TE OGH 2005/5/10 1Ob86/05m

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Veröffentlicht am 10.05.2005
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Zechner, Univ. Doz. Dr. Bydlinski, Dr. Fichtenau und Dr. Glawischnig als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Johannes Patzak, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur in Wien, wegen Feststellung (Streitwert EUR 1 Mio), über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 10. Dezember 2004, GZ 4 R 199/04v-45, womit das Urteil des Landesgerichts Wels vom 18. August 2004, GZ 3 Cg 112/03k-33, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Die rechtliche Beurteilung der Vorinstanzen, die das auf Amtshaftung gestützte Klagebegehren, es werde festgestellt, dass die Beklagte der Klägerin bzw der gemeinschuldnerischen Masse für alle Folgen hafte, die durch die Eröffnung des Konkurses über ihr Vermögen und durch die bis zur Klagseinbringung erfolgte Konkursabwicklung (23 S 293/95y LG Salzburg), insbesondere durch den unterpreisigen Verkauf des massegegenständlichen unternehmerischen Vermögens und die Verletzung der Prüfungspflicht hinsichtlich der tatsächlichen Forderungseingänge entstanden sind und entstehen werden, unter anderem wegen Verletzung der Rettungspflicht der Klägerin und wegen Verjährung abgewiesen haben, ist jedenfalls vertretbar.

Entgegen den Ausführungen der Rechtsmittelwerberin liegt in der Auffassung des Berufungsgerichts, dass die Klägerin ihrer Rettungspflicht gemäß § 2 Abs 2 AHG nicht nachgekommen sei, keine grobe Verkennung der Rechtslage.

Gemäß § 2 Abs 2 AHG besteht kein Ersatzanspruch gegen einen Rechtsträger, wenn der Geschädigte seinen Schaden durch Rechtsmittel (oder Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof) hätte abwenden können. Die Absicht des Gesetzes geht dahin, nur für jene Eingriffe Ersatz zu gewähren, für deren Folgen keine verfahrensrechtlich mögliche Abhilfe in Betracht kam. Der Amtshaftungsanspruch ist also insofern subsidiär, als ein durch hoheitliches Handeln eines Rechtsträgers potentiell Geschädigter zunächst verpflichtet ist, die ihm vom Rechtsstaat zur Verfügung gestellten und eine Abwendung des Schadens noch ermöglichenden Rechtsbehelfe auszunützen. Amtshaftung hat nur einzutreten, wenn das von den Gesetzen primär zur Verfügung gestellte Sicherungsnetz an Rechtsbehelfen nicht ausreicht oder ausreichen könnte, den Schaden zu verhindern. Die vorherige erfolglose Ergreifung der in Betracht kommenden Rechtsbehelfe oder die Aussichtslosigkeit, dass diese Rechtsbehelfe den Schaden noch hätten abwenden können, ist also anspruchsbegründendes Element. Nur für unverbesserliche Vollzugsakte soll Ersatz geleistet werden (1 Ob 30/89 = ecolex 1990, 23 mwH; Schragel AHG3 Rz 182 mwN). Ein Amtshaftungsanspruch kann demnach, wenn ein Rechtsmittel zur Verfügung stand und (schuldhaft) nicht ergriffen wurde, nur entstehen, wenn der Schaden durch dieses Rechtsmittel nicht mehr abgewendet werden konnte, weil er schon entstanden war, ehe der Rechtsbehelf Abhilfe hätte schaffen können (ecolex 1990, 23; SZ 72/51; SZ 71/98 ua). So fällt die Unterlassung eines Rekurses gegen einen Konkurseröffnungsbeschluss, dem keine aufschiebende Wirkung zukommt, dem Geschädigten nicht zur Last, wenn er nur Schäden ersetzt begehrt, die allein auf die sofortigen einschneidenden Wirkungen der Konkurseröffnung zurückzuführen sind (1 Ob 30/89; Schragel aaO). Der Amtshaftungskläger hat zu behaupten und zu beweisen, welcher Teil des geltend gemachten Schadens auch durch Ergreifung des nach der anzuwendenden Verfahrensordnung möglichen Rechtsmittels oder sonstigen Rechtsbehelfs nicht mehr vermeidbar war (SZ 72/28; RIS-Justiz RS0108081). Trotz Erörterung in der ersten Instanz (mündliche Streitverhandlung 26. 4. 2004, S 3 in ON 29) hat die Klägerin nicht dargelegt, welcher Schaden allein aus der Konkurseröffnung auch bei Erhebung eines Rechtsmittels der Klägerin nicht mehr abwendbar gewesen sei. Soweit die Rechtsmittelwerberin damit argumentiert, dass die Erhebung eines Rechtsmittels gegen die Konkurseröffnung unverschuldet unterblieben sei, weil die Konkurseröffnung „durch ein Gerichtsorgan aufgezwungen worden sei", entfernt sie sich von den Feststellungen. Im Übrigen lässt nur die Unterlassung offenbar aussichtsloser Abhilfemaßnahmen die Rechtsfolgen des § 2 Abs 2 AHG nicht eintreten (1 Ob 244/97g; 1 Ob 241/97s = SZ 71/7; 1 Ob 80/99t uva). Ein hypothetischer Nachvollzug, was geschehen wäre, hätte der Kläger von den ihm offen stehenden Rechtsbehelfen zeitgerecht Gebrauch gemacht, und ob bzw welcher Schaden dem Kläger dennoch entstanden wäre, kommt im Amtshaftungsverfahren nicht in Betracht (1 Ob 15/95; 1 Ob 244/97g1 Ob 241/97s = SZ 71/7 ua).Gemäß § 2 Abs 2 AHG besteht kein Ersatzanspruch gegen einen Rechtsträger, wenn der Geschädigte seinen Schaden durch Rechtsmittel (oder Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof) hätte abwenden können. Die Absicht des Gesetzes geht dahin, nur für jene Eingriffe Ersatz zu gewähren, für deren Folgen keine verfahrensrechtlich mögliche Abhilfe in Betracht kam. Der Amtshaftungsanspruch ist also insofern subsidiär, als ein durch hoheitliches Handeln eines Rechtsträgers potentiell Geschädigter zunächst verpflichtet ist, die ihm vom Rechtsstaat zur Verfügung gestellten und eine Abwendung des Schadens noch ermöglichenden Rechtsbehelfe auszunützen. Amtshaftung hat nur einzutreten, wenn das von den Gesetzen primär zur Verfügung gestellte Sicherungsnetz an Rechtsbehelfen nicht ausreicht oder ausreichen könnte, den Schaden zu verhindern. Die vorherige erfolglose Ergreifung der in Betracht kommenden Rechtsbehelfe oder die Aussichtslosigkeit, dass diese Rechtsbehelfe den Schaden noch hätten abwenden können, ist also anspruchsbegründendes Element. Nur für unverbesserliche Vollzugsakte soll Ersatz geleistet werden (1 Ob 30/89 = ecolex 1990, 23 mwH; Schragel AHG3 Rz 182 mwN). Ein Amtshaftungsanspruch kann demnach, wenn ein Rechtsmittel zur Verfügung stand und (schuldhaft) nicht ergriffen wurde, nur entstehen, wenn der Schaden durch dieses Rechtsmittel nicht mehr abgewendet werden konnte, weil er schon entstanden war, ehe der Rechtsbehelf Abhilfe hätte schaffen können (ecolex 1990, 23; SZ 72/51; SZ 71/98 ua). So fällt die Unterlassung eines Rekurses gegen einen Konkurseröffnungsbeschluss, dem keine aufschiebende Wirkung zukommt, dem Geschädigten nicht zur Last, wenn er nur Schäden ersetzt begehrt, die allein auf die sofortigen einschneidenden Wirkungen der Konkurseröffnung zurückzuführen sind (1 Ob 30/89; Schragel aaO). Der Amtshaftungskläger hat zu behaupten und zu beweisen, welcher Teil des geltend gemachten Schadens auch durch Ergreifung des nach der anzuwendenden Verfahrensordnung möglichen Rechtsmittels oder sonstigen Rechtsbehelfs nicht mehr vermeidbar war (SZ 72/28; RIS-Justiz RS0108081). Trotz Erörterung in der ersten Instanz (mündliche Streitverhandlung 26. 4. 2004, S 3 in ON 29) hat die Klägerin nicht dargelegt, welcher Schaden allein aus der Konkurseröffnung auch bei Erhebung eines Rechtsmittels der Klägerin nicht mehr abwendbar gewesen sei. Soweit die Rechtsmittelwerberin damit argumentiert, dass die Erhebung eines Rechtsmittels gegen die Konkurseröffnung unverschuldet unterblieben sei, weil die Konkurseröffnung „durch ein Gerichtsorgan aufgezwungen worden sei", entfernt sie sich von den Feststellungen. Im Übrigen lässt nur die Unterlassung offenbar aussichtsloser Abhilfemaßnahmen die Rechtsfolgen des § 2 Absatz 2, AHG nicht eintreten (1 Ob 244/97g; 1 Ob 241/97s = SZ 71/7; 1 Ob 80/99t uva). Ein hypothetischer Nachvollzug, was geschehen wäre, hätte der Kläger von den ihm offen stehenden Rechtsbehelfen zeitgerecht Gebrauch gemacht, und ob bzw welcher Schaden dem Kläger dennoch entstanden wäre, kommt im Amtshaftungsverfahren nicht in Betracht (1 Ob 15/95; 1 Ob 244/97g1 Ob 241/97s = SZ 71/7 ua).

Auch mit ihren Ausführungen „es gebe keine Rechtsprechung des Höchstgerichts darüber, dass der gegen ein Gerichtsorgan erhobene Vorwurf eines strafgerichtlichen Verhaltens schon dadurch entkräftet sei, dass dieses Organ als unbefangen angesehen werde", vermag die Rechtsmittelwerberin eine Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO nicht aufzuzeigen. Vielmehr übergeht sie den Umstand, dass das Berufungsgericht ausführlich begründet hat, dass schon das Tatbild des dem Konkursrichter vorgeworfenen Amtsmissbrauchs (§ 302 StGB) nicht erfüllt sei. Die Tatsache, dass die Befangenheit des Konkursrichters rechtskräftig verneint wurde, hat das Berufungsgericht lediglich als zusätzliches Argument für die Nichtanwendung der 10-jährigen Verjährungsfrist angeführt.

Die Abweisung des Klagebegehrens ergibt sich bereits aus der vertretbaren Rechtsansicht der Vorinstanzen, dass die Klägerin einerseits ihre Rettungspflicht verletzt hat, andererseits der Anspruch gemäß § 6 Abs 1 AHG verjährt ist. Auf die Frage des rechtlichen Interesses für die vorliegende Feststellungsklage ist folglich nicht mehr einzugehen.Die Abweisung des Klagebegehrens ergibt sich bereits aus der vertretbaren Rechtsansicht der Vorinstanzen, dass die Klägerin einerseits ihre Rettungspflicht verletzt hat, andererseits der Anspruch gemäß § 6 Absatz eins, AHG verjährt ist. Auf die Frage des rechtlichen Interesses für die vorliegende Feststellungsklage ist folglich nicht mehr einzugehen.

Die außerordentliche Revision ist zurückzuweisen.

Textnummer

E77237

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2005:0010OB00086.05M.0510.000

Im RIS seit

09.06.2005

Zuletzt aktualisiert am

06.12.2010
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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