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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
BStMG 2002 §19 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten, Dr. Rosenmayr und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Fritz, über die Beschwerde des K K, vertreten durch Dr. Günther Klepp, Dr. Peter Nöbauer, Mag. Franz Hintringer und Mag. Rupert Primetshofer, Rechtsanwälte in 4020 Linz, Graben 28, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 18. Dezember 2006, Zl. uvs- 2006/14/2781-1, betreffend Übertretung des Bundesstraßen-Mautgesetzes 2002 (weitere Partei des Verfahrens: Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Landeck (kurz: BH) vom 3. November 2005 wurde dem Beschwerdeführer, entsprechend der Anzeige der ASFINAG vom 15. Oktober 2005 (der BH übermittelt am 18. November 2005), soweit für das Beschwerdeverfahren erheblich, zur Last gelegt, er habe am 15. Oktober 2005, 10.24 Uhr, an einer näher bezeichneten Stelle der Inntalautobahn A 12 ein Kraftfahrzeug auf dem mautpflichtigen Straßennetz gelenkt, ohne die zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben. Es sei am Fahrzeug keine gültige Mautvignette angebracht gewesen. Er habe dadurch § 20 Abs. 1 iVm § 10 Abs. 1 und 11 Abs. 1 BStMG verletzt. Hiefür wurde er mit EUR 400,--, im Falle der Uneinbringlichkeit mit einer Ersatzfreiheitsstrafe von 96 Stunden, bestraft.
Dagegen erhob der Beschwerdeführer rechtzeitig Einspruch, in dem er einräumte, er habe versehentlich die Autobahn A 12 ohne Vignette benützt. Als er "von der Polizei" gestoppt worden sei, habe er gegenüber dem einschreitenden "Polizeibeamten" (Anmerkung:
der Beschwerdeführer meint damit, wie sich aus dem Zusammenhang ergibt, sichtlich das kontrollierende Mautaufsichtsorgan) sogleich sein Bedauern ausgedrückt, ohne gültige Mautvignette eine mautpflichtige Straße benützt zu haben. Der einschreitende "Polizeibeamte" habe ihn darauf aufgefordert, einen Betrag von EUR 120,-- bar zu bezahlen. Er habe dazu erklärt, nicht in der Lage zu sein, EUR 120,-- sogleich zu bezahlen, weil er nicht ausreichend Bargeld mit sich führe. Der "Polizeibeamte" habe daraufhin erklärt, dass dann, wenn er den Betrag von EUR 120,-- nicht bezahle, ein Verwaltungsstrafverfahren eingeleitet werde. Trotz ausdrücklicher Frage, ob nicht eine andere Zahlungsweise als durch Barzahlung möglich sei, habe der einschreitende "Polizeibeamte" erklärt, dass ausschließlich eine Barzahlung möglich sei. Insbesondere sei dem Beschwerdeführer nicht mitgeteilt worden, dass die Bezahlung dieses Betrages auch mittels Bankomatkarte oder Kreditkarte möglich sei. Entsprechende Karten habe der Beschwerdeführer mit sich geführt, sodass er auf diese Weise die Ersatzmaut hätte bezahlen können. Nachdem ihm keine andere Möglichkeit zur Entrichtung der Ersatzmaut angeboten worden sei, als diese bar zu entrichten, er jedoch nicht ausreichend Bargeld mitgeführt habe, sei davon auszugehen, dass ihm kein Verschulden an der Nichtentrichtung der Ersatzmaut vorzuwerfen sei, zumal von Seiten des einschreitenden "Polizeibeamten" keine ordnungsgemäße Aufforderung zur Bezahlung der Ersatzmaut erfolgt sei. Selbstverständlich sei er weiterhin bereit, die Ersatzmaut von EUR 120,-- zu bezahlen und diese Zahlung sei von ihm nunmehr veranlasst worden (zum Beweis seines Vorbringens bot er seine Einvernahme sowie die Einvernahme seiner Ehefrau als Zeugin an).
In einer schriftlichen Äußerung vom 22. Dezember 2005 äußerte sich das anzeigende Mautorgan gegenüber der BH, es müsse die Behauptung des Beschwerdeführers zurückweisen, dass ihm keine Möglichkeit gegeben worden sei, mit Bankomat- oder Kreditkarte zu bezahlen, weil seine Vorgangsweise bei einer Vignettenahndung immer die selbe sei, nämlich dem "Kunden" (im Original unter Anführungszeichen) zu erklären, dass er sich auf einer mautpflichtigen Straße befinde und dafür eine Vignette benötige, falls er dies nicht habe, könne er bei ihm eine Ersatzmaut von EUR 120,-- in bar oder mit Bankomat-/Kreditkarte bezahlen, falls ihm dies nicht möglich sei, müsse er seine Daten aufnehmen und an die zuständige Behörde weiterleiten, weiters werde dabei immer der Strafrahmen von EUR 400,-- bis EUR 4.000,-- erwähnt.
Die belangte Behörde gewährte hiezu Parteiengehör. In einer Stellungnahme vom 9. Februar 2006 erklärte der Beschwerdeführer, die Angaben des Mautorganes ausdrücklich zu bestreiten. Wenn behauptet werde, dass die Vorgangsweise bei einer Vignettenahndung immer die selbe sei, so sei dem entgegenzuhalten, dass im Beschwerdefall das Einschreiten des "Polizeibeamten" offenbar nicht seiner üblichen Vorgangsweise entsprochen habe. Tatsache sei, dass ihn der einschreitende "Polizeibeamte" lediglich aufgefordert habe, den Betrag von EUR 120,-- bar zu entrichten, was ihm mangels ausreichenden Bargeldes nicht möglich gewesen sei. Keineswegs habe ihn der einschreitende "Polizeibeamte" darauf aufmerksam gemacht, dass er auch die Möglichkeit hätte, die Bezahlung dieses Betrages mittels Bankomatkarte/Kreditkarte vorzunehmen. Wenn der einschreitende Beamte nunmehr etwas anderes behaupte, so wäre es erstaunlich, wenn sich dieser überhaupt an diese Amtshandlung noch erinnern könne. Es werde daher beantragt, diesen Beamten nochmals einzuvernehmen und ihn ergänzend zu befragen, ob er sich an die gegenständliche Amtshandlung erinnern könne. Sollte er dies bejahen, so möge dieser ergänzend aufgefordert werden, eine Personenbeschreibung von ihm und seiner Ehefrau abzugeben, um nachvollziehen zu können, inwiefern die Erinnerung des einschreitenden Beamten tatsächlich gegeben sei. Im Übrigen sei darauf zu verweisen, dass von ihm zwischenzeitig die Ersatzmaut in Höhe von EUR 120,-- beglichen worden sei, sodass das Strafverfahren einzustellen wäre.
Hierauf hat die BH mit dem erstinstanzlichen Straferkenntnis (dessen Datierung nach den Akten unklar ist, möglicherweise 12. September 2006) den Tatvorwurf entsprechend der Tatverfügung wiederholt und den Beschwerdeführer mit EUR 400,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 96 Stunden) bestraft. Soweit für das Beschwerdeverfahren erheblich, heißt es begründend, die Angaben des Beschwerdeführers seien im Hinblick auf die glaubwürdige Stellungnahme des Mautaufsichtsorgans in seiner Stellungnahme vom 21. Dezember 2005 als reine Schutzbehauptungen anzusehen.
Dagegen erhob der Beschwerdeführer Berufung an die belangte Behörde, in welcher er insbesondere die Beweiswürdigung der erstinstanzlichen Behörde bekämpfte und weiterhin den Standpunkt vertrat, es möge zwar sein, dass das Mautaufsichtsorgan im Allgemeinen eine bestimmte Vorgangsweise einhalte, im konkreten Anlassfall sei dies, wie bereits vorgebracht, nicht der Fall gewesen, vielmehr sei der Beschwerdeführer ausschließlich zur Barzahlung der Ersatzmaut aufgefordert worden. Nachdem er erklärt habe, nicht ausreichend Bargeld bei sich zu haben, sei ihm keine andere Möglichkeit zur Bezahlung der Ersatzmaut geboten worden. Insbesondere sei ihm nicht erklärt worden, dass er die Ersatzmaut auch mittels Bankomat- oder Kreditkarte begleichen könne. Die erstinstanzliche Behörde habe es unterlassen, die vom Beschwerdeführer angebotene Zeugin einzuvernehmen, wie auch, wie beantragt, das Mautaufsichtsorgan nochmals zu vernehmen.
Im Übrigen sei die zwischenzeitig bereits erfolgte Zahlung von EUR 120,-- nicht berücksichtigt worden.
Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde ohne Durchführung einer Berufungsverhandlung die Berufung als unbegründet abgewiesen. Zur Begründung führte die belangte Behörde insbesondere aus, gemäß § 20 Abs. 3 BStMG würden die Taten gemäß Abs. 1 und 2 straflos, wenn der Mautschuldner fristgerecht die in der Mautordnung festgesetzte Ersatzmaut zahle. Es handle sich dabei um einen Strafaufhebungsgrund, und dieser trete nur ein, wenn fristgerecht bezahlt werde. Unbestrittenermaßen sei im Beschwerdefall die Ersatzmaut nicht fristgerecht bezahlt worden, weil ja diese unverzüglich nach Aufforderung durch das Kontrollorgan zu bezahlen sei. In diesem Zusammenhang sei darauf hinzuweisen, dass durch eine Novelle zum BStMG (Anmerkung: gemeint ist offenbar die Novelle BGBl. I Nr. 26/2006) in § 19 Abs. 6 leg. cit. klargestellt worden sei, dass subjektive Rechte des Lenkers und des Zulassungsbesitzers auf mündliche oder schriftliche Aufforderung zur Zahlung einer Ersatzmaut nicht bestünden. Diese Klarstellung entspreche dem Wesen eines Strafaufhebungsgrundes. Auf einen Strafaufhebungsgrund könne es naturgemäß keinen Rechtsanspruch geben.
Was die Bezahlung der EUR 120,-- anlange, so sei darauf zu verweisen, dass die Mautordnung bei "einer zu späten Bezahlung" die Rücküberweisung unter Abzug einer Bearbeitungsgebühr vorsehe.
Was die Angaben des Mautaufsichtsorganes anlange, es habe den Beschwerdeführer darauf hingewiesen, dass er die Ersatzmaut von EUR 120,-- in bar oder mit Bankomat-/Kreditkarte bezahlen könne, so seien diese Angaben nicht unglaubwürdig, weil eine entsprechende Zahlung in der Mautordnung vorgesehen sei und von den Organen immer wieder entgegen genommen werde. Ob ein allfälliger Hinweis des Mautorganes erfolgt sei, sei nicht entscheidungswesentlich.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und, ebenso wie die weitere Partei, in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Im Beschwerdefall ist das Bundesstraßen-Mautgesetz 2002 (BStMG), BGBl. I Nr. 109, in der Stammfassung anzuwenden (also vor der am 24. Februar 2006 in Kraft getretenen Novelle BGBl. I Nr. 26/2006).
Nach § 1 Abs. 1 BStMG ist für die Benützung der Bundesstraßen mit Kraftfahrzeugen Maut zu entrichten.
§ 10 BStMG regelt die Mautpflicht bei der zeitabhängigen Maut
(ein solcher Fall liegt hier vor).
Die §§ 19 und 20 BStMG lauten auszugsweise:
Ersatzmaut
§ 19. (1) In der Mautordnung ist für den Fall der nicht ordnungsgemäßen Entrichtung der Maut eine Ersatzmaut festzusetzen, die den Betrag von 300 EUR einschließlich Umsatzsteuer nicht übersteigen darf.
(2) Anlässlich der Betretung bei Verwaltungsübertretungen gemäß § 20 ist der Lenker mündlich zur Zahlung einer Ersatzmaut aufzufordern. Der Aufforderung wird entsprochen, wenn der Lenker unverzüglich die entsprechende Ersatzmaut zahlt. Hierüber ist eine Bescheinigung auszustellen.
...
(6) Soweit in der Mautordnung bestimmt ist, dass die Ersatzmaut auch in bestimmten fremden Währungen gezahlt oder unbar beglichen werden kann, sind Zahlungen auch in dieser Form entgegenzunehmen. Gebühren, Spesen und Abschläge sind vom Mautgläubiger zu tragen."
6. Teil
Strafbestimmungen
Mautprellerei
§ 20. (1) Kraftfahrzeuglenker, die Mautstrecken benützen, ohne die nach § 10 geschuldete zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, begehen eine Verwaltungsübertretung und sind mit Geldstrafe von 400 EUR bis zu 4000 EUR zu bestrafen.
(2) ...
(3) Taten gemäß Abs. 1 und 2 werden straflos, wenn der Mautschuldner fristgerecht die in der Mautordnung festgesetzte Ersatzmaut zahlt.
Zutreffend hat die belangte Behörde erkannt, dass eine unterbliebene Aufforderung - im Beschwerdefall gemäß § 19 Abs. 2 BStMG - eine Bestrafung nicht hindert, weil § 20 Abs. 3 leg. cit. einen Strafaufhebungsgrund normiert. Allerdings hat das Unterbleiben einer Aufforderung gemäß § 19 leg. cit. die Folge, dass die Frist für die Bezahlung der Ersatzmaut nicht in Gang gesetzt wird, womit die Möglichkeit besteht, gegebenenfalls die Ersatzmaut noch im Zuge des Strafverfahrens "fristgerecht" zu bezahlen, um damit die Straflosigkeit im Sinne des § 20 Abs. 3 leg. cit. zu bewirken (siehe dazu die hg. Erkenntnisse vom 28. November 2006, Zl. 2005/06/0156, und Zl. 2005/06/0188; in beiden Fällen war die Ersatzmaut nicht bezahlt worden).
Im Beschwerdefall behauptet der Beschwerdeführer, noch im Zuge des Verwaltungsstrafverfahrens die Ersatzmaut bezahlt zu haben (nämlich durch Überweisung von EUR 120,-- am 28. November 2005 an die BH; dazu ist anzumerken, dass die Behörden des Verwaltungsverfahren hiezu keine Sachverhaltsfeststellungen getroffen haben, und dass es in den Verwaltungsakten keine Buchungsbelege oder dgl. gibt), was fristgerecht gewesen sei, weil, wie schon im Verwaltungsverfahren vorgetragen, eine dem § 19 Abs. 2 BStMG entsprechende Aufforderung unterblieben sei.
Die weitere Partei des Verfahrens bringt in ihrer Gegenschrift vor, der Beschwerdeführer stelle lediglich die Schutzbehauptung auf, dass die im Zusammenhang mit der Aufforderung zur Zahlung der Ersatzmaut vom Mautorgan erteilte Information über die Zahlungsarten unvollständig gewesen sei. Selbst im Falle einer unvollständigen Information wäre für ihn hieraus aber nichts zu gewinnen, weil weder § 19 Abs. 2 BStMG noch die Mautordnung eine solche - die Mautaufsichtsorgane treffende - Informationsverpflichtung vorsähen. Die dem Fahrzeuglenker zur Verfügung stehenden Alternativen zur unverzüglichen Zahlung einer Ersatzmaut ergäben sich bereits unmittelbar aus der Regelung des Punktes 10.3. Teil A I der Mautordnung in der im Tatzeitpunkt geltenden Version 10, die auf Grundlage des § 15 Abs. 2 Z 4 BStMG erlassen worden sei. Mit der Überweisung des Ersatzmautbetrages an die BH mehrere Wochen nach der Betretung habe der Beschwerdeführer die Straflosigkeit im Sinne des § 20 Abs. 3 BStMG jedenfalls nicht bewirken können.
Die belangte Behörde führt in ihrer Gegenschrift aus, nach Auffassung des Beschwerdeführers hätte er nicht nur zur Zahlung einer Ersatzmaut in Höhe von EUR 120,-- aufgefordert werden müssen, sondern es wäre auch notwendig gewesen, ihn zur Zahlung der Maut anders als bar zu belehren. Dass eine Aufforderung in dieser Art zu ergehen hätte, lasse sich dem Gesetz nicht zu entnehmen. Dem Gesetz sei nur zu entnehmen, dass eine Aufforderung zur Zahlung der Ersatzmaut zu ergehen habe, was im Beschwerdefall auch geschehen sei, und dass dieser Aufforderung unverzüglich entsprochen werden müsse, wenn man in den Genuss des im Gesetz normierten Strafaufhebungsgrundes gelangen wolle, was im Beschwerdefall jedoch nicht erfolgt sei. Die Mautübertretung habe sich am 15. Oktober 2005 ereignet, die Zahlung sei erst Ende November 2005 und nicht vom Beschwerdeführer selbst sondern von Frau D. K. erfolgt (Anmerkung: Das ist der Name der Ehefrau des Beschwerdeführers, die im Verwaltungsverfahren auch als Zeugin namhaft gemacht wurde.)
Im Beschwerdefall sah die Mautordnung (Version 10, Teil A I, Pkt. 10.3.4, iVm dem Anhang 2 Pkt. 1) die Bezahlung der Ersatzmaut bei Betretung nicht bloß mit Bargeld, sondern auch, wie vom Beschwerdeführer unbestritten vorgebracht, mit bestimmten Kreditkarten und mit "Maestro" - Debitkarten (entsprechenden Bankomatkarten) vor.
Richtig ist, dass nach § 19 Abs. 2 BStMG der Lenker zur Bezahlung der Ersatzmaut aufzufordern ist und das Gesetz nicht darüber hinaus vorschreibt, ihn über die möglichen Zahlungsarten zu belehren. In welchen Fällen unrichtige/unvollständige Aufforderungen rechtserheblich sein könnten, ist im Beschwerdefall nicht generell-abstrakt zu lösen. Ist die Aufforderung aber nach ihrem objektiven Erklärungswert so gestaltet, dass die Ersatzmaut ausschließlich bar bezahlt werden könnte, liegt eine wesentliche Unrichtigkeit vor, die bewirken würde, dass keine im Sinne des § 19 Abs. 2 BStMG entsprechende Aufforderung an den Beschwerdeführer ergangen wäre.
Unter diesen Voraussetzungen (sowie unter der weiteren Voraussetzung, dass der Beschwerdeführer bei Betretung überhaupt, wie vorgebracht, in der Lage war, die Ersatzmaut mit Kredit- oder Bankomatkarte "unverzüglich" zu bezahlen) könnte die behauptete Bezahlung der Ersatzmaut durch Überweisung Ende November 2005 an die BH "fristgerecht" im Sinne des § 20 Abs. 3 BStMG sein. Das Gesetz sieht nämlich für den Fall einer wesentlich unrichtigen und damit unwirksamen Aufforderung im Sinne des § 19 Abs. 2 leg. cit., also für eine solche planwidrige Fallkonstellation, über den Zahlungsempfänger nichts Näheres vor, sodass die Zahlung an die BH als jene Stelle, die nach der Betretung erstmals mit dem Beschwerdeführer durch Zustellung der Strafverfügung (in der ein Konto angegeben war, auf welches zu zahlen ist) in Verbindung getreten ist, als Zahlung an den Zahlungsempfänger im Sinne des § 20 Abs. 3 BStMG in Betracht kommt. Dies aber auch nur dann, wenn die Zahlung eingegangen ist und bis zum Abschluss des Verwaltungsstrafverfahrens dem betreffenden Fall zugeordnet werden konnte (was deshalb hervorgehoben wird, weil sich in den Akten hierüber nichts findet).
Entgegen der Auffassung der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid ist somit entscheidungswesentlich, ob eine entsprechende Aufforderung des Mautorganes erfolgte bzw. welchen Inhalt diese Aufforderung hatte.
Die belangte Behörde hat nun zwar am Schluss des angefochtenen Bescheides ausgeführt, die Angaben des Mautorganes, es habe den Beschwerdeführer darauf hingewiesen, dass er die Ersatzmaut von EUR 120,-- in bar oder mit Bankomat-/Kreditkarte bezahlen könne, seien nicht unglaubwürdig, weil eine entsprechende Zahlung in der Mautordnung vorgesehen sei und von den Mautorganen immer wieder entgegen genommen werde. Die belangte Behörde legt aber nicht dar, weshalb sie auf das Vorbringen des Beschwerdeführers betreffend die gerügte Mangelhaftigkeit des Ermittlungsverfahrens nicht einging, insbesondere, weshalb sie die Einvernahme der Ehefrau des Beschwerdeführers nicht durchgeführt hat, nicht minder, weshalb sie von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung (§ 51e VStG) Abstand genommen hat. Eine Erklärung dafür bietet die folgende Ausführung, es sei nicht entscheidungswesentlich, ob ein allfälliger Hinweis des Mautorganes erfolgt sei; eine Rechtsauffassung, die aber, wie dargelegt, unzutreffend ist.
In Verkennung der Rechtslage hat es die belangte Behörde somit unterlassen, ein mängelfreies Ermittlungsverfahren durchzuführen. Damit belastete sie den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war. Zu bemerken ist, dass der Beschwerdeführer zwar in seiner Berufung nicht ausdrücklich die Durchführung einer Verhandlung beantragt hatte, eine Ergänzung des Ermittlungsverfahrens aber eine solche erfordert (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 27. März 2007, Zl. 2007/06/0040, mwN.).
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Wien, am 5. Juli 2007
Schlagworte
Besondere RechtsgebieteEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2007:2007060075.X00Im RIS seit
03.08.2007Zuletzt aktualisiert am
31.03.2011