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L82306 Abwasser Kanalisation Steiermark;Norm
KanalG Stmk 1988 §4 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Bernegger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Fritz, über die Beschwerde 1. des Ing. MB und 2. der MB, beide in S, vertreten durch Bruckner & Emberger & Ullrich-Pansi Rechtsanwälte OEG in 8430 Leibnitz, Kadagasse 19, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 6. September 2006, GZ. FA 13B-12.10-J-71/2006-1, betreffend Kanalanschlussverpflichtung (mitbeteiligte Partei: Gemeinde S, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Auf Grund der Beschwerde und der dieser angeschlossenen Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ist von folgendem Sachverhalt auszugehen:
Der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde verpflichtete die Beschwerdeführer als Eigentümer einer Liegenschaft in der mitbeteiligten Gemeinde gemäß § 4 Stmk. KanalG 1988 zum Anschluss an das öffentliche Kanalnetz der mitbeteiligten Gemeinde.
Der Gemeinderat der mitbeteiligten Gemeinde wies die dagegen erhobene Berufung der Beschwerdeführer mit Bescheid vom 5. April 2006 ab. Er begründete dies damit, dass gemäß § 138 Abs. 2 Wasserrechtsgesetz (WRG) die Ausbringung der mit aufbereiteten Hausabwässern vermengten landwirtschaftlichen Abwässer des landwirtschaftlichen Betriebes der Beschwerdeführer auf eigene oder fremde landwirtschaftliche Flächen bis zur allfälligen Erteilung einer wasserrechtlichen Bewilligung den Beschwerdeführern untersagt worden sei, der Kanalstrang zur Ableitung in die Verbandsabwasserreinigungsanlage R. durch den Hof auf der Liegenschaft der Beschwerdeführer verlaufe und im Sinne einer Gleichbehandlung aller Liegenschaften im Anschlussbereich keine Ausnahme von der Verpflichtung zum Anschluss an das öffentliche Kanalnetz der mitbeteiligten Gemeinde erteilt werde.
Die belangte Behörde wies mit dem angefochtenen Bescheid die dagegen von den Beschwerdeführern erhobene Vorstellung als unbegründet ab. Sie führte dazu im Wesentlichen aus, dass es nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes Voraussetzung für eine angestrebte Ausnahmebewilligung gemäß § 4 Abs. 5 Stmk. KanalG sei, nicht nur eine tatsächlich vorhandene, sondern auch eine wasserrechtlich zulässige schadlose Entsorgung zu haben. Eine schadlose Entsorgung in diesem Sinne liege daher schon dann nicht vor, wenn die Abwässer zunächst in einer bewilligungspflichtigen Anlage gereinigt werden müssten, eine solche Bewilligung aber nicht vorliege.
Gemäß § 32 Abs. 1 Wasserrechtsgesetz 1959 in der geltenden Fassung (WRG) seien Einwirkungen auf Gewässer, die unmittelbar oder mittelbar deren Beschaffenheit (§ 30 Abs. 3) beeinträchtigten, nur nach wasserrechtlicher Bewilligung zulässig. Bloß geringfügige Einwirkungen, insbesondere der Gemeingebrauch (§ 8) sowie die ordnungsgemäße land- und forstwirtschaftliche Benutzung (Abs. 8), gelten bis zum Beweis des Gegenteils nicht als Beeinträchtigung. Als ordnungsgemäß gemäß § 32 Abs. 8 WRG gelte die land- und forstwirtschaftliche Bodennutzung, wenn sie unter Einhaltung der bezughabenden Rechtsvorschriften, insbesondere betreffend Chemikalien, Pflanzenschutz- und Düngemittel, Klärschlamm, Bodenschutz und Waldbehandlung, sowie besonderer wasserrechtlicher Anordnungen erfolge. Bei der Beurteilung der Bewilligungspflicht sei demnach darauf abzustellen, ob nach dem natürlichen Lauf der Dinge und den allgemeinen praktischen Erfahrungen des täglichen Lebens bei einer nicht ordnungsgemäßen Funktion einer Abwasserentsorgung von einer Versickerung nicht (ausreichend) gereinigter Abwässer auszugehen sei, welche eine mehr als geringfügige Auswirkung auf das Grundwasser bewirken könnte.
Dem Vorbringen der Beschwerdeführer sei zu entnehmen, dass die Fäkalabwässer direkt der Güllegrube zugeführt würden und die verbleibenden Grauwässer zuerst in eine Drei-Kammer-Grube gelangten, der Überlauf über einen bewurzelten Kiesfilter gereinigt und anschließend in einer ca. 12 m3 fassenden Betongrube zwischengelagert werde. Von dort werde der Inhalt mittels Jauchenfasses zum Schwemmen des Güllekanals verwendet und direkt auf landwirtschaftliche Nutzflächen ausgebracht, wobei die anfallende Gülle aus dem Rinderstall auf diese Weise ca. im Verhältnis 1:3 verdünnt werde.
Aus dem Akteninhalt ergebe sich, dass den Beschwerdeführern mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Leibnitz vom 8. Jänner 1997 der wasserpolizeiliche Auftrag erteilt worden sei, die Ausbringung der mit aufbereiteten Hausabwässern vermengten landwirtschaftlichen Abwässer des landwirtschaftlichen Betriebes auf eigene oder fremde landwirtschaftliche Flächen bis zur allfälligen Erteilung einer wasserrechtlichen Bewilligung zu unterlassen. Diese Entscheidung sei letztlich durch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. November 1999, Zl. 98/07/0091, bestätigt worden. Bereits in diesem Verfahren habe eine Befassung damit stattgefunden, dass die Beschwerdeführer ihren Haushalt ökologisch führten. Der Verwaltungsgerichtshof habe in diesem Erkenntnis dargelegt, dass Einwirkungen auf Gewässer - selbst dann, wenn es sich dabei um eine ordnungsgemäße landwirtschaftliche Bodennutzung und damit auch um eine bloß geringfügige Einwirkung handeln sollte - als Beeinträchtigung und damit als Einwirkung auf Gewässer die gemäß § 32 Abs. 1 erster Satz WRG i.V.m. § 32 Abs. 2 lit. c WRG wasserrechtlich bewilligungspflichtig seien, gälte, wenn Abwässer jenes sachverständig festgestellte Gefährdungspotenzial aufwiesen, das eine Gefährdung des Grundwassers erwarten lasse. Die Aufbringung der mit den durch die biologische Kläranlage gereinigten Grauwässern und den ungereinigten Fäkalabwässern aus dem Haushalt der Beschwerdeführer verdünnten Gülle auf den landwirtschaftlichen Flächen bewirke ein Eindringen von Stoffen in den Boden, was eine Verunreinigung des Grundwassers nach sich ziehen könne. Der Verwaltungsgerichtshof sei aus diesem Grunde zu dem Schluss gelangt, dass der Betrieb einer Abwasserentsorgung in der vorliegenden Form im Hinblick auf die Einwirkung auf das Grundwasser als eine bewilligungspflichtige Maßnahme anzusehen sei.
Wenn die Beschwerdeführer vermeinten, dass sich seit der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes die wesentlichen Voraussetzungen geändert hätten, da sie seit Juni 1999 Wasch- und Reinigungsmittel der Firma U. verwendeten, die zu 100 % primär wie sekundär abbaubar seien, sei auszuführen, dass weiterhin noch ungereinigte Fäkalabwässer gemeinsam mit der Gülle aufgebracht würden und somit nicht davon auszugehen sei, dass die gesamten Schmutzwässer schadlos entsorgt würden. In diesem Zusammenhang sei auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach ein Ausnahmetatbestand im Sinne des § 4 Abs. 5 Stmk. KanalG nur dann vorliege, wenn die gesamten Schmutzwässer schadlos entsorgt würden, d.h. die Grauwässer und die Fäkalabwässer (die Beschwerdeführer beziehen sich hier offensichtlich auf die Erkenntnisse vom 9. April 1992, Zl. 92/06/0046, und vom 12. März 1992, Zl. 91/06/0230, führen aber in diesem Zusammenhang unzutreffend das Erkenntnis vom 19. November 1998, Zl. 98/06/0122, an).
In der dagegen erhobenen Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Im vorliegenden Fall kommt das Stmk. KanalG, LGBl. Nr. 79/1988 in der Fassung LGBl. Nr. 82/1998 zur Anwendung.
Gemäß § 4 Abs. 1 Stmk. KanalG sind die Eigentümer von bebauten Grundstücken in Gemeinden, in denen öffentliche Kanalanlagen betrieben oder errichtet werden, verpflichtet, die Schmutz- und Regenwässer ihrer bestehenden oder künftig zu errichtenden Bauwerke auf eigene Kosten über die öffentliche Kanalanlage abzuleiten, sofern die kürzeste Entfernung eines Bauwerkes von dem für den Anschluss in Betracht kommenden Kanalstrang nicht mehr als 100 m beträgt.
Abs. 5 dieser Bestimmung sieht folgende Ausnahmen von der in Abs. 1 statuierten Verpflichtung vor:
"(5) Ausnahmen von der Verpflichtung nach Abs. 1 sind von der Baubehörde für Bauten vorübergehenden Bestandes, für untergeordnete Nebengebäude und Bauteile sowie für Bauten mit einer nach den Erfahrungen der technischen Wissenschaften, den Erfordernissen des Umweltschutzes und der Hygiene entsprechenden Schmutzwasserentsorgung zu erteilen, wenn dadurch eine schadlose Entsorgung der Abwässer nach § 1 Abs. 1 gewährleistet ist und eine Schädigung öffentlicher Interessen sowie ein Nachteil für die Nachbarschaft nicht entsteht. Gleiches gilt für Regenwässer, wenn ihre Versickerung auf dem eigenen Grundstück möglich ist oder sie als Betriebsmittel (zum Beispiel zur Bodenbewässerung) Verwendung finden. Der Nachweis des Vorliegens der Voraussetzungen für die Ausnahme von der Verpflichtung nach Abs. 1 obliegt dem Ausnahmewerber. Die Ausnahmen sind mit Beschränkung auf eine bestimmte Zeitdauer oder gegen Widerruf zu erteilen."
Nach der hg. Judikatur zu § 4 Abs. 5 Stmk. KanalG 1988 (vgl. u.a. das Erkenntnis vom 19. März 1998, Zl. 97/06/0273) liegt eine schadlose Entsorgung im Sinne dieser Bestimmung schon dann nicht vor, wenn die letztlich aufzubringenden Abwässer zunächst in einer bewilligungspflichtigen Anlage gereinigt werden müssen, eine solche Bewilligung aber (noch) nicht vorliegt. Für die wasserrechtliche Bewilligungspflicht einer schadlosen Entsorgung von Abwässern ist § 32 WRG 1959 i.d.F BGBl. I Nr. 87/2005 maßgeblich, nach dem Einwirkungen auf Gewässer, die unmittelbar oder mittelbar deren Beschaffenheit (§ 30 Abs. 3) beeinträchtigen, nur nach wasserrechtlicher Bewilligung zulässig sind. Bloß geringfügige Einwirkungen, insbesondere der Gemeingebrauch (§ 8) sowie die ordnungsgemäße land- und forstwirtschaftliche Bodennutzung (Abs. 8), gelten bis zum Beweis des Gegenteils nicht als Beeinträchtigung.
Der Bewilligung im Sinn des Abs. 1 bedürfen nach Abs. 2 lit. c dieser Bestimmung jedenfalls Maßnahmen, die zur Folge haben, dass durch Eindringen (Versickern) von Stoffen in den Boden das Grundwasser verunreinigt wird.
Die Bewilligungspflicht gemäß § 32 leg. cit. ist immer dann gegeben, wenn nach dem natürlichen Lauf der Dinge mit nachteiligen Einwirkungen auf die Beschaffenheit des Gewässers zu rechnen ist. Der tatsächliche Eintritt einer Gewässerverunreinigung sowie die Art der Nutzung der beeinträchtigten Gewässer sind für die Bewilligungspflicht irrelevant (vgl. das bereits angeführte hg. Erkenntnis vom 19. März 1998). Für die belangte Behörde war zum Einen diese Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zum anderen das zu der verfahrensgegenständlichen Abwasseranlage bereits ergangene hg. Erkenntnis vom 25. November 1999, Zl. 98/07/0091, maßgeblich. Im letztgenannten Erkenntnis hat der Verwaltungsgerichtshof zu der im vorliegenden Fall vorgesehenen Abwässerentsorgung ausgesprochen, der Hinweis in der Beschwerde, die durch die biologische Kläranlage geklärten Grauwässer seien auf Grund des Gutachtens des wasserbautechnischen Sachverständigen für die Einleitung in Fließwasser geeignet, könne der Beschwerde schon deshalb zu keinem Erfolg verhelfen, weil diese Abwässer im Beschwerdefall mit den ungeklärten Fäkalabwässern und der Gülle aus dem landwirtschaftlichen Betrieb der Beschwerdeführer auf landwirtschaftlichen Flächen aufgebracht werden und dadurch als Gesamtheit in ihrer so gebildeten Zusammensetzung die Gefahr für das Grundwasser erzeugen. Aus eben diesen Gründen könne für die Beschwerdeführer auch mit dem Argument, es werde von ihnen der Haushalt ökologisch geführt, nichts gewonnen werden.
Es ist von den Beschwerdeführern in der Beschwerde unbestritten geblieben, dass die Gülle mit den durch die biologische Kläranlage gereinigten Grauwässern und den ungereinigten Fäkalabwässern aus dem Haushalt der Beschwerdeführer verdünnt auf ihren landwirtschaftlichen Flächen aufgebracht werde. Die belangte Behörde ist daher zutreffend davon ausgegangen, dass der Betrieb einer Abwasserentsorgung in der vorliegenden Form im Hinblick auf die Einwirkung auf das Grundwasser (insbesondere in Bezug auf die ungereinigten Fäkalabwässer) nach dem WRG eine bewilligungspflichtige Maßnahme darstellt.
Weiters hat die belangte Behörde den Beschwerdeführern zutreffend entgegengehalten, dass von einer schadlosen Entsorgung der Schmutzwässer im Sinne des § 4 Abs. 5 Stmk. KanalG immer nur dann gesprochen werden kann, wenn die gesamten Schmutzwässer entsorgt werden (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 12. März 1992, Zl. 91/06/0230). Abgesehen davon, dass sich die Abwasseranlage als bewilligungspflichtig gemäß § 32 Abs. 1 WRG darstellt, liegt bei der in Frage stehenden Abwasserentsorgung der Beschwerdeführer auch keine solche schadlose Entsorgung vor, die die gesamten Schmutzwässer erfasst.
Wenn die Beschwerdeführer im Zusammenhang mit dem von der Behörde angeführten Argument betreffend die ungereinigten Fäkalwässer geltend machen, dass kein Beweisergebnis vorliege, wonach die Aufbringung der durch die biologische Kläranlage gereinigten Abwässer und den ungereinigten Fäkalabwässern, mit denen die Gülle verdünnt werde, ein Eindringen von Stoffen in den Boden bewirken würde, die eine Verunreinigung des Grundwassers nach sich ziehen könne, sind die Beschwerdeführer auf die im vorangegangenen Absatz angeführten Aussagen des Verwaltungsgerichtshofes in dem hg. Erkenntnis vom 25. November 1999 zu einer solchen Entsorgung zu verweisen.
Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die von den Beschwerdeführern geltend gemachten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Wien, am 5. Juli 2007
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2007:2007060086.X00Im RIS seit
09.08.2007