TE Vwgh Erkenntnis 2007/7/4 2006/08/0211

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Veröffentlicht am 04.07.2007
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
62 Arbeitsmarktverwaltung;
66/01 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz;
66/02 Andere Sozialversicherungsgesetze;

Norm

AlVG 1977 §1 Abs1 lita;
ASVG §113 Abs1;
ASVG §4 Abs1 Z1;
ASVG §4 Abs2;
ASVG §49;
VwGG §42 Abs2 Z1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Strohmayer und Dr. Köller als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Müller, über die Beschwerde des Vereins X in S, vertreten durch Prof. Haslinger & Partner, Rechtsanwälte in 4020 Linz, Kroatengasse 7, gegen den Bescheid der Landeshauptfrau von Salzburg vom 23. Mai 2006. Zl. 20305-V/12.749/34-2006, betreffend Beitragsnachverrechnung und Beitragszuschlag (mitbeteiligte Partei: Salzburger Gebietskrankenkasse, Faberstraße 19-23, 5024 Salzburg), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

Der Bund (Bundesminister für Soziales und Konsumentenschutz) hat dem beschwerdeführenden Verein Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1.1. Mit Bescheid vom 21. Jänner 1992 stellte die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse die Versicherungspflicht nach § 4 Abs. 1 Z. 1 und Abs. 2 ASVG sowie nach § 1 Abs. 1 lit. a AlVG für die in der Beitragsvorschreibung auf Grund der durchgeführten Beitragsprüfung vom 28. Oktober 1991 (Blatt 1-81) angeführten Personen während der dort angeführten Zeiträume wegen deren Tätigkeit für den beschwerdeführenden Verein (in der Folge als Verein bezeichnet) als diplomierte Pfleger(innen) bzw. Sanitätshilfsdienste fest. Der Verein sei zudem verpflichtet, die Sozialversicherungsbeiträge für die genannten Dienstnehmer in der Höhe von S 6,887.958,97 nach Zustellung dieses Bescheides umgehend zu entrichten. Die erwähnte Beitragsvorschreibung sei Bestandteil des Bescheides.

Begründend - soweit dies (auch) die Beitragsvorschreibung betrifft - führte die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse aus, dass die im Zuge der Beitragsprüfung durchgeführten Erhebungen in Verbindung mit den aufliegenden Abrechnungs-, Auszahlungs- und Überweisungsbelegen, den im Vereinsbüro vorhandenen Unterlagen und den aufgenommenen Niederschriften ergeben hätten, dass die in der Beitragsnachberechnung namentlich genannten diplomierten Schwestern und Pfleger als Angestellte in D1 und der Schwesternhilfsdienst als Arbeiter in A1 während der angeführten Zeiten in einem Dienstverhältnis zum Verein gestanden seien. In allen Fällen handle es sich um unbefristete Dienstverhältnisse. Als Entgelt sei der mit der Kasse vereinbarte Stundensatz von S 140,-- "netto" für Diplompfleger und S 93,-- "netto" für Sanitätshilfsdienste ausbezahlt worden, die Abrechnung der Pflegestunden sei monatlich erfolgt. Dieses Entgelt sei unter Beachtung der Bestimmungen des § 49 ASVG als Beitragsgrundlage für die Nachberechnung bzw. Differenznachberechnung für "teilweise gemeldete" Mitarbeiter herangezogen worden. Eine Zuordnung der diplomierten Pfleger(innen) zur Gruppe der gemäß § 4 Abs. 3 Z. 2 ASVG gehörenden, in der Krankenpflege selbständig erwerbstätigen Personen, die einen Niederlassungsbescheid besitzen und bei der Ausübung ihres Berufes keine Angestellten beschäftigen sei auf Grund der engen Bindung zum Verein, Ablauf der Tätigkeit, Abrechnung und disziplinären Folgen bei Missachtung der Vereinsrichtlinien nicht möglich gewesen.

1.2. Mit Bescheid vom selben Tag wurde zudem auf Grund von Meldepflichtverletzungen, die zu der Nachberechnung von Sozialversicherungsbeiträgen geführt hatten ein Beitragszuschlag gemäß § 113 Abs. 1 ASVG in Höhe von S 2,545.700,-- vorgeschrieben, der umgehend zu bezahlen sei.

2. Diese Bescheide bekämpfte der Verein gemeinsam in einem Einspruch vom 24. Februar 1992. Darin wendet er sich zunächst (wieder nur im Zusammenhang mit dem hier relevanten Verfahrensgegenstand) gegen die Heranziehung der fünfjährigen Verjährungsfrist, da ihn kein Verschulden treffe. Der Verein habe sich auf Auskünfte, die die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse auf Anfrage eines anderen Vereins getätigt hatte, verlassen. Die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse habe zudem die "Praxis der Hauskrankenpflege" jahrelang gekannt, da die Abrechung der Leistungen der einzelnen freien Mitarbeiter über diese erfolgt sei. Dieses Verhalten habe als "Verzicht" auf allfällige Beitragsnachforderungen gewertet werden können.

In Bestreitung der Höhe der Beitragsnachforderung führte der Verein zunächst aus, die Differenz zwischen den für die vom Verein angemeldeten Dienstnehmer ohnedies abgeführten und den nunmehr (zusätzlich) vorgeschriebenen Beiträgen sei nicht nachvollziehbar. Gegenstand einer Beitragsnachforderung könne nur das Einkommen sein, das einzelne Schwestern tatsächlich erzielt hätten, nicht aber ein fiktives Einkommen, das die einzelnen Mitarbeiter nie erhalten hätten. Bei den vom Verein nicht angemeldeten Dienstnehmern seien die in der Nachverrechnung angeführten Bemessungsgrundlagen ebenfalls nicht nachvollziehbar und es fehle eine entsprechende Begründung. Der Verein führt sodann mehrere konkrete Einwendungen gegen die Beitragsnachforderung "als Beispiel" an. Da insgesamt die Beitragsvorschreibung unberechtigt sei, sei auch die Vorschreibung eines Beitragszuschlages unzulässig.

3. Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde in Spruchpunkt 1 den Einspruch des Vereins hinsichtlich des Bescheides der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse vom 21. Jänner 1992, mit welchem Sozialversicherungsbeiträge in der Höhe von S 6,887.958,97 vorgeschrieben worden waren und in Spruchpunkt 2 den Einspruch des Vereins hinsichtlich des Bescheides der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse vom 21. Jänner 1992, mit welchem ein Beitragszuschlag in Höhe von

S 2,545.700,-- vorgeschrieben worden war als unbegründet abgewiesen und die entsprechenden Aussprüche in den genannten Bescheiden bestätigt.

In der Begründung führte die belangte Behörde unter anderem aus, dass die von der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse der Ermittlung des Nachverrechnungsbetrages zugrunde gelegten "Versicherungspflichten" der einzelnen Dienstnehmerinnen und Dienstnehmer inzwischen rechtskräftig und rechtswirksam festgestellt worden seien und verwies in diesem Zusammenhang auf den (zu Zl. 2006/08/0193 angefochtenen) Berufungsbescheid der Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz vom 3. April 2006, Zl. BMSG-120065/0004-II/A/2006.

4. Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.

In einem Schreiben vom 16. August 2006 teilte die belangte Behörde mit, die Akten des Verwaltungsverfahrens seien bereits zum hg. Verfahren Zl. 2006/08/0193 vorgelegt worden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Mit Erkenntnis vom heutigen Tage zur Zl. 2006/08/0193 hat der Verwaltungsgerichtshof den zu dieser Zahl angefochtenen Bescheid der Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz vom 3. April 2006, soweit der erstinstanzliche Bescheid vom 21. Jänner 1992 für rechtskräftig erklärt wurde, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes, im Übrigen wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben. Auf die Begründung dieses Erkenntnis wird gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen.

Da der im vorliegenden Verfahren angefochtene Beitragsbescheid in Bindung an den durch das Erkenntnis vom heutigen Tage zu Zl. 2006/08/0193 aufgehobenen Bescheid über die Versicherungspflicht näher genannter diplomierter Pfleger(innen) bzw. Sanitätshilfsdienste ergangen ist und die Aufhebung dieses Bescheides auf den Zeitpunkt der Bescheiderlassung zurückwirkt, war auch der in diesem Verfahren angefochtene Beitragsbescheid aus denselben Gründen wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 4. Juli 2007

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2007:2006080211.X00

Im RIS seit

10.08.2007
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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