TE Vwgh Erkenntnis 2007/7/5 2006/06/0106

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Veröffentlicht am 05.07.2007
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Index

L37156 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Steiermark;
L82006 Bauordnung Steiermark;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §8;
BauG Stmk 1995 §13 Abs12;
BauG Stmk 1995 §26 Abs1 Z2;
BauG Stmk 1995 §26 Abs1;
BauO Stmk 1968 §4 Abs3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Bernegger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Fritz, über die Beschwerde der L F in G, vertreten durch Dr. Gerhard Richter und Dr. Rudolf Zahlbruckner, Rechtsanwälte in 8010 Graz, Bürgergasse 13, gegen den Bescheid der Berufungskommission der Landeshauptstadt Graz vom 15. Februar 2006, Zl. 046934/2004 - 12, betreffend Einwendungen gegen eine Baubewilligung (mitbeteiligte Partei: W W in G), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat der Landeshauptstadt Graz Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem am 21. Mai 2003 beim Magistrat Graz eingelangten Baugesuch vom 1. April 2003 kam die mitbeteiligte Partei (kurz: Bauwerber) um Erteilung der baubehördlichen Bewilligung für bauliche Maßnahmen auf einem Grundstück in G ein (Zubau eines Dachgeschoßes mit Terrasse für eine Wohnung bei einem "hofseitigen Trakt" entlang der rückwärtigen Grundgrenze, Änderung einer ehemaligen Garage in eine Wohnung und einer ehemaligen Werkstätte mit Nebenräumen in eine Wohnung). Die Beschwerdeführerin ist Eigentümerin eines an die rückwärtige Grundgrenze des zu bebauenden Grundstückes teilweise angrenzenden Grundstückes.

Die Beschwerdeführerin und andere Personen erhoben gegen das Vorhaben Einwendungen.

Der Stadtsenat der Landeshauptstadt Graz erteilte mit dem erstinstanzlichen Bescheid vom 9. November 2005 die angestrebte Bewilligung mit einer Reihe von Vorschreibungen; privatrechtliche Einwendungen verschiedener Nachbarn wurden auf den ordentlichen Rechtsweg verwiesen, in der Begründung des Bescheides wurden weitere Einwendungen teils als unzulässig, teils als unberechtigt qualifiziert. Dagegen erhoben verschiedene Nachbarn, darunter die Beschwerdeführerin, Berufung.

Die Beschwerdeführerin machte geltend, dem Bauplatz mangle es an der erforderlichen Eignung, weil keine rechtlich gesicherte Zufahrt bestehe. Die für den Bauplatz im Flächenwidmungsplan festgelegte höchste Bebauungsdichte von 1,4 werde überschritten (die Behörde erster Instanz war davon ausgegangen, dass das Projekt eine Bebauungsdichte von 1,39 aufweise, und somit die im Flächenwidmungsplan festgesetzte höchstzulässige Dichte von 1,4 nicht überschritten werde; eingewendet wurde, das Vorhaben weise eine höhere Dichte als 1,39 auf). Die vorgesehene Festigung des Steildaches durch ein Krallenvlies schließe das Herabfallen von Teilen nicht aus. Ebenso bestehe "eine lebensgefährliche Möglichkeit", dass von dem Steildach Schnee oder gefrorener Schnee auf ihre Liegenschaft herabfalle. Die Behauptung des Amtssachverständigen (in der Bauverhandlung), dass dies auf Grund der im angefochtenen Bescheid erteilten Auflage nicht möglich sei, sei nicht stichhältig. Nach Punkt 5 der "Allgemeinen Vorschreibungen" werde nur das Anbringen eines geeigneten Schneefängers vorgeschrieben, ohne Angabe, wie dieser beschaffen sein müsse, damit bei einem höchstmöglichen Schneefall das Herabfallen von Schnee ausgeschlossen sei. Den Nachbarn müsse nämlich vor der Baubewilligung Gelegenheit gegeben werden, die diesbezügliche Planung zu überprüfen. Im bekämpften Bescheid werde festgestellt, dass die Genehmigung "der seit langem illegal bestehenden Ölheizung einem gesonderten Verfahren vorbehalten" werde. Dabei werde übersehen, dass nach den Richtlinien für Neubauten eine Anschlusspflicht an die bestehende Fernwärmeversorgung vorgesehen sei, soweit die Möglichkeit eines derartigen Anschlusses gegeben sei. "Abgesehen davon, zeigt sich beim Kamin der bestehenden illegalen Ölheizung eine Versottung, die ein Herabrinnen auf meine Liegenschaft möglich erscheinen lässt".

Im Zuge des Berufungsverfahrens vor der belangten Behörde führte der Bauwerber in einem am 30. Jänner 2006 beim Magistrat eingelangten Schreiben vom "Jänner 2006" - ohne Tagesangabe - aus, die "damals" schon bestehende Heizungsanlage sei "lt. Kaufvertrag getrennt und neu installiert" worden. Im Jahr 1998 sei mit erheblichem Aufwand eine komplett neue Heizungsanlage eingebaut worden, welche lt. Messprotokoll die erforderlichen Werte einhalte. Die Heizung sei daher Bestand und nicht Gegenstand des Baubewilligungsverfahrens (angeschlossen war ein Messprotokoll vom 10. Jänner 2006).

Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde alle Berufungen als unbegründet abgewiesen. Soweit für das Beschwerdeverfahren erheblich, führte sie begründend aus, dem Nachbarn komme hinsichtlich der behaupteten Nichteinhaltung der Bebauungsdichte mangels Aufzählung im Katalog des § 26 Abs. 1 Stmk. BauG kein Mitspracherecht zu, ebenso wenig hinsichtlich befürchteter Gefährdung durch das Herabfallen von Schnee und Eis von dem mit einer Dachneigung von 50 Grad zur rückwärtigen Grundgrenze abfallenden Dach, weil dies im § 26 Abs. 1 Z 5 leg. cit. nicht vorgesehen sei. Im Übrigen sei diesem Sicherheitsaspekt von Amts wegen durch die Vorschreibung der allgemeinen Auflage Nr. 5 ausreichend Rechnung getragen worden, wonach auf "Dächern, bei denen mit dem Abrutschen von Schnee und Eis auf Verkehrsflächen oder Nachbargrundstücke zu rechnen ist, ... geeignete Schneefänger anzubringen" seien (Zitat im Original).

Auch das behauptete Fehlen eines Nachweises dahingehend, welche Bauteile vor dem 1. Jänner 1969 errichtet worden seien bzw. welche danach mit oder ohne Baubewilligung errichtet worden seien, könnte der Berufung nicht zum Erfolg zu verhelfen. Abgesehen davon, dass auch unter Bedachtnahme auf das diesbezügliche Vorbringen bei der mündlichen Verhandlung am 2. August 2004 mangels Erhebung einer Einwendung im Rechtssinn nicht ersichtlich sei, welches Nachbarrecht in diesem Zusammenhang angesprochen worden sein solle, habe die Behörde erster Instanz in ihrer Mitteilung vom 6. Juli 2005 den Berufungswerbern die Ergebnisse des von ihr diesbezüglich durchgeführten ergänzenden Ermittlungsverfahrens unter Einräumung einer Äußerungsfrist zur Kenntnis gebracht; lediglich einer der Berufungswerber (Anm.: nicht die Beschwerdeführerin) ziehe dies in Zweifel, wobei seine Ausführungen nicht geeignet seien, Bedenken an den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens zu wecken.

In Übereinstimmung mit der Feststellung im erstinstanzlichen Bescheid, wonach die bereits bestehende Heizungsanlage nicht Gegenstand dieses Baubewilligungsverfahrens sei, habe der Bauwerber mit dem bei der Behörde am 30. Jänner 2006 eingelangten Schreiben diesen Sachverhalt zweifelsfrei bestätigt. Ergänzend sei dazu festzuhalten, dass Punkt 6 der Baubeschreibung die "altbestehende" Heizung betreffe, sodass sich die Baubewilligung diesbezüglich lediglich auf die bauliche Maßnahme der Neuerrichtung einer im Plan rot gefärbelten Wand im Erdgeschoß beziehe, welche den Tankraum vom Heizraum trenne. Sämtliche Vorhalte betreffend die Heizungsanlage verfehlten daher den Gegenstand des Verfahrens; dies abgesehen davon, dass ein subjektiv-öffentliches Nachbarrecht auf Vorschreibung einer bestimmten Heizungsart nicht bestehe und der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Judikatur grundsätzlich an seiner Rechtsansicht festhalte, dass der Nachbar jene Immissionen hinnehmen müsse, die im Rahmen des in einer Widmungskategorie üblichen Ausmaßes lägen, wozu im Wohngebiet zweifellos auch die Immissionen gehörten, die von einer Wohnhausbeheizung ausgingen (beispielsweiser Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 24. April 1997, Zl. 97/06/0019).

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist das Mitspracherecht des Nachbarn im Baubewilligungsverfahren in zweifacher Weise beschränkt: Es besteht einerseits nur insoweit, als dem Nachbarn nach den in Betracht kommenden baurechtlichen Vorschriften subjektiv-öffentliche Rechte zukommen, und andererseits nur in jenem Umfang, in dem der Nachbar solche Rechte im Verfahren durch die rechtzeitige Erhebung entsprechender Einwendungen wirksam geltend gemacht hat (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Dezember 1980, Slg. Nr. 10.317/A, uva.). Das gilt weiterhin auch für den Nachbarn, der i.S. des § 27 des Steiermärkischen Baugesetzes 1995, LGBl. Nr. 59 (Stmk. BauG), in der Fassung seit der Novelle LGBl. Nr. 78/2003 die Parteistellung behalten hat.

Gemäß § 26 Abs. 1 Stmk. BauG kann der Nachbar gegen die Erteilung der Baubewilligung Einwendungen erheben, wenn diese sich auf Bauvorschriften beziehen, die nicht nur dem öffentlichen Interesse, sondern auch dem Interesse der Nachbarn dienen (subjektiv-öffentlich-rechtliche Einwendungen). Das sind Bestimmungen über

"1. die Übereinstimmung des Vorhabens mit dem Flächenwidmungsplan, einem Bebauungsplan und mit Bebauungsrichtlinien, soweit damit ein Immissionsschutz verbunden ist;

2.

die Abstände (§ 13);

3.

den Schallschutz (§ 43 Abs. 2 Z. 5);

4.

die Brandwände an der Grundgrenze (§ 51 Abs. 1);

5.

die Vermeidung einer Brandgefahr, einer sonstigen Gefährdung oder unzumutbaren Belästigung (§ 61 Abs. 1, § 63 Abs. 1 und § 65 Abs. 1);

              6.              die Baueinstellung und die Beseitigung (§ 41 Abs. 6)."

Der Beschwerdeführerin ist zunächst zu entgegnen, dass die Zentralheizungsanlage selbst nicht projektgegenständlich ist. Überdies hat die belangte Behörde zutreffend darauf verwiesen, dass eine Ölfeuerungsanlage in einem Wohngebäude nichts Außergewöhnliches ist und dadurch von vornherein kein Verwendungszweck gegeben ist, der das ortsübliche Ausmaß übersteigende Belästigungen im Sinne des § 13 Abs. 12 Stmk. BauG erwarten ließe (vgl. hiezu beispielsweise das dieses Gebäude und die Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens betreffende, von der belangten Behörde genannte hg. Erkenntnis vom 24. April 1997, Zl. 97/06/0019, oder auch das hg. Erkenntnis vom 10. November 1988, Zl. 88/06/0108, BauSlg. 1212, noch zur entsprechenden früheren Bestimmung des § 4 Abs. 3 BO). Die behauptete Versottung des Kamines vermag daran nichts zu ändern (das betrifft allenfalls die Frage der gehörigen Einstellung und Wartung der Heizungsanlage).

Die Beschwerdeführerin bemängelt nun, dass die Behörde erster Instanz nicht ausreichend dargelegt habe, welcher Bestand nun vor oder nach dem 1. Jänner 1969 errichtet worden sei und somit als rechtmäßig zu gelten habe oder nicht (was wegen der Frage der Vollständigkeit der Planunterlagen von Bedeutung sei). Dem ist zu entgegnen, dass sie nicht aufzeigt, welche konkrete Relevanz diesem behaupteten Verfahrensmangel zukommen soll.

Weiters trifft die Auffassung der belangten Behörde zu, dass dem Nachbarn zur Frage, ob das Vorhaben die im Flächenwidmungsplan festgesetzte höchstzulässige Dichte einhält oder diese überschreitet, mangels Aufzählung im Katalog des § 26 Abs. 1 Stmk. BauG kein Mitspracherecht zukommt (siehe dazu die in Hauer/Trippl, Steiermärkisches Baurecht4, in E 175 bis 177 zu § 26 Stmk. BauG wiedergegebene hg. Judikatur). Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin wurde im Beschwerdefall auch keine Überschreitung der im Flächenwidmungsplan festgesetzten höchstzulässigen Dichte (von 1,40) bescheidmäßig bewilligt, weil die Behörde erster Instanz von einer Dichte von 1,39 ausging (und die belangte Behörde aus Anlass der Berufungen der Nachbarn sich mangels entsprechenden Mitspracherechtes der Nachbarn mit dieser Frage nicht auseinander zu setzen hatte).

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Wien, am 5. Juli 2007

Schlagworte

Baurecht Nachbar

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2007:2006060106.X00

Im RIS seit

03.08.2007

Zuletzt aktualisiert am

10.08.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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