TE OGH 2005/5/10 5Ob8/05w

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Veröffentlicht am 10.05.2005
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Floßmann als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Baumann, Dr. Hurch, Dr. Kalivoda und Dr. Höllwerth als weitere Richter in der Pflegschaftssache des mj. Ricardo B*****, vertreten durch den Magistrat der Stadt Wien, Amt für Jugend und Familie - Rechtsfürsorge, 1110 Wien, Enkplatz 2, als Sachwalter, über den Revisionsrekurs des Minderjährigen gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 25. August 2004, GZ 42 R 270/04y-41, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien vom 23. April 2004, GZ 2 P 2147/95s-36, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Der mj. Ricardo B***** wurde am 18. August 1993 während aufrechter Ehe seiner Mutter Elisabeth Christine G***** mit Haci Abrahim G***** geboren; dessen Klage wegen Bestreitung der ehelichen Geburt gab das Bezirksgericht Innere Stadt Wien mit Urteil vom 10. Februar 1994, GZ 3 C 226/93y-10, rechtskräftig seit 22. September 1994, statt, und stellte fest, dass der Minderjährige kein eheliches Kind des Klägers ist.

Das Kind befindet sich in Pflege und Erziehung der mütterlichen Großmutter.

Der Minderjährige begehrte mit der am 29. August 2002 beim Bezirksgericht Innere Stadt Wien überreichten Klage gegenüber Franz P***** die Feststellung, dass dieser sein Vater, und weiters schuldig sei, ihm ab 18. August 1993 (= Tag der Geburt) mtl. Unterhaltsbeiträge von EUR 625 zu bezahlen. Das Bezirksgericht Innere Stadt Wien verwies bei der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung am 20. März 2003 die Rechtssache hinsichtlich der Unterhaltsansprüche auf den außerstreitigen Rechtsweg, schloss im Übrigen die Streitverhandlung und stellte mit Urteil vom 16. April 2003, GZ 2 C 155/02s-15, rechtskräftig seit 20. Juni 2003, fest, dass Franz P***** der Vater des mj. Ricardo B***** ist.

Der Minderjährige begehrte im Außerstreitverfahren mit seinem am 29. September 2003 beim Erstgericht überreichten Antrag (ON 17) von seinem Vater Franz P***** die Zahlung mtl. Unterhaltsbeiträge von EUR 160 ab 18. August 1993 (= Tag der Geburt), EUR 180 ab 1. September 1999, EUR 170 ab 1. Dezember 2001 und EUR 190 ab 1. September 2003.

Der Vater erklärte sich bereit, ab 1. November 2003 mtl. Unterhaltsbeiträge von EUR 73 zu leisten, beantragte die Abweisung des Unterhaltsmehrbegehrens und wandte gegen das Unterhaltsbegehren für die Zeit vor dem 29. August 1999 (= drei Jahre vor Einbringung der Vaterschaftsfeststellungs- und Unterhaltsklage) Verjährung ein.

Das Erstgericht verpflichtete den Vater - unbekämpft - zur Zahlung mtl. Unterhaltsbeiträge von EUR 160 für die Zeit von 29. August bis 31. Dezember 1999, von EUR 170 für die Zeit von 1. Jänner 2000 bis 30. November 2001, von EUR 165 von 1. Dezember 2001 bis 31. August 2003 und von EUR 190 ab 1. September 2003. Das Unterhaltsmehrbegehren für die Zeit von 1. Jänner 2000 bis 31. August 2003 wies das Erstgericht - ebenfalls unbekämpft - ab und das gesamte Unterhaltsfestsetzungsbegehren des Minderjährigen für den Zeitraum von 18. August 1993 (= Tag der Geburt) bis 28. August 1999 (= drei Jahre vor Einbringung der Vaterschaftsfeststellungs- und Unterhaltsklage) wegen Verjährung zurück.

Der Minderjährige erhob gegen die Zurückweisung seines Unterhaltsfestsetzungsbegehrens für die Zeit von 18. August 1993 bis 28. August 1999 Rekurs mit der wesentlichen Begründung, der Verjährungseinwand des Vaters sei nicht berechtigt, weil er vor dessen Vaterschaftsfeststellung seine Unterhaltsansprüche nicht habe geltend machen können. Überdies würden Unterhaltsbeiträge, die bis zur Rechtskraft der gerichtlichen Entscheidung fällig geworden seien, als Judikatschuld nicht der 3-jährigen, sondern der 30-jährigen Verjährungsfrist unterliegen.

Das Rekursgericht gab dem Rechtsmittel des Minderjährigen nicht Folge; es ging dabei rechtlich ebenfalls von der Verjährung derjenigen Unterhaltsansprüche aus, die sich auf den mehr als drei Jahre vor Erhebung der Unterhaltsklage zurückliegenden Zeitraum beziehen. Nachdem das Rekursgericht zunächst ausgesprochen hatte, der ordentliche Revisionsrekurs sei nicht zulässig, änderte es diesen Ausspruch über Antrag des Minderjährigen nach § 14a AußStrG aF dahin ab, dass der ordentliche Revisionsrekurs doch zulässig sei; es begründete diesen Beschluss damit, dass zur Frage, inwieweit die Verjährungsfrist für Unterhaltsansprüche für die Vergangenheit erst ab Rechtskraft eines Vaterschaftsfeststellungsurteils zu laufen beginne, eine Judikatur des Obersten Gerichtshofs bislang fehle.Das Rekursgericht gab dem Rechtsmittel des Minderjährigen nicht Folge; es ging dabei rechtlich ebenfalls von der Verjährung derjenigen Unterhaltsansprüche aus, die sich auf den mehr als drei Jahre vor Erhebung der Unterhaltsklage zurückliegenden Zeitraum beziehen. Nachdem das Rekursgericht zunächst ausgesprochen hatte, der ordentliche Revisionsrekurs sei nicht zulässig, änderte es diesen Ausspruch über Antrag des Minderjährigen nach Paragraph 14 a, AußStrG aF dahin ab, dass der ordentliche Revisionsrekurs doch zulässig sei; es begründete diesen Beschluss damit, dass zur Frage, inwieweit die Verjährungsfrist für Unterhaltsansprüche für die Vergangenheit erst ab Rechtskraft eines Vaterschaftsfeststellungsurteils zu laufen beginne, eine Judikatur des Obersten Gerichtshofs bislang fehle.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs des Minderjährigen, in dem dieser seine Rekursargumente wiederholt, ist entgegen dem - den Obersten Gerichtshof nicht bindenden - Ausspruch des Rekursgerichts nicht zulässig; dies folgt aus nachstehenden, gemäß § 16 Abs 4 AußStrG aF iVm § 510 Abs 3 ZPO kurz darzustellenden Gründen:Der Revisionsrekurs des Minderjährigen, in dem dieser seine Rekursargumente wiederholt, ist entgegen dem - den Obersten Gerichtshof nicht bindenden - Ausspruch des Rekursgerichts nicht zulässig; dies folgt aus nachstehenden, gemäß Paragraph 16, Absatz 4, AußStrG aF in Verbindung mit Paragraph 510, Absatz 3, ZPO kurz darzustellenden Gründen:

1. Unterhaltsansprüche können grundsätzlich auch für die Vergangenheit gestellt werden. Gesetzliche Unterhaltsansprüche - für Zeiten vor der gerichtlichen Geltendmachung (1 Ob 117/01i = ÖA 2002, 171) - unterliegen nur der Verjährung des § 1480 ABGB (Verstärkter Senat 6 Ob 544/87 = EFSlg 25/3 = JBl 1988, 586 = AnwBl 1989, 294 = EvBl 1988/123 = SZ 61/143 = ÖA 1988, 79; RIS-Justiz RS0034969).1. Unterhaltsansprüche können grundsätzlich auch für die Vergangenheit gestellt werden. Gesetzliche Unterhaltsansprüche - für Zeiten vor der gerichtlichen Geltendmachung (1 Ob 117/01i = ÖA 2002, 171) - unterliegen nur der Verjährung des Paragraph 1480, ABGB (Verstärkter Senat 6 Ob 544/87 = EFSlg 25/3 = JBl 1988, 586 = AnwBl 1989, 294 = EvBl 1988/123 = SZ 61/143 = ÖA 1988, 79; RIS-Justiz RS0034969).

2. Verjährung ist Nichtgebrauch eines Rechts, das an sich schon hätte ausgeübt werden können, für die Dauer der Verjährungsfrist (§ 1478 ABGB); diese Regelung gilt auch für die kurze Verjährungsfrist des § 1480 ABGB (vgl Mader in Schwimann² § 1478 ABGB Rz 6 und § 1480 ABGB Rz 4). Die Verjährung beginnt mit der objektiven Möglichkeit zu klagen. Subjektive in der Person des Berechtigten liegende Hindernisse, haben idR auf den Beginn der Verjährungszeit keinen Einfluss (RIS-Justiz RS0034248). Soweit daher das Gesetz keine Ausnahmen macht - wie etwa im § 1489 ABGB für die Verjährung von Schadenersatzansprüchen - spielt die Kenntnis des Berechtigten vom Bestehen des Anspruchs oder der Person des Verpflichteten keine Rolle für den Beginn der Verjährung (6 Ob 146/00i = wobl 2002/2; 8 ObA 105/03d = RdW 2004/507).2. Verjährung ist Nichtgebrauch eines Rechts, das an sich schon hätte ausgeübt werden können, für die Dauer der Verjährungsfrist (Paragraph 1478, ABGB); diese Regelung gilt auch für die kurze Verjährungsfrist des Paragraph 1480, ABGB vergleiche Mader in Schwimann² Paragraph 1478, ABGB Rz 6 und Paragraph 1480, ABGB Rz 4). Die Verjährung beginnt mit der objektiven Möglichkeit zu klagen. Subjektive in der Person des Berechtigten liegende Hindernisse, haben idR auf den Beginn der Verjährungszeit keinen Einfluss (RIS-Justiz RS0034248). Soweit daher das Gesetz keine Ausnahmen macht - wie etwa im Paragraph 1489, ABGB für die Verjährung von Schadenersatzansprüchen - spielt die Kenntnis des Berechtigten vom Bestehen des Anspruchs oder der Person des Verpflichteten keine Rolle für den Beginn der Verjährung (6 Ob 146/00i = wobl 2002/2; 8 ObA 105/03d = RdW 2004/507).

3. Gemäß § 1495 Satz 1 ABGB kann zwar zwischen Kindern und Eltern, solange die Kinder unter elterlicher Gewalt stehen, die Verjährung weder anfangen noch fortgesetzt werden, doch führt eine objektiv-teleologische Interpretation zu dem Ergebnis, dass die Hemmung der Verjährung nach dieser Gesetzesstelle dann nicht eingreift, wenn dem schuldnerischen Elternteil - wie hier dem Vater - die Obsorge zur Gänze fehlte (1 Ob 117/01i = ÖA 2002, 171).3. Gemäß Paragraph 1495, Satz 1 ABGB kann zwar zwischen Kindern und Eltern, solange die Kinder unter elterlicher Gewalt stehen, die Verjährung weder anfangen noch fortgesetzt werden, doch führt eine objektiv-teleologische Interpretation zu dem Ergebnis, dass die Hemmung der Verjährung nach dieser Gesetzesstelle dann nicht eingreift, wenn dem schuldnerischen Elternteil - wie hier dem Vater - die Obsorge zur Gänze fehlte (1 Ob 117/01i = ÖA 2002, 171).

4. Nach der Rechtslage vor dem AußStrG 2003 konnten Unterhaltsansprüche eines unehelichen Kindes mit der Vaterschaftsfeststellungsklage verbunden und dann im streitigen Rechtsweg durchgesetzt werden (§ 76c JN [vor dem AußStrG 2003]; vgl auch Art V Z 7 UeKindG [vor dem AußStrG 2003]; 1 Ob 645/85 mwN; Ballon in Fasching² I § 1 JN Rz 287; Simotta in Fasching² I § 76c Rz 4; Mayr in Rechberger² § 76c JN Rz 1).4. Nach der Rechtslage vor dem AußStrG 2003 konnten Unterhaltsansprüche eines unehelichen Kindes mit der Vaterschaftsfeststellungsklage verbunden und dann im streitigen Rechtsweg durchgesetzt werden (Paragraph 76 c, JN [vor dem AußStrG 2003]; vergleiche auch Art römisch fünf Ziffer 7, UeKindG [vor dem AußStrG 2003]; 1 Ob 645/85 mwN; Ballon in Fasching² römisch eins Paragraph eins, JN Rz 287; Simotta in Fasching² römisch eins Paragraph 76 c, Rz 4; Mayr in Rechberger² Paragraph 76 c, JN Rz 1).

5. Genau im Sinne des § 76c (alt) JN ist der Minderjährige mit seiner am 29. August 2002 beim Bezirksgericht Innere Stadt Wien überreichten Klage gegen den dann auch festgestellten Vater vorgegangen. Die objektive Möglichkeit zur Erhebung der Vaterschaftsfeststellungsklage und damit verbundener Unterhaltsansprüche bestand für den Minderjährigen jedenfalls seit am 22. September 1994 eingetretener Rechtskraft des Urteils des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien vom 10. Februar 1994, GZ 3 C 226/93y-10, mit dem festgestellt worden war, dass der Minderjährige kein eheliches Kind ist; spätestens ab diesem Zeitpunkt bestand kein rechtliches Hindernis mehr, welches einer Unterhaltsklage gegen den leiblichen Vater und damit aber auch dem Beginn der Verjährung der Unterhaltsansprüche entgegen gestanden wäre. Dass der Minderjährige vom (richtigen) leiblichen Vater, also von der (richtigen) Person des Verpflichteten allenfalls keine (frühere) Kenntnis hatte, spielt für den Beginn der Verjährung als bloß subjektives Hindernis keine Rolle. Die Vorinstanzen sind daher zutreffend von der Verjährung sämtliche Unterhaltsansprüche ausgegangen, die sich auf die Zeit vor mehr als drei Jahre vor Erhebung der Vaterschafts- und Unterhaltsklage beziehen; dies folgt aus den dargestellten allgemeinen Grundregeln des Verjährungsrechts, ohne dass dabei Rechtsfragen erheblicher Bedeutung iSd § 14 Abs 1 AußStrG aF zu klären sind. Die Frage nach der richtigen Entscheidungsform (Zurück- oder Abweisung des Unterhaltsfestsetzungungsantrags) wird im Revisionsrekurs nicht aufgegriffen und stellt infolge materiell richtiger Antragserledigung durch die Vorinstanzen ebenfalls keine erhebliche Rechtsfrage dar.5. Genau im Sinne des Paragraph 76 c, (alt) JN ist der Minderjährige mit seiner am 29. August 2002 beim Bezirksgericht Innere Stadt Wien überreichten Klage gegen den dann auch festgestellten Vater vorgegangen. Die objektive Möglichkeit zur Erhebung der Vaterschaftsfeststellungsklage und damit verbundener Unterhaltsansprüche bestand für den Minderjährigen jedenfalls seit am 22. September 1994 eingetretener Rechtskraft des Urteils des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien vom 10. Februar 1994, GZ 3 C 226/93y-10, mit dem festgestellt worden war, dass der Minderjährige kein eheliches Kind ist; spätestens ab diesem Zeitpunkt bestand kein rechtliches Hindernis mehr, welches einer Unterhaltsklage gegen den leiblichen Vater und damit aber auch dem Beginn der Verjährung der Unterhaltsansprüche entgegen gestanden wäre. Dass der Minderjährige vom (richtigen) leiblichen Vater, also von der (richtigen) Person des Verpflichteten allenfalls keine (frühere) Kenntnis hatte, spielt für den Beginn der Verjährung als bloß subjektives Hindernis keine Rolle. Die Vorinstanzen sind daher zutreffend von der Verjährung sämtliche Unterhaltsansprüche ausgegangen, die sich auf die Zeit vor mehr als drei Jahre vor Erhebung der Vaterschafts- und Unterhaltsklage beziehen; dies folgt aus den dargestellten allgemeinen Grundregeln des Verjährungsrechts, ohne dass dabei Rechtsfragen erheblicher Bedeutung iSd Paragraph 14, Absatz eins, AußStrG aF zu klären sind. Die Frage nach der richtigen Entscheidungsform (Zurück- oder Abweisung des Unterhaltsfestsetzungungsantrags) wird im Revisionsrekurs nicht aufgegriffen und stellt infolge materiell richtiger Antragserledigung durch die Vorinstanzen ebenfalls keine erhebliche Rechtsfrage dar.

Der Revisionsrekurs war daher zurückzuweisen.

Textnummer

E77149

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2005:0050OB00008.05W.0510.000

Im RIS seit

09.06.2005

Zuletzt aktualisiert am

23.11.2011
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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