TE Vwgh Erkenntnis 2007/7/5 2006/06/0054

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Veröffentlicht am 05.07.2007
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
10/13 Amtshaftung Organhaftpflicht Polizeibefugnis-Entschädigung;
27/04 Sonstige Rechtspflege;
63/01 Beamten-Dienstrechtsgesetz;
64/05 Sonstiges besonderes Dienstrecht und Besoldungsrecht;

Norm

AHG 1949 §11;
BDG 1979 §112 Abs3 impl;
B-VG Art130 Abs1;
B-VG Art131 Abs1 Z1;
RDG §147 impl;
RechtspraktikantenG 1987 §12 Abs4;
VwGG §33 Abs1;
VwGG §34 Abs1;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):2006/06/0055

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten, Dr. Rosenmayr und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Fritz, über die Beschwerden des Dr. EV in D, gegen 1. den Bescheid der Bundesministerin für Justiz vom 31. Oktober 2005, Zl. BMJ-A31312/0006-III 4/2005, betreffend Angelegenheiten nach dem Rechtspraktikantengesetz (protokolliert zur hg. Zl. 2006/06/0054), und 2. den Bescheid der Bundesministerin für Justiz vom 9. September 2005, Zl. BMJ-A31312/0005-III 4/2005, betreffend die befristete Ausschließung von der neuerlichen Zulassung zur Gerichtspraxis (protokolliert zur hg. Zl. 2006/06/0055), zu Recht erkannt:

Spruch

1. Die Beschwerde gegen den erstangefochtenen Bescheid wird als unbegründet abgewiesen.

2. Hinsichtlich der Beschwerde gegen den zweitangefochtenen Bescheid wird der Beschluss gefasst:

Die Beschwerde wird als gegenstandslos geworden erklärt und das Verfahren eingestellt.

Ein Kostenersatz findet nicht statt.

Begründung

Aus den angefochtenen Bescheiden und den dagegen gerichteten Beschwerden ist folgender Sachverhalt ersichtlich:

Der Beschwerdeführer war im Februar 2005 Rechtspraktikant beim Bezirksgericht B. Die Vorsteherin dieses Bezirksgerichtes verfügte mit Bescheid vom 4. Februar 2005 gemäß § 12 Abs. 4 des Rechtspraktikantengesetzes - RPG mit sofortiger Wirkung wegen näher angeführter Vorwürfe die einstweilige Ausschließung des Beschwerdeführers von der Gerichtspraxis im Sprengel des Oberlandesgerichtes Innsbruck.

Mit Bescheid vom 7. Februar 2005 hielt der Präsident des Oberlandesgerichts Innsbruck die einstweilige Ausschließung des Beschwerdeführers von der Gerichtspraxis gemäß § 12 Abs. 4 RPG aufrecht und schloss den Beschwerdeführer gemäß § 12 Abs. 3 leg. cit. für die Dauer von zwei Jahren von der neuerlichen Zulassung zur Gerichtspraxis aus.

Der Beschwerdeführer erhob gegen den Bescheid der Vorsteherin des Bezirksgerichtes vom 4. Februar 2005 eine Berufung vom 9. Februar 2005, die mit Bescheid der Vorsteherin des Bezirksgerichtes B vom 14. Februar 2005 als unzulässig zurückgewiesen wurde.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer eine Berufung vom 1. März 2005.

Mit Devolutionsanträgen vom 7. Oktober 2005 begehrte der Beschwerdeführer wegen behaupteter Säumnis des Präsidenten des Oberlandesgerichts Innsbruck von der belangten Behörde die Entscheidung über seine beiden Berufungen vom 9. Februar 2005 und vom 1. März 2005.

Mit dem erstangefochtenen Bescheid wurden 1. die Devolutionsanträge des Beschwerdeführers als unzulässig zurückgewiesen, 2. auf Grund der Berufung des Beschwerdeführers vom 1. März 2005 der Bescheid der Vorsteherin des Bezirksgerichts B vom 14. Februar 2005 ersatzlos behoben und 3. die Berufung des Beschwerdeführers vom 9. Februar 2005 als unzulässig zurückgewiesen.

In der Begründung dieses Bescheides führte die belangte Behörde hinsichtlich Spruchpunkt 1. aus, dass Voraussetzung für die funktionelle Zuständigkeit der Berufungsbehörde und für deren Säumnis das Vorliegen einer unerledigten Berufung sei. Über die Berufung vom 9. Februar 2005 sei aber - wenngleich vom unzuständigen Organ und daher rechtswidrigerweise - mit dem im angefochtenen Bescheid aufgehobenen Bescheid der Vorsteherin des Bezirksgerichts B vom 14. Februar 2005 abgesprochen worden. Diesbezüglich sei daher schon aus diesem Grund keine Säumnis vorgelegen. Nach dem Wortlaut des § 27 RPG habe über Rechtsmittel in diesem Verfahren ausnahmslos die Bundesministerin für Justiz abzusprechen. Der Präsident des Oberlandesgerichts Innsbruck sei damit zu keinem Zeitpunkt zur Berufungsentscheidung zuständig gewesen. Eine Säumnis seinerseits habe daher in beiden Fällen nicht vorgelegen, weshalb beide Devolutionsanträge zurückzuweisen gewesen seien.

Die Berufung gegen den Bescheid der Vorsteherin des Bezirksgerichts B vom 14. Februar 2005 sei rechtzeitig, zulässig und auch berechtigt. Dieser Bescheid sei von einer unzuständigen Behörde erlassen worden und aus diesem Grund (mit Spruchpunkt 2.) ersatzlos zu beheben gewesen. Infolge der Aufhebung dieses Bescheides sei nun über die Berufung vom 9. Februar 2005 gegen den Bescheid der Vorsteherin des Bezirksgerichts B vom 4. Februar 2005 abzusprechen, mit der sich der Beschwerdeführer gegen seine von der Vorsteherin des Bezirksgerichts B verfügte einstweilige Ausschließung von der Gerichtspraxis gewendet habe. Diese Berufung sei unzulässig (Spruchpunkt 3.), weil die einstweilige Ausschließung des Beschwerdeführers von der Gerichtspraxis in der Zwischenzeit mit Bescheid des Präsidenten des Oberlandesgerichts Innsbruck vom 7. Februar 2005 gemäß § 12 Abs. 4 RPG aufrecht erhalten und der Beschwerdeführer gemäß § 12 Abs. 3 leg. cit. für die Dauer von zwei Jahren von der neuerlichen Zulassung zur Gerichtspraxis ausgeschlossen worden sei. Über die dagegen erhobene Berufung des Beschwerdeführers vom 1. März 2005 sei im Übrigen mit Bescheid der Bundesministerin für Justiz vom 9. Dezember 2005 mittlerweile rechtskräftig abgesprochen worden.

Auszugehen sei zunächst davon, dass der Gerichtsvorsteher bzw. der Gerichtshofspräsident über die einstweilige Ausschließung von der Gerichtspraxis nach dieser Bestimmung in Anwendung des AVG einen Bescheid zu erlassen habe, wie dies auch aus dem Wort "verfügen" im § 12 Abs. 4 RPG zu entnehmen sei. Dies sei hier geschehen. Ob dieser Bescheid aber auch im Verwaltungsrechtszug anfechtbar sei, sei vorderhand unklar. Aus dem Gesetz gehe auch nicht eindeutig hervor, welches Schicksal der Bescheid über die einstweilige Ausschließung erleide, sobald der Präsident des Oberlandesgerichts als zuständige Behörde erster Instanz über die Aufrechterhaltung der verfügten Maßnahme (Ausschließung) entschieden habe. Nach den Erläuterungen zur Regierungsvorlage zu § 12 RPG trete mit der Entscheidung des Präsidenten des Oberlandesgerichts die vom Vorsteher des Bezirksgerichtes oder vom Präsidenten des Gerichtshofs erster Instanz gesetzte Provisorialmaßnahme außer Kraft. Gegen die einstweilige Ausschließung von der Gerichtspraxis sei deswegen kein Rechtsmittel vorgesehen, da ja ohnehin der Präsident des Oberlandesgerichts eine Entscheidung treffen müsse, gegen die das Rechtsmittel der Berufung eingebracht werden könne. Vor dem Hintergrund der in den Gesetzesmaterialien zu § 12 RPG zum Ausdruck gebrachten Erwägungen sei daher in Analogie zu § 147 Richterdienstgesetzes (RDG) und § 112 Abs. 3 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979 (BDG 1979) davon auszugehen, dass der bekämpfte Bescheid der Vorsteherin des Bezirksgerichts B über die einstweilige Ausschließung von der Gerichtspraxis mit der Entscheidung des Präsidenten des Oberlandesgerichts über die Aufrechterhaltung dieser Maßnahme weggefallen sei und selbst keinem Rechtsmittel unterliege.

Mit dem zweitangefochtenen Bescheid wurde der Berufung des Beschwerdeführers vom 1. März 2005 gegen den Bescheid des Präsidenten des Oberlandesgerichts Innsbruck vom 7. Februar 2005, teilweise Folge gegeben und der Spruch wie folgt abgeändert:

"Gemäß § 12 Abs. 3 RPG wird der Beschwerdeführer für die Dauer von 18 Monaten, und zwar für den Zeitraum vom 8. Februar 2005 bis einschließlich 7. August 2006, von einer neuerlichen Zulassung zur Gerichtspraxis ausgeschlossen." Die belangte Behörde ging nach Durchführung eines Ermittlungsverfahrens davon aus, dass der Beschwerdeführer mehrere Frauen sexuell belästigt habe. Die belangte Behörde führte nach Darstellung des Verfahrensganges und der Rechtsvorschriften zusammengefasst aus, dass sich die von der Vorsteherin des Bezirksgerichts B vom 4. Februar 2005 verfügte und vom Präsidenten des Oberlandesgerichts Innsbruck aufrechterhaltene Ausschließung des Beschwerdeführers von der Gerichtspraxis auf Grund der Anzahl und Schwere der festgestellten Pflichtverletzungen als gerechtfertigt erweise.

Gegen diese Bescheide richten sich die vorliegenden Beschwerden, in denen die Rechtswidrigkeit des Inhalts sowie die Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat die beiden Rechtssachen infolge ihres tatsächlichen und persönlichen Zusammenhangs verbunden und darüber erwogen:

Die maßgeblichen Bestimmungen des Rechtspraktikantengesetzes

(RPG), BGBl. Nr. 644/1987 lauten:

"Pflichtenverletzung

§ 12. (1) Ein Rechtspraktikant, der schuldhaft seine Pflichten verletzt, ist durch den Vorsteher des Gerichtes, dem er zur Ausbildung zugewiesen ist, nachweislich zu ermahnen.

(2) Einem Rechtspraktikanten, der trotz Ermahnung weiterhin seine Pflichten verletzt, ist der Ausbildungsbeitrag je nach dem Grad der Pflichtverletzung zu kürzen.

(3) Bei einer nach Art und Schwere besonders ins Gewicht fallenden Pflichtverletzung ist der Rechtspraktikant - ohne dass es einer Ermahnung nach Abs. 1 bedarf - von der Gerichtspraxis auszuschließen. Je nach den Umständen des Einzelfalles ist eine Frist von mindestens drei Monaten und höchstens zwei Jahren zu setzen, bis zu deren Ablauf der Rechtspraktikant von einer neuerlichen Zulassung zur Gerichtspraxis ausgeschlossen bleibt.

(4) In dringenden Fällen können sowohl der Vorsteher des Bezirksgerichtes als auch der Präsident des Gerichtshofes erster Instanz die einstweilige Ausschließung des Rechtspraktikanten von der Gerichtspraxis verfügen; sie sind jedoch verpflichtet, hievon gleichzeitig und unmittelbar dem Präsidenten des Oberlandesgerichtes Mitteilung zu machen, der ohne Verzug über die Aufrechterhaltung der getroffenen Maßnahme zu entscheiden hat.

...

Zuständigkeit und Verfahren

§ 27. Auf die nach diesem Bundesgesetz durchzuführenden Verfahren ist das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. Nr. 51, anzuwenden. Zuständige Behörde ist der Präsident des Oberlandesgerichtes. Über Berufungen hat der Bundesminister für Justiz zu entscheiden. Berufungen gegen Bescheide, mit denen die Ausschließung von der Gerichtspraxis verfügt wird oder mit denen der Ausbildungsbeitrag gekürzt wird, haben keine aufschiebende Wirkung."

Zum erstangefochtenen Bescheid:

Der Beschwerdeführer hält den erstangefochtenen Bescheid sowohl wegen der ihm zu Grunde liegenden unrichtigen rechtlichen Beurteilung, als auch auf Grund einer Unzuständigkeit der belangten Behörde für rechtswidrig. Eine Rechtswidrigkeit erblickt er insbesondere darin, dass die von der Bezirksvorsteherin ausgesprochene einstweilige Suspendierung nach § 12 Abs. 4 RPG keinem Rechtsmittel unterliege.

Die mit Spruchpunkt 1. des erstangefochtenen Bescheides erfolgte Zurückweisung der Devolutionsanträge des Beschwerdeführers stößt deswegen auf keine Bedenken, weil - wie die belangte Behörde zutreffend ausführt - gemäß § 27 RPG über Berufungen nach diesem Bundesgesetz der Bundesminister für Justiz zu entscheiden hat und daher die Verletzung der Entscheidungspflicht durch eine andere Behörde als Voraussetzung für einen Devolutionsantrag gemäß § 73 AVG schon von Vornherein nicht in Betracht kommt.

Auch durch Spruchpunkt 2. der erstangefochtenen Bescheides wurde der Beschwerdeführer nicht in Rechten verletzt, weil die Vorsteherin des Bezirksgerichtes B schon angesichts des § 27 RPG die Zuständigkeit fehlte, über eine Berufung gegen einen von ihr selbst erlassenen Bescheid zu entscheiden.

Auch der Spruchpunkt 3. des erstangefochtenen Bescheides stößt auf keine Bedenken:

Gemäß § 12 Abs. 4 RPG hat nämlich der Präsident des Oberlandesgerichtes ohne Verzug über die Aufrechterhaltung einer vom Vorsteher des Bezirksgerichtes oder vom Präsidenten des Gerichtshofes erster Instanz verfügten einstweiligen Ausschließung des Rechtspraktikanten von der Gerichtspraxis "zu entscheiden". Dies bedeutet, dass in der Entscheidung des Präsidenten des Oberlandesgerichtes die zuvor ausgesprochene einstweilige Ausschließung des Rechtspraktikanten von der Gerichtspraxis aufgeht, und ein gesondertes Rechtsmittel gegen diese nicht mehr besteht. In den Erläuterungen zur Regierungsvorlage zum Rechtspraktikantengesetz (340 BlgNR 17. GP, S 11) wird in diesem Sinne zu § 12 RPG ausgeführt, dass mit der Entscheidung des Präsidenten des Oberlandesgerichtes die vom Vorsteher des Bezirksgerichtes oder vom Präsidenten des Gerichtshofes erster Instanz gesetzte Provisorialmaßnahme der einstweiligen Ausschließung von der Gerichtspraxis außer Kraft tritt. "Gegen die einstweilige Ausschließung von der Gerichtspraxis ist kein Rechtmittel vorgesehen, zumal ja ohnehin der Präsident des Gerichtshofes eine Entscheidung treffen muss, gegen die das Rechtsmittel der Berufung eingebracht werden kann."

Die mit der einstweiligen Ausschließung von der Gerichtspraxis vergleichbaren Bestimmungen des RDG und des BDG 1979 im Zusammenhang mit dem Disziplinarverfahren gegen Richter bzw. Bundesbeamte sehen jeweils vor, dass die Maßnahme der einstweiligen Suspendierung durch den Gerichtsvorsteher (Präsidenten) mit der Entscheidung des Disziplinargerichts über die Suspendierung außer Kraft tritt (§ 147 zweiter Satz RDG) bzw. die vorläufige Suspendierung des Beamten mit dem Tag der Entscheidung der Disziplinarkommission über die Suspendierung endet (§ 112 Abs. 3 zweiter Satz BDG 1979). Nichts anderes ist bei der Entscheidung des Präsidenten des Oberlandesgerichtes über die Aufrechterhaltung einer einstweiligen Ausschließung von der Gerichtspraxis gemäß § 12 Abs. 4 RPG der Fall, und zwar auch ohne dass dies ausdrücklich angeordnet wäre.

Daher wurde der Beschwerdeführer durch die mit Spruchpunkt 3. des erstangefochtenen Bescheides in Übereinstimmung mit dieser Rechtslage erfolgte Zurückweisung seiner Berufung gegen seine einstweilige Ausschließung von der Gerichtspraxis, die ja bereits infolge Erlassung des Bescheides des Präsidenten des Oberlandesgerichtes geendet hatte, nicht in Rechten verletzt.

Bereits der Inhalt der Beschwerde gegen den erstangefochtenen Bescheid lässt somit erkennen, dass die vom Beschwerdeführer behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, diese Beschwerde war daher gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nicht öffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Zum zweitangefochtenen Bescheid:

Mit dem zweitangefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer gemäß § 12 Abs. 3 RPG für die Dauer von 18 Monaten, und zwar für den Zeitraum vom 8. Februar 2005 bis einschließlich 7. August 2006 von einer neuerlichen Zulassung zur Gerichtspraxis ausgeschlossen. Dieser Zeitraum war zum Zeitpunkt des Einlangens der Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof am 21. Februar 2006 noch nicht abgelaufen, hat aber danach geendet.

Nach § 33 Abs. 1 VwGG ist, wenn in irgendeiner Lage des Verfahrens offenbar wird, dass der Beschwerdeführer klaglosgestellt wurde, nach dessen Einvernahme die Beschwerde in nicht öffentlicher Sitzung mit Beschluss als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen. Eine "Klaglosstellung" im Sinne dieser Bestimmung kann nur in einer formellen Aufhebung des beim Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheides erfolgen (siehe dazu den hg. Beschluss eines verstärkten Senates vom 9. April 1980, Slg. N.F. Nr. 10.092/A).

Gemäß Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG ist Voraussetzung für die Erhebung einer gegen einen Bescheid gerichteten Beschwerde, dass der Beschwerdeführer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet. Zweck des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ist es somit, eine mögliche Verletzung des Beschwerdeführers in Rechten abzuwehren.

Liegt die behauptete Rechtsverletzung im Sinne des Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG jedoch nicht mehr vor, so könnte der Beschwerdeführer auch durch die von ihm angestrebte Aufhebung des angefochtenen Bescheides durch Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes rechtlich nicht günstiger gestellt werden, als dies ohne meritorische Entscheidung über die Beschwerde der Fall ist. In einem solchen Fall ist die Frage der Rechtswidrigkeit eines Bescheides für die Rechtsstellung eines Beschwerdeführers bedeutungslos geworden, und es bedarf dementsprechend auch keines Zurücktretens der Rechtssache in die Lage vor Erlassung des angefochtenen Bescheides. Jener rechtliche Zustand, den die Verwaltungsbehörden im Falle der Aufhebung des angefochtenen Bescheides mit den ihnen zu Gebote stehenden rechtlichen Mitteln gemäß § 63 Abs. 1 VwGG unverzüglich herzustellen verpflichtet wären, ist entweder ohnehin schon eingetreten oder braucht nicht mehr hergestellt zu werden, weil das mit der Beschwerde als verletzt behauptete Recht nicht mehr besteht. In solchen Fällen kommt in Ansehung von Bescheidbeschwerden neben den ausdrücklich im VwGG vorgesehenen Fällen der Einstellung auch die Erledigung einer Beschwerdesache durch Einstellung wegen Gegenstandslosigkeit in Betracht, ohne dass eine förmliche Klaglosstellung erfolgt (vgl. etwa die hg. Beschlüsse vom 27. Juni 1990, Slg. N.F. Nr. 13.239/A, vom 1. Juli 1998, Zl. 97/09/0095, und vom 24. Oktober 2006, Zl. 2005/06/0119, m.w.N.).

Mit Schreiben des Verwaltungsgerichtshofes vom 31. Mai 2007 wurde dem Beschwerdeführer Gelegenheit gegeben, binnen sechs Wochen zur Frage Stellung zu nehmen, ob und inwiefern er sich durch den angefochtenen Bescheid im Hinblick darauf, dass der Zeitraum seiner Ausschließung von seiner neuerlichen Zulassung zur Gerichtspraxis abgelaufen ist, durch den zweitangefochtenen Bescheid noch in Rechten verletzt erachte. Der Beschwerdeführer führte dazu nur aus, dass ihm durch die Ausschließung von der Gerichtspraxis ein Schaden entstanden sei, den er im Weg der Amtshaftung geltend mache, sein berufliches und gesellschaftliches Fortkommen durch die gegen ihn erhobenen Vorwürfe sei erschwert.

Damit zeigt der Beschwerdeführer nicht auf, dass er durch den zweitangefochtenen Bescheid weiterhin in seinen Rechten verletzt sein kann. Seine Ausschließung von der Gerichtspraxis ist nämlich bereits durch Zeitablauf weggefallen und er könnte auch im Fall der Aufhebung des angefochtenen Bescheides in dieser Hinsicht nicht besser gestellt werden.

Soweit der Beschwerdeführer hinsichtlich eines fortdauernden Rechtsschutzinteresses von ihm erhobene Amtshaftungsansprüche geltend macht, ist darauf zu verweisen, dass das Unterbleiben einer Sachentscheidung das Amtshaftungsgericht nicht hindert, einen Antrag auf Prüfung der Rechtmäßigkeit des zweitangefochtenen Bescheides im Sinne des § 11 AHG zu stellen. Rechtspositionen, die ausschließlich im Wege der Amtshaftung geltend gemacht werden können, zählen nicht zu der rechtlich geschützten Interessenssphäre, die den Beschwerdeführer zur Beschwerdeerhebung oder zur Beschwerde(fort)führung im Bescheidbeschwerdeverfahren legitimiert (vgl. etwa die Beschlüsse des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. März 2000, Zl. 99/03/0452, und vom 27. September 2000, Zl. 2000/04/0001).

Die Beschwerde gegen den zweitangefochtenen Bescheid war daher als gegenstandslos zu erklären und das Verfahren einzustellen.

Fällt bei einer Beschwerde das Rechtsschutzinteresse nachträglich weg, so ist dies gemäß § 58 Abs. 2 VwGG bei der Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens nicht zu berücksichtigen; würde hierbei die Entscheidung über die Kosten einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern, so ist darüber nach freier Überzeugung zu unterscheiden. Da im vorliegenden Fall ohne verhältnismäßigen Aufwand nicht gesagt werden kann, ob die vorliegende Beschwerde Erfolg gehabt hätte, waren keine Kosten zuzusprechen.

Wien, am 5. Juli 2007

Schlagworte

Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Parteienrechte und Beschwerdelegitimation Verwaltungsverfahren Mangelnde Rechtsverletzung Beschwerdelegitimation verneint keineBESCHWERDELEGITIMATION

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2007:2006060054.X00

Im RIS seit

27.08.2007

Zuletzt aktualisiert am

31.03.2011
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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