TE Vwgh Erkenntnis 2007/7/5 2003/06/0198

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Veröffentlicht am 05.07.2007
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Index

L37156 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Steiermark;
L80006 Raumordnung Raumplanung Flächenwidmung Bebauungsplan
Steiermark;
L82000 Bauordnung;
L82006 Bauordnung Steiermark;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §52 Abs1;
AVG §52;
BauG Stmk 1995 §26 Abs1 Z5;
BauG Stmk 1995 §63 Abs1;
BauRallg;
ROG Stmk 1974 §23 Abs5 litd;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):2004/06/0083

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten, Dr. Rosenmayr und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Fritz, über die Beschwerden

1. der G Gesellschaft mbH. & Co KG in G, vertreten durch Dr. Harald Hohenberg, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Schönaugasse 4, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 17. Oktober 2003, Zl. FA13A-12.10 G 129 - 03/211, betreffend Baubewilligung für die Errichtung von Lüftungsöffnungen und einer Lüftungsanlage (zur Zl. 2003/06/0198), und 2. a) der

G Gesellschaft mbH. & Co KG und b) der

B Gesellschaft m.b.H. & Co KG, ebenfalls in G, beide vertreten durch Dr. Harald Hohenberg, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Schönaugasse 4, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 5. März 2004, Zl. FA13B-12.10 G 129 - 04/214 (zur Zl. 2004/06/0083), betreffend Baubewilligung für die Errichtung einer Kottrocknungsanlage (mitbeteiligte Partei jeweils: Marktgemeinde G, vertreten durch Dr. Gerhard Richter und Dr. Rudolf Zahlbruckner, Rechtsanwälte in 8010 Graz, Bürgergasse 13), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Die erstbeschwerdeführende Partei hat (zur Zl. 2003/06/0198) dem Land Steiermark Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 und der Marktgemeinde G Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20, beide Beschwerdeführer haben (zur Zl. 2004/06/0083) dem Land Steiermark Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 je zur Hälfte binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Zum erstangefochtenen Bescheid

Mit dem rechtskräftigen Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 7. Oktober 1980 war der erstbeschwerdeführenden Partei die Baubewilligung für den Neubau einer etwa 120 m langen und 25 m breiten Halle für die Junghennenaufzucht im Gebiet der mitbeteiligten Marktgemeinde erteilt worden. Mit Ansuchen vom 25. Juni 1996 führte die erstbeschwerdeführende Partei aus, in den dafür genehmigten Bauplänen seien die technisch unbedingt nötigen, seitlich angelegten Lüftungsöffnungen nicht eingezeichnet worden und die Baubehörde stelle sich nunmehr offensichtlich auf den Standpunkt, dass solche Lüftungsöffnungen von der Baubewilligung nicht umfasst seien. Die erstbeschwerdeführende Partei stelle daher den Antrag, diese seitlich angelegten Öffnungen mit insgesamt 42 Abluftventilatoren baubehördlich zu genehmigen. Durch die Verminderung des Tierbesatzes von 25.000 auf 20.000 werde die Abluftqualität verbessert. Neben der gegenständlichen, nach dem geltenden Flächenwidmungsplan im Industrie- und Gewerbegebiet I situierten Halle befinden sich noch sechs weitere, baubehördlich genehmigte Stallanlagen in ähnlicher Größe.

Auf Grund eines Devolutionsantrages der erstbeschwerdeführenden Partei erteilte der Gemeinderat der mitbeteiligten Marktgemeinde mit Bescheid vom 8. Jänner 2002 die Baubewilligung für die Errichtung der beantragten Lüftungsöffnungen und schrieb zugleich als Auflagen für diese Baubewilligung Sanierungsmaßnahmen zur Verminderung der von den sechs weiteren Zuchthallen der Hühnerfarm herrührenden Geruchsemissionen vor (insb. Errichtung einer Windmessstation, Anlegen eines Windschutzgürtels, Minimierung der geruchsintensiven Absaugung aus den Kotkanälen über Bio-Filter nur über seitlich angeordnete Absaugventilatoren).

Dieser Bescheid wurde auf Grund der Vorstellung der erstbeschwerdeführenden Partei mit Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 10. April 2002 wegen Verletzung von Rechten der erstbeschwerdeführenden Partei behoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an den Gemeinderat der mitbeteiligten Marktgemeinde verwiesen.

Im fortgesetzten Verfahren befasste der Gemeinderat der mitbeteiligten Marktgemeinde den Ingenieurkonsulenten für Wirtschaftsingenieurwesen im Maschinenbau, Behördenengineering-Projektmanagement, Dipl. Ing. H, mit der Erstattung eines Gutachtens hinsichtlich der Geruchsemissionen. Dieser führte in seinem Gutachten vom 16. Jänner 2003 aus, dass die Ausgangssituation, also die Istsituation, die durch jene Geruchsemissionen gekennzeichnet sei, die von den bestehenden Ställen 1 bis 6 hervorgerufen würden, bereits eine nicht tolerierbare Belästigung durch Geruchsimmissionen aus der Hühnerfarm für die Anrainer sei, wobei die Auswirkungen im Winter in größeren Entfernungen vom Betrieb wahrnehmbar seien als im Sommer. Dabei stützte sich das Gutachten auf einen Umweltbericht des Dipl. Ing. Dr. F vom Dezember 1992 betreffend eine umfassende Darstellung der Geruchsimmissionen der Anlage. Hinsichtlich des Stalles 7 werde in diesem Umweltbericht ausgeführt, dass in diesem ein "moderneres Betriebssystem" angewendet werde, wodurch deutlich geringere Geruchsstoffemissionen verursacht würden. Durch diese Aussage im Gutachten Dr. F. sei es möglich festzustellen, dass die Istsituation auch ohne die verfahrensgegenständliche Anlage 7 beurteilbar sei. Dipl. Ing. Dr. techn. F. habe in der Abluft des Stalls 7 10 Geruchsemissionen (GE) pro m3 Luft gemessen und umfassende Sanierungsmaßnahmen der bestehenden Anlagen 1 bis 6 nach dem Modell des Stalles 7 empfohlen.

Dipl. Ing. Dr. F. hatte in seinem Gutachten insbesondere ausgeführt, dass sich der Standort der Hühnerfarm etwa 700 m nordwestlich von G in der Talsohle des G-Tales bzw. im Einmündungsbereich des F-Baches befinde. Die nächstgelegenen Anrainer seien nördlich und östlich des Betriebsgeländes der Hühnerfarm gelegen. Derzeit würden bei Genehmigungsverfahren Grenzwerte diskutiert, die sich an unterschiedlichen Widmungsgebieten orientierten. Bei Industriegebieten dürfe die Geruchskonzentration nicht größer als 10 GE/m3 sein, in ländlichen Siedlungsgebieten sollten 3-5 GE/m3 als maximal zulässiger Beurteilungswert berücksichtigt werden. Dieser Grenzwert solle während des gesamten Jahres nicht öfter als 5 % der Gesamtjahresstunden überschritten werden. Im Allgemeinen könne davon ausgegangen werden, dass, wenn das ortsübliche Ausmaß einer typischen Geruchskonzentration wesentlich überschritten werde und wenn eine deutlich feststellbare atypische Geruchskonzentration vorherrsche, dieses Überschreiten der so genannten Störschwelle als Grenzwert einer Immissionsbeeinträchtigung durch Gerüche angesehen werden könne. Geruchsstoffe in der Tierhaltung träten als Stoffgemisch auf, wobei Ammoniak, Amine, Merkaptane und Fettsäuren im Vordergrund stünden. Geruchsstoffe entstünden im Stall bei der Kotlagerung und -behandlung sowie bei der Kotausbringung.

Aus dem Gutachten Dipl. Ing. Dr. techn. F. ergebe sich - so führte Dipl. Ing. H. aus -, dass durch die Lüftungsanlage der Halle 7 Geruchsemissionen jedenfalls zu erwarten seien, wenn diese auch aus technischer Sicht auf Grund der verwendeten Technologie geringer seien als jene aus den Ställen 1 bis 6. Der Gutachter Dipl. Ing. H. kam zu dem Ergebnis, dass die ortsübliche Immissionsbelastung (das Istmaß) durch den Betrieb der bestehenden Ställe 1 bis 6 zu hoch, das heißt unzumutbar belästigend sei. Eine weitere Erhebung der Istsituation sei nicht erforderlich gewesen, weil die Immissionsbelastung der Ställe 1 bis 6 bereits eine Überschreitung des zulässigen Maßes ergeben habe. Es sei daher aus technischer Sicht festzustellen, dass die Geruchsemissionszusatzbelastung aus den beantragten Lüftungsöffnungen der Halle 7 nicht zulässig sei, obwohl gemäß Gutachten Dr. F. diese Anlage als saniert anzusehen sei und im Vergleich zu den bestehenden Ställen 1 bis 6 als modern beschrieben werde. Daraus resultiere, dass auf Grund der bereits vorhandenen bzw. genehmigten Geruchsemissionen im unmittelbaren Nahebereich zum gegenständlichen Bauvorhaben die zumutbaren Geruchsbelastungen in der Nachbarschaft bereits überschritten seien, sodass das Bauvorhaben für die Lüftungsöffnungen (Lüftungsanlage) der Halle 7 als zusätzliche Geruchsemission aus technischer Sicht nicht mehr vertretbar sei.

Die erstbeschwerdeführende Partei zog in ihrer Stellungnahme dazu die fachliche Qualifikation des Dipl. Ing. H. in Zweifel und führte aus, dass Dipl. Ing. Dr. F. betont habe, die Geruchsemission aus der Halle 7 wäre bereits - im Vergleich zu jener aus den Hallen 1 bis 6 - soweit reduziert worden, dass eine weitere Abminderung des Geruchsaustrages bei der Halle 7 nicht sinnvoll bzw. auch nicht notwendig sei.

Dem Gemeinderat der mitbeteiligten Marktgemeinde lag auch ein Gutachten des Dipl. Ing. Dr. P vom 12. März 1999 vor, der u.a. auf der Grundlage des Umweltberichts des Dipl. Ing. Dr. techn. F. vom Dezember 1992 zu dem Ergebnis gelangte, dass aus der bestehenden Anlage z.B. in 100 m Abstand bei geringen Windgeschwindigkeiten bereits ab einer leicht stabilen Luftschichtung das ortsübliche Ausmaß für ländliche Wohn- und Siedlungsgebiete (GE=3-5) erreicht und bei einer stabilen Luftschichtung (Ausbreitungsklasse 6) bereits über acht Geruchseinheiten erreicht würden. Von Dr. F. seien 6 GE bereits als die Stör- oder Protestschwelle definiert. Es zeige sich also, dass bei den häufigen stabilen Luftschichtungen im G Tal bis zu einem Abstand von ca. 360 m von der Anlage diese Stör- bzw. Protestschwelle erreicht werde. Die Wahrnehmbarkeit bzw. Belästigung dieser Gerüche seien auch natürlich auf wesentlich größere Distanzen gegeben (eine Geruchseinheit sei z.B. bei stark stabiler Luftschichtung und geringer Windgeschwindigkeit noch in 1,7 km Abstand von der Anlage vorhanden).

Mit Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 30. Jänner 2003 wurde das Bauansuchen der Erstbeschwerdeführerin gemäß §§ 19 und 29 des Steiermärkischen Baugesetzes (BauG 1995) abgewiesen, der Antrag der erstbeschwerdeführenden Partei auf Ablehnung des nichtamtlichen Sachverständigen Dipl. Ing. H. wurde gemäß § 53 AVG ebenfalls abgewiesen. Zur Begründung führte der Gemeinderat nach Darstellung des Verfahrensganges zusammengefasst aus, dass der nichtamtliche Sachverständige Dipl. Ing. H. die Ist-Situation (ortsübliche Immissionsbelastung Geruch) geprüft habe und in Ergänzung des Gutachtens Dipl. Ing. Dr. F's. 1993 ermittelt habe, dass die örtliche Immissionsbelastung schon alleine auf Grund der "dem Rechtsbestand angehörenden" Hallen 1 bis 6 eine Überschreitung des zulässigen Maßes ergebe und damit bereits die Ist-Situation (ohne das gegenständliche Bauvorhaben) unzumutbar belästigend sei. Aus diesem Grund sei eine weitere Ermittlung der gesamten Ist-Situation (einschließlich anderer, in der Nähe liegender weiterer Geruchsemittenten) nicht mehr erforderlich gewesen, weil sich herausgestellt habe, dass jegliche Zusatzbelastung - und somit auch die Immissionen, die durch das gegenständliche Bauvorhaben hervorgerufen würden, nicht mehr zugelassen werden dürften. Zwar sei die verfahrensgegenständliche Lüftungsanlage der Halle 7 für sich allein modern und geringer emittierend als jene der rechtskräftig genehmigten Hallen 1 bis 6, jedenfalls seien aber die Geruchsemissionen und damit die Immissionen aus dem gegenständlichen Bauvorhaben in einer Geruchsstoffkonzentration von zumindest 10 GE/m3 anzunehmen. Da - anders als im Bereich des Schallschutzes - Geruchsemissionen bei ihrem Zusammenwirken linear zu addieren seien, führe jede zusätzliche Geruchsemission zu einer Erhöhung, sodass eine solche zusätzliche Geruchsbelastung angesichts der bereits vorhandenen Überschreitung des zulässigen Immissionsmaßes durch die Ist-Situation unzulässig sei. Diese Ergebnisse seien vollinhaltlich durch ein Gutachten des Dipl. Ing. Dr. P. vom 12. März 1999 bestätigt worden, der im Rahmen seiner Ausbreitungsberechnung der Geruchsemissionen aus dem gegenständlichen Bauvorhaben ebenfalls von einer Geruchsstoffkonzentration von 10 GE/m3 ausgegangen sei.

Dagegen erhob die erstbeschwerdeführende Partei Vorstellung.

Die belangte Behörde holte eine Stellungnahme der Fachabteilung für technische Umweltkontrolle und Sicherheitswesen, verfasst von Dr. Po vom 29. August 2003 ein, in der diese zusammengefasst ausführte, dass alle Gutachten (das Gutachten des Dipl. Ing. H. vom 16. Jänner 2003, das Gutachten des Dipl. Ing. Dr. P. vom 12. März 1999 und das Gutachten von Dipl. Ing. Dr. F. vom Dezember 1992) zur einhelligen Ansicht gelangt seien, dass durch den Betrieb der Anlage einschließlich der Halle 7, aber unter Außerachtlassung von Geruchsquellen, die nicht vom Areal der erstbeschwerdeführenden Partei stammten, mit erheblichen Geruchsimmissionen im Bereich der Nachbarn zu rechnen sei. Diese Immissionen lägen deutlich über den von den Gutachtern für die Ortsüblichkeit herangezogenen Grenzen. Daraus sei abzuleiten, dass die zusätzlichen Emissionen aus der Halle 7, die bisher ohne Konsens freigesetzt würden, nicht genehmigungsfähig seien. Es könne dem Gutachten des Dipl. Ing. H. im Wesentlichen gefolgt werden, die Lüftungsanlage der Halle 7 setze nämlich zusätzliche Emissionen frei, die schließlich zu erhöhten Immissionsbelastungen führten, weshalb diese Anlage auf Grund von Geruchsemissionen, die deutlich über dem Maß der Ortsüblichkeit lägen, aus immissionstechnischer Sicht nicht genehmigungsfähig sei.

Auch dazu erstattete die erstbeschwerdeführende Partei eine Stellungnahme, in der sie ausführte, dass nach ihrer Auffassung im gegenständlichen landwirtschaftlichen Gebiet auch größere Tierhaltungen ortsüblich seien. Von den Hallen 1 bis 6 gehe das ortsübliche Ausmaß der Immissionen für die Nachbarschaft aus und die Emissionen aus der Halle 7 seien zu vernachlässigen, weshalb die Halle 7 hinsichtlich der Lüftungsöffnungen zu bewilligen sei, zumal die sonstige Baubewilligung ohnedies vorliege.

Mit dem erstangefochtenen Bescheid vom 17. Oktober 2003 wies die belangte Behörde die Vorstellung der erstbeschwerdeführenden Partei gegen den Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom 30. Jänner 2003 als unbegründet ab und bezog sich zur Begründung nach Darstellung des Verfahrensganges und der Rechtsvorschriften im Wesentlichen auf die Stellungnahme der Fachabteilung für technische Umweltkontrolle und Sicherheitswesen der Steiermärkischen Landesregierung (Dr. Po.) vom 29. August 2003. Zum Vorwurf der erstbeschwerdeführenden Partei, dass die Geruchsbelastung bzw. die Beurteilung der Emissionen nicht korrekt durchgeführt worden seien und der nichtamtliche Sachverständige eine falsche Berechnungsmethode angewandt habe, legte sie dar, dass die rechtlich zulässigen Emissionen des Ist-Zustandes und die damit verbundene Immissionsbelastung aus den genehmigten Anlagen deutlich über den von den Gutachten für die Ortsüblichkeit herangezogenen Grenzen liege und daraus abzuleiten sei, dass zusätzliche Emissionen aus der Halle 7 nicht genehmigungsfähig seien. Dies deshalb, weil bereits zum gegenwärtigen Zeitpunkt die Immissionsbelastung aus den Hallen 1 bis 6 über der Ortsüblichkeit läge. Die diesbezügliche Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes lasse sich dahingehend zusammenfassen, dass Maßstab des Zulässigen einerseits das so genannte Widmungsmaß des zur Bebauung ausersehenen Bauplatzes insoferne sei, als die Summe von vorhandener Grundbelastung (so genanntes Istmaß) und aus dem Projekt hervorgehender Zusatzbelastung (so genanntes Prognosemaß) dieses Widmungsmaß nicht überschreiten dürfe. Als zumutbar müssten Immissionen auch dann noch angesehen werden, wenn sie zwar das Ausmaß der in der unmittelbaren Umgebung feststellbaren Immissionen überstiegen, sich aber im Rahmen des im Widmungsmaß sonst üblichen Ausmaßes hielten. Anderseits sei Maßstab der Zulässigkeit dort, wo die Summe aus Istmaß und Prognosemaß das Widmungsmaß nicht überschreite, das Ausmaß an Gesamtimmissionsbelastung (Summenmaß aus Istmaß und Prognosemaß), welches der medizinische Sachverständige als so genanntes Beurteilungsmaß vorgebe. Absolute Grenze der Immissionsbelastung sei daher das Widmungsmaß des Bauplatzes, werde dieses nicht überschritten, so sei relatives Maß des Zulässigen das Beurteilungsmaß des medizinischen Sachverständigen. Belästigungen überstiegen auch nicht das ortsübliche Ausmaß, wenn die Überschreitung des Istmaßes geringfügig sei, der Charakter des Gebietes durch diese Überschreitung nicht verändert werde und das medizinisch vertretbare Beurteilungsmaß eingehalten werde.

Demzufolge könne die Erhöhung der nunmehrigen Istsituation, die ohnedies bereits über dem Widmungsmaß liege, nicht baubehördlich genehmigt werden. An diesem Umstand vermögen auch die Ausführungen der erstbeschwerdeführenden Partei nichts zu verändern, weil dieser Umstand sich eindeutig aus den dem Verfahren zu Grunde liegenden Gutachten ergebe. Wie sich aus dem Gutachten des Amtssachverständigen des Amtes der Steiermärkischen Landesregierung ergebe, habe der nichtamtliche Sachverständige Dipl. Ing. H. die Beurteilung in Bezug auf die Geruchsemissionen und damit der Geruchsimmission aus der Halle 7 bezüglich der Lüftungsöffnungen korrekt beurteilt und den korrekten Schluss gezogen, dass diese zusätzliche Belastung auf Grund der bestehenden Istsituation nicht zulässig sei. Eine Unschlüssigkeit des Gutachtens des nichtamtlichen Sachverständigen Dipl. Ing. H. könne seitens der erkennenden Behörde auch nach neuerlicher Prüfung nicht abgeleitet werden.

Wenn die erstbeschwerdeführende Partei auf die Ausführungen des Amtssachverständigen hinweise, wo dieser festhalte, dass die Istsituation unterschätzt werde, weil für eine Beurteilung geringere Geruchshäufigkeiten angenommen würden, als dies dem bewilligten Bestand im Umfeld der gegenständlichen Anlage entspreche, so bedeute dies, dass tatsächlich von einer höheren tatsächlich bewilligten Immissionsbelastung auszugehen sei. Mit dieser Aussage werde das Gutachten des Dipl. Ing. H. geradezu noch untermauert, weil der Amtssachverständige von einer noch größeren Istbelastung ausgehe. Auch sei, anders als die erstbeschwerdeführende Partei meine, die Halle 7 sehr wohl korrekterweise in die Beurteilung miteinbezogen worden, hier sei zutreffend von der rechtlich bestehenden Anlage ausgegangen worden.

Die Einwände der erstbeschwerdeführenden Partei gegen die Eignung des Dipl. Ing. H. als nichtamtlicher Sachverständiger sei nicht berechtigt, auch aus der Stellungnahme des Amtssachverständigen sei zu ersehen, dass die Schlussfolgerungen bzw. die Gedankengänge des Dipl. Ing. H., soweit es die Beurteilung der Frage der Zulässigkeit der Lüftungsöffnungen betreffe, korrekt gewesen seien.

Nochmals sei festzuhalten, dass dann, wenn bereits das Widmungsmaß bzw. auch wie in diesem Fall die Ortsüblichkeit überschritten werde, keine auch noch so geringfügige zusätzliche Emissionsbelastung erlaubt sei. Dies bedeute, dass selbst dann, wenn aus den Lüftungsöffnungen kaum Gerüche austräten, diese dennoch nicht zulässig seien, weil, und dies liege in der Natur der Sache, aus einer Lüftungsöffnung naturgemäß auch Gerüche austräten. Im Übrigen sei die erstbeschwerdeführende Partei dem Gutachten des Dipl. Ing. H. nicht auf gleichem fachlichem Niveau entgegen getreten.

Zum zweitangefochtenen Bescheid:

Zum zweitangefochtenen Bescheid wird hinsichtlich dessen Vorgeschichte zunächst auf das hg. Erkenntnis vom 3. September 1998, Zl. 97/06/0250, verwiesen. Diesem Erkenntnis liegt ein Antrag der Beschwerdeführerinnen vom 18. Juli 1996 auf Erteilung einer Baubewilligung für die Errichtung einer Kottrocknungsanlage im Bereich des Hühnerstalles 7 zu Grunde. Dieser war mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 14. März 1997 abgewiesen und die dagegen gerichtete Vorstellung von der belangten Behörde mit Bescheid vom 8. Oktober 1997 abgewiesen worden. Die letztere Entscheidung war vom Verwaltungsgerichtshof mit dem angeführten Erkenntnis vom 3. September 1998, Zl. 97/06/0250, aufgehoben worden und zwar mit der Begründung, dass es die Baubehörden verabsäumt hätten, die Beschwerdeführerinnen gemäß § 13 Abs. 3 AVG aufzufordern darzulegen, welche der in den Akten einliegenden Projektunterlagen Gegenstand ihres Baugesuches wären.

Im fortgesetzten Verfahren vor der belangten Behörde wurde der Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 14. März 1997 behoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an den Gemeinderat der mitbeteiligten Marktgemeinde verwiesen. Dieser hob den erstinstanzlichen Bescheid auf und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an den Bürgermeister der mitbeteiligten Marktgemeinde. Die Beschwerdeführerinnen legten ergänzende Unterlagen und Projektskonkretisierungen vor und es kam in weiterer Folge über Antrag des Bürgermeisters und des Gemeinderates der mitbeteiligten Marktgemeinde zu einem Feststellungsverfahren hinsichtlich der Frage, ob für die Vorhaben des Einbaus von Fensteranlagen und Lüftungen in der Halle 7 sowie für die Kottrocknungsanlage eine Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz durchzuführen sei, welche Frage letztlich mit Bescheid des Umweltsenates vom 5. Juli 2000, Zl. US 5/2000/7-16, verneint wurde.

Der Bürgermeister der mitbeteiligten Marktgemeinde holte sodann ein Gutachten des Dipl. Ing. H. vom 2. April 2003 zur Frage ein, ob die antragsgegenständliche Kottrocknungsanlage so geplant und ausgeführt werde, dass es zu keiner Gefährdung oder unzumutbaren Belästigung im Sinne des § 63 Abs. 1 Stmk BauG kommen könne. In diesem Gutachten kam der Gutachter Dipl. Ing. H. unter Hinweis auf den technischen Bericht des Dipl. Ing. Dr. F. vom 25. April 1994, eine technische Beschreibung einer Naturdünger-Trocknungsanlage vom 8. September 1994 der zweitbeschwerdeführenden Partei, der Umweltverträglichkeitserklärung hinsichtlich Luftgüte (Geruch) vom Dezember 1992 durch Dipl. Ing. Dr. F., ein Gutachten über die Höhe der Emissionen der Halle 7 und der daraus folgenden Immissionen für das benachbarte Siedlungsgebiet vom 12. März 1999, eine umwelthygienische Beurteilung der Kottrocknungsanlage vom Mai 1996 durch den Landeshygieniker für die Steiermark Dr. M. K und Mag. Dr. R. S, eine Stellungnahme des Landeshygienikers zur Umweltverträglichkeitserklärung, und weitere Unterlagen und nach einer ausführlichen Beschreibung der geplanten Kottrocknungsanlage, mit einer Länge von 25 m, einer Breite von 15 m und einer Raumhöhe von 5,40 m (Firsthöhe 9,90 m) zu dem Ergebnis, dass durch die bestehenden Ställe 1 bis 6 das zulässige Maß von Geruchseinheiten pro m3 bereits überschritten sei und eine unzumutbare Geruchsbelästigung durch den Betrieb der Ställe 1 bis 6 bereits gegeben sei. Durch den beabsichtigten Betrieb der Kottrocknungsanlage würde es zu einer zusätzlichen Immissionsbelastung kommen, und zwar im Ausmaß von annähernd 10 GE/m3 und sich das Istmaß somit bei Realisierung der geplanten Anlage weiter erhöhen. Daraus resultiere, dass auf Grund der bereits vorhandenen bzw. genehmigten (und damit rechtlich zulässigen) Geruchsemissionen im unmittelbaren Nahebereich zum gegenständlichen Bauvorhaben einer Kottrocknungsanlage im Bereich der Halle 7 die zumutbaren Geruchsbelästigungen in der Nachbarschaft bereits überschritten seien, sodass das Bauvorhaben für die Kottrocknungsanlage als zulässige Geruchsemission aus technischer Sicht nicht mehr vertretbar sei, obwohl nach dem Gutachten des Dipl. Ing. F. diese Anlage für sich allein als relativ geringer geruchsemittent anzusehen sei.

Diese Beurteilung machte sich auch der Bürgermeister der mitbeteiligten Marktgemeinde in seinem Bescheid vom 22. Juli 2003 zu Eigen, mit welchem er das Ansuchen der Beschwerdeführerinnen vom 18. Juli 1996 mit dem Hinweis darauf abwies, dass die Beschwerdeführerinnen seiner Einladung vom 8. April 2003, das Bauvorhaben entsprechend abzuändern, zu adaptieren bzw. zu ergänzen, nicht nachgekommen seien.

Dagegen erhoben die Beschwerdeführerinnen Berufung, mit welcher sie im Wesentlichen die Qualifikation des Dipl. Ing. H. und sein Gutachten in Zweifel zogen.

Mit Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 19. Dezember 2003 wurde der Berufung der Beschwerdeführerinnen keine Folge gegeben, wogegen die Beschwerdeführerinnen das Rechtsmittel der Vorstellung an die belangte Behörde erhoben.

Die belangte Behörde wies mit dem zweitangefochtenen Bescheid vom 5. März 2004 die Vorstellung der Beschwerdeführerinnen ab und begründete dies nach Darstellung des Verfahrensganges und der Rechtsvorschriften im Wesentlichen unter Hinweis auf ihre ähnliche Argumentation im erstangefochtenen Bescheid damit, dass der Dipl. Ing. H. sehr wohl geeignet gewesen sei, ein Gutachten im gegenständlichen Falle zu erstellen. Dieses sei von einem tauglichen Sachverständigen erstellt worden und stehe mit den Erfahrungen des Lebens und den Denkgesetzen nicht in Widerspruch. Es wäre Aufgabe der Beschwerdeführerinnen gewesen, im Fall von Zweifeln an den eingeholten Gutachten diese auf gleichem fachlichen Niveau zu bekämpfen, dieses hätten die Beschwerdeführerinnen jedoch unterlassen.

Die belangte Behörde verwies auf eben solche Weise wie im erstangefochtenen Bescheid auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 63 Abs. 1 Stmk BauG i.V.m. § 26 Abs. 1 leg. cit. Dieser zufolge könne die Erhöhung der nunmehrigen Istsituation, die ohnedies bereits über den Widmungmaß liege, nicht baubehördlich genehmigt werden. Der nichtamtliche Sachverständige habe die bestehenden Geruchsemissionen und die Geruchsemissionen aus Halle 7 und der gegenständlichen Kottrocknungsanlage korrekt beurteilt und den korrekten Schluss gezogen, dass eine weitere Belastung auf Grund der bestehenden Istsituation nicht mehr zulässig sei. Eine Unschlüssigkeit des Gutachtens sei seitens der belangten Behörde nicht zu erkennen.

Dann, wenn bereits das Widmungsmaß bzw. auch, wie im vorliegenden Fall, die Ortsüblichkeit überschritten sei, seien auch keine auch noch so geringen zusätzlichen Emissionsbelastungen erlaubt. Selbst dann, wenn vom beantragten Vorhaben geringe Gerüche austräten, wären diese dennoch nicht zulässig, weil, und dies liege in der Natur der Sache, aus den Öffnungen naturgemäß auch Gerüche austreten könnten.

Wenn die Beschwerdeführerinnen auf bestehende Windschutzgürtel verwiesen, so seien diese zu Recht nicht als Bestandteil der Ist-Situation berücksichtigt worden, weil ein Windschutzgürtel nicht als Auflagenpunkt definiert sei und nicht in die Beurteilung des rechtmäßigen Bestandes miteinbezogen werden könne.

Gegen diese Bescheide richten sich die vorliegenden Beschwerden mit dem Begehren, sie wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit sowie wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, erstattete Gegenschriften und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde. Eine Gegenschrift wurde auch von der mitbeteiligten Marktgemeinde erstattet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat beide Beschwerdeverfahren wegen ihres sachlichen und persönlichen Zusammenhanges verbunden und erwogen:

Zum erstangefochtenen Bescheid:

Gemäß § 63 Abs. 1 des Steiermärkischen Baugesetzes, LGBl. Nr. 59/1995 (Stmk BauG), sind Lüftungsanlagen so zu planen und auszuführen, dass mit ihrem Betrieb weder eine Brandgefahr oder sonstige Gefährdung noch eine unzumutbare Belästigung verbunden ist.

Die Bauvorhaben liegen nach dem geltenden Flächenwidmungsplan im Industrie- und Gewerbegebiet I.

Als Industrie- und Gewerbegebiete I werden in § 23 Abs. 5 lit. d des Steiermärkischen Raumordnungsgesetzes 1974 (Stmk ROG), LGBl. Nr. 127 i.d.F. LGBl. Nr. 97/2002, Flächen umschrieben, die für solche Betriebe und Anlagen bestimmt sind, die keine das ortsübliche Ausmaß übersteigenden Belästigungen in benachbarten Baugebieten verursachen, wobei auch die für die Aufrechterhaltung dieser Anlagen in ihrer Nähe erforderlichen Wohnungen, Verwaltungs- und Geschäftsgebäude errichtet werden können.

Die belangte Behörde hat zur Beurteilung, ob mit den gegenständlichen Lüftungsanlagen im vorliegenden Fall eine unzumutbare Belästigung im Sinne des § 63 Abs. 1 Stmk BauG verbunden ist, auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hinsichtlich Lärmimmissionen zu diesem Begriff in § 26 Abs. 1 Stmk BauG, der auf § 63 Abs. 1 leg. cit. verweist, hingewiesen, wonach der Maßstab des Zulässigen in Ansehung von Belästigung der Nachbarn im Rahmen des Ortsüblichen das so genannte Widmungsmaß des zur Bebauung ausersehenen Bauplatzes insofern ist, als die Summe von vorhandener Grundbelastung (so genanntes Istmaß) und aus dem Projekt hervorgehender Zusatzbelastung (so genanntes Prognosemaß) das Widmungsmaß nicht überschreiten darf und als zumutbar Immissionen auch dann noch angesehen werden müssten, wenn sie zwar das Ausmaß der in der unmittelbaren Umgebung feststellbaren Immissionen übersteigen, sich aber im Rahmen des im Widmungsmaß sonst üblichen Ausmaßes halten (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 25. Oktober 2000, Zl. 99/06/0063); andererseits ist Maßstab der Zulässigkeit dort, wo die Summe aus Istmaß und Prognosemaß das Widmungsmaß nicht überschreitet, das Ausmaß an Gesamtimmissionsbelastung (Summenmaß aus Istmaß und Prognosemaß), welches der medizinische Amtssachverständige als so genanntes Beurteilungsmaß vorgibt, absolute Grenze der Immissionsbelastung ist daher das Widmungsmaß des Bauplatzes, wird dieses nicht überschritten, so ist relatives Maß des Zulässigen das Beurteilungsmaß des medizinischen Sachverständigen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 26. April 2002, Zl. 2000/06/0174, zu Lärmimmissionen). Durch die Heranziehung dieser Beurteilungsmaßstäbe auch bei der Anwendung des § 63 Abs. 1 Stmk BauG haben die Baubehörden und die belangte Behörde die Beschwerdeführerinnen nicht in Rechten verletzt.

Die belangte Behörde hat unter Hinweis auf die übereinstimmende Auffassungen der mit der Beurteilung des gegenständlichen Projektes in verschiedener Hinsicht befassten Sachverständigen auch auf schlüssige Weise dargelegt, dass im Bereich der insgesamt aus sieben Hallen bestehenden Anlage bereits die von den nicht Gegenstand des vorliegenden Baubewilligungsverfahrens bildenden bestehenden sechs Hallen herrührende Geruchsbelastung belästigend und daher die Erteilung der beantragten Baubewilligung für zusätzliche Lüftungsöffnungen in der Halle 7, wodurch zusätzliche Geruchsemissionen hervorgerufen werden, nicht mehr vertretbar ist. Dieser rechtlichen Schlussfolgerung, wonach dann, wenn bereits aus dem Istzustand eine aus sachverständiger Sicht unzumutbare Belästigung gegeben ist, keine zusätzliche Belästigung dem § 63 Abs. 1 Stmk BauG entspricht, kann auch der Verwaltungsgerichtshof nicht entgegen treten.

Die erstbeschwerdeführende Partei hat das Ergebnis der Beurteilungen der Sachverständigen über das Ausmaß der von ihren Hühnerställen 1 bis 6 bewirkten Geruchsemissionen und deren Verbreitungsgebiet weder in dem zum angefochtenen Bescheid führenden Verwaltungsverfahren noch auch in der Beschwerde bestritten. Sie meint aber, die Gutachten seien insoferne "eben falsch", als "hier willkürlich irgendwelche Ortsüblichkeitsannahmen getroffen" würden, ohne vom tatsächlichen Bestand auszugehen. Das Maß der Ortsüblichkeit von Immissionen sei durch die Emissionen aus ihren rechtskräftig bewilligten Hühnerhallen bestimmt, und der Sachverständige Dipl. Ing. Dr. F. habe diesbezüglich zutreffend ausgeführt, dass die Emissionen aus der Halle 7 im Vergleich zu den Gesamtemissionen aus den Hallen 1 bis 6 zu vernachlässigen seien. Daher könne auch der projektgegenständliche Einbau von Lüftungsöffnungen in der Halle 7 das Maß der Ortsüblichkeit nicht überschreiten.

Insoferne beruft sich die erstbeschwerdeführende Partei auf das hg. Erkenntnis vom 31. Jänner 2002, Zl. 2000/06/0081, zu § 4 Abs. 3 der Steiermärkischen Bauordnung 1968. In diesem Erkenntnis ist zwar die Aussage enthalten, dass an einem Ort, in dem traditionsgemäß die Schweinezucht betrieben wird, das ortsübliche Ausmaß der Geruchsemissionen aus einem Schweinestall höher als in anderen Gebieten einzuschätzen ist. Daraus kann aber für den vorliegenden Fall nicht die Schlussfolgerung gezogen werden, dass schon die Beurteilung des Istzustandes durch sämtliche Sachverständigen und diesen folgend der Baubehörden und der belangten Behörde dahingehend als fehlerhaft einzuschätzen wäre, dass die projektierte, über die bestehende Geruchsbelastung hinausgehende Geruchsbelastung als unzumutbar zu qualifizieren ist.

Die erstbeschwerdeführende Partei verweist weiters in Verteidigung ihres Standpunktes auf das hg. Erkenntnis vom 7. März 2000, Zl. 99/05/0162. Gerade in diesem Erkenntnis hat der Verwaltungsgerichtshof (zu § 3 Z. 5 des Burgenländischen Baugesetzes 1997, LGBl. Nr. 10/1998, und der Burgenländischen Bauverordnung, LGBl. Nr. 11/1998) nicht nur ausgeführt, dass die Errichtung eines Schweinestalles im Bauland-Dorfgebiet grundsätzlich als zulässig anzusehen ist, wenn es sich dabei um ein Betriebsgebäude handelt, welches landwirtschaftlichen Zwecken dient, sondern auch dargelegt, dass von "das ortsübliche Ausmaß übersteigenden Beeinträchtigungen" im Sinne des § 3 Z. 5 des Burgenländischen Baugesetzes und "das örtliche zumutbare Maß übersteigenden Beeinträchtigungen" im Sinne des § 15 Abs. 1 Burgenländische Bauverordnung grundsätzlich dann gesprochen werden kann, wenn eine Gefährdung oder eine das örtlich zumutbare Maß übersteigende Beeinträchtigung der Nachbarn durch die bestimmungsgemäße Benützung des Bauvorhabens bewirkt werde. Schon an der Grundgrenze dürften keine das ortsübliche Ausmaß in diesem Sinne übersteigende Beeinträchtigungen eintreten. In diesem Beschwerdefall sei dies nicht der Fall gewesen. Eine Aussage dahingehend, dass eine Geruchsbelastung aus der Tierhaltung welchen Ausmaßes immer als ortsüblich und zumutbar anzusehen sei, ist auch diesem Erkenntnis nicht zu entnehmen.

Auch in seinem Erkenntnis vom 19. Mai 1998, Zl. 98/05/0024, auf welches die erstbeschwerdeführende Partei ebenfalls hinweist, hat der Verwaltungsgerichtshof in Bezug auf die Burgenländische Rechtsordnung die Auffassung vertreten, dass an einem Ort, in dem traditionsgemäß die Schweinezucht betrieben wird, das ortsübliche Ausmaß der Geruchsemissionen höher als in anderen Gebieten zu beurteilen sei. Aus all diesen Erkenntnissen kann jedoch - anders als die erstbeschwerdeführende Partei offensichtlich meint - nicht der Grundsatz abgeleitet werden, dass die im vorliegenden Industrie- und Gewerbegebiet 1 auch von der erstbeschwerdeführenden Gesellschaft unbestritten bereits bestehende hohe - und von den Sachverständigen als unzumutbare eingestufte - Geruchsbelästigung aus der Haltung von Hühnern durch die Erteilung einer Baubewilligung für Anlagen zur zusätzlichen Einbringung von Geruchsstoffen in die Luft noch weiter erhöht werden dürfte. Es wurde auch von der Erstbeschwerdeführerin weder dargelegt noch ist sonst ersichtlich, inwiefern eine hohe Geruchsbelastung aus der Hühnerhaltung für ein Gewerbe- und Industriegebiet I gemäß § 23 Abs. 5 lit. d Stmk ROG typisch wäre und aus welchen Gründen die von allen Sachverständigen festgestellte Überschreitung des Widmungsmaßes nicht gegeben wäre.

Eine weitere Rechtswidrigkeit erblickt die erstbeschwerdeführende Partei darin, dass es sich bei dem Gutachter Dipl. Ing. H. nicht um einen Sachverständigen mit besonderem fachlichem Wissen handle, sein Gutachten hätte daher nicht herangezogen werden dürfen.

Auch mit diesem Vorbringen zeigt die erstbeschwerdeführende Partei eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht auf. Dipl. Ing. H. ist nämlich unbestritten eingetragener Ziviltechniker, war unbestritten Amtssachverständiger und ist nunmehr unbestritten als selbstständiger Planer und Gutachter im Rahmen von behördlichen Genehmigungsverfahren auf dem Gebiet der Beurteilung von Luftschadstoffen/Geruch (Emissionen und Immissionen) und Schallschutz mit der Erstattung entsprechender Gutachten befasst. Auch der Umstand, dass die Gemeindebehörden keinen Amtssachverständigen, sondern eben Dipl. Ing. H. heranzogen haben, stellt - schon mangels Relevanz - keinen zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führenden Verfahrensmangel dar. Der Gemeinderat der mitbeteiligten Marktgemeinde hat ihn mangels Zurverfügungstehens eines Amtssachverständigen im Grunde des § 52 Abs. 2 AVG herangezogen und die erstbeschwerdeführende Partei zeigt weder auf, dass ein Amtssachverständiger zur Verfügung gestanden wäre noch dass ein solcher zu einer anderen, für sie günstigeren Beurteilung gekommen wäre (vgl. zur Problematik das hg. Erkenntnis vom 9. September 1994, Zl. 93/06/0174). Auch dass Dipl. Ing. H. für das Fachgebiet der Olfaktometrie nicht in die Liste der allgemein beeideten gerichtlich zertifizierten Sachverständigen eingetragen wäre, disqualifiziert ihn nicht als zur Abgabe eines Gutachtens tauglichen Sachverständigen im Sinne des § 52 AVG, weil das Gesetz eine solche Eintragung nicht voraussetzt.

Letztlich kann der Verwaltungsgerichtshof auch die im Gutachten des Dipl. Ing. H. erfolgte Beurteilung der Auswirkungen der verfahrensgegenständlichen baulichen Maßnahmen auf die Beeinträchtigung der Luft mit Geruchsstoffen durch die Anlage der erstbeschwerdeführenden Partei nicht als unschlüssig oder den Denkgesetzen widersprechend erachten. Das Gutachten des Dipl. Ing. H. wurde auch durch ein Amtsgutachten der Fachabteilung für technische Umweltkontrolle und Sicherheitswesen (Dr. Po.) des Amtes der Steiermärkischen Landesregierung überprüft und das Gutachten aus fachlicher Sicht für schlüssig und nachvollziehbar gefunden. Weder dem einen noch dem anderen Gutachten ist die erstbeschwerdeführende Partei durch die Vorlage eines eigenen Gutachtens oder sonst auf gleicher fachlicher Ebene entgegen getreten.

Wenn die erstbeschwerdeführende Partei die Gutachten des Dr. Po. und des Dipl. Ing. H. im Hinblick darauf für mangelhaft hält, dass diese keine eigenen Feststellungen getroffen hätten, so zeigt sie deswegen keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf, weil ein Sachverständigengutachten dann, wenn es sich auf die Feststellungen eines anderen Gutachtens bezieht und klar erkennen lässt, von welchen Sachverhaltsgrundlagen ausgegangen wird, eine förmliche Gliederung in Befundaufnahme und Gutachten im engeren Sinn nicht unbedingt aufweisen muss; maßgebend sind in diesem Fall vielmehr Vollständigkeit und Schlüssigkeit von Sachverhaltsannahme und Gutachten (vgl. das hg. Erkenntnis vom 13. Dezember 1995, Slg. Nr. 14.370/A).

Wenn die erstbeschwerdeführende Partei meint, Dipl. Ing. H. und ihm folgend der Gemeinderat der mitbeteiligten Marktgemeinde sowie die belangte Behörde ziehe aus der Aussage des Sachverständigen Dipl. Ing. Dr. F., dass die Geruchsemissionen aus dem Stall 7 bereits so weit reduziert worden seien, dass im Zusammenhang mit (von ihm vorgeschlagenen) emissionsmindernden Maßnahmen im Bereich der Hallen 1 bis 6 eine weitere Abminderung des Geruchsaustrages aus dem Stall 7 nicht sinnvoll und auch nicht notwendig sei, die falsche Schlussfolgerung, dass eine solche Reduktion dennoch notwendig sei, so verkennt die erstbeschwerdeführende Partei, dass diese Aussage eben auf die Annahme reduzierter Geruchsemissionen aus den Ställen 1 bis 6 gegründet und daher nicht auf die von Dipl. Ing. H. und den Behörden zutreffend auf den durch den Betrieb der Hallen 1 bis 6 ohne Sanierungsmaßnahmen beurteilten Istzustand bezogen ist.

Zum zweitangefochtenen Bescheid:

Zur Beurteilung der Rechtmäßigkeit auch des zweitangefochtenen Bescheides ist auf die zum erstangefochtenen Bescheid angeführten Rechtsvorschriften und die dazu ergangene Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen. Auch in der Beschwerde gegen den zweitangefochtenen Bescheid werden gegen den Sachverständigen Dipl. Ing. H. sowie in der Sache weitgehend dieselben Argumente geltend gemacht, wie in der Beschwerde gegen den erstangefochtenen Bescheid. Dazu gilt ebenfalls das oben zum erstangefochtenen Bescheid Gesagte.

Auch hinsichtlich des zweitangefochtenen Bescheides kann der Verwaltungsgerichtshof die Beurteilung der Baubehörden und der belangten Behörde letztlich nicht als rechtswidrig erkennen, dass hinsichtlich der Kottrocknungsanlage die bestehende Gesamtemissionen aus den Hallen 1 bis 6 als ein Istzustand mit einer sehr hohen Geruchsbelastung anzusehen ist, sodass die baurechtliche Genehmigung von baulichen Maßnahmen, die mit zusätzlichem Geruchsemissionen verbunden sind und damit zu einer - wenn auch vergleichsweise geringen - Erhöhung des bestehenden Istzustandes beitragen, im Grunde des § 63 Abs. 1 Stmk BauG als unzumutbar und daher als nicht genehmigungsfähig anzusehen sind.

Nach dem Gesagten erweisen sich die Beschwerden als unbegründet und waren gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG i.V.m. der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003. Wien, am 5. Juli 2007

Schlagworte

Planung Widmung BauRallg3Amtssachverständiger Person VerneinungSachverständiger Bestellung Auswahl Enthebung (Befangenheit siehe AVG §7 bzw AVG §53)Anforderung an ein GutachtenAmtssachverständiger Person BejahungGutachten rechtliche Beurteilung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2007:2003060198.X00

Im RIS seit

03.08.2007

Zuletzt aktualisiert am

28.10.2015
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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