Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Langer als Vorsitzende sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling und Dr. Kuras und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Lovrek und Dr. Glawischnig als weitere Richter in der Rechtssache der Antragsteller mj. Clemens A*****, mj. Philipp A*****, mj. Paula A*****, vertreten durch Doris A*****, diese vertreten durch Dr. Herbert Kofler, Rechtsanwalt in Landeck, gegen den Antragsgegner Martin A*****, vertreten durch Mag. Alfred Witzlsteiner, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen Kindesunterhalt, über den Revisionsrekurs des Antragsgegners gegen den Beschluss des Landesgerichtes Innsbruck als Rekursgericht vom 21. Jänner 2005, GZ 53 R 86/04t-39, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichtes Silz vom 12. Oktober 2004, GZ 1 P 103/03p-34, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 14 AußStrG (aF) zurückgewiesen.Der Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des Paragraph 14, AußStrG (aF) zurückgewiesen.
Text
Begründung:
Der Antragsgegner ist außer für die Antragsteller noch für seine Ehegattin mit monatlich EUR 219,-- sorgepflichtig. Er bezog aus unselbständiger Beschäftigung im Zeitraum 1. 1. 2003 bis 31. 12. 2003 ein Gesamtnettoeinkommen von EUR 28.800,19. Im Zeitraum 1. 1. bis 30. 6. 2004 brachte er (inklusive einer Sonderzahlung) netto EUR 14.383,20 ins Verdienen; im Juli EUR 1.966,74, im August 2004 EUR 1.970,38.
Der Antragsgegner erhielt für das Steuerjahr 2002 eine Einkommenssteuergutschrift von EUR 7.618,67 (ausbezahlt am 25. 7. 2003) sowie für das Steuerjahr 2003 eine Gutschrift von EUR 9.090,36 (ausbezahlt am 11. 5. 2004). Unter Berücksichtigung dieser Gutschriften errechnet sich für den Zeitraum 1. 1. bis 31. 12. 2003 eine Unterhaltsbemessungsgrundlage von EUR 3.034,90 monatlich für die Zeit 1. 1. 2004 bis laufend eine monatliche Unterhaltsbemessungsgrundlage von EUR 3.157,53.
Der Antragsgegner leistet für die Ehewohnung nach wie vor einen Betrag von monatlich EUR 638,--, darin je Zinszahlungen an die Raika Ö***** von EUR 95,--, EUR 83, und EUR 177,--, eine Zahlung an die G***** Versicherung von EUR 228,-- sowie für die Versicherung der Wohnung EUR 55,56. Der Antragsgegner hat über vier Jahre als Selbständiger einen Gastbetrieb in Innsbruck geführt. Der Betrieb wurde am 1. 3. 2000 mit Verbindlichkeiten von ATS 1,785.000,-- eingestellt. Hieraus ergibt sich eine langfristig zu finanzierende Restverbindlichkeit von ATS 1,700.000,--. Der Fehlbetrag sollte durch Fremdwährungskredite langfristig auf 25 Jahre bedient werden. Es kann nicht festgestellt werden, dass die Kreditzahlungen des Antragsgegners die eheliche Wohnung betreffen. Vielmehr kann abgeleitet werden, dass diese Kredite zur Tilgung von Altschulden aus dem Gastbetrieb dienen. Die Wohnungsbenutzungskosten werden sämtliche von der Mutter der Antragsteller beglichen. Der Antragsgegner hat lediglich im November 2003 EUR 89,55 (für Wasser und Kanal), EUR 56,30 (für Kindergarten) und im Dezember 2003 EUR 52,80 (für die Volksschule) bezahlt. Seit November 2003 leistet der Antragsgegner einen monatlichen Unterhalt von insgesamt EUR 900,-- (EUR 300,-- je Kind).
Die Antragsteller begehren vom Antragsgegner nachfolgenden Unterhalt:
Für mj. Clemens A***** EUR 485,-- ab 1. 11. 2003, für mj. Philipp A***** EUR 394,-- vom 1. 11. 2003 bis 29. 2. 2004 bzw EUR 485 ab 1. 3. 2004, für mj Paula A***** EUR 394,-- ab 1. 11. 2003. Unter Berücksichtigung des erzielten Einkommens einschließlich der Steuerrückvergütungen sei dem Antragsgegner die Bezahlung der Unterhaltsbeträge zumutbar. Die Ansparung sogenannter Tilgungsträger für allfällige Fremdwährungskredite des Vaters stelle keine Abzugspost bei der Unterhaltsbemessung dar.
Der Antragsgegner beantragt die Abweisung der Unterhaltsanträge in eventu die Unterhaltsbeträge für die Kinder bis einschließlich Februar 2004 mit höchstens EUR 340,-- für Clemens, bzw je EUR 272,-- für Philipp und Paula, ab März 2004 mit höchstens EUR 317,-- für Clemens und Philipp und EUR 249 für Paula festzusetzen. Unter Berücksichtigung seines monatlichen Nettoeinkommens einschließlich der Sonderzahlungen von EUR 2.266,87 ergäben sich nach der Prozentsatzmethode und unter Berücksichtigung der Unterhaltspflicht für die Ehegattin rechnerisch Unterhaltsbeträge für die Kinder von zusammen monatlich EUR 884,--. Da er seit 31. 10. 2003 EUR 900,-- an Kindesunterhalt überweise, habe er ohnehin bereits mehr geleistet. Weiters sei zu berücksichtigen, dass er Rückzahlungen und Kosten für die von der Mutter und den Kindern benützte Wohnung von zusammen EUR 838,64 leiste.
Das Erstgericht setzte die Unterhaltsbeträge im Zeitraum vom 1. 11. 2003 - 29. 2. 2004 für mj. Clemens mit EUR 485,--, mj. Philipp mit EUR 394,-- und mj. Paula mit EUR 394,--, für den Zeitraum 1. 3. 2004 bis 30. 9. 2004 für mj. Clemens und mj. Philipp mit je EUR 485,-- sowie für mj. Paula mit EUR 394,-- - jeweils abzüglich bereits geleisteten Unterhaltes - fest. Dieselben Unterhaltsbeträge wurden für den Zeitraum ab 1. 10. 2004 bis laufend festgesetzt. Bei einer Bemessungsgrundlage von EUR 3.034,90 für die Zeit vom 1. 11. bis 31. 12. 2003 und einer solchen von EUR 3.157,53 ab 1. 1. 2004 sowie einer weiteren Sorgepflicht des Antragsgegners für die Ehegattin von monatlich EUR 219,-- ergebe sich der jeweilige Unterhalt. Kreditrückzahlungsraten und die zu ihrer Besicherung allenfalls zu leistenden Versicherungsprämien seien nicht anzurechnen. Aufwendungen, um die Wohnung im benützungsfähigem Zustand zu erhalten, stellten grundsätzlich nach Köpfen aufzuteilenden Naturalunterhalt dar, der zu berücksichtigen sei.
Das Rekursgericht änderte über Rekurs des Antragsgegners den erstgerichtlichen Beschluss dahin ab, dass es den Antragsgegner verpflichtete, für den Zeitraum 1. 11. 2003 bis 29. 2. 2004 für mj. Clemens monatlich EUR 380,--, für den Zeitraum 1. 3. 2004 bis laufend für Clemens und Philipp je EUR 380,-- für Paula monatlich EUR 310,--, abzüglich der im Zeitraum 1. 3. 2004 bis 30. 9. 2004 erbrachten Unterhaltszahlungen zu leisten und wies das Unterhaltsmehrbegehren ab. Das Erstgericht habe zutreffend die vom Antragsgegner vom Finanzamt Innsbruck erhaltenen Gutschriften im jeweiligen Auszahlungsjahr berücksichtigt. Was die Zahlungsverpflichtungen des Vaters im Zusammenhang mit der Abzahlung von Fremdwährungskrediten anlange, sei das Erstgericht davon ausgegangen, dass diese Geschäftsschulden darstellen. Erstmals im Rekurs behaupte der Antragsgegner, dass diese Schulden aus „Privatentnahmen der Familie" während der Zeit des Gastbetriebes resultierten, weil die „Familie seinerzeit über ihre wirtschaftlichen Verhältnisse hinaus Geld verbraucht habe". Eine weitere Erhebung der Umstände, die zu den Schulden des Antragsgegner geführt hätten, sei entbehrlich, weil auch bei der Nichtberücksichtigung deren Kindesunterhalt vom Erstgericht zu hoch angesetzt worden sei. Die von der Rechtsprechung entwickelte Prozentsatzmethode stelle keine generelle und exakte Berechnungsformel, sondern nur eine Orientierungshilfe bei der Unterhaltsfestsetzung für durchschnittliche Fälle dar. In atypischen Fällen, insbesondere bei vermehrten Sorgepflichten, dürfe die Prozentsatzmethode nicht starr angewendet werden. Rechne man ausgehend von der erstinstanzlichen Entscheidung sämtliche vom Antragsgegner zu leistenden Unterhaltszahlungen zusammen, ergebe sich ein Unterhaltsbetrag von monatlich EUR 1.795,-- so dass dem Vater von der Bemessungsgrundlage für das Jahr 2004 von EUR 3.157,-- nur mehr EUR 1.362,-- für seine eigenen Bedürfnisse verbleibe. Dieser Betrag liege nicht wesentlich über dem für ein monatliches Nettoeinkommen mit Sonderzahlungen im Bereich von EUR 2.600,-- und darüber geltenden Existenzminimum für eine einzelne Person von EUR 1.237,10. Eine Belastung des Unterhaltspflichtigen über Gebühr müsse nicht nur zur Vermeidung der Gefährdung seiner eigenen Existenz, sondern, vor allem, wenn der Unterhaltspflichtige ein überdurchschnittliches Einkommen erziele, auch zur Vermeidung der Minderung seiner Erwerbsmotivation verhindert werden. Das hier vorliegende Missverhältnis zwischen dem dem Vater bei Bedachtnahme auf sämtliche Sorgfaltspflichten verbleibenden Betrag und dem bei starrer Anwendung der Prozentsatzmethode errechnete Unterhalt für die drei Kinder müsse daher zu angemessenen Abstrichen von den Unterhaltsbeträgen führen. Die verhältnismäßig gekürzten Unterhaltsbeträge lägen immer noch nicht unerheblich über den Regelbedarfssätzen und verbleibe dabei auch dem Vater ein zusätzlicher Einkommensbetrag. Damit sei insgesamt dem Erfordernis einer ungefähren Gleichbehandlung des Unterhaltspflichtigen und der Unterhaltsberechtigten Rechnung getragen.
Seinen ursprünglichen Ausspruch, dass der Revisionsrekurs nicht zulässig sei, änderte das Rekursgericht über Antrag des Antragsgegners dahin ab, dass der Revisionsrekurs doch zulässig sei. Zur Frage, ob und inwieweit im Fall des vom Vater gewählten Finanzierungsmodells (endfällige Fremdwährungskredite bei gleichzeitiger Ansparung sogenannter Tilgungsträger) ein Abzug von der Unterhaltsbemessungsgrundlage in Betracht komme, liege soweit überschaubar noch keine gesicherte oberstgerichtliche Judikatur vor.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs des Antragsgegners ist mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage gemäß § 14 AußStrG (aF) nicht zulässig.Der Revisionsrekurs des Antragsgegners ist mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage gemäß Paragraph 14, AußStrG (aF) nicht zulässig.
Die Nichtberücksichtigung der Transferleistungen wurde in 2. Instanz nicht gerügt. Diese Rüge kann im Revisionsrekursverfahren nicht nachgeholt werden (Kodek in Rechberger ZPO2 § 503 Rz 5 ?).Die Nichtberücksichtigung der Transferleistungen wurde in 2. Instanz nicht gerügt. Diese Rüge kann im Revisionsrekursverfahren nicht nachgeholt werden (Kodek in Rechberger ZPO2 Paragraph 503, Rz 5 ?).
Entgegen der - den Obersten Gerichtshof nicht bindenden - Ansicht des Rekursgerichtes macht der Rechtsmittelwerber aber auch mit seinem Vorbringen, dass es einer Rechtsprechung des Höchstgerichtes geradezu bedürfe, ob und in welcher Weise „die Ansparung der Tilgungsträger" nicht zur Eigentumsbildung führten, sondern eine Schmälerung der Unterhaltsbemessungsgrundlage herbeiführe, eine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung gemäß § 14 AußStrG (aF) nicht geltend.Entgegen der - den Obersten Gerichtshof nicht bindenden - Ansicht des Rekursgerichtes macht der Rechtsmittelwerber aber auch mit seinem Vorbringen, dass es einer Rechtsprechung des Höchstgerichtes geradezu bedürfe, ob und in welcher Weise „die Ansparung der Tilgungsträger" nicht zur Eigentumsbildung führten, sondern eine Schmälerung der Unterhaltsbemessungsgrundlage herbeiführe, eine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung gemäß Paragraph 14, AußStrG (aF) nicht geltend.
Nach dem Vorbringen des Antragsgegners dient die „Ansparung des Tilgungsträgers" letztlich der Abdeckung eines endfälligen Fremdwährungskredites. Dieser habe aufgenommen werden müssen, da die Familie während der Zeit seiner selbständigen Tätigkeit „über ihre wirtschaftlichen Verhältnisse hinaus, Geld verbraucht habe".
Ob und in welchem Ausmaß bei einem Unterhaltspflichtigen berücksichtigungswürdige Belastungen vorliegen, stellt keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung dar, sondern hängt von den Umständen des Einzelfalles ab (vgl 1 Ob 154/00d; 4 Ob 46/03y; 1 Ob 194/04t). Kosten für die Kreditrückzahlung - ungeachtet der dafür gewählten Rückzahlungsmodalitäten - sind bei der Bemessung des Unterhaltes nicht zu berücksichtigen, wenn der Unterhaltspflichtige nicht geltend macht, der Kredit sei zur Erhaltung seiner Arbeitskraft oder für existenznotwendige Bedürfnisse aufgenommen worden (3 Ob 1527/90, 8 Ob 1669/93; 7 Ob 14/02p ua) oder er ex ante erforderlich war, die Existenz sichernde Ertragskraft eines Unternehmens des Unterhaltspflichtigen zu erhalten bzw zu verbessern (3 Ob 201/02h). Kann eine derartige Zweckwidmung nicht festgestellt werden, sind die Belastungen hieraus nach stRsp nicht von der Unterhaltsbemessungsgrundlage in Abzug zu bringen (7 Ob 26/02b u.a.).Ob und in welchem Ausmaß bei einem Unterhaltspflichtigen berücksichtigungswürdige Belastungen vorliegen, stellt keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung dar, sondern hängt von den Umständen des Einzelfalles ab vergleiche 1 Ob 154/00d; 4 Ob 46/03y; 1 Ob 194/04t). Kosten für die Kreditrückzahlung - ungeachtet der dafür gewählten Rückzahlungsmodalitäten - sind bei der Bemessung des Unterhaltes nicht zu berücksichtigen, wenn der Unterhaltspflichtige nicht geltend macht, der Kredit sei zur Erhaltung seiner Arbeitskraft oder für existenznotwendige Bedürfnisse aufgenommen worden (3 Ob 1527/90, 8 Ob 1669/93; 7 Ob 14/02p ua) oder er ex ante erforderlich war, die Existenz sichernde Ertragskraft eines Unternehmens des Unterhaltspflichtigen zu erhalten bzw zu verbessern (3 Ob 201/02h). Kann eine derartige Zweckwidmung nicht festgestellt werden, sind die Belastungen hieraus nach stRsp nicht von der Unterhaltsbemessungsgrundlage in Abzug zu bringen (7 Ob 26/02b u.a.).
Textnummer
E78169European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2005:0080OB00069.05P.0721.000Im RIS seit
20.08.2005Zuletzt aktualisiert am
22.12.2011