TE OGH 2005/6/29 9Ob146/04t

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Veröffentlicht am 29.06.2005
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Rohrer als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Spenling, Dr. Hradil, Dr. Hopf und Univ. Doz. Dr. Bydlinski als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei S***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Heinz Sacher, Rechtsanwalt in Wolfsburg, gegen die beklagte Partei D***** Bau GmbH, *****, vertreten durch Dr. Franz Gütlbauer und Dr. Siegfried Sieghartsleitner, Rechtsanwälte in Wels, wegen EUR 63.609,27 sA (eingeschränkt), über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 20. September 2004, GZ 4 R 163/04z-17, womit das Urteil des Landesgerichts Wels vom 1. Juni 2004, GZ 1 Cg 100/03f-13, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Die angefochtene Entscheidung wird dahin abgeändert, dass die Urteile der Vorinstanzen einschließlich der in Rechtskraft erwachsenen Teilabweisung zu lauten haben:

„Das Klagebegehren, die beklagte Partei sei schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen EUR 63.609,27 samt 11 % Zinsen aus EUR 38.810,51 vom 4. April 2003 bis 18. April 2003, 11 % Zinsen aus EUR 53.471,22 vom 19. April 2003 bis 29. April 2003 und aus EUR 63.609,27 seit 30. April 2003 zu bezahlen, wird abgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit EUR 5.911,44 (darin EUR 985,24 USt) bestimmten Kosten des Verfahrens erster Instanz sowie die mit EUR 4.132,70 (darin EUR 1.592 Pauschalgebühr und EUR 423,45 USt) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen."

Die klagende Partei ist weiters schuldig, der beklagten Partei die mit EUR 3.951,44 (darin EUR 2.123 Pauschalgebühr und EUR 304,74 USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die H***** GmbH (im Folgenden kurz: Bauherrin) ließ im Jahr 2002 Mobilfunkanlagen in Tirol und Vorarlberg errichten. Sie beauftragte mit der Ausführung der Arbeiten die F***** GmbH als Generalunternehmerin (im Folgenden kurz: Generalunternehmerin). Diese vergab einen Teil der Arbeiten an die Beklagte, die ihrerseits wiederum die Klägerin mit der Ausführung eines Teils des Gewerkes beauftragte. Im schriftlichen Vertrag zwischen den Streitteilen heißt es unter anderem:

„...

1. Vertragsgrundlagen:

Für die Ausführung der Arbeiten gelten in nachstehender Reihenfolge:

1.1. Der Wortlaut dieses Auftragsschreibens.

1.2. Das ihnen bekannte Leistungsverzeichnis des Bauherrn mit allen Vorbemerkungen und die Vertragsbedingungen des Bauherrn, soweit diese auf ihre Arbeiten zutreffen.

...

1.4. Die einschlägigen, derzeit gültigen technischen und rechtlichen Ö-Normen, in Ermangelung dieser die DIN Normen.

...

4. Zahlungsbedingungen:

...

4.4. Die Legung der Schlussrechnung erfolgt frühestens nach Fertigstellung und schriftlicher Abnahme der Arbeiten durch den Bauherrn bzw die Behörde, jedoch spätestens vier Wochen nach dem oben angeführten Termin, da ansonsten die letzte Teilrechnung als Schlussrechnung herangezogen wird.

4.5. Zu allen Teilrechnungen und zur Schlussrechnung sind prüfbare Massenaufstellungen und Aufmaßzeichnungen, sowie Bautages- und Regieberichte beizulegen.

..."

Die Klägerin führte die ihr aufgetragenen Arbeiten im Zeitraum November/Dezember 2002 durch. Über die durchgeführten Stahl- und Trockenbauarbeiten legte sie der Beklagten Rechnungen, wobei diesen Rechnungen zwar Aufmaßblätter, nicht aber die Bautagesberichte angeschlossen waren. Regieberichte wurden deshalb nicht vorgelegt, weil keine Regiearbeiten verrichtet worden waren.

Die Beklagte überprüfte und korrigierte die Rechnungen auf Beträge von EUR 38.810,51 und EUR 14.660,71 (jeweils erhalten am 23. 1. 2003) bzw EUR 7.075,68 und EUR 6.410,22 (jeweils erhalten am 16. 4. 2003). Nach Rechnungsprüfung retournierte die Geschäftsführung der Beklagten die korrigierten Rechnungen an die Klägerin mit dem Bemerken, dass die Punkte 4.4. und 4.5. der vereinbarten Auftragsbedingungen nicht eingehalten worden seien. Zwecks Ermittlung des gemeinsamen Aufmaßes und der Abnahme der Arbeiten werde um Kontaktaufnahme ersucht. Mit Schreiben vom 13. 5. 2003 bekräftigte die Beklagte gegenüber der Klägerin erneut ihren Standpunkt, wonach die vorangehende Abnahme sowie eine gemeinsame Aufmaßstellung notwendig sei. Die Beklagte verweigerte die Zahlung des Werklohns der Klägerin. Sie führt ihrerseits einen Aktivprozess gegen die Generalunternehmerin als Beklagte, von der sie noch keinen Werklohn erhalten hat. Nach Durchführung der Arbeiten (insbesondere auch der Klägerin) führte der Bauleiter der Bauherrin gemeinsam mit einem Vertreter der Generalunternehmerin die Abnahme der Arbeiten durch. Dabei lagen der Bauherrin die auf CD gespeicherten Einreichpläne, Behördenkorrespondenzen und Aufmaßblätter vor. Kleinere beanstandete Mängel behob die Generalunternehmerin innerhalb von zwei bis drei Wochen. Anschließend war das Werk mängelfrei. Die Bauherrin bezahlte daher alle Rechnungen der Generalunternehmerin. Es gab keine Abzüge wegen allfälliger Mängel bzw fehlender Regieberichte, Bautagebücher, Aufmaßblätter etc. Auch die Beklagte legte gegenüber der Generalunternehmerin Rechnungen, diese blieben jedoch aufgrund der Einwendungen der Generalunternehmerin, wonach - nicht näher konkretisierte - Mängel vorlägen und keine Bautagesberichte vorgelegt worden seien, bislang unberichtigt. Das Erstgericht konnte nicht feststellen, dass die Klägerin eine Vereinbarung geschlossen habe, der zufolge eine formelle Abnahme der Arbeiten auch durch die Beklagte erfolgen hätte müssen.

Die Klägerin begehrte zuletzt den Betrag von EUR 63.609,27 sA an Werklohn, der sich aus den bereits von der Beklagten korrigierten Rechnungen abzüglich eines 5 %igen, vereinbarten Haftrücklasses ergibt. Die Rechnungen seien zur Bezahlung fällig, die Einwände der Beklagten seien nicht berechtigt. Die erforderlichen Massenaufstellungen und Aufmaßzeichnungen seien vorgelegen, sonst hätte die Beklagte ja gar keine Rechnungsüberprüfung vornehmen können. Mangels Regieleistungen seien auch keine Regielisten vorzulegen. Die Vorlage von Bautagesberichten sei nicht erforderlich, da hinsichtlich der Arbeitsdurchführung durch die Klägerin oder Verursachung von Schäden und dergleichen keine Differenzen bestünden (AS 15). Da die Abnahme vertragsgemäß durch die Bauherrin selbst im Verhältnis zur Generalunternehmerin erfolgt sei, sei eine formelle Abnahme auch durch die Beklagte nicht erforderlich. Insbesondere könne darauf kein Einwand mangelnder Fälligkeit gestützt werden.

Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Der Werklohn der Klägerin sei nicht fällig, weil diese verschiedene für die Fälligkeit relevante Vertragsbestimmungen nicht eingehalten habe. So liege kein formelles Anerkenntnis der Leistungen durch die Bauherrin vor; es fehle an den vereinbarten Masseaufstellungen, Aufmaßzeichnungen und Bautagesberichten. Auf eine Abnahme durch die Bauherrin könne sich die Klägerin nicht berufen, weil zwischen Bauherrin und Klägerin kein Vertragsverhältnis bestehe. Die Beklagte habe ihrerseits von der Generalunternehmerin keinen Werklohn erhalten und versuche diesen im Klagewege hereinzubringen. Insbesondere verweigere die Generalunternehmerin die Zahlung unter Hinweis auf das Fehlen der vorzulegenden Bautagesberichte.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren mit dem Betrag von EUR 63.609,27 sA Folge und wies lediglich (unbekämpft) ein Zinsenmehrbegehren ab. Gestützt auf die Entscheidung 8 Ob 651/93 vertrat das Erstgericht die Rechtsauffassung, dass sich die Beklagte nicht auf die Nichteinhaltung der Verpflichtung der Klägerin zur Vorlage von Bautagesberichten berufen könne, weil dies auch vom Endabnehmer der Leistungen (der Bauherrin) nicht gefordert worden sei und die Bauherrin demnach auch Vollzahlung an ihre Auftragnehmerin, die Generalunternehmerin, geleistet habe. Eine nach einzelnen Vertragsverhältnissen getrennte Betrachtung sei daher grob unbillig. Auf eine mangelnde Abnahme könne sich die Beklagte ebensowenig berufen, weil die Wendung einer „Abnahme durch den Bauherrn" zu Lasten der Beklagten, von welcher der Vertragsurkunde stamme, dahin auszulegen sei, dass damit tatsächlich die Bauherrin gemeint sei, welche auch eine Abnahme vorgenommen habe.

Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil und sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei. Auch das Berufungsgericht vertrat die Rechtsauffassung, dass aufgrund die Abnahme seitens der Bauherrin und die Zahlung an die Generalunternehmerin von der Fälligkeit des Anspruches der Klägerin gegenüber der Beklagten auszugehen sei. Insoweit sei eine Verknüpfung von Verträgen zwischen Bauherrn und Generalunternehmer einerseits und den weiteren Subunternehmern in der Vertragskette andererseits herzustellen.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision der Beklagten aus den Gründen der unrichtigen rechtlichen Beurteilung sowie der Aktenwidrigkeit mit dem Antrag, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, dass das Klagebegehren zur Gänze abgewiesen werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Revision ist zulässig; sie ist auch berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsgrund der Aktenwidrigkeit wurde geprüft, er liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO).Der Revisionsgrund der Aktenwidrigkeit wurde geprüft, er liegt nicht vor (Paragraph 510, Absatz 3, ZPO).

Hingegen ist im Ergebnis die Rechtsrüge berechtigt.

Zu Unrecht erhebt die Beklagte den Einwand der mangelnden Abnahme. Das Berufungsgericht hat zutreffend darauf hingewiesen, dass sich die Beklagte gemäß § 915 zweiter Halbsatz ABGB ihre Formulierung entgegenhalten lassen muss, derzufolge eine Abnahme durch die Bauherrin als „solche" ausreicht. Auch kann kein Zweifel daran bestehen, dass die Bauherrin durch Abnahme und Zahlung des Werklohnes an die Generalunternehmerin die Leistungen anerkannt hat. Insoweit reicht es daher aus auf die zutreffenden Ausführungen des Berufungsgerichtes hinzuweisen (§ 510 Abs 3 ZPO).Zu Unrecht erhebt die Beklagte den Einwand der mangelnden Abnahme. Das Berufungsgericht hat zutreffend darauf hingewiesen, dass sich die Beklagte gemäß Paragraph 915, zweiter Halbsatz ABGB ihre Formulierung entgegenhalten lassen muss, derzufolge eine Abnahme durch die Bauherrin als „solche" ausreicht. Auch kann kein Zweifel daran bestehen, dass die Bauherrin durch Abnahme und Zahlung des Werklohnes an die Generalunternehmerin die Leistungen anerkannt hat. Insoweit reicht es daher aus auf die zutreffenden Ausführungen des Berufungsgerichtes hinzuweisen (Paragraph 510, Absatz 3, ZPO).

Hingegen verweist die Beklagte zu Recht auf die vertragliche Verpflichtung der Klägerin, auch Bautagesberichte vorzulegen. Aus dem Kontext („Zahlungsbedingungen") ergibt sich auch eindeutig, dass die Vorlage der Bautagesberichte ein Fälligkeitskriterium darstellt. Nach der Rechtsprechung (RIS-Justiz RS0021876) steht der Subunternehmer nur mit dem Generalunternehmer bzw - wie hier - mit einem weiteren vorgeschalteten Subunternehmer, nicht aber mit dem Bauherrn in vertraglichen Rechtsbeziehungen; er ist selbständiger Erfüllungsgehilfe im Verhältnis zum Bauherrn. Daraus folgt, dass die gegenseitigen Rechte und Pflichten aus dem Vertrag zwischen General- und Subunternehmer bzw zwischen diesem und einem weiteren Subunternehmer unabhängig davon bestehen, welche Ansprüche zwischen dem Generalunternehmer und dem Bauherrn bestehen. Nur ausnahmsweise kann der Grundsatz der Trennung durchbrochen werden, wenn die strikte Trennung der beiden Rechtsverhältnisse zu grob unbilligen Ergebnissen führen würde (3 Ob 48/04m mit weiteren Judikatur - und Literaturnachweisen). In seiner Leitentscheidung 1 Ob 704/89 (= JBl 1990, 587 = RdW 1990, 342) wies der Oberste Gerichtshof bereits darauf hin, dass eine strikte Trennung der Verträge nicht in jedem Fall sachgerecht sein kann und berief sich hiezu - bei vergleichbarer Rechtslage - auf deutsche Literatur (Nicklisch in NJW 1985, 2363, insbesondere 2369 f) und deutsche Judikatur (BGHZ 78/47 S 53 f; BGHZ 83/27 S 205 f). Es kann daher in Einzelfällen eine partizielle Verknüpfung der Verträge notwendig oder jedenfalls billig und geboten sein.

Nach der vorzitierten deutschen Judikatur liegt eine solche Unbilligkeit insbesondere dann vor, wenn der Auftraggeber des Subunternehmers trotz einer Leistungsstörung (- sei diese auch vom klagenden Subunternehmer verursacht - ) seinen vollen Werklohn erhält und dennoch seinem Auftragnehmer den Werklohn, gestützt auf eine Vertragsverletzung bzw Leistungsstörung oder auch wegen einer Leistungsrisikoverschiebung infolge Zufalls (BGHZ 78/47) vorenthält. Das Berufungsgericht berücksichtigte hier zwar die Zahlung der Bauherrin an die Generalunternehmerin, ließ aber unberücksichtigt, dass diese ihrerseits nicht bereit ist, ihrer Vertragspartnerin, nämlich der Beklagten, den Werklohn zu zahlen. Im Verhältnis zwischen Generalunternehmerin und Beklagter mag eine Unbilligkeit im vorgenannten Sinn bestehen, doch hat die Beklagte das ihr Zumutbare getan, nämlich die Generalunternehmerin gerichtlich auf Zahlung zu belangen. Soweit sich daher die Beklagte im Verhältnis zur Klägerin auf die Einhaltung einer vertraglichen Pflicht, nämlich die Vorlage der Bautagesberichte, beruft, deren Fehlen von der Generalunternehmerin als Fälligkeitshindernis eingewendet wird, liegt darin kein grob unbilliges oder schikanöses Verhalten, welches unbeachtlich wäre. Zu Recht wendet die Beklagte daher der Werklohnforderung der Klägerin die mangelnde Fälligkeit mangels Erfüllung der weiteren vertraglichen Pflicht ein. Sollte die Beklagte jedoch Zahlung von der Generalunternehmerin erhalten, wird die von den Vorinstanzen angenommen Verknüpfung Bedeutung erlangen.

Die Entscheidung über die Verfahrenskosten gründet sich auf § 41 iVm § 50 Abs 1 ZPO. Dabei war zu berücksichtigen, dass der Kostenansatz für die Berufung nicht EUR 847,80 sondern EUR 846,90 und der Ansatz für die Revision nicht EUR 1.016,90 sondern EUR 1.015,80 beträgt.Die Entscheidung über die Verfahrenskosten gründet sich auf Paragraph 41, in Verbindung mit Paragraph 50, Absatz eins, ZPO. Dabei war zu berücksichtigen, dass der Kostenansatz für die Berufung nicht EUR 847,80 sondern EUR 846,90 und der Ansatz für die Revision nicht EUR 1.016,90 sondern EUR 1.015,80 beträgt.

Textnummer

E77871

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2005:0090OB00146.04T.0629.000

Im RIS seit

29.07.2005

Zuletzt aktualisiert am

17.07.2012
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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