TE Vwgh Erkenntnis 2007/7/5 2006/06/0075

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Veröffentlicht am 05.07.2007
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
27/01 Rechtsanwälte;

Norm

RAO 1868 §27 Abs2;
VwGG §42 Abs2 Z1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten, Dr. Rosenmayr und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Fritz, über die Beschwerde des Dr. C O in Z, vertreten durch Schreckeneder & Schröder, Rechtsanwälte OEG in 5700 Zell am See, Bahnhofplatz 4/4, gegen den Bescheid des Ausschusses der Salzburger Rechtsanwaltskammer vom 18. Juli 2005 (ohne Geschäftszahl), betreffend Beiträge, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Die Salzburger Rechtsanwaltskammer hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer ist (aktiver) Rechtsanwalt im Bundesland Salzburg.

Mit Eingabe an die belangte Behörde vom 7. Oktober 2004 brachte der Beschwerdeführer zunächst vor (Punkt 1 der Eingabe), im Jahr 2004 seien ihm bislang nachstehende Beiträge - im Folgenden kurz als "Zwangsbeiträge" (im Original unter Anführungszeichen) bezeichnet - vorgeschrieben und von seinem Konto abgebucht worden (Anmerkung: diese Beiträge sind auch ziffernmäßig ausgeworfen, das wird hier aber nicht wiedergegeben):

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zum 1. Jänner 2004: Kammerbeitrag 1. Halbjahr 2004, Sterbegeld Dr. (...), Versorgungseinrichtung;

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zum 1. April 2004: Erweiterte Haftpflicht, Notfallsfonds 2004, Sterbegeld Dr. (...), Versicherungsprämie 2004, Versorgungseinrichtung;

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zum 1. Juli 2004: Kammerbeitrag 2. Halbjahr 2004, Versorgungseinrichtung;

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zum 1. Oktober 2004: Versorgungseinrichtung.

Dazu komme noch, so führte der Beschwerdeführer unter Punkt 2. der Eingabe aus, die Zusatzpension in einer jährlich näher bezifferten Höhe.

In der Folge heißt es weiter, die Gesamthöhe all dieser Zwangsbeiträge sei für sich von seinen wirtschaftlichen Verhältnissen her insbesondere nicht mehr tragbar (wurde näher ausgeführt). Die unter Punkt 1. angeführten Zwangsbeiträge seien für ihn nicht nur vom Wirtschaftlichen her untragbar, sondern widersprächen auch noch dem Gleichheitsgrundsatz, dies schon deshalb, weil sie für jeden Rechtsanwalt im Bundesland Salzburg gleich hoch seien, auch wenn er um das Vielfache mehr als der Beschwerdeführer ins Verdienen bringe und die Leistung dieser Zwangsbeiträge für einen derartigen Besserverdiener, im Gegensatz zum Beschwerdeführer, nicht existenzgefährdend sei. Bei den Beitragszahlungen sei außer einer Stundung nichts vorgesehen. Eine solche Stundung lehne er jedoch ab, weil sie nicht auf seine wirtschaftlichen Verhältnisse abstelle, sondern lediglich die Fälligkeit hinausschiebe. Auch bei der Zusatzpension der Rechtsanwaltskammer sei ihm auf Grund seiner wirtschaftlichen Verhältnisse die Möglichkeit geschaffen worden, bloß den ermäßigten Jahresbeitrag einzuzahlen.

Er stelle daher den Antrag, rückwirkend ab 1. Jänner 2004 seine unter Punkt 1. angeführten wie auch die künftigen Zwangsbeiträge (sowie die Zusatzpension) auf zumindest zwei Fünftel zu ermäßigen und die von ihm seit 1. Jänner 2004 zu viel entrichteten Beiträge auf die künftigen Vorschreibungen anzurechnen.

Mit Schreiben vom 15. Februar 2005 ersuchte der Beschwerdeführer um bescheidmäßigen Abspruch über sein Begehren.

Mit weiterer Eingabe vom 29. Juni 2005 dehnte er sein Begehren auf Folgezeiträume aus, und zwar auf Vorschreibungen zum 1. Jänner 2005 und zum 1. April 2005. Mit der ersten Vorschreibung zum 1. Jänner 2005 wurden Beiträge zur Versorgungseinrichtung und der Kammerbeitrag für das erste Halbjahr 2005 vorgeschrieben, mit der Vorschreibung vom 1. April 2005 ebenfalls ein Beitrag zur Versorgungseinrichtung, zur erweiterten Haftpflicht, zum Notfallsfonds 2005, Sterbegeld für eine näher bezeichnete Person und ein Beitrag als "Treuhandbuchversicherungsprämie 2005".

Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde die Begehren des Beschwerdeführers abgewiesen. Begründend heißt es, gemäß § 53 Abs. 2 Z 4 RAO könnten Umlagen in berücksichtigungswürdigen Fällen gestundet und allfällige Rückstände mit den Leistungen aus der Versorgungseinrichtung aufgerechnet werden. Eine Ermäßigung und Refundierung bereits bezahlter und künftiger Beiträge zur Versorgungseinrichtung sei daher nicht möglich. Eine Ermäßigung bzw. Refundierung der Prämie zur erweiterten Haftpflichtversicherung bzw. des Beitrages zum Notfallsfonds und der Sterbegelder sei ebenfalls nicht vorgesehen. Lediglich die Beiträge gemäß § 27 Abs. 1 lit. d RAO könnten gemäß § 27 Abs. 2 leg. cit. durch den Ausschuss in berücksichtigungswürdigen Fällen gestundet oder nachgesehen werden. Eine Rückerstattung bzw. rückwirkende Ermäßigung für Beiträge, die in der Vergangenheit bereits entrichtet worden seien, sei nicht vorgesehen. Der Beschwerdeführer selbst habe vorgebracht, sämtliche Beiträge bereits entrichtet zu haben. Seinem Begehren auf Ermäßigung der künftigen "Zwangsbeiträge" sei entgegenzuhalten, dass eine generelle Befreiung für die Zukunft ohne Bedachtnahme auf besondere Umstände im Einzelfall im Gesetz nicht vorgesehen sei. Der Beschwerdeführer habe auch keine Nachweise dafür erbracht, dass in Zukunft berücksichtigungswürdige Gründe für eine teilweise Nachsicht der Beiträge gemäß § 27 Abs. 1 lit. d RAO vorlägen. Es könne jedenfalls festgehalten werden, dass Aufwendungen zur Schaffung von Wohnraum keine berücksichtigungswürdigen Gründe gemäß § 27 Abs. 2 RAO darstellten.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, in welcher er die Verfassungswidrigkeit (unter anderem) von § 27 Abs. 2 und § 53 Abs. 2 RAO sowie der darauf aufbauenden Beschlüsse der Vollversammlung der Salzburger Rechtsanwaltskammer vom 10. November 2003 und 9. November 2004, soweit damit die Höhe der verschiedenen Beiträge festgelegt wurden, geltend machte. Der Verfassungsgerichtshof lehnte mit Beschluss vom 28. Februar 2006, B 995/05-6, die Behandlung der Beschwerde ab und trat sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab. In der Begründung heißt es insbesondere, soweit die Beschwerde insofern verfassungsrechtliche Fragen berühre, als die Rechtswidrigkeit der den angefochtenen Bescheid tragenden Rechtsvorschriften behauptet werde, lasse ihr Vorbringen vor dem Hintergrund der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (Hinweis auf die Entscheidungen VfSlg. 8157/1977, 8419/1978, 9534/1982, 10898/1986) die behauptete Rechtsverletzung, die Verletzung eines anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes oder die Verletzung in einem sonstigen Recht wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes bzw. einer gesetzwidrigen Verordnung als so wenig wahrscheinlich erkennen, dass sie keine hinreichende Aussicht auf Erfolg habe.

In der über Auftrag des Verwaltungsgerichtshofes ergänzten Beschwerde wird inhaltliche Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens sowie die maßgeblichen Satzungen vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat sodann die belangte Behörde mit Verfügung vom 11. Juli 2006 um nähere Ausführungen zu bestimmten Punkten (Fragen) ersucht.

In ihrer Äußerung vom 31. Juli 2006 führte die belangte Behörde hiezu aus, der Grundbeitrag des Kammerbeitrages sei für alle eingetragenen Rechtsanwälte gleich. Er nehme daher auf die Einkommenssituation der einzelnen Rechtsanwaltskanzleien keine Rücksicht. Der Zusatzbeitrag für Rechtsanwaltsanwärter sei nach der Anzahl der bei einem Rechtsanwalt beschäftigten Rechtsanwaltsanwärter gestaffelt (wurde näher ausgeführt).

In der Satzung der Versorgungseinrichtung der Salzburger Rechtsanwaltskammer gemäß dem Beschluss der Vollversammlung vom 10. Mai 1984 und der darauf folgenden, bis 31. Dezember 2003 gültigen Satzung sei festgelegt gewesen, dass für den Fall des Ablebens eines Mitgliedes der Sterbekassa den empfangsberechtigten Personen ein Sterbegeld auszubezahlen sei. In der Satzung der Versorgungseinrichtungen gemäß dem Beschluss der Vollversammlung vom 10. November 2003, gültig ab 1. Jänner 2004, sei der Begriff "Sterbegeld" durch den Begriff "Todfallsbeitrag" ersetzt worden. Der Zweck sei gleich geblieben. Mit dem Sterbegeld/Todfallsbeitrag solle zur Deckung der Kosten einer standesgemäßen Bestattung beigetragen werden.

Was den Notfallsfonds anlange, hatte der Österreichische Rechtsanwaltskammertrag als Versicherungsnehmer bei einem näher bezeichneten Versicherungsunternehmen eine sogenannte Vertrauensschadensversicherung abgeschlossen. Gegenstand der Versicherung sei gewesen, dass der Versicherer nach Maßgabe der Versicherungspolizze jene Aufwendungen ersetze, die dem Versicherungsnehmer oder einer in der Polizze angeführten Rechtsanwaltskammer durch einen Versicherungsfall unmittelbar entstünden. Versicherungsfall sei der Beschluss des Ausschusses der jeweiligen Rechtsanwaltskammer, mit welchem der eingetretene Vertrauensschaden festgestellt werde und aus dem sich die Verpflichtung der Rechtsanwaltskammer zum Ersatz des einem Klienten entstandenen Vermögensschadens im Rahmen einer Leistung aus diesem Versicherungsvertrag ergebe. Unter die Versicherung seien jene Vermögensschäden gefallen, die durch eine in die Versicherung eingeschlossene Vertrauensperson im Rahmen ihrer Berufsausübung und infolge vorsätzlich unerlaubter Verfügung über anvertrautes Gut einem Klienten zugefügt worden seien. Der persönliche Geltungsbereich dieser Vertrauensschadensversicherung habe sich auf sämtliche Mitglieder der in der Polizze angeführten Rechtsanwaltskammern einschließlich Rechtsanwaltsanwärter und Kanzleikräfte erstreckt. Maßgeblich sei dabei die Kammermitgliedschaft bzw. bei Rechtsanwaltsanwärtern und Kanzleikräften das aufrechte Dienstverhältnis zum Zeitpunkt der Schadensverursachung gewesen. Die Salzburger Rechtsanwaltskammer sei mitversichert gewesen. Auf Grund der Schadensverläufe und der damit verbundenen extrem hohen Prämienanforderungen der Versicherung sei das Versicherungsverhältnis beendet worden und es sei am 5. Juli 1996 eine "Vereinbarung über die Errichtung eines Fonds zum subsidiären Ausgleich von Not- und Härtefällen infolge anwaltlichen Fehlverhaltens" (Notfallsfonds) damals zwischen den Rechtsanwaltskammern Wien, Burgenland, Niederösterreich, Oberösterreich, Salzburg und Steiermark abgeschlossen worden. Diese Vereinbarung sei nach wie vor aufrecht. In dieser Vereinbarung hätten sich die beteiligten Rechtsanwaltskammern das Ziel gesetzt, Maßnahmen zur Stärkung des Vertrauens in den Rechtsanwaltsstand zu setzen. Zu diesem Zwecke seien von jeder einzelnen Rechtsanwaltskammer Fonds gebildet worden und von allen beteiligten Rechtsanwaltskammern gemeinsam ein Fonds als Sondervermögen dieser Rechtsanwaltskammern. Aus den Mitteln dieser Fonds seien ausschließlich Schäden zu ersetzen, welche von Rechtsanwälten verursacht würden. Die Schadensgutmachung erfolge subsidiär und ohne rechtliche Verpflichtung unter besonderer Berücksichtigung sozialer und wirtschaftlicher Umstände als freiwillige Leistung. Vereinbart worden sei, dass die Mittel für die Einrichtung der Fonds von den beteiligten Rechtsanwaltskammern durch jährliche Beiträge aufgebracht würden. Die jährlichen Beiträge bestünden aus einem fixen und einem variablen Betrag. Der Beschluss über die Höhe des fixen Beitrages sei bis spätestens 31. Oktober eines jeden Jahres für das Folgejahr in den einzelnen Vollversammlungen zu fassen. Falls eine Beschlussfassung nicht fristgerecht zustandekomme, seien die fixen Beiträge in der für das Vorjahr festgesetzten Höhe zu leisten. Darüber hinaus könnten variable Beiträge festgelegt werden, wenn dies auf Grund der Höhe der im betreffenden Jahr eingetretenen Schadensfälle notwendig sei (wird näher ausgeführt). Die beschriebene Vereinbarung fuße auf § 27 Abs. 1 lit. d RAO.

Die sogenannte Zweitrisikoversicherung bzw. erweiterte Haftpflichtversicherung sei eine Versicherung der Salzburger Rechtsanwaltskammer. Sie sei eine Vermögensschadenshaftpflichtversicherung. Versichert seien alle Personen (auf Grund freiwilliger Beitrittserklärung), die zum Zeitpunkt des Beginnes des Versicherungsvertrages auf Grund ihrer Eintragung in die Rechtsanwaltsliste zur Ausübung der Rechtsanwaltschaft berechtigt seien und der Versicherungsnehmerin, nämlich der Salzburger Rechtsanwaltskammer, zugehörten. Rechtsanwälte, die während der Laufzeit des Versicherungsvertrages in die Rechtsanwaltsliste eingetragen würden, gälten mit dem auf die Eintragung folgenden Kalendertag als versichert. Der Austritt aus dieser Versicherung sei jedem Teilnehmer durch schriftliche Erklärung gegenüber dem Ausschuss der Salzburger Rechtsanwaltskammer möglich. Gegenstand der Versicherung im Rahmen der Polizze sei das Haftpflichtrisiko, das aus der Ausübung der mit der Rechtsanwaltschaft verbundenen Tätigkeiten verbunden sei (wurde näher ausgeführt). Die Versicherungsprämie berechne sich nach der Anzahl der zum Ende eines jeden Jahres in die Liste eingetragenen Rechtsanwälte. Diese Prämie werde durch den Ausschuss der Salzburger Rechtsanwaltskammer den Teilnehmern an der Zweitrisikoversicherung anteilig vorgeschrieben. Der Begriff "Zweitrisikoversicherung" stamme daher, dass die Leistung des Versicherers aus dem Versicherungsvertrag pro Versicherungsfall nach einer Mindestbasisdeckung erfolge (wurde näher ausgeführt). Als Versicherungssummen stünden zwei Varianten je nach Wahl des Teilnehmers zur Verfügung (wurde näher ausgeführt).

Diese Erläuterungen wurden dem Beschwerdeführer zur Kenntnis und allfälligen Äußerung übermittelt. Er brachte dazu vor, die belangte Behörde bringe vor, dass der Grundbeitrag des Kammerbeitrages für alle Rechtsanwälte gleich sei, und lediglich über die Zusatzbeiträge eine Staffelung nach Maßgabe des personellen Umfanges vorgenommen werde. Dies sei jedoch nicht im Sinne des Gesetzgebers. Es hätte vielmehr bereits auf Grund § 27 Abs. 2 Satz 2 RAO eine Abstufung des Grundbeitrages nach Maßgabe der Ertragslage der Kanzlei vorgenommen werden müssen. Dies sei jedoch bislang unterlassen worden. Es sei nämlich für ihn schon allein dieser Grundbeitrag von seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit her nicht nur nicht mehr tragbar, sondern bereits existenzgefährdend. Das Gleiche gelte für die übrigen ihm auferlegten "Zwangsbeiträge" (im Original unter Anführungszeichen).

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Beschwerdefall ist die Rechtsanwaltsordnung, RGBl. Nr. 96/1868 (RAO), in der Fassung LGBl. Nr. 93/2003, anzuwenden.

§ 27 Abs. 1 und 2 sowie § 53 RAO lauten:

"§ 27. (1) Der Plenarversammlung sind folgende Angelegenheiten zugewiesen:

a) die Festsetzung ihrer Geschäftsordnung und der des Ausschusses sowie der Satzung der Versorgungseinrichtung;

b) die Wahl des Präsidenten, der Präsidenten-Stellvertreter und der Mitglieder des Ausschusses der Kammer sowie der dem Rechtsanwaltsstand angehörigen Prüfungskommissäre zur Rechtsanwaltsprüfung und der Rechnungsprüfer;

c) die Festsetzung der Ausgaben der Kammer für humanitäre Standeszwecke, soweit diese über die nach den §§ 49 und 50 vorgesehenen Leistungen aus der Versorgungseinrichtung hinausgehen, wobei auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Kammermitglieder Bedacht zu nehmen ist;

d) die Festsetzung der Jahresbeiträge der Kammermitglieder zur Bestreitung der Verwaltungsauslagen der Kammer, der Aufwendungen für Maßnahmen im Interesse der Kammermitglieder, insbesondere für Versicherungen und die Standeswerbung, sowie der Beiträge der Kammermitglieder zur Deckung der Ausgaben im Sinn des Buchstaben c;

e) der Voranschlag der Einnahmen und Ausgaben sowie die Prüfung und Genehmigung der Rechnungen der Kammer;

f) die Anträge auf Änderung der Sprengel bestehender und Bildung neuer Rechtsanwaltskammern.

(2) Die Beiträge nach Buchstabe d sind für alle Kammermitglieder gleich hoch zu bemessen. In Rechtsanwaltskammern, in denen es wegen besonders großer Unterschiede in der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der einzelnen Kammermitglieder erforderlich ist, hat die Beitragsordnung zu bestimmen, dass die Höhe der Beiträge nach Maßgabe des personellen Umfanges oder der Ertragslage der Kanzlei abgestuft wird. Die Beiträge können durch den Ausschuss in berücksichtigungswürdigen Fällen gestundet oder nachgesehen werden."

"§ 53. (1) Die Umlagenordnung hat die Beiträge für die Versorgungseinrichtung so zu bemessen, dass unter Berücksichtigung des der betreffenden Rechtsanwaltskammer zukommenden Teils der Pauschalvergütung die Auszahlung der Leistungen langfristig gesichert ist. Zu diesem Zweck sind unter Berücksichtigung mittelfristiger Finanzierungserfordernisse nach versicherungsmathematischen Grundsätzen zu berechnende Rücklagen zu bilden. In der Umlagen- und Leistungsordnung kann für Bezieher von Leistungen aus der Alters-, der Berufsunfähigkeits- sowie der Hinterbliebenenversorgung jeweils befristet für eine Höchstdauer von zehn Jahren ein Pensionssicherungsbeitrag von nicht mehr als 2,5 vH der jeweils zur Auszahlung gelangenden monatlichen Bruttoleistung festgesetzt werden, wenn nach versicherungsmathematischen Grundsätzen die Deckung der Versorgungsleistungen kurzfristig nur durch eine außergewöhnliche Erhöhung der Umlagen erreicht werden könnte, die die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Kammermitglieder übersteigen würde.

(1a) Abs. 1 gilt nicht für Versorgungseinrichtungen nach dem Kapitaldeckungsverfahren.

(2) Die Beiträge sind für alle beitragspflichtigen Rechtsanwälte grundsätzlich gleich hoch zu bemessen. Die Umlagenordnung kann jedoch bestimmen, dass

1. Rechtsanwälte, die bereits die Voraussetzungen zur Inanspruchnahme der Versorgungseinrichtung erfüllen, Leistungen aus dieser jedoch nicht in Anspruch nehmen, von der Leistung der Umlage ganz oder teilweise befreit werden;

2. die Höhe der Umlagen nach der Dauer der Standeszugehörigkeit der Rechtsanwälte abgestuft wird;

3. die Beiträge so zu bemessen sind, dass die unterschiedliche Belastung im Rahmen der Verfahrenshilfe und die Nichterbringung von Verfahrenshilfeleistungen durch niedergelassene europäische Rechtsanwälte (§ 13 Z 3 EuRAG) Berücksichtigung finden;

4. Umlagen in berücksichtigungswürdigen Fällen gestundet und allfällige Rückstände mit den Leistungen aus der Versorgungseinrichtung aufgerechnet werden. "

Nach dem ausdrücklich ausgeführten Beschwerdepunkt erachtet sich der Beschwerdeführer

1. in seinem aus § 27 Abs. 2 Satz 3 RAO hervorgehenden Recht, in berücksichtigungswürdigen Fällen (so wie in seinem Fall) die Beiträge nach § 27 Abs. 1 lit. d RAO nachgesehen zu bekommen;

2. in seinem aus § 27 Abs. 2 Satz 2 RAO hervorgehenden Recht, nur solche Beiträge nach § 27 Abs. 1 lit. d RAO vorgeschrieben zu bekommen, deren Höhe vorher nach Maßgabe des personellen Umfanges oder der Ertragslage seiner Kanzlei abgestuft worden seien,

verletzt.

Daraus folgt zunächst, dass der Beschwerdeführer durch die Vorschreibung von "Beiträgen", die nicht dem § 27 Abs. 1 lit. d RAO zu subsumieren sind, durch den angefochtenen Bescheid begrifflich nicht im Beschwerdepunkt verletzt sein kann, was jedenfalls für die Beiträge für die Versorgungseinrichtungen gilt. Auch die Leistung von Sterbegeldern, nunmehr Todfallsbeiträgen, sind, wie sich den vorgelegten Leistungsordnungen in Übereinstimmung mit den unbestrittenen Erläuterungen der belangten Behörde ergibt, Leistungen der Versorgungseinrichtung. Die Leistungen der Versorgungseinrichtungen sind keine Aufwendungen im Sinne des § 27 Abs. 1 lit. d RAO (sondern solche im Sinne der §§ 49 ff RAO).

§ 27 Abs. 2 1. Satz RAO normiert als Grundsatz, dass die Beiträge nach Abs. 1 lit. d für alle Kammermitglieder gleich hoch zu bemessen sind. Als Ausnahme bestimmt Satz 2, dass in Rechtsanwaltskammern, in denen es wegen besonders großer Unterschiede in der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der einzelnen Kammermitglieder erforderlich ist, die Beitragsordnung zu bestimmen hat, dass die Höhe der Beiträge nach Maßgabe des personellen Umfanges oder der Ertragslage der Kanzlei abgestuft wird. Es gibt somit zum zweiten Satz zwei Möglichkeiten; dass von der zweiten Möglichkeit Gebrauch gemacht wurde, ist nicht ersichtlich (dass von dieser zweiten Möglichkeit nicht Gebrauch gemacht wurde, ist ja auch unstrittig). § 27 Abs. 2 2. Satz RAO vermittelt für sich allein dem Beschwerdeführer auch nicht das Recht, Beiträge nur in einer solchen Höhe vorgeschrieben zu bekommen, die auf die Ertragslage seiner Kanzlei Bedacht nehmen. Soweit der Beschwerdeführer der Ansicht ist, die Beiträge hätten gemäß dieser Bestimmung wegen besonderes großer Unterschiede in der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Mitglieder nach der Ertragslage der Kanzlei abgestuft festgesetzt werden müssen, hat er seine Bedenken bereits erfolglos an den Verfassungsgerichtshof herangetragen; der Verwaltungsgerichtshof sieht sich auch aus den im Ablehnungsbeschluss angeführten Gründen zu einer Anfechtung nicht veranlasst.

§ 27 Abs. 2 3. Satz RAO sieht vor, dass die Beiträge durch den Ausschuss in berücksichtigungswürdigen Fällen gestundet oder nachgesehen werden können. Eine Stundung strebt der Beschwerdeführer nicht an. Zu klären ist aber die Frage, wie es sich im Beschwerdefall mit einer Nachsicht verhält. Der Verwaltungsgerichtshof ist der Auffassung, dass eine solche Nachsicht auch für bereits entrichtete Beiträge in Betracht kommt, für die, wie im Beschwerdefall, zeitnah mit der Entrichtung ein Nachsichtansuchen eingebracht wurde, und eine Nachsicht erst künftig fällig werdender Beiträge unter Bedachtnahme auf eine gegenwärtige, aber voraussichtlich nicht bloß vorübergehende wirtschaftlich schwierige Lage des Beitragspflichtigen nicht ausgeschlossen ist.

Da die belangte Behörde dies verkannte, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Wien, am 5. Juli 2007

Schlagworte

Besondere Rechtsgebiete

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2007:2006060075.X00

Im RIS seit

09.08.2007
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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