TE Vwgh Erkenntnis 2007/7/26 2005/04/0145

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Veröffentlicht am 26.07.2007
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Index

E000 EU- Recht allgemein;
E3L E06202050;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
16/02 Rundfunk;

Norm

31989L0552 Fernsehtätigkeit-RL Ausübung Art17 idF 31997L0036;
31997L0036 Nov-31989L0552;
EURallg;
ORF-G 2001 §17 Abs2 Z2;
RFG 1984 §5g idF 1993/595;
RFGNov 1993;
RFGNov 2001;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;

Beachte

Serie (erledigt im gleichen Sinn):2005/04/0164 E 14. November 2007

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Bayjones, Dr. Grünstäudl und Dr. Kleiser als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Papst, über die Beschwerde des Österreichischen Rundfunks (ORF) in Wien, vertreten durch Korn Frauenberger Rechtsanwälte OEG in 1040 Wien, Argentinierstraße 20/1/3, gegen den Bescheid des Bundeskommunikationssenates vom 23. Mai 2005, Zl. 611.009/0013- BKS/2005, betreffend Feststellung der Verletzung des ORF-Gesetzes, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Unter Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides hat die belangte Behörde gemäß § 11a KommAustria-Gesetz (im Folgenden: KOG) in Verbindung mit §§ 35 Abs. 1 und 36 Abs. 1 ORF-G festgestellt, die beschwerdeführende Partei habe es am 7. Dezember 2004 um ca. 09.05 Uhr im Radioprogramm Ö 2-Radio Oberösterreich unterlassen, die Patronanzsendung "Radio Oberösterreich am Vormittag" durch eine Ansage am Beginn dieser Sendung eindeutig zu kennzeichnen. Die Beschwerdeführerin habe damit § 17 Abs. 2 Z. 2 ORF-G verletzt. Unter Spruchpunkt II. wurde der Beschwerdeführerin gemäß § 37 Abs. 4 ORF-G die Veröffentlichung dieser Entscheidung in näherer Weise und die Übermittlung eines Nachweises dieser Veröffentlichung aufgetragen. In der Begründung des angefochtenen Bescheides stellte die belangte Behörde fest:

"Im Rahmen der Sendung 'Radio Oberösterreich am Vormittag' wurde am 07.12.2004 um ca. 11.50 Uhr nach Hinweisen auf die ORF-Nachlese (Dezember-Ausgabe) durch die Moderatorin folgender Hinweis gesprochen: 'Das war der Radio Oberösterreich Vormittag. Mit freundlicher Unterstützung der Kaasberg Lifte. Zum Linzer Eiszauber möchte ich Sie dann nach zwölf noch einladen (...)'. Eine Ansage der Patronanzsendung zu Sendungsbeginn (ca. 09.05 Uhr) erfolgte nicht."

Diese Sachverhaltsfeststellung stützte die belangte Behörde auf die Einsichtnahme in eine Sendeaufzeichnung, die die KommAustria der belangten Behörde gemeinsam mit einer Anzeige gemäß § 11a KOG vorgelegt habe. Die beschwerdeführende Partei habe im Verwaltungsverfahren das Vorliegen einer Verletzung des § 17 ORF-G bestritten, weil diese Bestimmung nur für Patronanzsendungen im Fernsehen, nicht aber im Hörfunk gelte. Diesem Rechtsstandpunkt hielt die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid zunächst den Wortlaut des § 17 ORF-G entgegen, der zwar in seinem Abs. 1 von einer "Patronanzsendung im Fernsehen" spreche, im gegenständlich maßgebenden Abs. 2 aber Patronanzsendungen im Allgemeinen regle und auch in den anderen Absätzen nur vereinzelt auf das Fernsehen abstelle. Vor allem stünden gleichheitsrechtliche Überlegungen der Annahme, dass § 17 ORF-G nur für Fernsehsendungen des Beschwerdeführers gelte, entgegen. Wäre nämlich der Hörfunk des Beschwerdeführers von § 17 leg. cit. nicht erfasst, so wäre der öffentlich-rechtliche Hörfunk gegenüber dem privaten Hörfunk besser gestellt, weil für Letzteren § 19 Abs. 5 Privatradiogesetz und die dort geregelten Anforderungen an Patronanzsendungen gelten.

Für eine Geltung des § 17 ORF-G auch im Bereich des Hörfunks spreche nach Ansicht der belangten Behörde überdies, dass diese Bestimmung nicht nur nähere Anforderungen für Patronanzsendungen normiere, sondern auch wichtige diesbezügliche Verbote vorsehe. Die in Rede stehende Bestimmung enthalte daher nähere Ausformungen des Objektivitäts- und Unabhängigkeitsgebotes im Sinne der §§ 1 und 4 ORF-G und beinhalte somit auch zentrale Grundsätze des Hörfunks. Aus diesen Gründen sei § 17 ORF-G auch auf Hörfunksendungen anzuwenden. Die beschwerdeführende Partei habe weder bestritten, dass sie eine finanzielle Unterstützung im Sinne der letztgenannten Bestimmung für die Ausstrahlung der Sendung erhalten habe, noch dass sie es unterlassen habe, die Patronanzsendung an ihrem Beginn durch eine entsprechende Ansage zu kennzeichnen. Daher sei gemäß § 36 Abs. 1 ORF-G die Verletzung des § 17 Abs. 2 Z. 2 ORF-G festzustellen gewesen. Zu Spruchteil II. verwies die belangte Behörde in ihrer Begründung auf § 36 Abs. 5 und § 37 Abs. 4 ORF-G.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und verzichtete auf die Erstattung einer Gegenschrift. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die beschwerdeführende Partei wendet sich in ihrer Beschwerde gegen die den angefochtenen Bescheid tragende Rechtsansicht, dass die Bestimmung des § 17 ORF-G betreffend Sponsoring bzw. Patronanzsendungen auch für Hörfunksendungen gelte. Zutreffend sei vielmehr das Gegenteil. Dies ergebe sich einerseits aus dem Wortlaut des § 17 ORF-G, weil dessen Abs. 1 eine Definition enthalte, die auch für die anderen Absätze dieser Bestimmung gelte. Der Abs. 5 der letztgenannten Bestimmung sei sogar ausdrücklich auf das Fernsehen zugeschnitten. Andererseits spreche auch die Entstehungsgeschichte für das Ergebnis dieser Interpretation. Der Werdegang der Bestimmung zeige, dass die gleichheitsrechtlichen Überlegungen der belangten Behörde verfehlt seien, weil der Gesetzgeber schon bei der Schaffung der Bestimmungen über das Sponsoring bewusst zwischen öffentlichrechtlichem Rundfunk und Privatradiobereich unterschieden habe. Eine Ungleichbehandlung des Hörfunks des ORF und des Hörfunks privater Hörfunkveranstalter hinsichtlich der Regelungen über das Sponsoring sei vom Gesetzgeber ausdrücklich gewollt.

§ 17 ORF-G in der hier maßgebenden Fassung BGBl. I Nr. 97/2004 lautet:

"Patronanzsendungen (Sponsoring)

§ 17. (1) Eine Patronanzsendung im Fernsehen liegt vor, wenn ein nicht im Bereich der Produktion von audiovisuellen Werken tätiges öffentliches oder privates Unternehmen einen Beitrag zur Finanzierung solcher Werke mit dem Ziel leistet, den Namen, die Marke, das Erscheinungsbild, die Tätigkeit oder die Leistungen des Unternehmens zu fördern.

(2) Patronanzsendungen müssen folgenden Anforderungen genügen:

1. Inhalt und Programmplatz einer Patronanzsendung dürfen vom Auftraggeber auf keinen Fall in der Weise beeinflusst werden, dass die Verantwortung und die redaktionelle Unabhängigkeit des Österreichischen Rundfunks in Bezug auf die Sendungen angetastet werden.

2. Sie sind als Patronanzsendung durch den Namen oder das Firmenemblem des Auftraggebers am Anfang und am Ende eindeutig zu kennzeichnen (An- und Absage). Hinweise auf den Auftraggeber während der Sendung sind unzulässig.

3. Sie dürfen nicht zu Kauf, Miete oder Pacht von Erzeugnissen oder zur Inanspruchnahme von Dienstleistungen des Auftraggebers oder eines Dritten, insbesondere durch spezifische verkaufsfördernde Hinweise auf diese Erzeugnisse oder Dienstleistungen, anregen.

(3) Patronanzsendungen dürfen nicht von natürlichen oder juristischen Personen in Auftrag gegeben werden, deren Haupttätigkeit die Herstellung oder der Verkauf von Erzeugnissen oder die Erbringung von Dienstleistungen ist, für die die Werbung gemäß § 13 Abs. 4 und § 16 oder nach anderen gesetzlichen Bestimmungen verboten ist.

(4) Nachrichtensendungen und Sendungen zur politischen Information dürfen nicht im Sinne von Abs. 1 finanziell unterstützt werden.

(5) An- und Absagen von Patronanzsendungen sind, sofern es sich bei den Patronanzsendungen nicht um solche zu Gunsten karitativer oder sonstiger im öffentlichen Interesse liegender Zwecke handelt, in die Berechnung der höchstzulässigen Werbezeit einzurechnen. Die einzurechnende Zeitdauer von An- und Absagen regionaler Sendungen im Fernsehen (§ 3 Abs. 2) bestimmt sich nach dem Verhältnis des durch die regionale Sendung technisch erreichbaren Bevölkerungsanteils zur Gesamtbevölkerung Österreichs.

(6) Auf die Vergabe von Sendezeiten an Medieninhaber periodischer Druckwerke für An- und Absagen von Patronanzsendungen findet § 13 Abs. 8 sinngemäß Anwendung. Die für An- und Absagen an diese Medieninhaber vergebene Sendezeit ist in die höchstzulässige wöchentliche Werbezeit gemäß § 13 Abs. 8 einzurechnen.

(7) Die Gestaltung von Sendungen oder Sendungsteilen nach thematischen Vorgaben Dritter gegen Entgelt ist unzulässig."

§ 11a KommAustria-Gesetz in der Fassung BGBl. I Nr. 21/2005 lautet:

"Anzeige beim Bundeskommunikationssenat

§ 11a. (1) Der Bundeskommunikationssenat hat über Anzeige der KommAustria über Verletzungen der Bestimmungen der §§ 13 bis 17 sowie der § 9 Abs. 4 und § 18 ORF-Gesetz, soweit sich diese beiden Regelungen auf einzelne Bestimmungen der §§ 13 bis 17 ORF-Gesetz beziehen, zu entscheiden. Dazu kann er die KommAustria anhören.

(2) § 36 Abs. 5 und 10 ORF-Gesetz sind mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Aufzeichnungen der KommAustria auf Anforderung zur Verfügung zu stellen sind.

(3) Im Fall der Erstattung einer Anzeige ist diese von der KommAustria innerhalb von vier Wochen gerechnet vom Zeitpunkt der Veröffentlichung (§ 2 Abs. 1 Z 7) einzubringen."

Im Beschwerdefall geht es ausschließlich um die Rechtsfrage, ob die Anforderung des § 17 Abs. 2 Z. 2 ORF-G nur für das Fernsehen oder auch für Hörfunksendungen des Beschwerdeführers gilt. Nur wenn Letzteres zuträfe, wäre die gegenständliche Feststellung eines Gesetzesverstoßes rechtmäßig.

Beide Parteien führen für ihren jeweils gegenteiligen Rechtsstandpunkt den Wortlaut des § 17 ORF-G ins Treffen. Diese Bestimmung, die die Überschrift "Patronanzsendungen (Sponsoring)" trägt, enthält in ihrem Abs. 1 eine Legaldefinition, die ausdrücklich nur die "Patronanzsendung im Fernsehen" betrifft. Da sich in den weiteren Absätzen dieses Paragraphen keine Anhaltspunkte dafür finden, dass dieser auch für den Hörfunk gelten solle, ist schon aus dem Wortlaut dieser Bestimmung abzuleiten, dass diese nur Patronanzsendungen im Fernsehen regelt.

Insbesondere verweist die beschwerdeführende Partei auch zutreffend auf die Entstehungsgeschichte des § 17 ORF-G, die eine Nachfolgebestimmung des mit der Rundfunkgesetz-Novelle 1993, BGBl. Nr. 505/1993, geschaffenen § 5g Rundfunkgesetz darstellt. Die hier maßgebenden, obzitierten Abs. 1 bis 4 des § 17 ORF-G sind mit § 5g Abs. 1 bis 4 Rundfunkgesetz im Wesentlichen wörtlich ident. Daher kann auf die Gesetzesmaterialien zur letztgenannten Bestimmung zurückgegriffen werden. Die Erläuternden Bemerkungen zur Rundfunkgesetz-Novelle 1993 (1082 BlgNR XVIII. GP, 5 und 10) lauten auszugsweise (Unterstreichung nicht im Original):

"A. Allgemeiner Teil

1.

...

2.

Den Kern des vorliegenden Entwurfes bildet die Ergänzung des Rundfunkgesetzes (Bundesgesetz über die Aufgaben und die Einrichtung des Österreichischen Rundfunks, BGBl. Nr. 379/1984, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. Nr. 10/1991) an die im Anhang X des EWR-Abkommens angeführte Richtlinie des Rates vom 3. Oktober 1989 zur Koordinierung bestimmter Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Ausübung der Fernsehtätigkeit (89/552/EWG), Abl. Nr. L 298 vom 17. Oktober 1989, S. 23, in der Fassung der Berichtigung Abl. Nr. L 331 vom 16. November 1989, S. 51 (im Folgenden: Fernseh-Richtlinie). Von dieser Anpassung sind in erster Linie die Bestimmungen über die Werbung und die finanziell unterstützten (gesponserten) Sendungen, die in der Terminologie des Rundfunkgesetzes 'Patronanzsendungen' heißen, sowie bestimmte inhaltliche Anforderungen an das Programm betroffen.

...

B. Besonderer Teil

...

Zu § 5g:

In Abs. 1 wird gemäß Art. 1 lit. d der Fernseh-Richtlinie festgelegt, was unter Patronanzsendungen zu verstehen ist, die in der Fernseh-Richtlinie als 'Sponsoring' bezeichnet werden.

Die Abs. 2 bis 4 entsprechen Art. 17 der Fernseh-Richtlinie. Die Bestimmungen gelten lediglich für das Fernsehen, Patronanzsendungen im Hörfunk sind von § 5g nicht erfasst. ..."

Die Erläuterungen zum Bundesgesetz, BGBl. I Nr. 83/2001, mit dem Bestimmungen des Rundfunkgesetzes und sein Titel - seither "Bundesgesetz über den Österreichischen Rundfunk (ORF-Gesetz, ORF-G)" - geändert wurden (634 BlgNR XXI. GP), lauten auszugsweise:

"Zu § 17:

Diese Bestimmung entspricht der bisherigen Rechtslage des § 5g RFG, wobei allerdings folgende Ergänzungen vorgenommen wurden:

Gemäß Abs. 2 sind nun mehr Hinweise auf den Auftraggeber während der Sendung unzulässig.

Abs. 5 normiert, dass alle An- und Absagen (also auch nichtgestaltete An- und Absagen) von Patronanzsendungen wegen ihres werblichen Charakters in die Berechnung der höchstzulässigen Werbezeit einzurechnen sind. Die Regelung, dass gestaltete An- und Absagen in die Werbezeit einzurechnen sind, ist bereits geltende Rechtslage (§ 5 Abs. 10 RFG).

Abs. 6: ..."

Aus den Allgemeinen Bestimmungen der Gesetzesmaterialien zur Rundfunkgesetz-Novelle 1993 ergibt sich zunächst, dass § 5g Rundfunkgesetz (und daher auch die Nachfolgebestimmung des § 17 ORF-G) der Umsetzung der Fernseh-Richtlinie (Richtlinie 89/552/EWG des Rates vom 3. Oktober 1989 zur Koordinierung bestimmter Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Ausübung der Fernsehtätigkeit in der Fassung der Richtlinie 97/36/EG) dient.

Art. 17 dieser Richtlinie lautet:

"Artikel 17

(1) Gesponserte Fernsehprogramme müssen folgenden Anforderungen genügen:

a) Inhalt und Programmplatz einer gesponserten Sendung dürfen vom Sponsor auf keinen Fall in der Weise beeinflusst werden, dass die Verantwortung und die redaktionelle Unabhängigkeit des Fernsehveranstalters in Bezug auf die Sendungen angetastet werden.

b) Sie sind als Sponsorprogramm durch den Namen und/oder das Firmenemblem des Sponsors am Programmanfang und/oder Programmende eindeutig zu kennzeichnen.

c) Sie dürfen nicht zum Kauf oder zur Anmietung von Erzeugnissen oder zu Inanspruchnahme von Dienstleistungen des Sponsors oder eines Dritten, insbesondere durch spezifische verkaufsfördernde Hinweise auf diese Erzeugnisse oder Dienstleistungen anregen.

(2) ..."

Aus dem Gegenstand der Fernseh-Richtlinie (Dienstleistung der "Fernsehtätigkeit") und damit aus der Entstehungsgeschichte des ihrer Umsetzung in das nationale Recht dienenden § 17 Abs. 2 bis 4 ORF-G ergibt sich, dass diese Bestimmungen nicht auf die Regelung des Hörfunks abzielen. Hätte der Gesetzgeber Regelungen schaffen wollen, die über die bloße Umsetzung der Fernseh-Richtlinie hinausgehen, so hätte er dies in den Gesetzesmaterialien zumindest angesprochen. Genau das Gegenteil ist aber der Fall: In den zitierten Gesetzesmaterialien zu § 5g Abs. 2 bis 4 Rundfunkgesetz hat der Gesetzgeber - ausdrücklich - angemerkt, dass diese Bestimmungen lediglich für das Fernsehen gelten und dass Patronanzsendungen im Hörfunk davon nicht erfasst sind. Die zitierten Materialien zur Novelle BGBl. I Nr. 83/2001 zeigen, dass dies unverändert auch für § 17 ORF-G gilt. Der Verwaltungsgerichtshof vermag daher die Rechtsansicht der belangten Behörde, § 17 Abs. 2 bis 4 ORF-G beziehe sich auch auf Hörfunksendungen der Beschwerdeführerin, im Hinblick auf den - eindeutig gegenteiligen - Willen des Gesetzgebers nicht zu teilen.

Die genannten verfassungsrechtlichen Überlegungen der belangten Behörde (vgl. dazu auch Kogler, Kramler, Traimer, Österreichische Rundfunkgesetze, S. 55) können daher nicht dazu führen, § 17 Abs. 2 ORF-G entgegen dem Wortlaut dieses Paragraphen und der ausdrücklichen Absicht des Gesetzgebers umzudeuten, sondern nur - sofern man die Bedenken der belangten Behörde teilt -

die Anfechtung der in Rede stehenden Bestimmung beim Verfassungsgerichtshof zur Folge zu haben. Der Verwaltungsgerichtshof teilt allerdings die Normbedenken der belangten Behörde betreffend § 17 ORF-G nicht:

Wenn die belangte Behörde meint, die letztgenannte Bestimmung beinhalte "Ausformungen" des Objektivitäts- und Unabhängigkeitsgebotes des ORF und stelle daher auch eine unbedingt notwendige Bestimmung für den Hörfunk dar, so ist ihr zu entgegnen, dass der Beschwerdeführer schon auf Grund anderer Bestimmungen (vgl. etwa § 1 Abs. 3 und § 4 ORF-G) zur Wahrung der Objektivität und Unabhängigkeit auch im Bereich des Hörfunks verpflichtet ist, sodass die Einhaltung dieser Grundsätze nicht ausschließlich von § 17 ORF-G abhängt.

Soweit die belangte Behörde eine Schlechterstellung von privaten Hörfunkveranstaltern - für deren Patronanzsendungen gibt es nähere Anforderungen in § 19 Abs. 5 lit. b Privatradiogesetz - gegenüber dem Beschwerdeführer befürchtet, so vermag dies keine Bedenken gegen § 17 ORF-G zu begründen. Es ist nämlich nicht erkennbar, weshalb es dem Gesetzgeber verwehrt sein sollte, Bereiche des Hörfunks von den strengen Regelungen des Sponsorings auszunehmen (vgl. zur "besonderen Natur audiovisueller Programme" auch die Erwägungen der Richtlinie 97/36/EG). Die unter dem Gesichtspunkt des Gleichheitssatzes bestehenden verfassungsrechtlichen Bedenken der belangten Behörde betreffen daher vielmehr § 19 Abs. 5 lit. b Privatradiogesetz, der privaten Hörfunkveranstaltern gewisse Verpflichtungen in Bezug auf Patronanzsendungen auferlegt, die nach dem Gesagten für den öffentlich-rechtlichen Hörfunk nicht gelten. Eine Anfechtung des § 19 Abs. 5 lit. b leg. cit. durch den Verwaltungsgerichtshof kommt gegenständlich aber schon deshalb nicht in Betracht, weil diese Bestimmung im vorliegenden Beschwerdefall nicht präjudiziell ist.

Da die belangte Behörde somit unzutreffend davon ausgegangen ist, der Beschwerdeführer habe § 17 Abs. 2 Z. 2 ORF-G auch bei Hörfunksendungen zu beachten, erweisen sich sowohl der Spruchpunkt I. als auch der darauf aufbauende Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides als inhaltlich rechtswidrig. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 26. Juli 2007

Schlagworte

Gemeinschaftsrecht Richtlinie Umsetzungspflicht EURallg4/2Besondere RechtsgebieteAuslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Verhältnis der wörtlichen Auslegung zur teleologischen und historischen Auslegung Bedeutung der Gesetzesmaterialien VwRallg3/2/2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2007:2005040145.X00

Im RIS seit

30.08.2007

Zuletzt aktualisiert am

31.03.2011
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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