TE OGH 2005/7/12 5Ob35/05s

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Veröffentlicht am 12.07.2005
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Baumann, Dr. Hurch, Dr. Kalivoda und Dr. Höllwerth als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Mag. Dr. Markus W*****, gegen die beklagte Partei MR. Dr. Andreas W*****, wegen Anfechtung eines Vergleichs (Streitwert EUR 21.000), über den außerordentlichen Revisionsrekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgericht vom 28. Dezember 2004, GZ 15 R 224/04b-7, womit der Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 20. Oktober 2004, GZ 56 Cg 214/04h-4, bestätigt wurde, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Der außerordentliche Revisionsrekurs der klagenden Partei wird gemäß § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 528a iVm § 510 Abs 3 ZPO).Der außerordentliche Revisionsrekurs der klagenden Partei wird gemäß Paragraph 526, Absatz 2, Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des Paragraph 528, Absatz eins, ZPO zurückgewiesen (Paragraph 528 a, in Verbindung mit Paragraph 510, Absatz 3, ZPO).

Text

Begründung:

1. Der Kläger hatte vom Beklagten eine Wohnung gemietet; das Bestandverhältnis endete am 31. 5. 2002. Der Kläger strengte gegen den Beklagten in der Folge zu 15 Msch 10025/02z und 15 Msch 10030/02k je des Bezirksgerichts Döbling außerstreitige Mietrechtsverfahren betreffend Mietzinsüberprüfung, Feststellung des Aufteilungsschlüssels, Überprüfung von Betriebskosten sowie Übermittlung der Betriebskostenabrechnung an. Weiters belangte der Kläger den Beklagten zu 15 C 319/03x des Bezirksgerichts Döbling auf Herausgabe des Kautionssparbuchs und der Beklagte verlangte vom Kläger zu 15 C 66/03s des Bezirksgerichts Döbling Schadenersatz in Höhe von EUR 8.032,48 wegen des Fehlens mitvermieteter Einrichtungsgegenstände. Die Streitteile schlossen in den dann verbundenen Streitverfahren bei der Tagsatzung am 8. 3. 2004 einen Vergleich, in dem diese die Aufteilung des Realisats des Kautionssparbuchs und eine ihre Rechtsbeziehungen, insbesondere alle genannten Verfahren abschließend bereinigende Generalklausel vereinbarten.

2. Der Kläger begehrt die Feststellung, der am 8. 3. 2004 abgeschlossene bedingte Vergleich sei von ihm wirksam widerrufen worden bzw nicht rechtswirksam zustandegekommen. Der Kläger begründet sein Begehren damit, er habe - entgegen dem insoweit unrichtigen Verhandlungsprotokoll - nicht auf die Möglichkeit des Widerrufs des Vergleichs verzichtet und diesen in der Folge auch tatsächlich rechtzeitig widerrufen; sein Vergleichswiderruf sei jedoch zurück- und sein Protokollberichtigungsantrag sei abgewiesen worden, weshalb er auf die nunmehrige Klage verwiesen sei. Der Vergleich sei aber auch materiellrechtlich unwirksam, weil ihm der Beklagte Unterlagen über die Mietzinsbildung vorenthalten und betreffend den Wert der mitvermieteten Einrichtigungsgegenstände vorsätzlich getäuscht habe.

3. Das Erstgericht ging von der bezirksgerichtlichen Eigenzuständigkeit nach § 49 Abs 2 Z 5 JN aus und wies die Klage zurück. Dem dagegen erhobenen Rekurs des Klägers gab das Rekursgericht nicht Folge und sprach - mit ergänzendem Beschluss - aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes EUR 20.000 übersteige. Den ordentliche Revisionsrekurs erachtete das Rekursgericht mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO für nicht zulässig; die Zuständigkeitsentscheidung stehe mit der dazu referierten Judikatur des Obersten Gerichtshof in Einklang.3. Das Erstgericht ging von der bezirksgerichtlichen Eigenzuständigkeit nach Paragraph 49, Absatz 2, Ziffer 5, JN aus und wies die Klage zurück. Dem dagegen erhobenen Rekurs des Klägers gab das Rekursgericht nicht Folge und sprach - mit ergänzendem Beschluss - aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes EUR 20.000 übersteige. Den ordentliche Revisionsrekurs erachtete das Rekursgericht mangels der Voraussetzungen des Paragraph 528, Absatz eins, ZPO für nicht zulässig; die Zuständigkeitsentscheidung stehe mit der dazu referierten Judikatur des Obersten Gerichtshof in Einklang.

Rechtliche Beurteilung

4. Der außerordentliche Revisionsrekurs ist gemäß § 528 Abs 1 ZPO nur zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage des materiellen Rechts oder des Verfahrensrechts abhängt, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukommt, etwa weil das Rekursgericht von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs abweicht oder eine solche Rechtsprechung fehlt oder uneinheitlich ist; das Vorliegen dieser Voraussetzungen vermag der Kläger mit seinen Ausführungen zur Zulässigkeit seines Rechtsmittels aber nicht aufzuzeigen:4. Der außerordentliche Revisionsrekurs ist gemäß Paragraph 528, Absatz eins, ZPO nur zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage des materiellen Rechts oder des Verfahrensrechts abhängt, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukommt, etwa weil das Rekursgericht von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs abweicht oder eine solche Rechtsprechung fehlt oder uneinheitlich ist; das Vorliegen dieser Voraussetzungen vermag der Kläger mit seinen Ausführungen zur Zulässigkeit seines Rechtsmittels aber nicht aufzuzeigen:

5. Eine bereits vom Rekursgericht verneinte Nichtigkeit sowie Mangelhaftigkeit des erstinstanzlichen Verfahrens kann der Kläger grundsätzlich nicht mehr erfolgreich zum Gegenstand seines Revisionsrekurses machen (RIS-Justiz RS0042981 [T 2]; RS0042963 [T 32]; RS0043405 [T 32]; EF 105.972; EF 105.973 je mwN).

6. Seit der ZVN 1983 fallen unter die gemäß § 49 Abs 2 Z 5 JN vor die Bezirksgerichte gehörenden Streitigkeiten nicht nur alle Streitigkeiten aus Bestandverträgen über unbewegliche oder für unbeweglich erklärte Sachen, sondern auch Streitigkeiten über das Eingehen, das Bestehen und die Auflösung solcher Verträge und die Nachwirkungen hieraus. Dadurch wollte der Gesetzgeber einer Kompetenzzersplitterung entgegenwirken, fruchtlose Zuständigkeitsstreitigkeiten vermeiden (RV 669 BlgNR 15. GP 33 iVm 26 und 31; JA 1337 BlgNR 15. GP 4; 4 Ob 2231/96h = RZ 1997/53, 173 = MietSlg 48.565) und es sollte die Konzentration aller Bestandfragen bei einem spezialisierten Gericht (bzw Gerichtsabteilung) erreicht werden (vgl 8 Ob 623/90 = MietSlg 42.485 = WoBl 1991/55).6. Seit der ZVN 1983 fallen unter die gemäß Paragraph 49, Absatz 2, Ziffer 5, JN vor die Bezirksgerichte gehörenden Streitigkeiten nicht nur alle Streitigkeiten aus Bestandverträgen über unbewegliche oder für unbeweglich erklärte Sachen, sondern auch Streitigkeiten über das Eingehen, das Bestehen und die Auflösung solcher Verträge und die Nachwirkungen hieraus. Dadurch wollte der Gesetzgeber einer Kompetenzzersplitterung entgegenwirken, fruchtlose Zuständigkeitsstreitigkeiten vermeiden (RV 669 BlgNR 15. GP 33 in Verbindung mit 26 und 31; JA 1337 BlgNR 15. GP 4; 4 Ob 2231/96h = RZ 1997/53, 173 = MietSlg 48.565) und es sollte die Konzentration aller Bestandfragen bei einem spezialisierten Gericht (bzw Gerichtsabteilung) erreicht werden vergleiche 8 Ob 623/90 = MietSlg 42.485 = WoBl 1991/55).

7. Schon vor dieser Erweiterung des Zuständigkeitstatbestandes durch die ZVN 1983 war der Oberste Gerichtshof der Ansicht, dass auch die Klage aus einer Vereinbarung der Vertragsparteien betreffend Ansprüche aus dem Bestandvertrag in die Eigenzuständigkeit des Bezirksgerichts falle (2 Ob 198/37 = ZBl 1938/274) und er hat dies auch ausdrücklich für den Streit über die Gültigkeit eines Vergleichs bejaht, der (ua) aus Anlass der Beendigung eines Pachtverhältnisses übernommene Verpflichtungen zum Gegenstand hatte (2 Ob 237/53 = MietSlg 3531). An dieser Rechtsprechung, gegen die der Kläger keine substanziellen Einwände vorzutragen vermag, ist auch im vorliegenden Fall festzuhalten:

8. Gegenstand des zwischen den Streitteilen abgeschlossenen Vergleichs waren die Aufteilung des Kautionssparbuchs und die Generalbereinigung aller anhängigen bestandrechtlichen Streitigkeiten. Der Vergleich ist damit eine Vereinbarung über die wechselseitigen Ansprüche aus dem Bestandverhältnis, sodass unmittelbar daraus abgeleitete Begehren jedenfalls dem Zuständigkeitstatbestand des § 49 Abs 2 Z 5 JN unterliegen würden. Dass der Kläger hier die Feststellung begehrt, er habe diesen Vergleich wirksam widerrufen bzw dieser sei nicht rechtswirksam zustandegekommen, vermag an dieser Zuständigkeitsbeurteilung nichts ändern. Die - vom Kläger übernommene - Ansicht Simottas (in Fasching I² § 49 JN Rz 82), die Gültigkeit eines solchen Vergleichs habe „prozessual" nicht das Geringste mit dem Bestehen bzw den Nachwirkungen des Bestandvertrags zu tun und das Vorliegen des Bestandvertrags bzw eines aus diesem resultierenden Anspruchs werde in eine solchen Prozess nicht geprüft, wird gerade durch den vorliegenden Fall widerlegt. Der Vergleich selbst ist jedenfalls unmittelbare „Nachwirkung" des Bestandverhältnisses und regelt die aus dessen Beendigung resultierende Rechtslage. In dem der Kläger jedenfalls auch die materiellrechtliche Unwirksamkeit des Vergleichs mit der Behauptung geltend macht, der Beklagte habe ihm Unterlagen über die Mietzinsbildung vorenthalten und betreffend den Wert mitvermieteter Einrichtigungsgegenstände vorsätzlich getäuscht, sind hier auch unmittelbar aus dem Bestandvertrag resultierende wechselseitige Verpflichtungen zu beurteilende Grundlagen der Vergleichsanfechtung. Für eine Klage, mit der die Gültigkeit eines Vergleichs über Ansprüche aus der Beendigung eines Bestandverhältnisses bekämpft wird, besteht jedenfalls dann Eigenzuständigkeit des Bezirksgerichts nach § 49 Abs 2 Z 5 JN, wenn die Unwirksamkeit des Vergleichs (auch) aus materiellrechtlichen, die Beurteilung der wechselseitigen Verpflichtungen aus dem Bestandvertrag erfordernden Gründen geltend gemacht wird. Der außerordentliche Revisionsrekurs ist daher zurückzuweisen.8. Gegenstand des zwischen den Streitteilen abgeschlossenen Vergleichs waren die Aufteilung des Kautionssparbuchs und die Generalbereinigung aller anhängigen bestandrechtlichen Streitigkeiten. Der Vergleich ist damit eine Vereinbarung über die wechselseitigen Ansprüche aus dem Bestandverhältnis, sodass unmittelbar daraus abgeleitete Begehren jedenfalls dem Zuständigkeitstatbestand des Paragraph 49, Absatz 2, Ziffer 5, JN unterliegen würden. Dass der Kläger hier die Feststellung begehrt, er habe diesen Vergleich wirksam widerrufen bzw dieser sei nicht rechtswirksam zustandegekommen, vermag an dieser Zuständigkeitsbeurteilung nichts ändern. Die - vom Kläger übernommene - Ansicht Simottas (in Fasching I² Paragraph 49, JN Rz 82), die Gültigkeit eines solchen Vergleichs habe „prozessual" nicht das Geringste mit dem Bestehen bzw den Nachwirkungen des Bestandvertrags zu tun und das Vorliegen des Bestandvertrags bzw eines aus diesem resultierenden Anspruchs werde in eine solchen Prozess nicht geprüft, wird gerade durch den vorliegenden Fall widerlegt. Der Vergleich selbst ist jedenfalls unmittelbare „Nachwirkung" des Bestandverhältnisses und regelt die aus dessen Beendigung resultierende Rechtslage. In dem der Kläger jedenfalls auch die materiellrechtliche Unwirksamkeit des Vergleichs mit der Behauptung geltend macht, der Beklagte habe ihm Unterlagen über die Mietzinsbildung vorenthalten und betreffend den Wert mitvermieteter Einrichtigungsgegenstände vorsätzlich getäuscht, sind hier auch unmittelbar aus dem Bestandvertrag resultierende wechselseitige Verpflichtungen zu beurteilende Grundlagen der Vergleichsanfechtung. Für eine Klage, mit der die Gültigkeit eines Vergleichs über Ansprüche aus der Beendigung eines Bestandverhältnisses bekämpft wird, besteht jedenfalls dann Eigenzuständigkeit des Bezirksgerichts nach Paragraph 49, Absatz 2, Ziffer 5, JN, wenn die Unwirksamkeit des Vergleichs (auch) aus materiellrechtlichen, die Beurteilung der wechselseitigen Verpflichtungen aus dem Bestandvertrag erfordernden Gründen geltend gemacht wird. Der außerordentliche Revisionsrekurs ist daher zurückzuweisen.

Anmerkung

E78225 5Ob35.05s-2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2005:0050OB00035.05S.0712.000

Dokumentnummer

JJT_20050712_OGH0002_0050OB00035_05S0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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