Kopf
Das Oberlandesgericht Wien hat als Rekursgericht durch den Senatspräsidenten des Oberlandesgerichtes Dr. Taucher als Vorsitzenden sowie die Richter des Oberlandesgerichtes Dr. Pisan-Schuster und Dr. Strauss in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. P***** N*****, L*****gasse 13/17, ***** W*****, vertreten durch Dr. H***** P*****, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei R***** F*****, Architekt, P*****gasse 44-46/***** W*****, wegen EUR 23.925,35 s.A. - Rekursinteresse EUR 800,-- s.A. - über den Rekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 16.3.2005, GZ 2 Cg 20/05h-2, den Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei hat die Kosten ihres erfolglosen Rekurses selbst zu tragen.
Ein Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.
Text
Begründung:
Mit seiner am 2. März 2005 beim Erstgericht eingelangten (Mahn)Klage fordert der Kläger vom Beklagten Honorarteilzahlungen von insgesamt EUR 20.353,44, samt EUR 3.571,91 an kapitalisierten Zinsen und "außergerichtlichen Betreibungskosten" zurück, weil der Beklagte Vereinbarungen nicht eingehalten habe.
In der Klage führt der Kläger unter anderem aus:
"In der Folge wurde anwaltliche Hilfe für die Anspruchsverfolgung in Anspruch genommen und mit anwaltlichem Mahnschreiben vom 9.1.2004 die Rückzahlung des eingeklagten Betrages verlangt. Für dieses zur zweckentsprechenden außergerichtlichen Rechtsverfolgung notwendige Einschreiten sind Kosten von EUR 800,-- aufgelaufen."
Diese Kosten samt kapitalisierten Zinsen davon von EUR 35,77 macht der Kläger unter anderem als Kapitalforderung (Nebenforderung) im Klagebegehren geltend (nicht als Kosten).
Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Erstgericht die Klage hinsichtlich der geltend gemachten Nebengebühren in Höhe von EUR 800,-- samt 9,47 % Zinsen aus diesem Betrag seit 22.2.2005 sowie kapitalisierte Zinsen von EUR 35,77 (4 % Zinsen aus EUR 800,-- vom 10.1.2004 bis 21.2.2005) mit der Begründung zurück, diese Kosten seien solche nach TP 5 RATG, die gemäß § 23 Abs 1 RATG durch den (nach § 23 Abs 6 RATG doppelten) Einheitssatz abgegolten würden. Es handle sich daher um Prozesskosten im Sinn des § 41 ZPO, für deren Geltendmachung der Rechtsweg unzulässig sei. Die Klage sei deshalb in diesem Umfang zurückzuweisen.Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Erstgericht die Klage hinsichtlich der geltend gemachten Nebengebühren in Höhe von EUR 800,-- samt 9,47 % Zinsen aus diesem Betrag seit 22.2.2005 sowie kapitalisierte Zinsen von EUR 35,77 (4 % Zinsen aus EUR 800,-- vom 10.1.2004 bis 21.2.2005) mit der Begründung zurück, diese Kosten seien solche nach TP 5 RATG, die gemäß Paragraph 23, Absatz eins, RATG durch den (nach Paragraph 23, Absatz 6, RATG doppelten) Einheitssatz abgegolten würden. Es handle sich daher um Prozesskosten im Sinn des Paragraph 41, ZPO, für deren Geltendmachung der Rechtsweg unzulässig sei. Die Klage sei deshalb in diesem Umfang zurückzuweisen.
Rechtliche Beurteilung
Gegen diesen Beschluss richtet sich der Rekurs des Klägers. Der Rekurs ist nicht berechtigt.
Vorprozessuale Kosten sind solche, die zum Zweck der Prozessführung schon vor Einleitung des Prozesses aufgewendet werden. Sie teilen grundsätzlich das Schicksal der Prozesskosten, sind also in die Kostennote aufzunehmen und werden nach den allgemeinen Regeln über den Prozesskostenersatz behandelt. Werden sie nicht in der Kostennote verzeichnet, sondern als Teil der Hauptforderung geltend gemacht, so ist insoweit der Rechtsweg unzulässig (Fucik in Rechberger² vor § 40 ZPO, Rz 5 mwN).Vorprozessuale Kosten sind solche, die zum Zweck der Prozessführung schon vor Einleitung des Prozesses aufgewendet werden. Sie teilen grundsätzlich das Schicksal der Prozesskosten, sind also in die Kostennote aufzunehmen und werden nach den allgemeinen Regeln über den Prozesskostenersatz behandelt. Werden sie nicht in der Kostennote verzeichnet, sondern als Teil der Hauptforderung geltend gemacht, so ist insoweit der Rechtsweg unzulässig (Fucik in Rechberger² vor Paragraph 40, ZPO, Rz 5 mwN).
Nach § 1333 Abs 3 ABGB idF des ZinsRÄG (seit 1.8.2002 in Kraft) kann der Gläubiger außer den gesetzlichen Zinsen "auch den Ersatz anderer, vom Schuldner verschuldeter und ihm erwachsener Schäden geltend machen, insbesondere die notwendigen Kosten zweckentsprechender außergerichtlicher Betreibungs- oder Einbringungsmaßnahmen, soweit diese in einem angemessenen Verhältnis zur betriebenen Forderung stehen."Nach Paragraph 1333, Absatz 3, ABGB in der Fassung des ZinsRÄG (seit 1.8.2002 in Kraft) kann der Gläubiger außer den gesetzlichen Zinsen "auch den Ersatz anderer, vom Schuldner verschuldeter und ihm erwachsener Schäden geltend machen, insbesondere die notwendigen Kosten zweckentsprechender außergerichtlicher Betreibungs- oder Einbringungsmaßnahmen, soweit diese in einem angemessenen Verhältnis zur betriebenen Forderung stehen."
§ 1333 Abs 3 ABGB könnte zwar nach seinem Wortlaut als Grundlage für den Ersatz von Kosten anwaltlicher Tätigkeit vor Prozessbeginn herangezogen werden. Diese Bestimmung wurde jedoch nach den Erläuternden Bemerkungen (EB) zur Regierungsvorlage (RV 1167 BlgNR 21. GP 13) zur Neuregelung von Inkassokosten geschaffen. Dort wird auch klargestellt, dass es bei außergerichtlichen Betreibungs- und Einbringungsmaßnahmen dem Gläubiger nicht auf eine aktuelle Prozessvorbereitung ankomme, vielmehr möchte er seine Forderung auf außergerichtlichem Weg realisieren, also mit dem außergerichtlichen Inkasso einen Prozess gerade vermeiden. Weiters heißt es in der RV:Paragraph 1333, Absatz 3, ABGB könnte zwar nach seinem Wortlaut als Grundlage für den Ersatz von Kosten anwaltlicher Tätigkeit vor Prozessbeginn herangezogen werden. Diese Bestimmung wurde jedoch nach den Erläuternden Bemerkungen (EB) zur Regierungsvorlage Regierungsvorlage 1167 BlgNR 21. Gesetzgebungsperiode 13) zur Neuregelung von Inkassokosten geschaffen. Dort wird auch klargestellt, dass es bei außergerichtlichen Betreibungs- und Einbringungsmaßnahmen dem Gläubiger nicht auf eine aktuelle Prozessvorbereitung ankomme, vielmehr möchte er seine Forderung auf außergerichtlichem Weg realisieren, also mit dem außergerichtlichen Inkasso einen Prozess gerade vermeiden. Weiters heißt es in der RV:
"Am bestehenden anwaltlichen Tarifgefüge, dessen Ansprüche auf der Verdienstlichkeit des Rechtsanwaltes im Prozess aufbauen, will mit der vorgeschlagenen Regelung nichts geändert werden" (RV 1167 BlgNR 21. GP 14, Hervorhebungen im Original)."Am bestehenden anwaltlichen Tarifgefüge, dessen Ansprüche auf der Verdienstlichkeit des Rechtsanwaltes im Prozess aufbauen, will mit der vorgeschlagenen Regelung nichts geändert werden" Regierungsvorlage 1167 BlgNR 21. Gesetzgebungsperiode 14, Hervorhebungen im Original).
§ 23 RATG regelt den Einheitssatz für Nebenleistungen. Nach dessen Absatz 1 gebührt bei Entlohnung von Leistungen die unter TP 1 bis 4 oder 7 fallen anstelle aller unter die TP 5, 6 oder 8 fallenden Nebenleistungen und anstelle des Ersatzes für die Postgebühren im Inland ein Einheitssatz. Absatz 2 stellt es dem Rechtsanwalt frei statt des Einheitssatzes die einzelnen im Abs 1 angeführten Nebenleistungen zu verrechnen.Paragraph 23, RATG regelt den Einheitssatz für Nebenleistungen. Nach dessen Absatz 1 gebührt bei Entlohnung von Leistungen die unter TP 1 bis 4 oder 7 fallen anstelle aller unter die TP 5, 6 oder 8 fallenden Nebenleistungen und anstelle des Ersatzes für die Postgebühren im Inland ein Einheitssatz. Absatz 2 stellt es dem Rechtsanwalt frei statt des Einheitssatzes die einzelnen im Absatz eins, angeführten Nebenleistungen zu verrechnen.
§ 23 Abs 4 RATG bestimmt:Paragraph 23, Absatz 4, RATG bestimmt:
"Der Einheitssatz umfasst nicht solche Nebenleistungen im Zug außergerichtlicher, mündlicher oder schriftlicher Verhandlungen, die vor oder während eines gerichtlichen Verfahrens zur Vermeidung eines Rechtsstreites zur Herbeiführung eines Vergleiches vorgenommen worden sind, falls sie einen erheblichen Aufwand an Zeit und Mühe verursacht haben. Umgekehrt bedeutet dies, dass die im § 23 Abs 4 RATG genannten außergerichtlichen Nebenleistungen ohne erheblichen Aufwand an Zeit und Mühe vom Einheitssatz umfasst sind. § 23 RATG ist somit eine spezielle Norm über die Entlohnung von vorprozessualen Leistungen eines Rechtsanwalts. Nach § 1 RATG haben Rechtsanwälte unter anderem im zivilgerichtlichen Verfahren Anspruch auf Entlohnung nach den Bestimmungen des RATG. Nach der korrespondierenden Bestimmung des § 41 Abs 2 ZPO ist ein Rechtsanwalt, soweit dessen Entlohnung durch Tarife geregelt ist (RATG) danach zu entlohnen."Der Einheitssatz umfasst nicht solche Nebenleistungen im Zug außergerichtlicher, mündlicher oder schriftlicher Verhandlungen, die vor oder während eines gerichtlichen Verfahrens zur Vermeidung eines Rechtsstreites zur Herbeiführung eines Vergleiches vorgenommen worden sind, falls sie einen erheblichen Aufwand an Zeit und Mühe verursacht haben. Umgekehrt bedeutet dies, dass die im Paragraph 23, Absatz 4, RATG genannten außergerichtlichen Nebenleistungen ohne erheblichen Aufwand an Zeit und Mühe vom Einheitssatz umfasst sind. Paragraph 23, RATG ist somit eine spezielle Norm über die Entlohnung von vorprozessualen Leistungen eines Rechtsanwalts. Nach Paragraph eins, RATG haben Rechtsanwälte unter anderem im zivilgerichtlichen Verfahren Anspruch auf Entlohnung nach den Bestimmungen des RATG. Nach der korrespondierenden Bestimmung des Paragraph 41, Absatz 2, ZPO ist ein Rechtsanwalt, soweit dessen Entlohnung durch Tarife geregelt ist (RATG) danach zu entlohnen.
Berücksichtigt man die Entstehungsgeschichte und auch die in den Materialien niedergelegte Absicht des Gesetzgebers, dann ist § 1333 Abs 3 ABGB keine materiell-rechtliche Anspruchsgrundlage für den Ersatz von Kosten vorprozessualer anwaltlicher Tätigkeit, die zum Zweck der Prozessführung schon vor Einleitung des Prozesses aufgewendet wurden. Solche Kosten sind weiterhin als vorprozessuale Kosten zu qualifizieren und nach den allgemeinen Regeln über den Prozesskostenersatz zu beurteilen damit - bei sonstiger Zurückweisung - im Kostenverzeichnis geltend zu machen und vom Richter auf ihre Notwendigkeit zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung und auf eine allfällige Deckung im Einheitssatz zu prüfen (OLG Wien 16 R 262/04y; Christandl, Ersatz vorprozessaler Anwaltskosten, RZ 2004, 262 mwN aus Literatur und zweitinstanzlicher Judikatur; auch in teilweiser Abkehr von der zu 12 R 207/04f des OLG Wien vertretenen Rechtsansicht). Nach den Angaben des Klägers in der Klage handelt es sich bei den geltend gemachten EUR 800,-- um die Kosten eines anwaltlichen Mahnschreibens vom 9.1.2004. Dieses eine Mahnschreiben ist jedenfalls im Einheitssatz gedeckt. Es handelt sich darüber hinaus, wie ausgeführt um vorprozessuale Kosten, für die der Rechtsweg nach wie vor unzulässig ist.Berücksichtigt man die Entstehungsgeschichte und auch die in den Materialien niedergelegte Absicht des Gesetzgebers, dann ist Paragraph 1333, Absatz 3, ABGB keine materiell-rechtliche Anspruchsgrundlage für den Ersatz von Kosten vorprozessualer anwaltlicher Tätigkeit, die zum Zweck der Prozessführung schon vor Einleitung des Prozesses aufgewendet wurden. Solche Kosten sind weiterhin als vorprozessuale Kosten zu qualifizieren und nach den allgemeinen Regeln über den Prozesskostenersatz zu beurteilen damit - bei sonstiger Zurückweisung - im Kostenverzeichnis geltend zu machen und vom Richter auf ihre Notwendigkeit zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung und auf eine allfällige Deckung im Einheitssatz zu prüfen (OLG Wien 16 R 262/04y; Christandl, Ersatz vorprozessaler Anwaltskosten, RZ 2004, 262 mwN aus Literatur und zweitinstanzlicher Judikatur; auch in teilweiser Abkehr von der zu 12 R 207/04f des OLG Wien vertretenen Rechtsansicht). Nach den Angaben des Klägers in der Klage handelt es sich bei den geltend gemachten EUR 800,-- um die Kosten eines anwaltlichen Mahnschreibens vom 9.1.2004. Dieses eine Mahnschreiben ist jedenfalls im Einheitssatz gedeckt. Es handelt sich darüber hinaus, wie ausgeführt um vorprozessuale Kosten, für die der Rechtsweg nach wie vor unzulässig ist.
Dem Rekurs war daher ein Erfolg zu versagen.
Der Kläger hat die Kosten seines erfolglosen Rekurses selbst zu
tragen (§§ 40 und 50 ZPO).tragen (Paragraphen 40 und 50 ZPO).
Mit dieser Entscheidung wurde zwar die teilweise Zurückweisung der Klage bestätigt, aber der Streitgegenstand über den das Rekursgericht entschieden hat (Entscheidungsgegenstand) übersteigt insgesamt nicht EUR 4.000,--. Daher ist dennoch ein Revisionsrekurs gemäß § 528 Abs 2 Z 1 ZPO jedenfalls unzulässig.Mit dieser Entscheidung wurde zwar die teilweise Zurückweisung der Klage bestätigt, aber der Streitgegenstand über den das Rekursgericht entschieden hat (Entscheidungsgegenstand) übersteigt insgesamt nicht EUR 4.000,--. Daher ist dennoch ein Revisionsrekurs gemäß Paragraph 528, Absatz 2, Ziffer eins, ZPO jedenfalls unzulässig.
Oberlandesgericht Wien
1016 Wien, Schmerlingplatz 11
Anmerkung
EW00534 12R74.05yEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OLG0009:2005:01200R00074.05Y.0418.000Dokumentnummer
JJT_20050418_OLG0009_01200R00074_05Y0000_000