TE OGH 2005/4/26 4Ob25/05p

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Veröffentlicht am 26.04.2005
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Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Griß als Vorsitzende und durch die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schenk sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel, Dr. Jensik und Dr. Gitschthaler als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei K***** Gesellschaft mit beschränkter Haftung, *****, vertreten durch Dr. Friedrich Schubert, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei C***** Handels GesmbH, *****, vertreten durch Mag. Lothar Wiltschek, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung (Streitwert im Sicherungsverfahren 100.000 EUR), über den außerordentlichen Revisionsrekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom 21. Dezember 2004, GZ 3 R 186/04a-10, mit dem der Beschluss des Handelsgerichts Wien vom 11. August 2004, GZ 10 Cg 100/04t-6, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionskurs wird Folge gegeben.

Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden aufgehoben. Dem Erstgericht wird eine neuerliche, nach Ergänzung des Verfahrens zu fällende Entscheidung aufgetragen.

Die Kosten des Revisionsrekursverfahrens bilden weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Die Klägerin vertreibt seit 1997 in Österreich Gasfeuerzeuge unter dem Zeichen "ZORR". Sie ist Inhaberin der österreichischen Wortbildmarke ÖM 181 645 "ZORR" mit Beginn der Schutzdauer ab 16. 4. 1999 sowie der auf dieser Marke beruhenden internationalen Marke IR 715 853 mit Beginn der Schutzdauer ab 2. 9. 1999, geschützt in der Klasse 34 (Raucherartikel und Gasfeuerzeuge). Die geschützte Wortbildmarke der Klägerin hat folgendes Aussehen:

Die Beklagte vertreibt Gasfeuerzeuge in Österreich unter dem Zeichen "Zorro", das folgendes Aussehen hat:

Auf den Verpackungen ist über diesem Schriftzug zusätzlich ein Reiter mit einem Umhang und einem Degen abgebildet. Der Name "Zorro" ist in Österreich allgemein bekannt und wird mit dem weltberühmten Reiterhelden Zorro assoziiert. Das Zeichen der Beklagten, insbesondere das geschwungene und besonders hervorgehobene "Z" am Beginn des Schriftzugs, ist dem für die namensgebende Heldenfigur typischen Kennzeichen des eingeritzten Buchstabens Z nachempfunden.

Zur Sicherung ihres inhaltsgleichen Unterlassungsanspruchs beantragt die Klägerin, der Beklagten mit einstweiliger Verfügung aufzutragen, es bis zur Rechtskraft des über die Klage ergehenden Urteils zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs die Bezeichnung Zorro im Zusammenhang mit der Ankündigung, dem Verkauf und/oder dem Vertrieb von Gasfeuerzeugen oder gleichartigen Waren in Österreich zu verwenden, sofern es sich nicht um Erzeugnisse der Klägerin handelt. Die Klägerin habe 2003 mit ihren unter der Marke vertriebenen Gasfeuerzeugen im Inland einen Umsatz von 2,5 Mio EUR erzielt; daraus folge eine sehr hohe Kennzeichnungskraft der Marke. Die von der Beklagten gewählte Kennzeichnung ihrer Produkte sei der Marke der Klägerin verwechslungsfähig ähnlich. Aufgrund der geringen Produktgröße sei die Bezeichnung nur in kleiner Schrift und damit schwer lesbar angebracht; auch das etwas größer gestaltete Z ändere nichts daran, dass Käufer eine Verbindung zwischen den Feuerzeugen der Streitteile herstellten. Verpackungen mit einer darauf angebrachten Reiterfigur würden nur im Großhandel verwendet, der Konsument bekomme sie nicht zu Gesicht.

Die Beklagte beantragt die Abweisung des Sicherungsantrags. Sie bestritt die von der Klägerin genannten Umsatzzahlen. Der Schriftzug "Zorro" auf den Feuerzeugen der Beklagten sei markant und stelle unmissverständlich auf den weltberühmten Reiterhelden ab, sodass eine Verwechslung selbst für flüchtige Beobachter ausgeschlossen sei.

Das Erstgericht wies den Sicherungsantrag ab. Verwechslungsgefahr zwischen den Produkten der Streitteile bestehe nicht. Trotz einer gewissen Ähnlichkeit der beiden Zeichen unterschieden sie sich deutlich durch den großen geschwungenen Anfangsbuchstaben im Zeichen der Beklagten, das auf den bekannten Reiterhelden verweise. Auch die Verpackung deute unmissverständlich auf diese Figur hin. Das Wort „Zorro" verknüpfe jedermann mit der Vorstellung vom Reiterhelden; eine gedankliche Verbindung zur Bezeichnung der von der Klägerin vertriebenen Feuerzeuge werde nicht hergestellt.

Das Rekursgericht bestätigte diesen Beschluss und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 20.000 EUR übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs mangels erheblicher Rechtsfrage nicht zulässig sei. Die grafische Gestaltung der Marke der Klägerin sei nicht besonders signifikant. Die in Blockschrift gestalteten Buchstaben seien etwas länglich gestreckt. Demgegenüber sei der Zeichenteil "-orro" in der von der Beklagten verwendeten Marke weder in Großbuchstaben gehalten noch länglich gestreckt. Das signifikante Z sei überdimensional gestaltet und einem mit einem Degen eingeritzten unregelmäßigen Z vergleichbar. Schon diese optische Gestaltung unterscheide sich deutlich von der Marke der Klägerin. Die einander gegenüberstehenden Zeichen unterschieden sich auch im Klang erheblich; die Marke der Klägerin sei einsilbig, das Zeichen der Beklagten zweisilbig. Am schwersten wiege der unterschiedliche Sinngehalt: Mit der Bezeichnung "Zorro" verbinde das Publikum die Gestalt des schwarz gekleideten weltbekannten Reiterhelden. Dadurch trete die Ähnlichkeit der Zeichen in Bild und Klang so stark in den Hintergrund, dass Verwechslungsgefahr auch bei einem flüchtigen Verbraucher ausgeschlossen sei. Trotz vollständiger Übernahme der Marke der Klägerin in das Zeichen der Beklagten und trotz Warenidentität bestehe keine Verwechslungsgefahr.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig und im Sinne seines Aufhebungsantrags auch berechtigt.

Nach § 10 Abs 1 Z 2 MSchG gewährt die eingetragene Marke ihrem Inhaber das ausschließliche Recht, Dritten zu verbieten, ohne seine Zustimmung im geschäftlichen Verkehr ein mit der Marke gleiches oder ähnliches Zeichen für gleiche oder ähnliche Waren oder Dienstleistungen zu benutzen (§ 10a MSchG), wenn dadurch für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht, die die Gefahr einschließt, dass das Zeichen mit der Marke gedanklich in Verbindung gebracht wird. Für den Begriff der Verwechslungsgefahr gilt gemeinschaftsweit ein einheitlicher Maßstab. Nach diesem Maßstab ist die Verwechslungsgefahr unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen. Umfassende Beurteilung bedeutet, dass auf die Wechselbeziehung zwischen den in Betracht kommenden Faktoren Bedacht zu nehmen ist. Die Beurteilung der Verwechslungsgefahr hängt damit insbesondere vom Bekanntheitsgrad der Marke auf dem Markt und dem Grad der Ähnlichkeit zwischen der Marke und dem Zeichen und dem Grad der Ähnlichkeit zwischen den damit gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen ab (stRsp 4 Ob 325/00y = ÖBl 2001, 159 ? T-One mwN; 4 Ob 136/04k = ÖBl 2004/69 ? Swiss-Post).Nach Paragraph 10, Absatz eins, Ziffer 2, MSchG gewährt die eingetragene Marke ihrem Inhaber das ausschließliche Recht, Dritten zu verbieten, ohne seine Zustimmung im geschäftlichen Verkehr ein mit der Marke gleiches oder ähnliches Zeichen für gleiche oder ähnliche Waren oder Dienstleistungen zu benutzen (Paragraph 10 a, MSchG), wenn dadurch für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht, die die Gefahr einschließt, dass das Zeichen mit der Marke gedanklich in Verbindung gebracht wird. Für den Begriff der Verwechslungsgefahr gilt gemeinschaftsweit ein einheitlicher Maßstab. Nach diesem Maßstab ist die Verwechslungsgefahr unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen. Umfassende Beurteilung bedeutet, dass auf die Wechselbeziehung zwischen den in Betracht kommenden Faktoren Bedacht zu nehmen ist. Die Beurteilung der Verwechslungsgefahr hängt damit insbesondere vom Bekanntheitsgrad der Marke auf dem Markt und dem Grad der Ähnlichkeit zwischen der Marke und dem Zeichen und dem Grad der Ähnlichkeit zwischen den damit gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen ab (stRsp 4 Ob 325/00y = ÖBl 2001, 159 ? T-One mwN; 4 Ob 136/04k = ÖBl 2004/69 ? Swiss-Post).

Die Verwechslungsgefahr ist umso größer, je höher die Kennzeichnungskraft der älteren Marke ist; die Kennzeichnungskraft bestimmt damit den Schutzbereich der Marke. Bei der Beurteilung der Kennzeichnungskraft sind insbesondere die Eigenschaften zu berücksichtigen, welche die Marke von Haus aus besitzt. Dazu gehört das Vorliegen beschreibender Elemente, der von der Marke gehaltene Marktanteil, die Intensität, die geographische Verbreitung und die Dauer der Benützung der Marke, der Werbeaufwand des Unternehmens für die Marke und der Teil der beteiligten Verkehrskreise, der die Waren als von einem bestimmten Unternehmen stammend erkennt (4 Ob 325/00y = ÖBl 2001, 159 ? T-One mwN; 4 Ob 136/04h = ÖBl-LS 2003/163 ua).

Die Klägerin hat dazu vorgebracht, in Österreich bereits seit 1997 Gasfeuerzeuge unter ihrer Marke zu vertreiben. Mit dem Vertrieb dieser Produkte sei im Jahr 2003 ein Umsatz von rund 2,500.000 Euro erzielt worden. Die Kennzeichnungskraft der Marke sei daher sehr hoch (AS 7; 45). Zur Bescheinigung ihres Vorbringens hat sie sich auf von ihr vorgelegte Urkunden und auf die Vernehmung ihres Geschäftsführers als Auskunftsperson berufen (AS 17).

Das Erstgericht hat die Auskunftsperson nicht vernommen und zur behaupteten Bekanntheit der Marke keine Feststellungen getroffen. Es hat die Verwechslungsgefahr schon deshalb verneint, weil das Zeichen „Zorro" allgemein mit dem weltberühmten Reiterhelden Zorro in Verbindung gebracht werde. Das Rekursgericht teilt diese Auffassung und verweist auf die Rechtsprechung, wonach auf den Wortsinn im besonderen Maß Bedacht zu nehmen ist, wenn eines der beiden Zeichen der sprachliche Ausdruck für eine allgemein geläufige Vorstellung, die zwangslose Verkörperung eines bestimmten Begriffs und damit eine „relative Phantasiebezeichnung" ist.

Beide Vorinstanzen verkennen damit, dass der Wortsinn nur eines der Elemente ist, die bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr zu berücksichtigen sind (s 4 Ob 7/96 = ÖBl 1996, 246 ? LEUMIN ? LEIMIN). Maßgebend ist in erster Linie die Kennzeichnungskraft der Marke, deren Verletzung geltend gemacht wird. Je größer die Kennzeichnungskraft, desto eher ist die Verwechslungsgefahr selbst dann zu bejahen, wenn das Kollisionszeichen ? wie im vorliegenden Fall ? ein allgemein bekannter Begriff ist. Dabei ist vor allem auch zu berücksichtigen, dass das Publikum die ähnlichen Zeichen in der Regel nicht gleichzeitig wahrnimmt, sondern dem Wahrnehmungsbild nur ein mehr oder weniger verschwommenes Erinnerungsbild gegenübersteht, und dass der Grad der Aufmerksamkeit von der Art der Ware oder Dienstleistung abhängt (s 4 Ob 7/96 = ÖBl 1996, 246 ? LEUMIN ? LEIMIN; 4 Ob 325/00y = ÖBl 2001, 159 ? T-One uva).

Für die Entscheidung ist es daher erheblich, ob die Marke „ZORR" tatsächlich über die von der Klägerin behauptete Bekanntheit verfügt. Trifft dies zu, dann wird die Verwechslungsgefahr zu bejahen sein, weil die unter den Zeichen vertriebenen Waren identisch, die Aufmerksamkeit beim Kauf von Gasfeuerzeugen regelmäßig gering und die Ähnlichkeit der beiden Zeichen in Wortbild und Wortklang jedenfalls eine in Wahrheit nicht bestehende Verbindung zwischen beiden Unternehmen annehmen lässt.

Dem Revisionsrekurs war im Sinne seines Aufhebungsantrags Folge zu geben.

Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 1 zweiter Satz ZPO.Der Kostenvorbehalt beruht auf Paragraph 52, Absatz eins, zweiter Satz ZPO.

Textnummer

E77138

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2005:0040OB00025.05P.0426.000

Im RIS seit

26.05.2005

Zuletzt aktualisiert am

15.11.2011
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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