Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Pflegschaftssache des mj. David S*****, geboren am *****, vertreten durch das Amt für Jugend und Familie, Rechtsfürsorge für den 22. Bezirk, 1220 Wien, Kapellenweg 35/1a/1, wegen Unterhaltsvorschuss, über den Revisionsrekurs des Minderjährigen gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 27. Jänner 2005, GZ 48 R 407/04i-33, womit der Beschluss des Bezirksgerichtes Donaustadt vom 6. Oktober 2004, GZ 29 P 270/02z-29, bestätigt wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung:
Der Minderjährige und seine Mutter sind kroatische Staatsbürger, der unterhaltspflichtige Vater ist österreichischer Staatsbürger. Alle wohnen in Österreich.
Der Minderjährige stellte den Antrag auf Gewährung von Unterhaltsvorschuss.
Das Erstgericht wies den Antrag mit der Begründung ab, dass die Voraussetzungen des § 2 UVG nicht vorliegen, da der Minderjährige weder Österreicher noch staatenlos sei.Das Erstgericht wies den Antrag mit der Begründung ab, dass die Voraussetzungen des Paragraph 2, UVG nicht vorliegen, da der Minderjährige weder Österreicher noch staatenlos sei.
Das Rekursgericht bestätigte den angefochtenen Beschluss. Der Unterhaltsvorschuss stelle eine Familienleistung im Sinne des Art 4 Abs 1 lit h der Verordnung (EWG) Nr 1408/71 des Rates vom 14. 6. 1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zuwandern und abwandern, dar. Daher hätten die im Gebiet eines Mitgliedstaates wohnenden Personen unter denselben Voraussetzungen wie Inländer Anspruch auf eine solche im Recht dieses Mitgliedstaates vorgesehene Leistung. Da Kroatien aber kein Mitgliedstaat sei, hätten die diesem Staat angehörigen Kinder gemäß § 2 Abs 1 UVG keinen Anspruch auf Unterhaltsvorschuss. Mit Ausnahme der Staatsangehörigkeit des Kindes liege ein reiner Inlandsbezug vor. Nach Punkt 12 der Erwägungen der Verordnung (EG) Nr 859/2003 finde auch diese Wanderarbeitnehmerverordnung keine Anwendung in Situationen, die mit keinem Element über die Grenze eines einzigen Mitgliedstaates hinausweise.Das Rekursgericht bestätigte den angefochtenen Beschluss. Der Unterhaltsvorschuss stelle eine Familienleistung im Sinne des Artikel 4, Absatz eins, Litera h, der Verordnung (EWG) Nr 1408/71 des Rates vom 14. 6. 1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zuwandern und abwandern, dar. Daher hätten die im Gebiet eines Mitgliedstaates wohnenden Personen unter denselben Voraussetzungen wie Inländer Anspruch auf eine solche im Recht dieses Mitgliedstaates vorgesehene Leistung. Da Kroatien aber kein Mitgliedstaat sei, hätten die diesem Staat angehörigen Kinder gemäß Paragraph 2, Absatz eins, UVG keinen Anspruch auf Unterhaltsvorschuss. Mit Ausnahme der Staatsangehörigkeit des Kindes liege ein reiner Inlandsbezug vor. Nach Punkt 12 der Erwägungen der Verordnung (EG) Nr 859/2003 finde auch diese Wanderarbeitnehmerverordnung keine Anwendung in Situationen, die mit keinem Element über die Grenze eines einzigen Mitgliedstaates hinausweise.
Das Rekursgericht erklärte den ordentlichen Revisionsrekurs für zulässig, da zwar der Oberste Gerichtshof in den Entscheidungen 6 Ob 151/04f und 6 Ob 269/04h bei einem ähnlichen Sachverhalt (Vater EU-Bürger, Kind nicht) die Gewährung von Unterhaltsvorschüssen verweigert habe, hiebei jedoch nicht auf Art 2 der Verordnung (EWG) Nr 1408/71 eingegangen sei, wonach es für den Vorschuss ausreiche, dass jenes Familienmitglied, welches Arbeitnehmer sei, die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates besitze. Dann scheine es nicht mehr von Bedeutung, dass das Kind selbst nicht EU-Bürger sei.Das Rekursgericht erklärte den ordentlichen Revisionsrekurs für zulässig, da zwar der Oberste Gerichtshof in den Entscheidungen 6 Ob 151/04f und 6 Ob 269/04h bei einem ähnlichen Sachverhalt (Vater EU-Bürger, Kind nicht) die Gewährung von Unterhaltsvorschüssen verweigert habe, hiebei jedoch nicht auf Artikel 2, der Verordnung (EWG) Nr 1408/71 eingegangen sei, wonach es für den Vorschuss ausreiche, dass jenes Familienmitglied, welches Arbeitnehmer sei, die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates besitze. Dann scheine es nicht mehr von Bedeutung, dass das Kind selbst nicht EU-Bürger sei.
Dagegen richtet sich der Revisionsrekurs des Minderjährigen mit einem Abänderungsantrag.
In der Revisionsrekursbeantwortung beantragt die Republik Österreich, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist zur Klarstellung der Rechtslage zulässig, er ist aber nicht berechtigt.
Nach § 2 Abs 1 UVG haben minderjährige Kinder mit gewöhnlichem Aufenthalt in Österreich Anspruch auf Unterhaltsvorschuss, wenn sie entweder österreichische Staatsbürger oder staatenlos sind. Nach ständiger Rechtsprechung aufgrund der Entscheidung des EuGH (insbesondere Rs C-85/88 - Offermann und Rs C-55/99 - Anna Humer) haben Familienangehörige von Wanderarbeitern im Sinne der Verordnung (EWG) Nr 1408/71 Anspruch auf Familienleistungen, die der Staat für Inländer vorsieht. Dies soll die Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Gemeinschaft sicherstellen. Nach Art 1 lit a Z 1 der Verordnung (EWG) Nr 1408/71 ist jede Person als Arbeitnehmer zu verstehen, die gegen ein Risiko oder gegen mehrere Risken, die von den Zweigen eines Systems der sozialen Sicherheit für Arbeitnehmer oder Selbständige oder einem Sondersystem für Beamte erfasst werden, pflichtversichert oder freiwillig weiterversichert ist. Kinder haben Anspruch auf Unterhaltsvorschuss als Familienleistung im Sinne dieser Verordnung, wenn zumindest ein Elternteil selbständiger, tätiger oder arbeitsloser Arbeitnehmer im Sinne der Verordnung ist (7 Ob 185/04p, 6 Ob 171/03w, 6 Ob 118/03a; RIS-Justiz RS0115509). Art 2 Abs 1 der Verordnung legt den persönlichen Geltungsbereich dahin fest, dass sie für Arbeitnehmer gilt, für welche die Rechtsvorschriften eines oder mehrerer Mitgliedstaaten gelten oder galten, soweit sie Staatsangehörige eines Mitgliedstaates sind oder als Staatenlose oder Flüchtlinge im Gebiet eines Mitgliedstaates wohnen, sowie für deren Angehörige und Hinterbliebene (7 Ob 185/04p, 6 Ob 171/03w). Zu dieser Verordnung sprach der EuGH aus, dass Arbeitnehmer, die als Staatenlose oder Flüchtlinge im Gebiet eines Mitgliedstaates wohnten, sowie deren Familienangehörige die in der Verordnung gewährten Rechte nicht geltend machen könnten, wenn sie sich in einer Situation befänden, die mit keinem Element über die Grenzen dieses Mitgliedstaates hinausweise (Rs C-95/99 - C-98/99 und Rs C-180/99 - Kahlil ua). Auch der Oberste Gerichtshof hat bereits mehrfach judiziert, dass wesentliche Voraussetzung für die Anwendung der Verordnung (EWG) Nr 1408/71 das Vorliegen eines grenzüberschreitenden Sachverhalts sei, zumal der Normzweck des Art 42 EGV und der aufgrund dieser Bestimmung ergangenen Wanderarbeitnehmerverordnung nur die Koordinierung, nicht die Harmonisierung der verschiedenen sozialrechtlichen Systeme der Mitgliedstaaten für Personen mit grenzüberschreitenden Berufsverlauf sei. Es solle nicht ein einheitliches gemeinschaftsweit gültiges Sozialversicherungssystem geschaffen, sondern durch Koordinierung nationaler Regeln die Freizügigkeit sichergestellt werden (7 Ob 185/04p, 10 Ob 60/03a, 3 Ob 50/03d, 7 Ob 295/02m). Es ergibt sich daher keine Verpflichtung des Mitgliedstaates, nationale Normen zu schaffen, wonach Familienleistungen nach dem österreichischen UVG im Rahmen eines lückenlosen Systems für jeden nur denkbaren Fall des Entfalls einer Unterhaltsleistung gewährt werde (7 Ob 185/04p, 7 Ob 295/02m).Nach Paragraph 2, Absatz eins, UVG haben minderjährige Kinder mit gewöhnlichem Aufenthalt in Österreich Anspruch auf Unterhaltsvorschuss, wenn sie entweder österreichische Staatsbürger oder staatenlos sind. Nach ständiger Rechtsprechung aufgrund der Entscheidung des EuGH (insbesondere Rs C-85/88 - Offermann und Rs C-55/99 - Anna Humer) haben Familienangehörige von Wanderarbeitern im Sinne der Verordnung (EWG) Nr 1408/71 Anspruch auf Familienleistungen, die der Staat für Inländer vorsieht. Dies soll die Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Gemeinschaft sicherstellen. Nach Artikel eins, Litera a, Ziffer eins, der Verordnung (EWG) Nr 1408/71 ist jede Person als Arbeitnehmer zu verstehen, die gegen ein Risiko oder gegen mehrere Risken, die von den Zweigen eines Systems der sozialen Sicherheit für Arbeitnehmer oder Selbständige oder einem Sondersystem für Beamte erfasst werden, pflichtversichert oder freiwillig weiterversichert ist. Kinder haben Anspruch auf Unterhaltsvorschuss als Familienleistung im Sinne dieser Verordnung, wenn zumindest ein Elternteil selbständiger, tätiger oder arbeitsloser Arbeitnehmer im Sinne der Verordnung ist (7 Ob 185/04p, 6 Ob 171/03w, 6 Ob 118/03a; RIS-Justiz RS0115509). Artikel 2, Absatz eins, der Verordnung legt den persönlichen Geltungsbereich dahin fest, dass sie für Arbeitnehmer gilt, für welche die Rechtsvorschriften eines oder mehrerer Mitgliedstaaten gelten oder galten, soweit sie Staatsangehörige eines Mitgliedstaates sind oder als Staatenlose oder Flüchtlinge im Gebiet eines Mitgliedstaates wohnen, sowie für deren Angehörige und Hinterbliebene (7 Ob 185/04p, 6 Ob 171/03w). Zu dieser Verordnung sprach der EuGH aus, dass Arbeitnehmer, die als Staatenlose oder Flüchtlinge im Gebiet eines Mitgliedstaates wohnten, sowie deren Familienangehörige die in der Verordnung gewährten Rechte nicht geltend machen könnten, wenn sie sich in einer Situation befänden, die mit keinem Element über die Grenzen dieses Mitgliedstaates hinausweise (Rs C-95/99 - C-98/99 und Rs C-180/99 - Kahlil ua). Auch der Oberste Gerichtshof hat bereits mehrfach judiziert, dass wesentliche Voraussetzung für die Anwendung der Verordnung (EWG) Nr 1408/71 das Vorliegen eines grenzüberschreitenden Sachverhalts sei, zumal der Normzweck des Artikel 42, EGV und der aufgrund dieser Bestimmung ergangenen Wanderarbeitnehmerverordnung nur die Koordinierung, nicht die Harmonisierung der verschiedenen sozialrechtlichen Systeme der Mitgliedstaaten für Personen mit grenzüberschreitenden Berufsverlauf sei. Es solle nicht ein einheitliches gemeinschaftsweit gültiges Sozialversicherungssystem geschaffen, sondern durch Koordinierung nationaler Regeln die Freizügigkeit sichergestellt werden (7 Ob 185/04p, 10 Ob 60/03a, 3 Ob 50/03d, 7 Ob 295/02m). Es ergibt sich daher keine Verpflichtung des Mitgliedstaates, nationale Normen zu schaffen, wonach Familienleistungen nach dem österreichischen UVG im Rahmen eines lückenlosen Systems für jeden nur denkbaren Fall des Entfalls einer Unterhaltsleistung gewährt werde (7 Ob 185/04p, 7 Ob 295/02m).
Diese in der Rechtsprechung bereits vertretenen Grundsätze werden zwar in den Entscheidungen 6 Ob 151/04f und 6 Ob 269/04h, in denen es um die Frage der Gewährung von Unterhaltsvorschuss an Kinder geht, die Angehörige eines Drittstaates sind, wobei der Unterhaltspflichtige aber Österreicher ist, nicht ausdrücklich dargelegt, doch wird ihnen implizit gefolgt; die Anträge auf Gewährung von Unterhaltsvorschuss wurden abgewiesen. Wie bereits oben erörtert, ist Grundvoraussetzung für die Anwendung der zitierten Verordnungen, dass ein Fall vorliegt, der mit einem Element über die Grenzen eines Mitgliedstaates hinausweist. Diese ist auch ausdrücklich Voraussetzung für die Anwendung der Verordnung (EG) Nr 859/2003, in deren Abs 12 der Erwägungen ausdrücklich geregelt ist, dass die Verordnungen (EWG) Nr 1408/71 und 574/72 keine Anwendung in Situationen finden, die mit keinem Element über die Grenzen eines einzigen Mitgliedstaates hinausweisen. Dies gelte insbesondere dann, wenn die Situation eines Drittstaatsangehörigen ausschließlich Verbindung zu einem Drittstaat und zu einem einzigen Mitgliedstaat aufweise. Da im vorliegenden Fall nur ein Drittstaat und ein Mitgliedstaat, nämlich Kroatien und Österreich, betroffen sind, kommen die gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen, die die Freizügigkeit sichern, aber nicht eine Harmonisierung von sozialen Systemen für jedermann anstreben, nicht zur Anwendung (vgl auch 7 Ob 185/04p, 6 Ob 151/04f, 6 Ob 183/04m, 6 Ob 269/04h, 10 Ob 5/05s, 10 Ob 29/05w uva; RIS-Justiz RS0119548).Diese in der Rechtsprechung bereits vertretenen Grundsätze werden zwar in den Entscheidungen 6 Ob 151/04f und 6 Ob 269/04h, in denen es um die Frage der Gewährung von Unterhaltsvorschuss an Kinder geht, die Angehörige eines Drittstaates sind, wobei der Unterhaltspflichtige aber Österreicher ist, nicht ausdrücklich dargelegt, doch wird ihnen implizit gefolgt; die Anträge auf Gewährung von Unterhaltsvorschuss wurden abgewiesen. Wie bereits oben erörtert, ist Grundvoraussetzung für die Anwendung der zitierten Verordnungen, dass ein Fall vorliegt, der mit einem Element über die Grenzen eines Mitgliedstaates hinausweist. Diese ist auch ausdrücklich Voraussetzung für die Anwendung der Verordnung (EG) Nr 859/2003, in deren Absatz 12, der Erwägungen ausdrücklich geregelt ist, dass die Verordnungen (EWG) Nr 1408/71 und 574/72 keine Anwendung in Situationen finden, die mit keinem Element über die Grenzen eines einzigen Mitgliedstaates hinausweisen. Dies gelte insbesondere dann, wenn die Situation eines Drittstaatsangehörigen ausschließlich Verbindung zu einem Drittstaat und zu einem einzigen Mitgliedstaat aufweise. Da im vorliegenden Fall nur ein Drittstaat und ein Mitgliedstaat, nämlich Kroatien und Österreich, betroffen sind, kommen die gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen, die die Freizügigkeit sichern, aber nicht eine Harmonisierung von sozialen Systemen für jedermann anstreben, nicht zur Anwendung vergleiche auch 7 Ob 185/04p, 6 Ob 151/04f, 6 Ob 183/04m, 6 Ob 269/04h, 10 Ob 5/05s, 10 Ob 29/05w uva; RIS-Justiz RS0119548).
Es ist daher auf die gesetzlichen Anspruchsgrundlagen nach § 2 UVG zurückzugreifen. Da sich der Anspruch unstrittig daraus nicht ableiten lässt, war dem Revisionsrekurs der Erfolg zu versagen.Es ist daher auf die gesetzlichen Anspruchsgrundlagen nach Paragraph 2, UVG zurückzugreifen. Da sich der Anspruch unstrittig daraus nicht ableiten lässt, war dem Revisionsrekurs der Erfolg zu versagen.
Textnummer
E77612European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2005:0070OB00086.05F.0608.000Im RIS seit
08.08.2005Zuletzt aktualisiert am
11.07.2011