Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Pimmer, Dr. Zechner, Dr. Sailer und Dr. Jensik als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Gemeinde B*****, vertreten durch Dr. Günter Flatz, Rechtsanwalt in Schruns, wider die beklagte Partei Verlassenschaft nach der am 18. Februar 2003 verstorbenen Karolina V*****, vertreten durch den Verlassenschaftskurator Dr. Johann Meier, Rechtsanwalt in Bludenz, und die Nebenintervenientin auf Seiten der beklagten Partei Mathilde D*****, vertreten durch Dr. Fritz Miller, Rechtsanwalt in Schruns, wegen 9.149,37 EUR sA, infolge der Revisionsrekurse beider Parteien gegen den Beschluss des Landesgerichts Feldkirch als Rekursgericht vom 12. Jänner 2005, GZ 2 R 4/05m-12, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Montafon vom 10. November 2004, GZ 1 C 565/04b-9, ersatzlos aufgehoben wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Den Revisionsrekursen wird nicht Folge gegeben.
Die Kosten des Revisionsrekursverfahrens sind weitere Kosten des Verfahrens erster Instanz.
Text
Begründung:
Die klagende Gemeinde brachte gegen die beklagte Verlassenschaft eine auf Zahlung von 9.149,37 EUR sA gerichtete Mahnklage ein; zugleich beantragte sie deren Zustellung an eine Schwester der Verstorbenen, um dieser die Absicht der Anfechtung eines Leibrentenvertrags und eines Grundbuchsbeschlusses mitzuteilen.
Nach Zustellung dieses Schriftsatzes, aber noch vor Zustellung des Zahlungsbefehls an sie sowie an den für die beklagte Partei bestellten Verlassenschaftskurator erklärte die Schwester ihren Beitritt zum Verfahren als Nebenintervenientin auf Seiten der beklagten Partei. Das Erstgericht stellte den Beitrittsschriftsatz beiden Parteien zu, der beklagten Partei zusammen mit dem Zahlungsbefehl.
Gegen diesen erhob nur die sich nunmehr als streitgenössische Nebenintervenientin deklarierende Schwester der Verstorbenen Einspruch, den die Erstrichterin als unzulässig zurückwies.
Dem Rekurs der Nebenintervenientin gab das Gericht zweiter Instanz Folge und hob den Zurückweisungsbeschluss ersatzlos auf. Abgesehen von einer (überflüssigen) Bewertung sprach es aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, weil oberstgerichtliche Rsp zur Frage fehle, zu welchem Zeitpunkt im Mahnverfahren die Nebenintervention zulässig sei und ob ein einfacher Nebenintervenient Einspruch gegen einen Zahlungsbefehl erheben könne.
In der Sache schloss sich das Rekursgericht der seiner Ansicht nach überwiegenden Lehre an, wonach der Beitritt bereits ab Klagszustellung an den Beklagten zulässig sei. Diese Auffassung stehe auch mit der Rsp des Obersten Gerichtshofs zur Nebenintervention im Bestandverfahren im Einklang. Jedenfalls sei diese zulässig, weil sie weder vom Gericht erster Instanz a limine zurückgewiesen worden sei, noch die Parteien solches beantragt hätten. Mangels Tätigwerdens der Beklagten habe die Nebenintervenientin daher wirksam Einspruch gegen den Zahlungsbefehl erheben können.
Die gegen diese Entscheidung gerichteten Revisionsrekurse beider Parteien sind aus dem zweiten der vom Rekursgericht genannten Gründe zulässig, aber nicht berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Zutreffend bejahte das Erstgericht die Zulässigkeit des von der auf Seiten der Beklagten beigetretenen Nebenintervenientin erhobenen Einspruchs gegen den Zahlungsbefehl. Zunächst ist festzuhalten, dass die Regelungen der ZPO über das Mahnverfahren (in der hier anzuwendenden Fassung durch die ZVN 2002) die Nebenintervention in diesem Verfahren nicht ausschließen. Daher kann an der Anwendbarkeit der §§ 17 - 20 ZPO und damit an der Legitimation des Nebenintervenienten zum Einspruch kein Zweifel bestehen (ebenso G. Kodek in Fasching² § 248 ZPO Rz 8). Unerheblich ist im gegenwärtigen Verfahrensstadium die in der Lehre unterschiedlich beantwortete Frage, ab wann ein Beitritt im Prozess und speziell im Mahnverfahren möglich ist (vgl dazu etwa Deixler-Hübner, Die Nebenintervention im Zivilprozess 36; G. Kodek aaO; Schubert in Fasching² § 17 ZPO Rz 8, § 18 Rz 1; Rechberger/Simotta, Erkenntnisverfahren6 Rz 218 je mwN). Dies folgt bereits aus § 18 Abs 3 ZPO, wonach der Nebenintervenient dem Hauptverfahren zugezogen werden muss und seine Prozesshandlungen nicht ausgeschlossen werden können, solange dem Zurückweisungsantrag (einer Partei iSd Abs 2) nicht rechtskräftig stattgegeben wurde. Einen solchen - bis zur Einlassung in die Verhandlung in der Hauptsache mit dem Nebenintervenienten zulässigen (1 Ob 66/99h = EvBl 1999/148 = RdW 1999, 723 = RZ 1999/70; 7 Ob 251/99h = VR 2002, 221) - Antrag hat bisher keine der Parteien gestellt. Das Erstgericht hat ihnen den Beitrittsschriftsatz zugestellt, womit der Beitritt (jedenfalls zunächst) wirksam wurde. Seitdem ist eine amtswegige Zurückweisung der Nebenintervenientin nicht mehr möglich (1 Ob 66/99h; Schubert aaO § 18 ZPO Rz 6). All dies hat schon die zweite Instanz zutreffend dargelegt. Daraus ergibt sich aber eben auch, dass es derzeit unerheblich ist, ob die Nebenintervention richtigerweise vom Erstgericht zurückzuweisen gewesen wäre.Zutreffend bejahte das Erstgericht die Zulässigkeit des von der auf Seiten der Beklagten beigetretenen Nebenintervenientin erhobenen Einspruchs gegen den Zahlungsbefehl. Zunächst ist festzuhalten, dass die Regelungen der ZPO über das Mahnverfahren (in der hier anzuwendenden Fassung durch die ZVN 2002) die Nebenintervention in diesem Verfahren nicht ausschließen. Daher kann an der Anwendbarkeit der Paragraphen 17, - 20 ZPO und damit an der Legitimation des Nebenintervenienten zum Einspruch kein Zweifel bestehen (ebenso G. Kodek in Fasching² Paragraph 248, ZPO Rz 8). Unerheblich ist im gegenwärtigen Verfahrensstadium die in der Lehre unterschiedlich beantwortete Frage, ab wann ein Beitritt im Prozess und speziell im Mahnverfahren möglich ist vergleiche dazu etwa DeixlerHübner, Die Nebenintervention im Zivilprozess 36; G. Kodek aaO; Schubert in Fasching² Paragraph 17, ZPO Rz 8, Paragraph 18, Rz 1; Rechberger/Simotta, Erkenntnisverfahren6 Rz 218 je mwN). Dies folgt bereits aus Paragraph 18, Absatz 3, ZPO, wonach der Nebenintervenient dem Hauptverfahren zugezogen werden muss und seine Prozesshandlungen nicht ausgeschlossen werden können, solange dem Zurückweisungsantrag (einer Partei iSd Absatz 2,) nicht rechtskräftig stattgegeben wurde. Einen solchen - bis zur Einlassung in die Verhandlung in der Hauptsache mit dem Nebenintervenienten zulässigen (1 Ob 66/99h = EvBl 1999/148 = RdW 1999, 723 = RZ 1999/70; 7 Ob 251/99h = VR 2002, 221) - Antrag hat bisher keine der Parteien gestellt. Das Erstgericht hat ihnen den Beitrittsschriftsatz zugestellt, womit der Beitritt (jedenfalls zunächst) wirksam wurde. Seitdem ist eine amtswegige Zurückweisung der Nebenintervenientin nicht mehr möglich (1 Ob 66/99h; Schubert aaO Paragraph 18, ZPO Rz 6). All dies hat schon die zweite Instanz zutreffend dargelegt. Daraus ergibt sich aber eben auch, dass es derzeit unerheblich ist, ob die Nebenintervention richtigerweise vom Erstgericht zurückzuweisen gewesen wäre.
Auch der einfache Nebenintervenient ist berechtigt, zur Unterstützung „seiner" Hauptpartei Angriffs- und Verteidigungsmittel geltend zu machen und Prozesshandlungen, also auch einen Einspruch vorzunehmen; die Prozesshandlungen sind für diese rechtlich insoweit wirksam, als sie nicht mit deren eigenen in Widerspruch stehen (§ 19 Abs 1 ZPO). Das ist hier nicht der Fall, weil die Beklagte nicht auf den Einspruch verzichtete und sie im Gegensatz zu ihrer Ansicht demnach sehr wohl in Ansehung dieses Verteidigungsmittels objektiv säumig wurde. Die bloße Behauptung im Revisionsrekurs der Beklagten, sie habe bewusst keinen Einspruch erhoben, bewirkt noch keinen Widerspruch im dargestellten Sinn (s die Beispiele bei Schubert aaO § 19 ZPO Rz 4 und 8). Demnach kommt es entgegen der in den Rechtsmitteln der Hauptparteien vertretenen Ansicht auf die Qualität der Nebenintervention (einfach oder streitgenössisch) jedenfalls zunächst nicht an und die Hauptparteien wenden sich zu Unrecht gegen die den erstinstanzlichen Beschluss ersatzlos beseitigende Entscheidung des Rekursgerichts.Auch der einfache Nebenintervenient ist berechtigt, zur Unterstützung „seiner" Hauptpartei Angriffs- und Verteidigungsmittel geltend zu machen und Prozesshandlungen, also auch einen Einspruch vorzunehmen; die Prozesshandlungen sind für diese rechtlich insoweit wirksam, als sie nicht mit deren eigenen in Widerspruch stehen (Paragraph 19, Absatz eins, ZPO). Das ist hier nicht der Fall, weil die Beklagte nicht auf den Einspruch verzichtete und sie im Gegensatz zu ihrer Ansicht demnach sehr wohl in Ansehung dieses Verteidigungsmittels objektiv säumig wurde. Die bloße Behauptung im Revisionsrekurs der Beklagten, sie habe bewusst keinen Einspruch erhoben, bewirkt noch keinen Widerspruch im dargestellten Sinn (s die Beispiele bei Schubert aaO Paragraph 19, ZPO Rz 4 und 8). Demnach kommt es entgegen der in den Rechtsmitteln der Hauptparteien vertretenen Ansicht auf die Qualität der Nebenintervention (einfach oder streitgenössisch) jedenfalls zunächst nicht an und die Hauptparteien wenden sich zu Unrecht gegen die den erstinstanzlichen Beschluss ersatzlos beseitigende Entscheidung des Rekursgerichts.
Diese ist zu bestätigen.
Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 ZPO; ein Zwischenstreit liegt auch in dritter Instanz nicht vor, weil ja nicht über die Zulässigkeit der Nebenintervention (vgl M. Bydlinski in Fasching² § 48 ZPO Rz 15) entschieden wurde.Der Kostenvorbehalt beruht auf Paragraph 52, ZPO; ein Zwischenstreit liegt auch in dritter Instanz nicht vor, weil ja nicht über die Zulässigkeit der Nebenintervention vergleiche M. Bydlinski in Fasching² Paragraph 48, ZPO Rz 15) entschieden wurde.
Textnummer
E77831European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2005:0030OB00051.05D.0630.000Im RIS seit
30.07.2005Zuletzt aktualisiert am
03.11.2011