Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Fellinger, Dr. Hoch, Hon. Prof. Dr. Neumayr und Dr. Schramm als weitere Richter in den verbundenen Rechtssachen der klagenden und widerbeklagten Partei Mag. Susanne F*****, vertreten durch Brand Lang, Rechtsanwälte OEG in Wien, gegen die beklagte und widerklagende Partei H***** & Partner International H***** GmbH, ***** vertreten durch Dr. Gerald Albrecht, Rechtsanwalt in Wien, wegen EUR 13.434,47 sA (im führenden Verfahren) und Zahlung von EUR 20.409,22 sA sowie Rechnungslegung (Streitwert: EUR 3.600) (im verbundenen Verfahren), über die außerordentliche Revision der beklagten und widerklagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 13. Jänner 2005, GZ 5 R 227/04w-22, den Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen, soweit sie sich gegen die die Abweisung der Widerklage bestätigende Entscheidung des Berufungsgerichtes richtet.
Bezüglich jenes Teils der Revision, der sich auf die die teilweise Stattgebung der Klage bestätigende Entscheidung des Berufungsgerichtes bezieht, wird der Akt dem Erstgericht zurückgestellt.
Text
Begründung:
Das Erstgericht sprach im führenden Verfahren (33 Cg 197/02y des Handelsgerichtes Wien) aus, dass die Klagsforderung mit EUR 13.565,28 sA zu Recht, die von der beklagten Partei eingewendete Gegenforderungen mit EUR 130,81 zu Recht und im übrigen Umfang nicht zu Recht bestehen und erkannte daher die beklagte Partei schuldig, der Klägerin den Betrag von EUR 13.434,47 sA zu bezahlen. Im verbundenen Widerklageverfahren (33 Cg 122/03w des Handelsgerichtes Wien) wies das Erstgericht sowohl das Zahlungsbegehren von zuletzt EUR 20.409,22 sA als auch das Rechnungslegungsbegehren ab. Das Berufungsgericht gab der Berufung der beklagten und widerklagenden Partei keine Folge. Es sprach aus, dass sowohl im führenden als auch im verbundenen Verfahren die ordentliche Revision nicht zulässig sei.
Gegen diese Entscheidung richtet sich das undifferenziert als „außerordentliche Revision" bezeichnete Rechtsmittel der beklagten und widerklagenden Partei (im Folgenden: beklagte Partei) mit dem Antrag, die Urteile der Vorinstanzen dahin abzuändern, dass im führenden Verfahren die von ihr eingewendete Gegenforderung als zu Recht bestehend erkannt und daher das Klagebegehren abgewiesen werde und im verbundenen Verfahren ihrer Widerklage samt Rechnungslegungsbegehren stattgegeben werde. Hilfsweise wird auch ein Aufhebungsantrag gestellt.
Rechtliche Beurteilung
Das Rechtsmittel erweist sich teilweise mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO als unzulässig und teilweise fehlt es (derzeit) an einer Entscheidungskompetenz des Obersten Gerichtshofes zur inhaltlichen Erledigung. Dies ergibt sich aus folgenden Erwägungen:Das Rechtsmittel erweist sich teilweise mangels der Voraussetzungen des Paragraph 502, Absatz eins, ZPO als unzulässig und teilweise fehlt es (derzeit) an einer Entscheidungskompetenz des Obersten Gerichtshofes zur inhaltlichen Erledigung. Dies ergibt sich aus folgenden Erwägungen:
1. Der Wert des Entscheidungsgegenstandes, über den das Berufungsgericht entschieden hat, übersteigt im führenden Verfahren zwar EUR 4.000, nicht jedoch EUR 20.000, während im verbundenen Verfahren bereits das Zahlungsbegehren diesen höheren Grenzwert übersteigt. Für die Frage der Zulässigkeit der Revision (hier im Hinblick auf § 502 Abs 3 ZPO) ist - ungeachtet der Verbindung der beiden Verfahren über Klage und Widerklage zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung - der Entscheidungsgegenstand in jedem einzelnen Rechtsstreit maßgebend (SZ 69/266; 3 Ob 102/01y, 10 Ob 309/00i ua; Kodek in Rechberger, ZPO² § 502 Rz 1 mwN).1. Der Wert des Entscheidungsgegenstandes, über den das Berufungsgericht entschieden hat, übersteigt im führenden Verfahren zwar EUR 4.000, nicht jedoch EUR 20.000, während im verbundenen Verfahren bereits das Zahlungsbegehren diesen höheren Grenzwert übersteigt. Für die Frage der Zulässigkeit der Revision (hier im Hinblick auf Paragraph 502, Absatz 3, ZPO) ist - ungeachtet der Verbindung der beiden Verfahren über Klage und Widerklage zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung - der Entscheidungsgegenstand in jedem einzelnen Rechtsstreit maßgebend (SZ 69/266; 3 Ob 102/01y, 10 Ob 309/00i ua; Kodek in Rechberger, ZPO² Paragraph 502, Rz 1 mwN).
2. Bezüglich der das führende Verfahren betreffenden Revision widerspricht die direkte Vorlage des Aktes an den Obersten Gerichtshof der geltenden Rechtslage.
Im vorliegenden Fall hat die beklagte Partei das Rechtsmittel rechtzeitig beim Erstgericht eingebracht und darin auch ausgeführt, warum sie entgegen dem Ausspruch des Berufungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet. Der Revision fehlt jedoch die ausdrückliche Erklärung, dass die beklagte Partei im Verfahren über die Klage den Antrag auf Abänderung des Zulässigkeitsausspruchs durch das Berufungsgericht (§ 508 Abs 1 ZPO) stelle. Im Streitwertbereich des § 502 Abs 3 ZPO sind Rechtsmittel gegen Entscheidungen, gegen die nach dem Ausspruch der zweiten Instanz die ordentliche Revision nicht zulässig ist, dem Gericht zweiter Instanz (sofort), nicht aber dem Obersten Gerichtshof vorzulegen (§ 508 ZPO). Ist das Erstgericht der Meinung, einer solchen Vorgangsweise stehe das Fehlen des ausdrücklichen Antrags entgegen, das Berufungsgericht möge seinen Zulässigkeitsausspruch abändern und es genüge die im Rechtsmittel ohnehin enthaltene Zulassungsbeschwerde deshalb nicht, weil diese erkennbar (gleich den Revisionsausführungen zur Sache) an den Obersten Gerichtshof gerichtet sei, dann wird es einen mit Fristsetzung verbundenen Verbesserungsauftrag zu erteilen haben. Fehlt nämlich einem fristgebundenen Schriftsatz ein Inhaltserfordernis im Sinn des § 84 Abs 3 ZPO, dann ist ein Verbesserungsverfahren einzuleiten. Dies gilt nach § 474 Abs 2 Satz 2 ZPO auch für das Fehlen des Rechtsmittelantrags (3 Ob 102/01y uva). Aus diesen Erwägungen sind die Akten bezüglich jenes Teiles der Revision, der sich auf die die teilweise Stattgebung der Klage bestätigende Entscheidung des Berufungsgerichtes bezieht, dem Erstgericht zur richtigen Behandlung zurückzustellen.Im vorliegenden Fall hat die beklagte Partei das Rechtsmittel rechtzeitig beim Erstgericht eingebracht und darin auch ausgeführt, warum sie entgegen dem Ausspruch des Berufungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet. Der Revision fehlt jedoch die ausdrückliche Erklärung, dass die beklagte Partei im Verfahren über die Klage den Antrag auf Abänderung des Zulässigkeitsausspruchs durch das Berufungsgericht (Paragraph 508, Absatz eins, ZPO) stelle. Im Streitwertbereich des Paragraph 502, Absatz 3, ZPO sind Rechtsmittel gegen Entscheidungen, gegen die nach dem Ausspruch der zweiten Instanz die ordentliche Revision nicht zulässig ist, dem Gericht zweiter Instanz (sofort), nicht aber dem Obersten Gerichtshof vorzulegen (Paragraph 508, ZPO). Ist das Erstgericht der Meinung, einer solchen Vorgangsweise stehe das Fehlen des ausdrücklichen Antrags entgegen, das Berufungsgericht möge seinen Zulässigkeitsausspruch abändern und es genüge die im Rechtsmittel ohnehin enthaltene Zulassungsbeschwerde deshalb nicht, weil diese erkennbar (gleich den Revisionsausführungen zur Sache) an den Obersten Gerichtshof gerichtet sei, dann wird es einen mit Fristsetzung verbundenen Verbesserungsauftrag zu erteilen haben. Fehlt nämlich einem fristgebundenen Schriftsatz ein Inhaltserfordernis im Sinn des Paragraph 84, Absatz 3, ZPO, dann ist ein Verbesserungsverfahren einzuleiten. Dies gilt nach Paragraph 474, Absatz 2, Satz 2 ZPO auch für das Fehlen des Rechtsmittelantrags (3 Ob 102/01y uva). Aus diesen Erwägungen sind die Akten bezüglich jenes Teiles der Revision, der sich auf die die teilweise Stattgebung der Klage bestätigende Entscheidung des Berufungsgerichtes bezieht, dem Erstgericht zur richtigen Behandlung zurückzustellen.
3. In der Revision gegen das Berufungsurteil, soweit damit die Abweisung der Widerklage bestätigt wurde, zeigt die Revisionswerberin keine erheblichen Rechtsfragen im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO auf:3. In der Revision gegen das Berufungsurteil, soweit damit die Abweisung der Widerklage bestätigt wurde, zeigt die Revisionswerberin keine erheblichen Rechtsfragen im Sinn des Paragraph 502, Absatz eins, ZPO auf:
Die beklagte Partei macht in ihren Ausführungen zur Zulässigkeit ihres Rechtsmittels geltend, das Berufungsgericht habe zu Recht angenommen, dass die Klägerin aufgrund der vertraglichen Vereinbarung in einem gewissen Umfang auch als Handelsvertreterin tätig gewesen sei. Das Berufungsgericht habe sich jedoch nicht mit der sich aus dem Handelsvertretergesetz und der Rechtsstellung der Klägerin als Handelsvertreterin ergebenden allgemeinen Treue- und Interessenwahrungspflicht befasst. Aus der allgemeinen Interessenwahrungspflicht folge, dass der Handelsvertreter dem Unternehmen nicht durch andere Geschäfte, die er im selben Handelszweig mache oder vermittle, eine unmittelbar schädigende Konkurrenz machen dürfe. Selbst unter Zugrundelegung der vom Berufungsgericht angenommenen Zustimmung zu einer Konkurrenztätigkeit des Handelsvertreters liege eine Verletzung der Interessenwahrungspflicht durch die Klägerin gegenüber der beklagten Partei als Unternehmer vor, wenn sie mit diesem einen Vertrag über die Erreichung eines bestimmten Quartalsziels schließe, jedoch ausschließlich Umsätze auf eigenen Namen und auf eigene Rechnung tätige, da durch diese Vorgangsweise die Interessen der beklagten Partei als Unternehmer erheblich beeinträchtigt würden. Die Klägerin wäre daher aufgrund der ihr obliegenden Interessenwahrungspflicht für den Unternehmer verpflichtet gewesen, ihre aufgrund des eingeschränkten Konkurrenzverbotes getätigten Umsätze nicht ausschließlich im eigenen Namen, sondern in Erfüllung der vertraglich vereinbarten Quartalsziele auch im Namen der beklagten Partei zu tätigen. Die Verletzung der Interessenwahrungspflicht begründe Schadenersatzansprüche des Unternehmers. Die Rechtsfrage, wie weit das Konkurrenzverbot einer Einzelfirmen-Handelsvertreterin im Bereich der betrieblichen Weiterbildung reiche, insbesondere, ob eine Einschränkung des Konkurrenzverbotes eine Handelsvertreterin auch von der Pflicht zur Interessenwahrung entbinde, stelle eine erhebliche Rechtsfrage dar.
Diesen Ausführungen ist grundsätzlich insoweit beizupflichten, als sich der Handelsvertreter gemäß § 5 HVertrG um die Vermittlung oder den Abschluss von Geschäften zu bemühen hat und er bei Ausübung seiner Tätigkeit das Interesse des Unternehmers mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmannes wahrzunehmen hat. Die Verletzung von Interessenwahrungspflichten führt zu Schadenersatzansprüchen des Unternehmers (HS 25.327 ua). Die Intensität, mit der sich der Handelsvertreter um die Vermittlung oder den Abschluss zu bemühen hat, hängt von der vertraglichen Vereinbarung und den Umständen des Einzelfalls ab. Regelmäßig können an einen Einfirmenvertreter höhere Anforderungen als an sonstige Handelsvertreter gestellt werden. Ein Einfirmenvertreter hat sich grundsätzlich voll seiner Vertretung zu widmen. Ansonsten muss es der Unternehmer hinnehmen, dass der Handelsvertreter noch andere Vertretungen übernimmt oder sonstigen Erwerbstätigkeiten nachgeht. In diesem Fall wird nur eine Tätigkeit im Maß der persönlichen Einsatzmöglichkeiten geschuldet, wobei aber die Mindestanforderungen an die objektiv nach kaufmännischer Sorgfalt zu verlangende Wahrnehmung der Unternehmerinteressen nicht vernachlässigt werden dürfen (vgl Nocker, Der Handelsvertretervertrag Rz 124; Brüggemann in Staub, HGB - Großkommentar4 § 86 Rz 6; v. Hoyningen - Huene in Karsten Schmidt, HGB I § 86 Rz 25 f ua). Nach den maßgebenden Feststellungen sollte die Klägerin aufgrund der Vereinbarung vom 16. 12. 2001 für die beklagte Partei im Verkauf/Akquisition/Kundenbetreuung sowie Projektmanagement und als Trainerin tätig sein. Da die Klägerin bei Beginn des Vertragsverhältnisses im Rahmen eines Lehrauftrages an der Fachhochschule Wiener Neustadt tätig war und sie sich die Möglichkeit offenhalten wollte, im Rahmen einer selbständigen Tätigkeit auch für andere Unternehmen tätig zu sein, wurde nach den insoweit gar nicht bekämpften Ausführungen des Berufungsgerichtes ein Wettbewerbsverbot in der Form vereinbart, dass die Klägerin berechtigt war, weiterhin auf eigene Rechnung tätig zu werden, wobei sie allerdings keine Verträge mit den ihr von der beklagten Partei namhaft gemachten Kunden und Interessenten im eigenen Namen abschließen durfte. Die Klägerin sollte daher nach der getroffenen Vereinbarung entgegen der Behauptung der Revisionswerberin nicht als Einfirmenvertreterin ausschließlich für die beklagte Partei tätig sein. Dass die Klägerin gegen dieses eingeschränkte Wettbewerbsverbot verstoßen hätte, wird auch von der beklagten Partei nicht behauptet. Die Klägerin führte für die beklagte Partei vereinbarungsgemäß Trainertätigkeiten durch und betreute bereits bestehende Kunden, wobei es ihr aber nicht gelang, neue Kunden für die beklagte Partei zu akquirieren. Die Vorinstanzen nahmen allerdings das Vorliegen einer Vereinbarung des Inhalts, dass die in den Quartalszielen festgelegten Umsätze ausschließlich oder hauptsächlich aus einer Akquisitionstätigkeit der Klägerin resultieren sollten und die Klägerin die Erzielung dieser Umsätze garantiert habe, als nicht erwiesen an. Die Klägerin, die noch über keine beruflichen Erfahrungen in der Akquisitionstätigkeit verfügte, konnte während der Zeit ihrer Tätigkeit für die beklagte Partei auch im Rahmen ihrer selbständigen Tätigkeit im eigenen Namen und auf eigene Rechnung ausschließlich die Gewerkschaft ***** als neuen Kunden gewinnen, wobei sie aufgrund persönlicher Kontakte im September 2001 die Möglichkeit erhalten hatte, sich bei diesem Kunden vorzustellen und in der Folge in den Jahren 2002 und 2003 Trainingseinheiten für diesen Kunden durchzuführen. Die Frage, ob ein Verhalten eines Handelsvertreters einen Verstoß gegen die Interessenwahrungspflicht verwirklicht, kann jeweils nur anhand der Umstände des Einzelfalles beurteilt werden. In der Verneinung eines solchen bereits in der Berufung geltend gemachten Verstoßes durch das Berufungsgericht ist keinesfalls eine die Zulässigkeit der Revision bewirkende Fehlbeurteilung zu erkennen, zumal ein Verstoß der Klägerin gegen das vertraglich vereinbarte Wettbewerbsverbot unbestritten nicht vorliegt, der Klägerin im Übrigen aber die Ausübung einer selbständigen Erwerbstätigkeit auch im Geschäftszweig des Unternehmers ausdrücklich gestattet war, wobei ein vorrangiger Abschluss von Geschäften mit neuen Kunden für die beklagte Partei nicht vereinbart war, und besondere Umstände, welche die Annahme einer Verletzung der Interessenwahrungspflicht bei Abschluss des Vertrages der Klägerin über Trainertätigkeiten für die Gewerkschaft ***** rechtfertigen könnten, weder behauptet noch festgestellt wurden. Insgesamt vermag es die beklagte Partei jedenfalls nicht, eine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO darzustellen.Diesen Ausführungen ist grundsätzlich insoweit beizupflichten, als sich der Handelsvertreter gemäß Paragraph 5, HVertrG um die Vermittlung oder den Abschluss von Geschäften zu bemühen hat und er bei Ausübung seiner Tätigkeit das Interesse des Unternehmers mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmannes wahrzunehmen hat. Die Verletzung von Interessenwahrungspflichten führt zu Schadenersatzansprüchen des Unternehmers (HS 25.327 ua). Die Intensität, mit der sich der Handelsvertreter um die Vermittlung oder den Abschluss zu bemühen hat, hängt von der vertraglichen Vereinbarung und den Umständen des Einzelfalls ab. Regelmäßig können an einen Einfirmenvertreter höhere Anforderungen als an sonstige Handelsvertreter gestellt werden. Ein Einfirmenvertreter hat sich grundsätzlich voll seiner Vertretung zu widmen. Ansonsten muss es der Unternehmer hinnehmen, dass der Handelsvertreter noch andere Vertretungen übernimmt oder sonstigen Erwerbstätigkeiten nachgeht. In diesem Fall wird nur eine Tätigkeit im Maß der persönlichen Einsatzmöglichkeiten geschuldet, wobei aber die Mindestanforderungen an die objektiv nach kaufmännischer Sorgfalt zu verlangende Wahrnehmung der Unternehmerinteressen nicht vernachlässigt werden dürfen vergleiche Nocker, Der Handelsvertretervertrag Rz 124; Brüggemann in Staub, HGB - Großkommentar4 Paragraph 86, Rz 6; v. Hoyningen - Huene in Karsten Schmidt, HGB römisch eins Paragraph 86, Rz 25 f ua). Nach den maßgebenden Feststellungen sollte die Klägerin aufgrund der Vereinbarung vom 16. 12. 2001 für die beklagte Partei im Verkauf/Akquisition/Kundenbetreuung sowie Projektmanagement und als Trainerin tätig sein. Da die Klägerin bei Beginn des Vertragsverhältnisses im Rahmen eines Lehrauftrages an der Fachhochschule Wiener Neustadt tätig war und sie sich die Möglichkeit offenhalten wollte, im Rahmen einer selbständigen Tätigkeit auch für andere Unternehmen tätig zu sein, wurde nach den insoweit gar nicht bekämpften Ausführungen des Berufungsgerichtes ein Wettbewerbsverbot in der Form vereinbart, dass die Klägerin berechtigt war, weiterhin auf eigene Rechnung tätig zu werden, wobei sie allerdings keine Verträge mit den ihr von der beklagten Partei namhaft gemachten Kunden und Interessenten im eigenen Namen abschließen durfte. Die Klägerin sollte daher nach der getroffenen Vereinbarung entgegen der Behauptung der Revisionswerberin nicht als Einfirmenvertreterin ausschließlich für die beklagte Partei tätig sein. Dass die Klägerin gegen dieses eingeschränkte Wettbewerbsverbot verstoßen hätte, wird auch von der beklagten Partei nicht behauptet. Die Klägerin führte für die beklagte Partei vereinbarungsgemäß Trainertätigkeiten durch und betreute bereits bestehende Kunden, wobei es ihr aber nicht gelang, neue Kunden für die beklagte Partei zu akquirieren. Die Vorinstanzen nahmen allerdings das Vorliegen einer Vereinbarung des Inhalts, dass die in den Quartalszielen festgelegten Umsätze ausschließlich oder hauptsächlich aus einer Akquisitionstätigkeit der Klägerin resultieren sollten und die Klägerin die Erzielung dieser Umsätze garantiert habe, als nicht erwiesen an. Die Klägerin, die noch über keine beruflichen Erfahrungen in der Akquisitionstätigkeit verfügte, konnte während der Zeit ihrer Tätigkeit für die beklagte Partei auch im Rahmen ihrer selbständigen Tätigkeit im eigenen Namen und auf eigene Rechnung ausschließlich die Gewerkschaft ***** als neuen Kunden gewinnen, wobei sie aufgrund persönlicher Kontakte im September 2001 die Möglichkeit erhalten hatte, sich bei diesem Kunden vorzustellen und in der Folge in den Jahren 2002 und 2003 Trainingseinheiten für diesen Kunden durchzuführen. Die Frage, ob ein Verhalten eines Handelsvertreters einen Verstoß gegen die Interessenwahrungspflicht verwirklicht, kann jeweils nur anhand der Umstände des Einzelfalles beurteilt werden. In der Verneinung eines solchen bereits in der Berufung geltend gemachten Verstoßes durch das Berufungsgericht ist keinesfalls eine die Zulässigkeit der Revision bewirkende Fehlbeurteilung zu erkennen, zumal ein Verstoß der Klägerin gegen das vertraglich vereinbarte Wettbewerbsverbot unbestritten nicht vorliegt, der Klägerin im Übrigen aber die Ausübung einer selbständigen Erwerbstätigkeit auch im Geschäftszweig des Unternehmers ausdrücklich gestattet war, wobei ein vorrangiger Abschluss von Geschäften mit neuen Kunden für die beklagte Partei nicht vereinbart war, und besondere Umstände, welche die Annahme einer Verletzung der Interessenwahrungspflicht bei Abschluss des Vertrages der Klägerin über Trainertätigkeiten für die Gewerkschaft ***** rechtfertigen könnten, weder behauptet noch festgestellt wurden. Insgesamt vermag es die beklagte Partei jedenfalls nicht, eine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des Paragraph 502, Absatz eins, ZPO darzustellen.
Anmerkung
E77171 10Ob30.05tEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2005:0100OB00030.05T.0426.000Dokumentnummer
JJT_20050426_OGH0002_0100OB00030_05T0000_000