Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Niederreiter als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Tittel, Dr. Baumann, Hon. Prof. Dr. Danzl und Dr. Veith als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1.) A***** AG, *****, vertreten durch Hauser Partners, Rechtsanwälte GmbH in Wien, 2.) L***** AG, *****, vertreten durch Siemer Siegl Füreder & Partner, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei S*****, vertreten durch Andreas Reiner & Partner, Rechtsanwälte in Wien, wegen Aufhebung eines Schiedsspruches und Aufhebung einer Schiedsvereinbarung (Streitwert EUR 500.000,--), über die außerordentliche Revision der erstklagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 21. März 2005, GZ 4 R 176/04p-36, womit das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 20. April 2004, GZ 43 Cg 44/03y-29, in der Hauptsache bestätigt wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des Paragraph 502, Absatz eins, ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
1.) Der Oberste Gerichtshof hat in 7 Ob 545/92 = SZ 65/95 unter anderem Folgendes ausgeführt: Das Verfahren vor dem Schiedsgericht können die Parteien selbst im Schiedsvertrag oder in einer besonderen schriftlichen Vereinbarung bestimmen. Mangels einer solchen Vereinbarung können die Schiedsrichter selbst das Verfahren gestalten. Die Gestaltungsfreiheit ermöglicht es, Entscheidungen über einzelne Rechts- oder Tatfragen etwa über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, über die Aktiv- und Passivlegitimation, die Verjährung etc zu fällen. Auch die ICC-Verfahrensordnung geht von der Zulässigkeit von Zwischenentscheidungen aus. Der § 595 ZPO ermöglicht aber nur die Bekämpfung des Schiedsspruches selbst. Unter Schiedsspruch ist hiebei entsprechend dem Wesen des Schiedsspruches als einer dem Urteil der staatlichen Gerichte gleichkommenden Entscheidung Privater jedoch nur die meritorische Entscheidung des Schiedsgerichtes über den Streitfall zu verstehen, die den Sachantrag der Parteien zumindest zum Teil abschließend erledigt.(...) Die Auslegung des Begriffes Schiedsspruch als die den Streitfall zumindest zum Teil abschließende Sacherledigung entspricht dem Zweck des Schiedsverfahrens und der ratio des § 595 ZPO. Durch die Vereinbarung eines Schiedsgerichtes soll nach der Absicht der Parteien ein Rechtsstreit den Gerichten aus verschiedenen Motiven entzogen werden. Die österreichische Zivilprozessordnung steht einer solchen Vereinbarung positiv gegenüber und beschränkt sich auf die Überwachung der Zulässigkeitsgrenzen und die Sicherung von Mindestgarantien eines rechtsstaatlichen Erkenntnisverfahrens. Die Anfechtbarkeit von Vor- oder Zwischenentscheidungen des Schiedsgerichtes führt zu einer begleitenden Kontrolle durch die Gerichte und einer Parallelität von Schiedsgerichts- und gerichtlichem Verfahren, verbunden mit einer Überhäufung der Gerichte mit Aufhebungsklagen und einer erheblichen Kostenbelastung für die Parteien. Diese Erwägungen gelten grundsätzlich auch für die Entscheidungen des Schiedsgerichtes, die den Grund des Anspruches oder das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtes oder Rechtsverhältnisses betreffen.
Es mag nun sein, dass in früheren, in 7 Ob 545/92 nicht erwähnten Entscheidungen (8 Ob 233/71 = JBl 1974, 629; 7 Ob 584/90) die Anfechtbarkeit von Vor- oder Zwischenentscheidungen des Schiedsgerichtes implicite unterstellt wurde. Die Rechtsmittelwerberin räumt aber selbst ein, dass diese Frage in der von ihr zitierten Vorjudikatur überhaupt nicht thematisiert wurde. Dies ist erst in 7 Ob 545/92 geschehen. Von einer Uneinheitlichkeit der Rechtsprechung kann unter diesen Umständen keine Rede sein.
2.) Die Entscheidung 7 Ob 545/92 enthält die klare Aussage, dass jegliche Vor- oder Zwischenentscheidung des Schiedsgerichtes, auch eine Entscheidung über den Grund des Anspruches nicht anfechtbar ist. Auch wenn im damaligen Fall vom Schiedsgericht mit seiner Entscheidung über die Gültigkeit und Einklagbarkeit von Vereinbarungen noch nicht einmal über den Anspruchsgrund entschieden worden sein sollte, wäre angesichts des in 7 Ob 545/92 dargestellten Grundsatzes, dass unter Schiedsspruch im Sinne des § 595 ZPO nur die (zumindest einen Teil des Sachantrages erledigende) meritorische Sachentscheidung zu verstehen ist, keine neue Aussage des Obersten Gerichtshofes zu Schiedssprüchen über den Grund des Anspruches notwendig.
Die in 7 Ob 545/92 gefundene Lösung wurde in der Literatur von Heller (Die Anfechtung von Teil- und Zwischenschiedssprüchen in Österreich, IPRax 1994, 142; vgl auch Pfersmann, Bemerkenswertes aus der SZ 65/I, ÖJZ 1995, 449) als begrüßenswerte Klarheit schaffend und jedenfalls vertretbar bezeichnet; von Rechberger/Melis (in Rechberger, ZPO2 § 595 Rz 2) wird sie - offenbar zustimmend - wiedergegeben. Im Hinblick auf diese ausführlich begründende, grundlegende Entscheidung, die auch im Schrifttum nicht auf beachtliche Kritik gestoßen ist, kann durchaus von einer gesicherten Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes ausgegangen werden (vgl RIS-Justiz RS0103384; Kodek in Rechberger, ZPO2 § 502 Rz 3 S 1297/1298). Die Zulässigkeit des Rechtsmittels lässt sich somit auch nicht mit dem Fehlen höchstgerichtlicher Rechtsprechung begründen.Die in 7 Ob 545/92 gefundene Lösung wurde in der Literatur von Heller (Die Anfechtung von Teil- und Zwischenschiedssprüchen in Österreich, IPRax 1994, 142; vergleiche auch Pfersmann, Bemerkenswertes aus der SZ 65/I, ÖJZ 1995, 449) als begrüßenswerte Klarheit schaffend und jedenfalls vertretbar bezeichnet; von Rechberger/Melis (in Rechberger, ZPO2 § 595 Rz 2) wird sie - offenbar zustimmend - wiedergegeben. Im Hinblick auf diese ausführlich begründende, grundlegende Entscheidung, die auch im Schrifttum nicht auf beachtliche Kritik gestoßen ist, kann durchaus von einer gesicherten Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes ausgegangen werden vergleiche RIS-Justiz RS0103384; Kodek in Rechberger, ZPO2 Paragraph 502, Rz 3 S 1297/1298). Die Zulässigkeit des Rechtsmittels lässt sich somit auch nicht mit dem Fehlen höchstgerichtlicher Rechtsprechung begründen.
3.) Für die Anfechtbarkeit bei „Aufsplittung" eines Schadenersatzbegehrens kommt es insbesondere auf die konkrete Formulierung des Begehrens im jeweiligen Einzelfall an. Wenn die Vorinstanzen hier im Ergebnis nicht von einem anfechtbaren „Teilschiedsspruch", sondern von einem unanfechtbaren „Zwischenschiedsspruch" (jeweils im Sinne österreichischer Terminologie) ausgegangen sind, so ist darin angesichts der gegebenen Zusammenhänge keine auffallende Fehlbeurteilung zu erblicken, die der Oberste Gerichtshof aus Gründen der Rechtssicherheit wahrnehmen müsste.
4.) Auf die Frage der Zulässigkeit von Mehrparteienschiedsverfahren und der Streitanhängigkeit anderer Schiedsverfahren kommt es derzeit im Hinblick auf die nicht zu beanstandende Verneinung der Anfechtbarkeit des angefochtenen Schiedsspruches nicht an.
Textnummer
E77699European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2005:0020OB00136.05X.0614.000Im RIS seit
14.07.2005Zuletzt aktualisiert am
09.03.2011