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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
EStG 1988 §37;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Mag. Heinzl, Dr. Fuchs, Dr. Zorn und Dr. Robl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Kinsky, über die Beschwerde des F K in T, vertreten durch Dr. Karl-Heinz Klee, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Maria-Theresien-Straße 38, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Tirol (Berufungssenat I) vom 3. Juni 2002, Zl. RV 828/1-T7/01, betreffend Einkommensteuer 1992 bis 1996, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von 1.171,20 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer betrieb u.a. in den Streitjahren 1992 bis 1996 eine Fahrschule in T., für welche er jeweils unter anderem Einkünfte aus selbständiger Arbeit erklärte. Für einen Teil der erklärten Einkünfte (S 396.000 in den Jahren 1992 und 1994, sowie S 353.462 im Jahr 1993 und S 448.000 im Jahr 1995) machte der Beschwerdeführer den Hälftesteuersatz gemäß § 37 EStG 1988 in der Fassung vor dem Strukturanpassungsgesetz 1996, BGBl. Nr. 201/1996, geltend. Für das Jahr 1996 schied der Beschwerdeführer von den erklärten Einkünften S 261.600 (zwei Drittel von S 392.400) "wegen Verteilung der Einkünfte auf drei Jahre" (§ 37 Abs. 2 EStG 1988 in der Fassung des Strukturanpassungsgesetzes 1996) aus.
Die Veranlagung des Beschwerdeführers zur Einkommensteuer der Jahre 1992 bis 1996 erfolgte mit jeweils vorläufigem Bescheid erklärungsgemäß.
Anlässlich der Durchführung einer abgabenbehördlichen Prüfung wurde im darüber erstatteten Bericht unter Tz 22 unter anderem festgehalten:
"Pachterträge 20 %" Ing. W. S 396.000 (1992 bis 1994), S 448.800 (1995) und S 392.400 (1996).
Dem Beschwerdeführer werde laut der anlässlich der Prüfung vorgelegten Vereinbarung vom 30. Juli 1986 von Ing. W. monatlich ein Betrag für die Nichtausübung der Fahrschultätigkeit in J. bezahlt. Die Begünstigung gemäß § 37 EStG stehe nicht zu, da die Höhe und die Dauer der auf einen Zeitraum von 15 Jahren verteilt ausbezahlten Vergütungen (Verdienstentgang) von der Erfüllung verschiedener Bedingungen abhinge und der Zeitraum, für den diese gewährt worden seien, "nicht mindestens 7 Jahre" betragen habe. Die Außergewöhnlichkeit der Einkünfte sei nicht gegeben, da es zu keiner atypischen Zusammenballung von Einkünften gekommen sei.
Das Finanzamt folgte den Feststellungen des Prüfers und erließ nach Wiederaufnahme der Verfahren entsprechende, neuerlich vorläufige Einkommensteuerbescheide für die Jahre 1992 bis 1996.
In einer dagegen erhobenen Berufung wurden die Bescheide hinsichtlich der Versteuerung der Abstandszahlungen von Ing. W. angefochten und die Besteuerung unter Ausklammerung der Ratenzahlungen 1992 bis 1996 beantragt. Für 1996 sei überdies eine Forderungsabschreibung in Höhe von S 295.000 zu berücksichtigen.
Begründend wurde ausgeführt, dass sich der Beschwerdeführer in der Vereinbarung vom 30. Juli 1986 mit Ing. W. verpflichtet habe, "für alle Zukunft, und zwar über die unten erwähnte Zahlungsdauer hinaus", keinerlei Schritte zum Betrieb einer Fahrschule in J. zu unternehmen. Dafür habe er eine monatliche, wertgesicherte Abstandszahlung von netto S 30.000 durch 15 Jahre hindurch erhalten. Weiters sei für den Fall, dass Ing. W. "mit mehr als zwei Monatsraten" in Rückstand gerate, Terminverlust für den gesamten, noch offenen Abzahlungsbetrag vereinbart worden. Durch diese Vereinbarung habe der Beschwerdeführer mit 30. Juli 1986 eine Forderung gegen Ing. W. in Höhe von netto S 5,400.000 (30.000 x 12 Monate x 15 Jahre) erworben und ihm die Zahlung zu 180 Raten a S 30.000 zugestanden. Ing. W. hätte die ursprünglich verlangte Einmalzahlung nämlich nicht finanzieren können. Da der Beschwerdeführer schon 1986 zur Buchführung verpflichtet gewesen sei und seinen Gewinn seit jeher nach § 4 Abs. 1 EStG ermittelt habe, sei es ihm nicht freigestanden, eine einzige Forderung nach dem Zuflussprinzip und alle anderen Vermögensveränderungen im Wege des Bestandsvergleiches zu erfassen. Die Forderung sei mit Vertragsabschluss geltend gemacht worden und wäre daher bereits 1986 vom "Vorberater" in der Buchhaltung zu erfassen gewesen. Unter Berücksichtigung der zwischenzeitlich geleisteten Raten (in Höhe von S 1,980.000) sei daher die Eröffnungsbilanz per 1.1.1992 zu berichtigen und eine Forderung in Höhe von S 3,420.000 einzustellen. Die 1992 bis 1995 erhaltenen Raten von je S 360.000 kürzten die Forderung und seien aus der Bemessungsgrundlage für die Einkommensteuer auszuscheiden. Die Besteuerung der Wertsicherungsbeträge werde nicht beanstandet.
Im Jahr 1996 seien bis einschließlich Juli S 267.400 vereinnahmt worden, davon S 210.000 (7 x S 30.000) Raten und S 57.400 Wertsicherungsbeträge. Mit Wirkung ab August 1996 sei eine Reduktion der restlichen 59 Raten um S 5.000 auf S 25.000 pro Monat vereinbart worden. Aus der Steuerbemessungsgrundlage seien daher S 335.000 (S 210.000 plus 5 x S 25.000) an Raten auszuscheiden. Außerdem sei die Forderung auf Grund der Reduktion der Raten um S 295.000 (5.000 x 59 Restraten) abzuschreiben und in der Bilanz zum 31.12.1996 mit einem Wert von S 1,350.000 (entspreche 54 Restraten a S 25.000) anzusetzen.
Die Behandlung der Abstandszahlungen als Pachterträge sei nicht richtig. Dagegen spreche einerseits die Vereinbarung eines Terminverlustes, andererseits das Fehlen eines wirtschaftlichen Zusammenhanges zwischen den Zahlungen pro Jahr und der unbefristeten "Abstandsverpflichtung" des Beschwerdeführers. Die Abstandszahlungen seien bisher irrtümlich "im Jahr der Zahlung" erfasst worden. Bei der letzten Betriebsprüfung sei diese Vorgangsweise auch nicht beanstandet worden. Im Zuge der nunmehrigen Betriebsprüfung sei der Beschwerdeführer "durch eingehendes Vertragsstudium" zur obigen Rechtsansicht gelangt.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung - abgesehen von einem, im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht mehr strittigen Punkt - ab. Begründend führte sie aus, die Gewinn- und Verlustrealisierung sei vom sogenannten Realisationsprinzip beherrscht. Der Grundsatz der Gewinnrealisierung bedeute, dass ein Gewinn erst dann ausgewiesen werden dürfe, wenn er durch einen Umsatzakt verwirklicht sei, also die Leistung erbracht sei. Die Beurteilung der Frage, ob die Leistung bewirkt sei, richte sich nach Inhalt und Umfang der Leistungspflichten. Diese bestimmten sich nach dem einzelnen Schuldverhältnis, welches durch den konkreten Vertrag und durch die ergänzenden gesetzlichen Bestimmungen gestaltet sei. Für die bilanzrechtliche Behandlung von entscheidender Bedeutung sei die Gruppierung der Schuldverhältnisse in solche, die eine einmalige Lieferung oder Sachleistung zum Gegenstand hätten einerseits, und die sogenannten Dauerschuldverhältnisse andererseits. Unter den Dauerschuldverhältnissen würden die Fälle zusammengefasst, in denen die geschuldete Leistung in einem dauernden Verhalten (Tun oder Unterlassen) bestehe und diejenigen, in denen ein in sich abgeschlossenes, aber wiederkehrendes Verhalten geschuldet werde. Bei langfristigen pro rata temporis zu erfüllenden Verträgen sei die Leistungsbewirkung nicht in einem Zeitpunkt konzentriert, sondern finde die Erfüllung des Vertrages fortlaufend über die Vertragsdauer statt. Es werde daher auch der Gewinn nicht in einem Zeitpunkt - etwa in dem des Vertragsabschlusses oder des Vertragsendes - realisiert, sondern es würden die einzelnen Teilleistungen im Zeitablauf pro rata temporis realisiert. Das Rechtsgeschäft nach Erbringung der einzelnen Teilleistung bleibe weiterhin ein schwebendes Geschäft, und zwar bis zum Ende der vereinbarten Vertragszeit. Für die Gewinnrealisierung sei es von Bedeutung, ob eine Leistung zeitpunktbezogen oder zeitraumbezogen gestaltet sei.
Der Beschwerdeführer stütze seinen Rechtsstandpunkt, wonach die Gewinnrealisierung in Höhe von S 5,400.000 bereits im Jahr 1986 erfolgt sei, im Wesentlichen auf den Umstand, dass er im Jahr der Vertragsunterfertigung seinen Antrag auf Erteilung einer Bewilligung zur Errichtung einer Fahrschule mit dem Standort in J. sowie die Berufung gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol zurückgezogen habe. Damit habe er die entscheidenden Schritte gesetzt, dass er die Fahrschulgenehmigung des Ing. W. nicht mehr mit besonderen Erfolgsaussichten bekämpfen könne. Bei einer neuerlichen Antragstellung wäre die Position von Ing. W. erheblich besser gewesen, da diesfalls davon auszugehen gewesen wäre, dass die Fahrschule des Ing. W. bestehe. Der Beschwerdeführer wäre nicht mehr der erste Antragsteller gewesen. Im Jahr 1986 habe er jene Leistung realisiert, für die ihm Ing. W. S 5,400.000 in Raten auf 15 Jahre zugesagt habe. Dazu sei zunächst festzuhalten, dass der Landeshauptmann von Tirol mit Bescheid vom 12. August 1980 das Ansuchen des Beschwerdeführers um Erteilung der Bewilligung zur Errichtung einer Fahrschule im Standort J. abgelehnt habe. Dies im Wesentlichen mit der Begründung, es sei zwar Bedarf nach einer weiteren Fahrschule in J. anzunehmen, der Antragsteller sei aber bereits Inhaber einer Fahrschule in Innsbruck. Da eine bedingungs- und vorbehaltslose Zurücklegung dieser Fahrschulbewilligung nicht sichergestellt sei, sei der Antrag abzuweisen gewesen. Der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung sei keine Folge gegeben worden. Auch die Berufungsbehörde (das Bundesministerium für Verkehr) sei in der Begründung ihres Bescheides davon ausgegangen, dass in J. Bedarf für eine weitere Fahrschule gegeben gewesen sei. Es seien jedoch zwei weitere gleichartige Anträge anderer Bewerber zur Entscheidung vorgelegen. Bei den drei Ansuchen habe es sich in einem Fall um einen Bewerber gehandelt, der bisher noch keine Fahrschulbewilligung besessen habe, in zwei Fällen um Anbringen von Personen, die bereits eine Fahrschulgenehmigung besessen hätten, diese allerdings unter der Bedingung zurückgelegt hätten, dass ihrem Ansuchen um Erteilung einer solchen Bewilligung für den Standort J. stattgegeben werde. Die Berufungsbehörde habe geglaubt, in Ausübung des Wahlrechtes dem Sinn des Gesetzes zu entsprechen, wenn sie die Fahrschulbewilligung jenem Bewerber erteile, der noch keine derartige Bewilligung besitze oder besessen habe, weil durch diese Verleihung die Gründung einer selbständigen Existenz, welche die beiden anderen Bewerber bereits auszubauen in der Lage gewesen seien, ermöglicht werde.
In der Folge habe der Verwaltungsgerichtshof den bei ihm angefochtenen Bescheid mit Erkenntnis vom 17. April 1985, 82/11/0377, aufgehoben. Dies im Wesentlichen mit der Begründung, dass für den Fall einer Mitbewerberkonkurrenz, wenn im "angesuchten Standort" nur Bedarf nach einer Fahrschule bestehe, den Mitbewerbern, deren Eignung unbestritten und festgestellt sei, Parteistellung und damit auch ein Berufungsrecht im Verwaltungsverfahren der anderen Mitbewerber zustehe und im Falle der Abweisung ihres Antrages die Legitimation zur Erhebung einer Verwaltungsgerichtshofbeschwerde gegen den Bescheid, mit dem einem Mitbewerber die beantragte Fahrschulbewilligung erteilt worden sei, zustehe. Ferner habe der Verwaltungsgerichtshof festgestellt, dass die Ermessensübung zu Gunsten eines Mitbewerbers allein mit der Begründung, es sei bei der Wahl zwischen mehreren geeigneten Mitbewerbern, von denen einige bereits eine Fahrschulbewilligung besäßen, die sie unter der Bedingung zurücklegten, dass ihrem Ansuchen stattgegeben werde, jenem Mitbewerber die Bewilligung zu erteilen sei, der noch keine Bewilligung besitze oder besessen habe, rechtswidrig sei. Vor dem Hintergrund dieses Sachverhaltes bzw. Verwaltungsgerichtshoferkenntnisses sei die Vereinbarung vom 30. Juli 1986 zwischen dem Beschwerdeführer und Ing. W. getroffen worden.
In der Folge meinte die belangte Behörde, zur Durchführung eines Mehrparteienverfahrens in Entsprechung der oben wiedergegebenen Rechtsansicht des Verwaltungsgerichtshofes sei es "in weiterer Folge" nicht gekommen. Der Auffassung des Beschwerdeführers, wonach er durch die eigene Antrags- und Berufungszurücknahme die Fahrschulgenehmigung von Ing. W. nicht mehr mit besonderen Erfolgsaussichten hätte bekämpfen können, könne "daher nicht uneingeschränkt zugestimmt" werden. Zudem habe der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass von einer unsachlichen Ermessensausübung auch dann auszugehen sei, wenn die Behörde unter mehreren geeigneten Mitbewerbern um die Fahrschulgenehmigung als einziges und uneingeschränktes Kriterium ihrer Entscheidung das zeitlich frühere Einlangen eines Antrages um eine Fahrschulbewilligung zu Grunde legen würde. Nach Ansicht der belangten Behörde finde die vom Beschwerdeführer vertretene Ansicht, wonach Gewinnrealisierung bereits im Jahr 1986 eingetreten sei, "aber auch im vorliegenden Vertragstext keine Deckung". Nach Punkt 3 des Vertrages sei der Beschwerdeführer "nicht nur zur Antrags- und Berufungszurücknahme" verpflichtet, sondern habe durch den gegenständlichen Vertrag überhaupt sichergestellt werden sollen, dass der Bestand der Fahrschule des Ing. W. "gewährleistet" sei. Aus diesem Grund seien die Vertragsteile übereingekommen, dass "jedweder Rechtsstreit, jegliche rechtliche oder tatsächliche Vorgangsweise, Anträge und Anbringen bei Behörden oder Gerichten, vertragliche Vereinbarung oder einseitige Erklärungen, die den aufrechten Bestand der Fahrschulgenehmigung des Ing. W. beeinträchtigen oder in Frage stellen könnten, ausgeschlossen" würden. Der Beschwerdeführer habe sich vertraglich verpflichtet, für alle Zukunft, und zwar über die unten erwähnte Zahlungsdauer hinaus, keinerlei derartige Schritte zu setzen. Nach Ansicht der belangten Behörde gehe die Leistungsverpflichtung des Beschwerdeführers nach dem Inhalt der getroffenen Vereinbarung weit über das Zurücklegen des Antrages auf Erteilung einer Fahrschulgenehmigung bzw. über die Berufungszurücknahme hinaus. Aus Punkt 3 und 4 der Vereinbarung ergebe sich nach Ansicht der belangten Behörde, dass zwischen dem Beschwerdeführer und Ing. W. ein umfassendes Konkurrenz- bzw. Wettbewerbsverbot vereinbart worden sei. So sei es dem Beschwerdeführer während des aufrechten Bestandes der Fahrschule des Ing. W. untersagt gewesen, in J. "und darüber hinaus auch im Einzugsbereich der Fahrschule" des Ing. W. eine Fahrschule zu betreiben. Anzumerken sei in diesem Zusammenhang, dass die in § 110 Abs. 1 lit. b KFG 1957 vorgesehene Bedarfsprüfung im Jahr 1987 vom Verfassungsgerichtshof aufgehoben worden sei. Der Beschwerdeführer habe sich auf Grund der Vereinbarung vom 30. Juli 1986 jedoch auf Dauer verpflichtet, in J. bzw. "im Einzugsbereich der Fahrschule" des Ing. W. kein Konkurrenzunternehmen zu errichten und zu betreiben. Dies bedeute, dass jede Änderung der Rechtslage, die Erleichterungen im Bereich der Voraussetzungen für die Erteilung einer Fahrschulbewilligung mit sich bringe, bis hin zum gänzlichen Wegfall von Zugangsvoraussetzungen vom Beschwerdeführer nicht hätten genützt werden können, sofern er eine Betriebsgründung im Bereich J. und Umgebung beabsichtige. Hiezu komme noch, dass dem Beschwerdeführer auf Grund des Vertrages vom 30. Juni 1986 jegliche rechtlichen und tatsächlichen Vorgangsweisen auf Dauer untersagt seien, die den Bestand der Fahrschulgenehmigung des Ing. W. beeinträchtigten oder in Frage stellen könnten. Im Vertrag seien auch alle rechtlichen Schritte detailliert aufgezählt, die der Beschwerdeführer in Hinkunft zu unterlassen habe. Derart umfangreiche Unterlassungspflichten wären nach Ansicht der belangten Behörde zwischen den Parteien nicht vereinbart worden, wenn die Leistung des Beschwerdeführers einzig und zum wesentlichen Teil in der Antrags- und Berufungszurücknahme, also nur in einem Rechtsverzicht, bestanden hätte. Auf Grund des Textes der vorliegenden Vereinbarung sei nach Ansicht der belangten Behörde vielmehr davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer den Bestand der Fahrschule des Ing. W. "auf Dauer zu gewährleisten" gehabt hätte. Zur Erreichung dieses Zieles habe sich der Beschwerdeführer zu einer Fülle von Leistungen verpflichtet, die einheitlich zu beurteilen seien, weil sie sich gegenseitig bedingten bzw. ergänzten. Dies bedeute nach Ansicht der belangten Behörde weiters, dass die monatlichen Abstandszahlungen von S 30.000 für ein vom Beschwerdeführer gefordertes langfristiges Dauerverhalten geleistet worden seien. Insoweit der Beschwerdeführer vermeine, gegen eine "analoge Behandlung der Ratenzahlungen mit Pachtzahlungen" spreche der Vertragstext, in dem von Monatsraten und Terminverlust die Rede sei, sei ihm zu erwidern, dass für die Lösung der Frage des Zeitpunktes der Gewinnrealisierung einzig von Bedeutung sei, ob die betroffene Leistung nach dem Inhalt der getroffenen Vereinbarung zeitpunktbezogen oder zeitraumbezogen zu erfolgen habe. Zudem gehe aus dem Vertragstext nicht hervor, dass es sich bei den monatlichen Zahlungen um Ratenzahlungen gehandelt habe. In der Vereinbarung werde nämlich weder (wie es bei Zielschuldverhältnissen üblich sei) das Gesamtentgelt ausgewiesen, das in monatlichen Raten zu begleichen sei, noch würden die Zahlungen selbst als "Ratenzahlungen" bezeichnet. Der Vertragstext spreche in Punkt 5 (der Entgeltsvereinbarung) von monatlichen Abstandszahlungen. Auch die Vereinbarung eines Terminverlustes spreche gegen das Vorliegen einer zeitraumbezogenen Leistung. Terminverlustklauseln würden beispielsweise auch in Leasingverträgen vereinbart und dienten der Aufrechterhaltung der Zahlungsdisziplin (so wäre denn auch die Zahlungsverpflichtung des Ing. W. sofort erloschen, wenn sich der Beschwerdeführer vertragswidrig verhalten hätte). Im Übrigen habe wohl auch der (ehemalige) steuerliche Vertreter des Beschwerdeführers die Ansicht vertreten, dass die gegenständlichen Zahlungen (bilanziell) am ehesten mit Pachtzahlungen vergleichbar seien, weil die "strittigen Abstandszahlungen" laufend unter der "Bilanzposition Pachterträge" erfasst worden seien. Aus dem Inhalt der getroffenen Vereinbarung ergebe sich, dass der Beschwerdeführer im Wesentlichen eine zeitraumbezogene Leistung (dauernde Wettbewerbsenthaltung im Raum J. und Umgebung bzw. Gewährleistung des Bestandes der Fahrschule des Ing. W. auf Dauer) zu erbringen gehabt habe. Aus diesem Grund seien die monatlichen Abstandszahlungen trotz der zivilrechtlichen Unterschiede zwischen einem Bestandsvertrag und dem gegenständlich abgeschlossenen atypischen Vertrag bilanzsteuerlich nicht anders zu behandeln als Zahlungen eines laufenden Bestandzinses. Die Gewinnrealisierung habe daher zeitraumbezogen zu erfolgen. Eine Gewinnrealisierung des Gesamtentgeltes von S 5,4 Millionen im Jahr 1986 stelle einen Verstoß gegen das Realisationsprinzip dar, weil der Beschwerdeführer einen Gewinn ausweisen würde, obwohl er seine Gegenleistung zum wesentlichen Teil noch nicht erbracht habe. Zwar treffe es zu, dass die Leistungen des Beschwerdeführers zeitlich nicht befristet worden seien, die Abstandszahlungen von Ing. W. hingegen über 15 Jahre hindurch zu leisten gewesen seien. Dieser Umstand könne jedoch nicht zu einer Gewinnverwirklichung bereits im Jahr 1986 führen, weil durch die Vereinbarung eines fünfzehnjährigen Zahlungszeitraumes die Parteien zum Ausdruck gebracht hätten, dass sich der Inhalt des Vertrages hauptsächlich innerhalb dieses Zeitraumes wirtschaftlich auswirken werde. Aus diesem Grund könne von einem fünfzehnjährigen Zeitraum für die Gewinnrealisierung ausgegangen werden.
In der Folge wurde auch zum Ausdruck gebracht, dass für Entschädigungen, die auf Grund der Grundsätze der ordnungsmäßigen Buchführung bzw. der bilanzsteuerrechtlichen Bewertungsvorschriften so abzugrenzen seien, dass sie (wie im Berufungsfall) von vornherein auf einen mehrjährigen Zeitraum zu verteilen seien, der begünstigte Steuersatz nicht zustehe, weil es an der erforderlichen Zusammenballung von Einkünften fehle. Sie würden in einem solchen Fall auch nicht für einen mindestens sieben Jahre langen Zeitraum gewährt, sondern für die entsprechende Leistung im jeweiligen Veranlagungszeitraum.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die dagegen erhobene Beschwerde erwogen:
Im Beschwerdefall ist vor dem Hintergrund des Realisationsprinzips strittig, ob die Leistungen des Beschwerdeführers, für welche er die in Rede stehenden Zahlungen erhielt, zeitpunkt- oder zeitraumbezogen erbracht wurden.
Während der Beschwerdeführer im Wesentlichen die Ansicht vertritt, bei den von ihm vereinnahmten Zahlungen handle es sich um Ratenzahlungen für einen im Jahr 1986 geleisteten Rechtsverzicht, meint die belangte Behörde, der Beschwerdeführer habe nicht nur den betreffenden Rechtsverzicht geleistet, sondern erbringe im Rahmen der Unterlassung von Handlungen, die den Bestand des Betriebes des Ing. W. beeinträchtigen könne, laufende Leistungen in Art eines Dauerschuldverhältnisses.
Sie gründet die diesbezügliche Beurteilung zunächst darauf, dass der Auffassung des Beschwerdeführers, wonach er durch die Antrags- und Berufungszurücknahme die Fahrschulgenehmigung des Ing. W. nicht mehr mit besonderen Erfolgsaussichten hätte bekämpfen können, "nicht uneingeschränkt zugestimmt werden" könne, weil es zur Durchführung eines Mehrparteienverfahrens in Entsprechung der Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes im zitierten Erkenntnis vom 17. April 1995 nicht gekommen sei. Die belangte Behörde übersieht in diesem Zusammenhang aber, dass Ing. W. die Zahlungen nach dem Vorbringen des Beschwerdeführers eben deswegen leistete, um ein entsprechendes Verfahren durch die Antrags- und Berufungszurücknahme des Beschwerdeführers zu verhindern. Der Umstand, dass es nach Antrags- und Berufungszurücknahme zu keinem weiteren Verfahren gekommen ist, spricht daher nicht gegen die Auffassung des Beschwerdeführers.
Des weiteren stützt die belangte Behörde ihre Beurteilung darauf, dass die vom Beschwerdeführer vertretene Ansicht, eine Gewinnrealisierung sei bereits im Jahr 1986 eingetreten, im vorliegenden Vertragstext keine Deckung findet. Soweit die belangte Behörde in diesem Zusammenhang meint, dass die nach der Vereinbarung zu leistenden Zahlungen nicht als Ratenzahlungen bezeichnet werden, ist dies aktenwidrig, weil Gegenstand der Vereinbarung unter anderem ein Terminverlust ist, wenn Ing. W. mit zwei "Monatsraten" in Rückstand gerät.
Überdies fällt auf, dass die belangte Behörde ihre Beurteilung vornehmlich aus dem Text des abgeschlossenen Vertrages abzuleiten versucht, wiewohl dieser allein in Anbetracht der zum Teil mehrdeutigen, zum Teil missverständlichen Formulierungen, etwa im Zusammenhang mit den wechselseitigen Verpflichtungen für den Fall vertragswidrigen Verhaltens, verlässliche Sachverhaltsfeststellungen zum konkreten Parteiwillen nicht erlaubt.
Vor diesem Hintergrund haften dem Verfahren aber insofern entscheidende Ermittlungsmängel an, als die Vertragsparteien zum konkreten Vertragswillen nicht gehört wurden. Ein wesentlicher Verfahrensmangel ist etwa darin zu sehen, dass die belangte Behörde einräumt, dass die Leistungen des Beschwerdeführers nicht befristet worden seien, die Zahlungen des Ing. W. hingegen (lediglich) über einen Zeitraum von 15 Jahren zu leisten waren, sie dazu aber nur meint, ihrer Ansicht nach hätten die Parteien damit zum Ausdruck gebracht, dass sich der Inhalt des Vertrages hauptsächlich innerhalb des Zeitraumes von 15 Jahren wirtschaftlich auswirken werde. Anhaltspunkte für die Richtigkeit dieser Annahme zeigt die belangte Behörde aber weder auf, noch sind solche für den Verwaltungsgerichtshof zu erkennen.
Der angefochtene Bescheid war daher wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. a und c VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 24. Juli 2007
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2007:2002140088.X00Im RIS seit
25.09.2007