Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Rohrer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling und Dr. Hradil sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Harald Kaszanits und Franz Gansch als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei DI Gerhard D*****, vertreten durch Dr. Christian Kuhn und Dr. Wolfgang Vanis, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei Dr. Richard Proksch, Rechtsanwalt in Wien, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der i***** AG, *****, vertreten durch Proksch & Partner OEG, Rechtsanwälte in Wien, wegen EUR 61.003,40 brutto sA (Revisionsinteresse EUR 51.675,40 brutto sA), über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 17. März 2005, GZ 8 Ra 179/04h-22, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision der beklagten Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).Die außerordentliche Revision der beklagten Partei wird gemäß Paragraph 508 a, Absatz 2, ZPO mangels der Voraussetzungen des Paragraph 502, Absatz eins, ZPO zurückgewiesen (Paragraph 510, Absatz 3, ZPO).
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
Die für die Abgrenzung zwischen Arbeitsvertrag, Werkvertrag und freiem Dienstvertrag maßgebenden Kriterien haben die Vorinstanzen zutreffend wiedergegeben und auch - was in der Revision inhaltlich gar nicht bestritten wird - im Sinne der Bejahung der Voraussetzungen für die Annahme eines Arbeitsvertrages richtig angewendet.
Die vom Revisionswerber als erheblich erachtete Rechtsfrage, ob diese Kriterien auch dann angewendet werden könnten, wenn beide Parteien einen Werkvertrag und keinen Arbeitsvertrag schließen wollten, ist durch zahllose Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs geklärt: Nach völlig einhelliger Rechtsprechung ist die rechtliche Qualifikation des Vertrags nicht vom Willen der Parteien und seiner Bezeichnung, uU nicht einmal von seiner Gestaltung, sondern von der tatsächlichen Handhabung des Vertragsverhältnisses abhängig (RIS-Justiz RS0111914, DRdA 2002/9 uva). Auch die Anmeldung zur Sozialversicherung oder die steuerliche Behandlung sind daher nicht entscheidend; ebenso wenig kommt der Beurteilung des Sozialversicherungsträgers oder der Steuerbehörde Bedeutung zu (Arb 12.061; DRdA 2002/9). Entscheidend ist vielmehr, ob bei einer Gesamtbetrachtung des von den Parteien gelebten Schuldverhältnisses iS der von der Rechtsprechung erarbeiteten Kriterien von einem Arbeitsverhältnis auszugehen ist. Lehre und Rechtsprechung sehen es nämlich als typisch für die Verhandlungssituation des potenziellen Arbeitnehmers mit seinem Arbeitgeber an, dass dem Arbeitnehmer bei der Vertragsgestaltung wenig Einflussmöglichkeiten zukommen. Daher knüpft das Arbeitsrecht regelmäßig mit zwingenden oder einseitig zwingenden Regelungen an das tatsächliche Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses, unabhängig von dessen Bezeichnung an (so etwa gerade die vom Revisionswerber zitierte Entscheidung 8 ObS 204/00h; siehe auch die dort angeführten weiteren Nachweise).
Dass die Vorinstanzen dass Vertragsverhältnis zwischen der Gemeinschuldnerin und dem Kläger als Arbeitsverhältnis qualifiziert haben, ist daher nicht zu beanstanden.
Der Meinung des Revisionswerbers, er - als Masseverwalter - sei dessen ungeachtet berechtigt gewesen, das Vertragsverhältnis als Werkvertrag zu behandeln, weil er sich nur nach dem für ihn objektiv gegebenen Anschein einer selbständigen Tätigkeit des Klägers habe richten können, ist unzutreffend. Ob als Werkverträge oder freie Dienstverträge bezeichnete Vertragsverhältnisse in Wahrheit als Arbeitsverträge zu qualifizieren sind, ist eine Frage, die sich angesichts der in der Praxis weit verbreiteten Versuche, zur Umgehung arbeitsrechtlicher Schutzbestimmungen verschleiernde Vertragskonstruktionen zu wählen, sehr häufig stellt. Der Masseverwalter hat es nicht in der Hand, durch Unterlassung einer entsprechenden Prüfung eines als Werkvertrag bezeichneten Vertrags die Rechtsnatur des Vertragsverhältnisses und die rechtlichen Konsequenzen des Umstandes, dass es als Arbeitsverhältnis zu qualifizieren ist, zu beeinflussen.
Für die Annahme rechtsmissbräuchlichen Verhaltens des Klägers fehlt es an einer rechtfertigenden Grundlage. Auf die Entscheidung 8 ObS 204/00h kann sich der Beklagte in diesem Zusammenhang nicht berufen, weil dieser Entscheidung eine völlig anders gelagerte Konstellation zu Grunde lag. Zum einen waren dort nicht die Ansprüche gegen den Arbeitnehmer, sondern der Anspruch auf Insolvenz-Ausfallsgeld zu beurteilen. Zum anderen war im damals zu beurteilenden Fall von einem Zusammenwirken von Arbeitnehmer und Arbeitgeber ausgegangen worden, das mit dem (zumindest bedingten) Vorsatz erfolgte, den Insolvenzgeld-Ausfallfonds zu schädigen. Davon kann aber hier nicht die Rede sein. Von derart atypischen Konstellationen abgesehen, kann aber im Allgemeinen - wie auch in der zitierten Entscheidung zum Ausdruck gebracht wurde - in der Akzeptanz einer das Arbeitsverhältnis nicht als solches benennenden Vertragskonstruktion ein rechtsmissbräuchliches Verhalten des Arbeitnehmers nicht erblickt werden. Behauptungen, die im hier zu beurteilenden Fall eine andere Beurteilungen rechtfertigen könnten, hat der Beklagte nicht aufgestellt. Dass der Kläger in rechtsmissbräuchlicher Weise den Beklagten erst nach Ablauf der Monatsfrist des § 25 KO von seiner Arbeitnehmereigenschaft informierte, ist durch den festgestellten Sachverhalt nicht gedeckt. Festgestellt wurde vielmehr, dass der Kläger - einer Aufforderung des Eigentümers des Betriebs folgend - weiter arbeitete und erst lange nach der Schließung des Betriebs von dieser erfuhr.Für die Annahme rechtsmissbräuchlichen Verhaltens des Klägers fehlt es an einer rechtfertigenden Grundlage. Auf die Entscheidung 8 ObS 204/00h kann sich der Beklagte in diesem Zusammenhang nicht berufen, weil dieser Entscheidung eine völlig anders gelagerte Konstellation zu Grunde lag. Zum einen waren dort nicht die Ansprüche gegen den Arbeitnehmer, sondern der Anspruch auf Insolvenz-Ausfallsgeld zu beurteilen. Zum anderen war im damals zu beurteilenden Fall von einem Zusammenwirken von Arbeitnehmer und Arbeitgeber ausgegangen worden, das mit dem (zumindest bedingten) Vorsatz erfolgte, den Insolvenzgeld-Ausfallfonds zu schädigen. Davon kann aber hier nicht die Rede sein. Von derart atypischen Konstellationen abgesehen, kann aber im Allgemeinen - wie auch in der zitierten Entscheidung zum Ausdruck gebracht wurde - in der Akzeptanz einer das Arbeitsverhältnis nicht als solches benennenden Vertragskonstruktion ein rechtsmissbräuchliches Verhalten des Arbeitnehmers nicht erblickt werden. Behauptungen, die im hier zu beurteilenden Fall eine andere Beurteilungen rechtfertigen könnten, hat der Beklagte nicht aufgestellt. Dass der Kläger in rechtsmissbräuchlicher Weise den Beklagten erst nach Ablauf der Monatsfrist des Paragraph 25, KO von seiner Arbeitnehmereigenschaft informierte, ist durch den festgestellten Sachverhalt nicht gedeckt. Festgestellt wurde vielmehr, dass der Kläger - einer Aufforderung des Eigentümers des Betriebs folgend - weiter arbeitete und erst lange nach der Schließung des Betriebs von dieser erfuhr.
Textnummer
E78243European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2005:009OBA00073.05H.0803.000Im RIS seit
02.09.2005Zuletzt aktualisiert am
19.01.2012