte Österreich-Starts ganz oder teilweise mit von deutschen Kinos freigegebenen Filmkopien durchführt. Es kann allerdings nicht festgestellt werden, dass in einem der hier aufgegriffenen Einzelfälle jener Umstand die (alleinige) Ursache für eine Verzögerung der Beantwortung einer Bestellung der Antragstellerinnen war. Auffallend zurückhaltend beliefert werden insbesondere Kinos, die ihren Standort in der Nähe von Kinos der Antragsgegner haben.
Die Erstantragsgegnerin versorgt die eigenen Kinos vielfach früher als andere mit Werbematerial ("Trailer", "Teaser", "Plakate"). Diese Kinos können daher mit der Bewerbung des Films früher als andere beginnen, für welche der Einsatz des Werbematerials im Übrigen, selbst wenn es bereits zur Verfügung steht, erst Sinn macht, sobald der Film für die Erstaufführung zugesagt ist. An die Multiplexe der Antragsteller liefert die Erstantragsgegnerin den Aushang und die Trailer immer wieder erst 2 bis 3 Wochen vor dem Filmstart aus, während diese von anderen Verleihern Werbematerial 6 Monate bis 6 Wochen vor diesem Zeitpunkt erhalten. Vorabkopien für "Sneak-Previews" werden den Antragstellern von der Erstantragsgegnerin trotz deren ständiger Bemühung um solche selten zur Verfügung gestellt. Die Vorführung von Filmen in Originalversion vor dem eigentlichen Filmstart, bei der das Publikum nicht weiß, was gespielt wird, hat sich nicht nur für Testzwecke bewährt, sondern auch zu einer besonderen Besucherattraktion entwickelt, die ihren Anfang in Multiplexen nahm. Die Erstantragsgegnerin verfügt jedes Jahr über "Sneak"-Kopien von jeweils 10 bis 15 Filmen und setzt diese österreichweit vorwiegend in eigenen Häusern ein, ohne andere Kinounternehmer vom Vorhandensein solcher Kopien zu verständigen. Andere Verleiher setzen hingegen Kinobetreiber von vorhandenen "Sneak"-Kopien von sich aus zum Zwecke der Vornahme von Bestellungen in Kenntnis. Premieren veranstaltet die Erstantragsgegnerin für Filme aus ihrem Verleih ausschließlich in eigenen Kinos. Filmpremieren finden - bei großen Filmproduktionen - unter Beteiligung von Rundfunk und Fernsehen sowie anderer Medien statt und sind daher für das Premieren-Kino besonders werbewirksam. Die Kosten einer Premiere werden vom Verleiher getragen, häufig aber im Wege höherer Leihmieten auf die Kinounternehmer überwälzt. Andere Verleihgesellschaften teilen Premieren gleichmäßig Kinos verschiedener Unternehmer (Unternehmensgruppen) zu. Die Antragstellerinnen haben sich jahrelang erfolglos bemüht, Premieren von Filmen aus dem Verleih der Erstantragsgegnerin veranstalten zu dürfen. Vorpremieren finden auch von weniger aufwändig produzierten und/oder beworbenen Filmen, und zwar am Samstag oder Donnerstag vor dem allgemeinen Start am Freitag statt. Bis zu Beginn dieses Verfahrens verweigerte die Erstantragsgegnerin den Antragstellerinnen die Teilnahme an Vorpremieren ihrer Filme.
Die Erstantragsgegnerin hält alle Anteile an jenem Unternehmen, das als Werbeagentur Film- und Kinomarketing für die Kinos der Antragsgegner betreibt. Diese Gesellschaft zeichnet für die Gestaltung des Internet-Portals "www.cineplexx.at" verantwortlich. Das Portal bietet unter anderem Informationen über das gesamte Kinoprogramm Österreichs sowie über alle Filme, die in Österreich gerade laufen oder demnächst starten. Soweit es für Filme eigene Internet-Seiten gibt, kann man darauf über Links zugreifen.; gleiches gilt für Websites anderer Kinobetreiber, wie jenen der Antragstellerinnen. Über das Portal können Kinokarten für Cineplexx-Häuser reserviert und bestellt werden, nicht aber für andere Kinos, weil dies technisch schwierig wäre. Beworben wird die Website unter Hinweis auf das "Programm für alle Kinos Österreichs" als "das größte Kino- und Filmportal Österreichs" oder "das Special Interest Portal für Film und Kino". Bemühungen der Antragsteller, deren Kinos in die Filmwerbung der Antragsgegner einzubeziehen, blieben ohne Erfolg. Die Erstantragsgegnerin verfolgt die Unternehmensstrategie, die eigenen Kinos durch Mittel des Verleihs gezielt zu fördern. Die Gruppe der Antragsgegner erwirtschaftet 90 bis 95 % ihres Gesamtumsatzes aus dem Kinobetrieb (Kartenverkauf und Nebengeschäfte wie Gastronomie), den Rest (5 bis 10 %) aus dem Filmverleih.
In rechtlicher Hinsicht ging das Kartellgericht davon aus, dass das Kinowesen zwar Landessache sei, die Tätigkeit des Filmverleihs und -vertriebs als Angelegenheit des Gewerbes aber unter die Bundeskompetenz (Art 10 Abs 1 Z 8 B-VG) falle; gleiches gelte für die Kompetenztatbestände Zivilrechtswesen (Art 10 Abs 1 Z 6 B-VG) und Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs (Art 10 Abs 1 Z 8 B-VG). Sachlich betroffener Markt sei jener der im Inland zur Erstaufführung gelangenden Filme, auf dem sich Filmverleiher und Kinounternehmer gegenüberstünden. Der Erstantragsgegnerin komme eine marktbeherrschende Stellung im Filmverleih zu. Sie bringe im, für kommerzielle Filmbetreiber interessanten Bereich des "Mainstream", also Filme, die mit mindestens 10 Kopien gestartet würden, jährlich die größte Zahl an Filmen heraus. Der Wettbewerb zwischen Kinos werde weniger über den Preis der Kinokarte als über das Filmangebot und dessen Bewerbung ausgetragen. Multiplex-Kinos müssten einen „Film-Mix" bieten, um wirtschaftlich bestehen zu können. Im gerade für diese Kinos wegen der großen Zahl der benötigten Filme unterschiedlicher Genres wesentlichen Segment jener Filme, die mit weniger als 50 Filmkopien starteten, habe sich die Erstantragsgegnerin sowohl der Zahl der Filme als a