TE OGH 2005/5/24 1Ob277/04y

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Veröffentlicht am 24.05.2005
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Zechner, Univ. Doz. Dr. Bydlinski, Dr. Höllwerth und Dr. Fichtenau als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Prof. Mag. Helmut S*****, vertreten durch Dr. Berndt Sedlazeck und Dr. Katharina Sedlazeck, Rechtsanwälte in Salzburg, gegen die beklagte Partei S***** Bank Aktiengesellschaft, *****, vertreten durch Dr. Nikolaus Topic-Matutin, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen Feststellung (Streitwert EUR 145.000), über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 13. Oktober 2004, GZ 2 R 143/04v-20, womit das Urteil des Landesgerichts Salzburg vom 21. April 2004, GZ 9 Cg 106/02t-12, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden aufgehoben.

Dem Erstgericht wird die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Im Jänner 2001 wollte der Kläger mit dem Erlös aus einem Liegenschaftsverkauf eine Eigentumswohnung erwerben und daran seiner Mutter ein Wohnrecht einräumen, wie es zuvor an der verkauften Liegenschaft bestanden hatte. Kaufobjekt waren die 152/4322-Anteile (Top 133) an der EZ *****. Der Kläger einigte sich mit Martha R*****, der Eigentümerin dieser Wohnung, auf einen Kaufpreis von S 3,15 Mio (EUR 228.919,43). Als Vertragserrichter und Treuhänder verpflichtete der Kläger den (früheren) Rechtsanwalt Dr. Friedrich L*****.

Als sich abzeichnete, dass der Erlös aus dem Grundstücksverkauf des Klägers später einlangen werde als für den Erwerb der Eigentumswohnung notwendig, ermöglichte die Beklagte dem Kläger als langjährigem Kunden eine unbürokratische Zwischenfinanzierung über ein Bau- und Wohnkonto (Nr. 01100710996).

Anlässlich der Kaufvertragsunterfertigung über die Eigentumswohnung am 23. 7. 2001 teilte Dr. L***** dem Kläger mit, dass er das Treuhandkonto für diesen Kaufvertrag bei der Beklagten haben werde. Da Dr. L***** dem Kläger keine Kontonummer bekannt gegeben hatte, ersuchte dieser noch am Tag der Vertragsunterzeichnung den Kundenbetreuer der Beklagten, Martin A*****, er möge das Treuhandkonto bei der Beklagten ermitteln, welche Serviceleistung Martin A***** dem Kläger zusagte.

In der Folge nahm Johann Lindner, Spezialsachbearbeiter der Beklagten für Liegenschaftskaufabwicklungen, mit Dr. L***** Kontakt auf; dieser nannte dem Mitarbeiter der Beklagten als Treuhandkonto das Bank A*****-Konto mit der Nummer 504-236574/00, BLZ *****, lautend auf Dr. Friedrich L*****. Nach Ablauf der Frist zur Zahlung des Kaufpreises für die Eigentumswohnung erteilte der Kläger - noch in Unkenntnis des von Dr. L***** der Beklagten bekannt gegebenen Kontos - am 20. 8. 2001 per Fax den Auftrag, die Überweisung von S 3,15 Mio von seinem Bau- und Wohnkonto an den Treuhänder Dr. L***** auf dessen Treuhandkonto bei der Beklagten durchzuführen. Eine Kontonummer gab der Kläger dabei nicht an, weil diese ja Martin A***** ermitteln sollte. Martin A***** rief daraufhin den im Ausland wohnhaften Kläger an und teilte ihm mit, dass er dessen Auftrag nicht in der gewünschten Form nachkommen könne, weil Dr. L***** den Kaufpreis auf ein Konto der Bank A***** überwiesen haben wolle. Daraufhin stimmte der Kläger der Überweisung auf das von Martin A***** genannte Konto bei der Bank A***** zu, weil er meinte, dass es sich dabei um ein Treuhandkonto handle.

Am 21. 8. 2001 erfolgte dann die Überweisung von S 3,15 Mio vom Bau- und Wohnkonto des Klägers auf das Konto Dris. L***** bei der Bank A*****. Grundlage der Überweisung war der von Martin A***** nach dem Telefongespräch mit dem Kläger ausgefüllte Erlagschein, auf dem der Bankangestellte Kontonummer, Empfängerbank, Kontoinhaber und als Verwendungszweck "Wohnungskauf S*****straße *****" eintrug, jedoch nicht vermerkte, dass es sich um eine treuhändige Überweisung handle; es wurden weder Dr. L***** als Treuhänder noch das angegebene Konto als Treuhandkonto bezeichnet.

Das Bank A*****-Konto Dris. L***** war ein als Kanzleikonto verwendetes Girokonto; so war es Dr. L***** problemlos möglich, die einlangenden Beträge abzuheben und zweckwidrig zu verwenden. Der Treuhanderlag des Klägers wurde zum größten Teil am 20. 9. 2001 durch Barauszahlung von S 3 Mio behoben. Dr. L***** wechselte den Geldbetrag in DM 423.380 um, überwies diese auf ein Konto der *****bank in ***** und buchte das Geld ab; seither ist der Verbleib des Geldes ungeklärt und Dr. L***** verschwunden.

Der Veruntreuung des Kaufpreises durch Dr. L***** folgten gerichtliche Auseinandersetzungen zwischen der Verkäuferin der Eigentumswohnung und dem Kläger bzw dessen Mutter, in deren Zusammenhang dem Kläger diverse Kosten für dessen gerichtliche und außergerichtliche Vertretung sowie Spesen für Reisen und Telefonate aufliefen.

Der Kläger begehrte mit seiner Klage zunächst die Feststellung der Haftung der Beklagten für sämtliche nachteiligen Folgen, die ihm durch die Überweisung der S 3,15 Mio an Dr. L***** entstehen würden. Die Beklagte habe auftrags- und sorgfaltswidrig den Kaufpreis nicht auf ein Treuhandkonto, sondern auf ein normales Girokonto des Treuhänders überwiesen und dadurch erst die Veruntreuung des Geldbetrages ermöglicht. Der Kläger nahm dann mit Schriftsatz vom 27. 5. 2003 (ON 8) eine „Umstellung" seines Klagebegehrens vor und begehrt seither die Feststellung: „Der beklagten Partei stehen gegenüber der klagenden Partei keine Forderungen aus dem Kreditverhältnis (seinerzeit mündlich abgeschlossen zum bei der beklagten Partei eingerichteten Bau- und Wohnkonto Nr. 01100710996) zu". Er brachte dazu - zusammengefasst - vor, dass ein „mehrpersonales Schuldverhältnis" vorliege. Es sei ihm gelungen, die gerichtlichen Auseinandersetzungen mit der Wohnungsverkäuferin Martha R***** durch Zahlung von EUR 143.074,64 vergleichsweise zu bereinigen. Weiters seien ihm aufgrund der Gerichtsverfahren Kosten von EUR 41.664,93 aufgelaufen, sodass ihn insgesamt eine Zahlungspflicht von EUR 184.739,57 treffe. Aus dem Kreditverhältnis wären von ihm EUR 265.437,17 „hypothetisch an die beklagte Partei zu leisten gewesen, wenn Letztere ordnungsgemäß erfüllt hätte" (S. 7 in ON 8). Es ergebe sich daher ein Restsaldo von EUR 80.697,60 (= EUR 265.437,17 abzüglich EUR 184.739,57), „welchen der Kläger an die beklagte Partei im Wege eines Kondiktionsanspruches (§ 1435 ABGB) leisten könnte". Der Erstrichter erörterte das geänderte Klagebegehren und -vorbringen mit dem Kläger und wies diesen darauf hin, dass - wenn der Kläger schon einen Betrag von EUR 80.697,60 zugunsten der Beklagten errechne - dargelegt werden müsse, warum auch dieser der Beklagten nicht zustehe; andernfalls sei das (umgestellte) Feststellungsbegehren nicht nachvollziehbar. Der Kläger erläuterte dazu, er habe den Kondiktionsanspruch der Beklagten von EUR 80.697,60 im Konjunktiv dargestellt, weil „unter Umständen die klagende Partei zwar bereichert wäre, jedoch nicht ungerechtfertigt, da keine iniusta causa" vorliege (S. 2 in ON 9).Der Kläger begehrte mit seiner Klage zunächst die Feststellung der Haftung der Beklagten für sämtliche nachteiligen Folgen, die ihm durch die Überweisung der S 3,15 Mio an Dr. L***** entstehen würden. Die Beklagte habe auftrags- und sorgfaltswidrig den Kaufpreis nicht auf ein Treuhandkonto, sondern auf ein normales Girokonto des Treuhänders überwiesen und dadurch erst die Veruntreuung des Geldbetrages ermöglicht. Der Kläger nahm dann mit Schriftsatz vom 27. 5. 2003 (ON 8) eine „Umstellung" seines Klagebegehrens vor und begehrt seither die Feststellung: „Der beklagten Partei stehen gegenüber der klagenden Partei keine Forderungen aus dem Kreditverhältnis (seinerzeit mündlich abgeschlossen zum bei der beklagten Partei eingerichteten Bau- und Wohnkonto Nr. 01100710996) zu". Er brachte dazu - zusammengefasst - vor, dass ein „mehrpersonales Schuldverhältnis" vorliege. Es sei ihm gelungen, die gerichtlichen Auseinandersetzungen mit der Wohnungsverkäuferin Martha R***** durch Zahlung von EUR 143.074,64 vergleichsweise zu bereinigen. Weiters seien ihm aufgrund der Gerichtsverfahren Kosten von EUR 41.664,93 aufgelaufen, sodass ihn insgesamt eine Zahlungspflicht von EUR 184.739,57 treffe. Aus dem Kreditverhältnis wären von ihm EUR 265.437,17 „hypothetisch an die beklagte Partei zu leisten gewesen, wenn Letztere ordnungsgemäß erfüllt hätte" Sitzung 7 in ON 8). Es ergebe sich daher ein Restsaldo von EUR 80.697,60 (= EUR 265.437,17 abzüglich EUR 184.739,57), „welchen der Kläger an die beklagte Partei im Wege eines Kondiktionsanspruches (§ 1435 ABGB) leisten könnte". Der Erstrichter erörterte das geänderte Klagebegehren und -vorbringen mit dem Kläger und wies diesen darauf hin, dass - wenn der Kläger schon einen Betrag von EUR 80.697,60 zugunsten der Beklagten errechne - dargelegt werden müsse, warum auch dieser der Beklagten nicht zustehe; andernfalls sei das (umgestellte) Feststellungsbegehren nicht nachvollziehbar. Der Kläger erläuterte dazu, er habe den Kondiktionsanspruch der Beklagten von EUR 80.697,60 im Konjunktiv dargestellt, weil „unter Umständen die klagende Partei zwar bereichert wäre, jedoch nicht ungerechtfertigt, da keine iniusta causa" vorliege (S. 2 in ON 9).

Die Beklagte beantragte Abweisung des Klagebegehrens. Der Kläger sei mit der Überweisung des Kaufpreises auf das von Dr. L***** bekanntgegebene Konto bei der Bank A***** einverstanden gewesen. Sie habe alle ihre Verpflichtungen aus dem Kreditvertrag erfüllt. Das geänderte Feststellungsbegehren sei nicht nachvollziehbar, weil ihr nach den eigenen Berechnungen des Klägers zumindest der Betrag von EUR 80.697,60 zustehe.

Das Erstgericht gab dem Feststellungsbegehren statt. Die Mitarbeiter der Beklagten hätten das von Dr. L***** genannte Konto der Bank A***** dahin überprüfen müssen, ob es sich um ein Anderkonto mit Dispositionskontrolle handle. Wegen Verletzung dieser Sorgfaltspflicht könne die Beklagte vom Kläger lediglich für jenen Betrag von S 413.700,13 Rückzahlung verlangen, der über den von Dr. L***** treuwidrig verwendeten Betrag von S 3,15 Mio hinaus auf dem Bau- und Wohnkonto zur Verfügung gestellt worden sei; dem Kläger sei jedoch ein höherer Schaden entstanden. Er habe ein rechtliches Interesse an der Feststellung, dass der Beklagten über die (in einem anderen Verfahren) geltend gemachten Schadenersatzbeträge hinaus keine weiteren Forderungen aus dem Bau- und Wohnkonto zustünden.

Das Berufungsgericht gab der von der Beklagten erhobenen Berufung Folge, wies das Feststellungsbegehren ab und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes EUR 20.000 übersteige, die ordentliche Revision jedoch mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig sei. Es erörterte rechtlich, dass die Parteien eines Kreditvertrags auch Regelungen betreffend die Überweisung der Kreditsumme durch die kreditgewährende Bank auf das Konto eines Dritten, also etwa eines Treuhänders treffen könnten; damit werde iS des § 905 Abs 2 ABGB geregelt, wie der Vertrag vereinbarungsgemäß zu erfüllen sei. Nach der Gefahrtragungsregel des § 905 Abs 2 ABGB trage der Schuldner, im gegebenen Kontext die kreditgewährende Bank, bis zur Zahlung in der vereinbarten Weise die Gefahr des zufälligen Verlustes, müsse also in einem solchen Fall nochmals zahlen; dagegen treffe nach Erfüllung in der vereinbarten Weise die Gefahr des zufälligen Verlustes nicht mehr die kreditgewährende Bank. Martin A*****, der Mitarbeiter der Beklagten, habe nach den erstgerichtlichen Feststellungen die Überweisung der Kreditvaluta in Höhe von S 3,15 Mio genau auf jenes Konto vorgenommen, welches er mit dem Kläger zuvor telefonisch besprochen und welcher Überweisung der Kläger ausdrücklich zugestimmt habe. Die vom Kläger in seiner Berufungsbeantwortung vertretene Ansicht, die Beklagte habe nicht mit schuldbefreiender Wirkung bezahlt, weil sie nicht auf ein (geschütztes) Treuhandkonto, sondern auf ein (ungeschütztes) Girokonto Dris. L***** überwiesen habe, widerspreche dessen in erster Instanz vertretenen Rechtsstandpunkt; der Kläger habe nämlich vor dem Erstgericht mehrfach die Auffassung vertreten, er selbst habe - durch Überweisung der Kreditvaluta an Dr. L***** als Treuhänder - der Wohnungsverkäuferin Martha R***** mit schuldbefreiender Wirkung bezahlt. Selbst wenn man daher allfällige Schadenersatzansprüche des Klägers wegen Verletzung vertraglicher Beratungs- und Schutzpflichten durch die Beklagte bejahen und eine Aufrechnung gegen deren Anspruch auf Kreditrückzahlung vornehmen wollte, verbliebe nach der eigenen Berechnung des Klägers immer noch eine Saldo von EUR 80.697,60 zugunsten der Beklagten. Diese Sachlage habe der Erstrichter auch mit dem Kläger erörtert; da dieser dennoch ohne nähere und nachvollziehbare Präzisierung seines Rechtsstandpunkts und/oder in Verkennung der Rechtslage bei seinem Feststellungsbegehren, wonach der Beklagten aus dem Kreditverhältnis (Bau- und Wohnkonto) keine Forderungen mehr zustünden, geblieben sei, müsse mit Klagsabweisung vorgegangen werden.

Die gegen diese Entscheidung erhobene außerordentliche Revision des Klägers ist zulässig und mit ihrem Aufhebungsantrag auch berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

1. Der Kläger strebt mit seinem „umgestellten" Klagebegehren die Feststellung an, der Beklagten stünden ihm gegenüber keine Forderungen aus dem seinerzeit mündlich zum Bau- und Wohnkonto Nr. 01100710996 abgeschlossen Kreditverhältnis zu. Aus der Formulierung dieses Begehrens folgt zunächst, dass auch nach Ansicht des Klägers der Kreditvertrag zum Bau- und Wohnkonto Nr. 01100710996 rechtswirksam zustande gekommen ist. Davon ausgehend hat das Berufungsgericht zutreffend die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs dargestellt, wonach die Übergabe des Kreditbetrags nicht nur an den Schuldner selbst, sondern auch mittelbar dadurch erfolgen kann, dass der Gläubiger, hier die kreditgewährende Bank, die Kreditsumme vereinbarungsgemäß einem Dritten übergibt (RIS-Justiz RS0019277); in diesem Sinne kann der Kreditgeber die Kreditvaluta durch vereinbarungsgemäße Überweisung an einen Treuhänder wirksam auszahlen (vgl 1 Ob 150/01t = SZ 74/114). Nach Erfüllung auf diese vereinbarte Weise wäre entsprechend der Gefahrtragungsregel des § 905 Abs 2 ABGB das Risiko eines zufälligen Verlustes - hier die Gefahr der Veruntreuung durch den Treuhänder - nicht mehr von der kreditgewährenden Bank zu tragen (vgl 2 Ob 590/93 = JBl 1995, 590).1. Der Kläger strebt mit seinem „umgestellten" Klagebegehren die Feststellung an, der Beklagten stünden ihm gegenüber keine Forderungen aus dem seinerzeit mündlich zum Bau- und Wohnkonto Nr. 01100710996 abgeschlossen Kreditverhältnis zu. Aus der Formulierung dieses Begehrens folgt zunächst, dass auch nach Ansicht des Klägers der Kreditvertrag zum Bau- und Wohnkonto Nr. 01100710996 rechtswirksam zustande gekommen ist. Davon ausgehend hat das Berufungsgericht zutreffend die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs dargestellt, wonach die Übergabe des Kreditbetrags nicht nur an den Schuldner selbst, sondern auch mittelbar dadurch erfolgen kann, dass der Gläubiger, hier die kreditgewährende Bank, die Kreditsumme vereinbarungsgemäß einem Dritten übergibt (RIS-Justiz RS0019277); in diesem Sinne kann der Kreditgeber die Kreditvaluta durch vereinbarungsgemäße Überweisung an einen Treuhänder wirksam auszahlen vergleiche 1 Ob 150/01t = SZ 74/114). Nach Erfüllung auf diese vereinbarte Weise wäre entsprechend der Gefahrtragungsregel des § 905 Abs 2 ABGB das Risiko eines zufälligen Verlustes - hier die Gefahr der Veruntreuung durch den Treuhänder - nicht mehr von der kreditgewährenden Bank zu tragen vergleiche 2 Ob 590/93 = JBl 1995, 590).

2. Zur Frage, auf welche Weise die Beklagte dem Kläger die Kreditvaluta vereinbarungsgemäß zur Verfügung zu stellen hatte, ist von folgenden - zusammengefassten - Feststellungen des Erstgerichts auszugehen:

Am 20. 8. 2001 erteilte der Kläger der Beklagten den Auftrag, die Überweisung von S 3,15 Mio von seinem Bau- und Wohnkonto an den Treuhänder auf dessen Treuhandkonto bei der Beklagten durchzuführen, wobei er eine Kontonummer nicht angab. Ein Kundenbetreuer der Beklagten rief daraufhin den Kläger an und teilte ihm mit, dass er dessen Auftrag nicht in der gewünschten Form nachkommen könne, weil ihn der Treuhänder angewiesen habe, den Kaufpreis auf ein Konto bei einer anderen Bank zu überweisen. Der Kläger stimmte der Überweisung auf das vom Kundenbetreuer genannte Konto bei der anderen Bank zu, weil er meinte, dass es sich dabei um ein Treuhandkonto handle (S. 11 in ON 12).Am 20. 8. 2001 erteilte der Kläger der Beklagten den Auftrag, die Überweisung von S 3,15 Mio von seinem Bau- und Wohnkonto an den Treuhänder auf dessen Treuhandkonto bei der Beklagten durchzuführen, wobei er eine Kontonummer nicht angab. Ein Kundenbetreuer der Beklagten rief daraufhin den Kläger an und teilte ihm mit, dass er dessen Auftrag nicht in der gewünschten Form nachkommen könne, weil ihn der Treuhänder angewiesen habe, den Kaufpreis auf ein Konto bei einer anderen Bank zu überweisen. Der Kläger stimmte der Überweisung auf das vom Kundenbetreuer genannte Konto bei der anderen Bank zu, weil er meinte, dass es sich dabei um ein Treuhandkonto handle Sitzung 11 in ON 12).

Aus diesen Feststellungen folgt, dass bei der vom Kläger angestrebten Durchführung des Wohnungserwerbs die vereinbarte Treuhandabwicklung im Vordergrund stand. Die Überweisung des Kaufpreises von S 3,15 Mio sollte gerade nicht auf ein allgemeines und ungesichertes Kanzleikonto, sondern erklärtermaßen auf ein Treuhandkonto des Vertragserrichters erfolgen. Auch das Einverständnis des Klägers zur Überweisung auf das ihm vom Kundenbetreuer der Beklagten genannte Konto des Treuhänders bei einer anderen Bank kann bei redlichem Erklärungsverständnis nur als Zustimmung mit dem Vorbehalt gelten, dass es sich auch bei diesem Überweisungsziel um ein Treuhandkonto (Anderkonto) handelte. Diesem Auftrag hat die Beklagte nicht entsprochen, sondern den Kaufpreis auf ein „bloßes" Girokonto des Treuhänders überwiesen und daher die Kreditvaluta nicht vereinbarungsgemäß zur Verfügung gestellt; insoweit hat die kreditgewährende Bank das Risiko des Verlusts in Form der Veruntreuung durch den Treuhänder zu tragen, sodass der Beklagten aus der Bereitstellung von S 3,15 Mio kein vertraglicher Rückzahlungsanspruch gegen den Kläger zustehen kann.

3. In welchem Umfang die Beklagte dem Kläger über den Betrag von S 3,15 Mio hinaus auf dem Bau- und Wohnkonto Kreditmittel - vereinbarungsgemäß - bereitgestellt hat und inwieweit diese daraus allenfalls einen - noch aufrechten - Rückzahlungsanspruch abzuleiten vermag, kann aufgrund der bisherigen Verfahrensergebnisse nicht eindeutig beurteilt werden. Die Beklagte hat sich vor dem Erstgericht immer nur auf einen Betrag von S 3,15 Mio berufen. Das Erstgericht hat lediglich den Schuldenstand auf dem Bau- und Wohnkonto per 24. 10. 2001 mit S 3,563.700,14, nicht aber den insgesamt von der Beklagten bereit gestellten Kreditbetrag festgestellt. Die Beklagte erklärte in ihrer Berufung den Differenzbetrag von S 413.700,14 mit aufgelaufenen Zinsen. Der Kläger begehrte in seiner Berufungsbeantwortung die ergänzende Feststellung, dass die Beklagte den Differenzbetrag von S 413.700,14 nicht ausbezahlt habe, und in der Berufungsverhandlung stellten die Parteien außer Streit, „dass von dem Bau- und Wohnkonto über den Kaufpreis von S 3,150.000,-- weitere Aufwendungen im Zusammenhang mit dem Erwerb der Wohnung (Steuern, Vertragserrichtungskosten etc) beglichen worden sind". Eine widerspruchsfreie Klarstellung der von der Beklagten insgesamt und insbesondere über die an den Treuhänder überwiesenen S 3,15 Mio hinaus bereitgestellten Kreditmittel ist demnach bisher nicht erfolgt.

Unerörtert blieb bislang auch, inwieweit das erstinstanzliche Vorbringen des Klägers, mit welchem dieser (allfälligen) Ansprüchen der Beklagten seine Aufwendungen im Zuge der vergleichsweisen Einigung mit der Wohungsverkäuferin (rechnerisch) gegenüberstellte, allenfalls als Einrede einer erfolgten Aufrechnung zu werten sei, was das Erstgericht nach dessen Rechtsausführungen (S 26 in ON 12; vgl auch das Urteil des Berufungsgerichts S 15 unten) möglicherweise so verstanden haben könnte.Unerörtert blieb bislang auch, inwieweit das erstinstanzliche Vorbringen des Klägers, mit welchem dieser (allfälligen) Ansprüchen der Beklagten seine Aufwendungen im Zuge der vergleichsweisen Einigung mit der Wohungsverkäuferin (rechnerisch) gegenüberstellte, allenfalls als Einrede einer erfolgten Aufrechnung zu werten sei, was das Erstgericht nach dessen Rechtsausführungen (S 26 in ON 12; vergleiche auch das Urteil des Berufungsgerichts S 15 unten) möglicherweise so verstanden haben könnte.

4. Der Revision ist aus diesen Erwägungen mit ihrem Aufhebungsantrag Folge zu geben und die Rechtssache an das Erstgericht zurückzuverweisen; dieses wird im fortgesetzten Verfahren zu klären und aussagekräftige Feststellungen darüber zu treffen habe, ob dem Kläger über den an Dr. L***** überwiesenen Betrag von S 3,15 Mio hinaus auf dem Bau- und Wohnkonto Kreditmittel - vereinbarungsgemäß - bereitgestellt wurden und inwieweit der Beklagten daraus ein - auch nicht durch eine allfällige Aufrechnung getilgter - aufrechter Rückzahlungsanspruch zusteht.

Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 ZPO.Der Kostenvorbehalt beruht auf Paragraph 52, ZPO.

Textnummer

E77513

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2005:0010OB00277.04Y.0524.000

Im RIS seit

23.06.2005

Zuletzt aktualisiert am

13.01.2011
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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