TE OGH 2005/6/28 10Ob66/05m

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Veröffentlicht am 28.06.2005
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Fellinger, Dr. Hoch, Hon. Prof. Dr. Neumayr und Dr. Schramm als weitere Richter in der Familienrechtssache der Antragstellerin Irmtraud A*****, gegen den Antragsgegner Otto A*****, wegen Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse, infolge außerordentlichen Revisionsrekurses des Antragsgegners gegen den Beschluss des Landesgerichtes St. Pölten als Rekursgericht vom 16. März 2005, GZ 23 R 36/05z-37, womit der Beschluss des Bezirksgerichtes Tulln vom 16. Dezember 2004, GZ 1 C 48/02m-34, teilweise abgeändert wurde, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Akten werden dem Erstgericht zur Durchführung eines Verbesserungsverfahrens zurückgestellt.

Text

Begründung:

Das Erstgericht legte dem Antragsgegner eine binnen zwei Monaten zu leistende Ausgleichszahlung von EUR 25.000,-- zuzüglich 4 % Zinsen seit 29. 3. 2002 auf.

Das Rekursgericht gab mit Beschluss vom 16. 3. 2005 dem Rekurs des Antragsgegners teilweise Folge und trug ihm auf, der Antragstellerin binnen zwei Monaten eine Ausgleichszahlung in Höhe von EUR 21.000,-- zuzüglich 4 % Zinsen ab Rechtskraft dieser Entscheidung zu leisten. Es sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei.

Der vom Antragsgegner dagegen rechtzeitig erhobene außerordentliche Revisionsrekurs wies keine Unterschrift eines Rechtsanwaltes auf. Der Erstrichter verfügte daraufhin am 17. 5. 2005 handschriftlich die Zurückstellung des außerordentlichen Revisionsrekurses an den Antragsgegner „zur Verbesserung binnen 14 Tagen - durch entweder anwaltliche Unterfertigung - oder Anbringen zu gerichtlichem Protokoll". Der Antragsgegner überreichte am 31. 5. 2005 beim Erstgericht neuerlich seinen außerordentlichen Revisionsrekurs (ohne anwaltliche Unterschrift) mit der Erklärung, dass er sein Rechtsmittel „im Sinne der handschriftlichen Verfügung vom 17. 5. 2005, zugestellt am 20. 5. 2005, innerhalb offener Frist als bei Gericht zu Protokoll gegeben erkläre". Das Erstgericht legte daraufhin das Rechtsmittel dem Obersten Gerichtshof zur Entscheidung vor.

Eine Entscheidung kann aber im derzeitigen Verfahrensstadium noch nicht getroffen werden.

Rechtliche Beurteilung

Im vorliegenden Fall haben bereits die Bestimmungen des Außerstreitgesetzes 2005, BGBl I 2003/111, über die Vertretung im Rechtsmittelverfahren (§ 6 AußStrG 2005) Anwendung zu finden, weil das Datum der angefochtenen Entscheidung (zweiter Instanz) nach dem 31. 12. 2004 liegt (§ 203 Abs 1 AußStrG 2005). Im neuen Verfahren außer Streitsachen wurde für das Revisionsrekursverfahren eine absolute Vertretungspflicht eingeführt (Fucik/Kloiber, AußStrG § 6 Rz 1). Nach § 6 iVm § 93 Abs 1 AußStrG 2005 müssen sich die Parteien in Verfahren über die Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse im Revisionsrekursverfahren durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen. Daraus ergibt sich, dass der vom Erstgericht dem nicht anwaltlich vertretenen Antragsgegner erteilte Auftrag, den außerordentlichen Revisionsrekurs entweder durch anwaltliche Unterfertigung oder durch Anbringen zu gerichtlichem Protokoll zu verbessern, in Bezug auf die zuletzt genannte Möglichkeit der Erhebung des außerordentlichen Revisionsrekurses zu gerichtlichem Protokoll nicht der nunmehr geltenden Gesetzeslage entsprochen hat. Die Pflichten des Gerichtes zur Erteilung von ordnungsgemäßen Verbesserungsaufträgen ist ein wesentlicher Teil der Anleitungs- und Belehrungspflicht im Rahmen der materiellen Prozessleitungspflicht eines Richters. Diese mangelhafte Belehrung kann eine Ursache dafür sein, dass der Antragsgegner dem eigentlichen Verbesserungsauftrag nicht nachkam, indem er den Revisionsrekurs nicht von einem Anwalt unterfertigen ließ, sondern ihn mit der Erklärung, ihn damit bei Gericht zu Protokoll geben zu wollen, wieder beim Erstgericht einbrachte und dadurch für das Erstgericht erkennbar offenbar nicht verstand, was es von ihm wollte. Wird ein Verbesserungsauftrag nicht ordnungsgemäß erteilt, so beginnt die Verbesserungsfrist nicht zu laufen, die Verbesserung bleibt weiterhin möglich (10 ObS 89/04t; 9 ObA 87/04s mwN; G. Kodek in Fasching/Konecny2 II/2 §§ 84, 85 ZPO Rz 292 mwN). Nach den Intentionen des Gesetzgebers sollen durch die Erteilung von Verbesserungsaufträgen gerade jene Personen vor prozessualen Nachteilen geschützt werden, die versehentlich oder in Unkenntnis gesetzlicher Vorschriften Fehler begehen. Nur dann, wenn eine Partei prozessuale Formvorschriften absichtlich und rechtsmissbräuchlich verletzt, ist ihr diese Möglichkeit zu versagen (1 Ob 589/95 mwN ua), wofür hier aber kein Anhaltspunkt besteht.Im vorliegenden Fall haben bereits die Bestimmungen des Außerstreitgesetzes 2005, BGBl römisch eins 2003/111, über die Vertretung im Rechtsmittelverfahren (Paragraph 6, AußStrG 2005) Anwendung zu finden, weil das Datum der angefochtenen Entscheidung (zweiter Instanz) nach dem 31. 12. 2004 liegt (Paragraph 203, Absatz eins, AußStrG 2005). Im neuen Verfahren außer Streitsachen wurde für das Revisionsrekursverfahren eine absolute Vertretungspflicht eingeführt (Fucik/Kloiber, AußStrG Paragraph 6, Rz 1). Nach Paragraph 6, in Verbindung mit Paragraph 93, Absatz eins, AußStrG 2005 müssen sich die Parteien in Verfahren über die Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse im Revisionsrekursverfahren durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen. Daraus ergibt sich, dass der vom Erstgericht dem nicht anwaltlich vertretenen Antragsgegner erteilte Auftrag, den außerordentlichen Revisionsrekurs entweder durch anwaltliche Unterfertigung oder durch Anbringen zu gerichtlichem Protokoll zu verbessern, in Bezug auf die zuletzt genannte Möglichkeit der Erhebung des außerordentlichen Revisionsrekurses zu gerichtlichem Protokoll nicht der nunmehr geltenden Gesetzeslage entsprochen hat. Die Pflichten des Gerichtes zur Erteilung von ordnungsgemäßen Verbesserungsaufträgen ist ein wesentlicher Teil der Anleitungs- und Belehrungspflicht im Rahmen der materiellen Prozessleitungspflicht eines Richters. Diese mangelhafte Belehrung kann eine Ursache dafür sein, dass der Antragsgegner dem eigentlichen Verbesserungsauftrag nicht nachkam, indem er den Revisionsrekurs nicht von einem Anwalt unterfertigen ließ, sondern ihn mit der Erklärung, ihn damit bei Gericht zu Protokoll geben zu wollen, wieder beim Erstgericht einbrachte und dadurch für das Erstgericht erkennbar offenbar nicht verstand, was es von ihm wollte. Wird ein Verbesserungsauftrag nicht ordnungsgemäß erteilt, so beginnt die Verbesserungsfrist nicht zu laufen, die Verbesserung bleibt weiterhin möglich (10 ObS 89/04t; 9 ObA 87/04s mwN; G. Kodek in Fasching/Konecny2 II/2 Paragraphen 84,, 85 ZPO Rz 292 mwN). Nach den Intentionen des Gesetzgebers sollen durch die Erteilung von Verbesserungsaufträgen gerade jene Personen vor prozessualen Nachteilen geschützt werden, die versehentlich oder in Unkenntnis gesetzlicher Vorschriften Fehler begehen. Nur dann, wenn eine Partei prozessuale Formvorschriften absichtlich und rechtsmissbräuchlich verletzt, ist ihr diese Möglichkeit zu versagen (1 Ob 589/95 mwN ua), wofür hier aber kein Anhaltspunkt besteht.

Nach herrschender Ansicht sind im Verbesserungsauftrag sämtliche zu verbessernde Mängel anzuführen, wobei die Mängel einzeln und konkret zu bezeichnen sind (Kodek aaO Rz 247). Wenn beim ersten Verbesserungsverfahren ein Mangel übersehen wird, ist ein weiterer Verbesserungsauftrag zu erteilen (RIS-Justiz RS0074271). Auch im Außerstreitverfahren muss von einem Rechtsmittel verlangt werden, dass aus seinem Inhalt deutlich hervorgeht, wogegen sich der Rekurswerber wendet, inwieweit und aus welchen Gründen er sich für beschwert erachtet und welche andere Entscheidung er anstrebt. Das gilt insbesondere, wenn die angefochtene Entscheidung der Teilrechtskraft fähig ist (EvBl 1997/45 ua). Fehlt einem fristgebundenen Schriftsatz ein Inhaltserfordernis im Sinne des § 84 Abs 3 ZPO, dann ist - auch im Verfahren außer Streitsachen - ein Verbesserungsverfahren einzuleiten; das gilt nach § 474 Abs 2 Satz 2 ZPO auch für das Fehlen eines Rechtsmittelantrages (RIS-Justiz RS0109506).Nach herrschender Ansicht sind im Verbesserungsauftrag sämtliche zu verbessernde Mängel anzuführen, wobei die Mängel einzeln und konkret zu bezeichnen sind (Kodek aaO Rz 247). Wenn beim ersten Verbesserungsverfahren ein Mangel übersehen wird, ist ein weiterer Verbesserungsauftrag zu erteilen (RIS-Justiz RS0074271). Auch im Außerstreitverfahren muss von einem Rechtsmittel verlangt werden, dass aus seinem Inhalt deutlich hervorgeht, wogegen sich der Rekurswerber wendet, inwieweit und aus welchen Gründen er sich für beschwert erachtet und welche andere Entscheidung er anstrebt. Das gilt insbesondere, wenn die angefochtene Entscheidung der Teilrechtskraft fähig ist (EvBl 1997/45 ua). Fehlt einem fristgebundenen Schriftsatz ein Inhaltserfordernis im Sinne des Paragraph 84, Absatz 3, ZPO, dann ist - auch im Verfahren außer Streitsachen - ein Verbesserungsverfahren einzuleiten; das gilt nach Paragraph 474, Absatz 2, Satz 2 ZPO auch für das Fehlen eines Rechtsmittelantrages (RIS-Justiz RS0109506).

Das Erstgericht wird daher einen befristeten Verbesserungsauftrag zu erteilen und dem Antragsgegner die Möglichkeit einzuräumen haben, den Revisionsrekurs durch einen Rechtsanwalt zu unterfertigen und einen eindeutigen Rechtsmittelantrag nachzutragen. Zur Durchführung des Versuches, diese Mängel zu beheben, ist der Akt dem Erstgericht zurückzustellen.

Anmerkung

E77903 10Ob66.05m

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2005:0100OB00066.05M.0628.000

Dokumentnummer

JJT_20050628_OGH0002_0100OB00066_05M0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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