Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Griß als Vorsitzende und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schenk sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel, Dr. Jensik und Dr. Gitschthaler als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Wolfgang H*****, vertreten durch Mag. Erich Münzker und Mag. Peter Riehs, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei Gertraud H*****, vertreten durch Dr. Johann Grandl, Rechtsanwalt in Mistelbach, wegen Unterlassung (Streitwert im Provisorialverfahren 36.500 EUR), über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Klägerin gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien vom 21. April 2005, GZ 1 R 50/05p-15, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss
gefasst:
Spruch
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß §§ 78, 402 Abs 4 EO iVm § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 528a iVm § 510 Abs 3 ZPO).Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß Paragraphen 78,, 402 Absatz 4, EO in Verbindung mit Paragraph 526, Absatz 2, Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des Paragraph 528, Absatz eins, ZPO zurückgewiesen (Paragraph 528 a, in Verbindung mit Paragraph 510, Absatz 3, ZPO).
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
1. Der Kläger vertritt die Auffassung, das Rekursgericht habe verkannt, dass das Nebengewerbe des § 2 Abs 4 GewO das Vorhandensein eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs auf Seiten der Beklagten voraussetzt, ein solcher aber nicht vorliege. Die Beklagte verfüge nicht über eine einschlägige Ausstattung.1. Der Kläger vertritt die Auffassung, das Rekursgericht habe verkannt, dass das Nebengewerbe des Paragraph 2, Absatz 4, GewO das Vorhandensein eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs auf Seiten der Beklagten voraussetzt, ein solcher aber nicht vorliege. Die Beklagte verfüge nicht über eine einschlägige Ausstattung.
Die Beklagte ist Eigentümerin mehrerer Liegenschaften, auf denen sie eine Landwirtschaft betreibt. Diese umfasst einerseits die Haltung von Kleintieren und andererseits die Produktion von Obst und Gemüse. Sie hat etwa 90 bis 130 Legehühner, 20 bis 30 Brat- bzw Backhühner sowie einige Enten und Gänse. Der Obstbaumbestand umfasst rund 70 Bäume, sie verfügt auch über diverse Beerensträucher. Die Beklagte bezieht daraus zwischen 590 und 900 Eier sowie zumindest 200 kg Äpfel. Dazu kommt weiteres Baumobst und Beeren.
Die Haltung von Hühnern zur Gewinnung von Eiern ist eine land- und forstwirtschaftliche Tätigkeit im Sinne des § 2 Abs 3 Z 2 GewO (vgl Grabler/Stolzlechner/Wendl, Kommentar zur GewO² [2003] § 2 Rz 84), Obst und Beeren sind pflanzliche Erzeugnisse im Sinne des § 2 Abs 3 Z 1 GewO (Grabler/Stolzlechner/Wendl, aaO Rz 76). Warum die Beklagte daher keine Landwirtschaft betreiben soll, ist für den erkennenden Senat nicht nachvollziehbar. Auf die im außerordentlichen Revisionsrekurs hervorgehobene (geringe) Größe der Liegenschaften der Beklagten allein kommt es jedenfalls nicht an, gibt es doch „den" land- und forstwirtschaftlichen Betrieb nicht und ist die Betriebsgröße kein Indiz für den Verlust des Charakters eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs (Winkler, Landwirtschaft und Gewerbeordnung nach der Gewerberechtsnovelle 1997 - Zukauf, Verarbeitung und Betriebsanlagenrecht, ZfV 1998, 454).Die Haltung von Hühnern zur Gewinnung von Eiern ist eine land- und forstwirtschaftliche Tätigkeit im Sinne des Paragraph 2, Absatz 3, Ziffer 2, GewO vergleiche Grabler/Stolzlechner/Wendl, Kommentar zur GewO² [2003] Paragraph 2, Rz 84), Obst und Beeren sind pflanzliche Erzeugnisse im Sinne des Paragraph 2, Absatz 3, Ziffer eins, GewO (Grabler/Stolzlechner/Wendl, aaO Rz 76). Warum die Beklagte daher keine Landwirtschaft betreiben soll, ist für den erkennenden Senat nicht nachvollziehbar. Auf die im außerordentlichen Revisionsrekurs hervorgehobene (geringe) Größe der Liegenschaften der Beklagten allein kommt es jedenfalls nicht an, gibt es doch „den" land- und forstwirtschaftlichen Betrieb nicht und ist die Betriebsgröße kein Indiz für den Verlust des Charakters eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs (Winkler, Landwirtschaft und Gewerbeordnung nach der Gewerberechtsnovelle 1997 - Zukauf, Verarbeitung und Betriebsanlagenrecht, ZfV 1998, 454).
2. Das Rekursgericht soll des Weiteren verkannt haben, dass die Beklagte den Umfang des Nebengewerbes des § 2 Abs 4 GewO insofern überschreite, als sie mehr zu 25 % des eigenen Naturprodukts zukaufe und fremde Erzeugnisse nicht nur untergeordnet mitverarbeite. Die Beklagte verkauft einerseits die von ihren Hühnern gelegten Eier - zuzüglich zugekaufter Eier im Ausmaß von etwa 20 % der eigenen - auf ihren Marktständen und verarbeitet sie andererseits zu Backwaren (Mehlspeisen) und Eiaufstrich weiter, welche Produkte sie ebenfalls verkauft. An Mehlspeisen bietet die Beklagte, die im Frühjahr wöchentlich etwa 10 kg Äpfel zukauft, mit eigenem Obst belegte bzw gefüllte und von ihr selbst hergestellte Kuchen, Rouladen, Strudel und Plundergebäck an, daneben von ihrer Tochter hergestellte Kaffeecremeschnitten. Weiteres Backmaterial (Mehl, Backpulver) kauft die Beklagte zu. Das Mehlspeisensortiment variiert je nach Jahreszeit, Nachfrage der Kunden und Arbeitskapazität der Beklagten. Darüber hinaus verkauft sie Obst aus eigenem Anbau, selbst hergestellten Holundersirup und Liköre. Die von ihr angebotenen Nüsse stammen nicht aus eigener Produktion. Das Verhältnis zwischen dem zugekauften Backmaterial und den damit erzeugten Produkten steht ebenso wenig fest wie die Mengen der von der Beklagten verkauften Mehlspeisen und Eier sowie das Wertverhältnis zwischen den zugekauften Erzeugnissen und den von der Beklagten selbst gewonnenen. Nach § 2 Abs 4 GewO muss die Ver- oder Bearbeitung überwiegend des eigenen Naturprodukts unter der Voraussetzung erfolgen, dass der Charkter des jeweiligen Betriebs als land- und forstwirtschaftlicher Betrieb gewahrt bleibt. Für die Frage des Überwiegens des eigenen Naturprodukts ist der Verkaufswert desselben mit der Summe des Einkaufswerts des zugekauften Naturprodukts plus des Wertes der mitverarbeiteten Erzeugnisse zu vergleichen und auf die 25 % - Regel des § 2 Abs 3 GewO Bedacht zunehmen (Winkler, aaO). Vor dem Hintergrund der von den Vorinstanzen getroffenen Feststellungen und insbesondere der den Kläger treffenden Beweispflicht für die behauptete Gesetzesverletzung (4 Ob 31/91 = MR 1991, 205 - WERBESTÄNDER ua) - die offen gebliebenen Fragen im Zusammenhang mit den Wertvergleichen gehen damit zu seinen Lasten - ist die Auffassung nicht zu beanstanden, die Beklagte sei Landwirtin und überschreite in diesem Zusammenhang auch nicht die ihr nach § 4 Abs 3 GewO zustehenden Rechte.2. Das Rekursgericht soll des Weiteren verkannt haben, dass die Beklagte den Umfang des Nebengewerbes des Paragraph 2, Absatz 4, GewO insofern überschreite, als sie mehr zu 25 % des eigenen Naturprodukts zukaufe und fremde Erzeugnisse nicht nur untergeordnet mitverarbeite. Die Beklagte verkauft einerseits die von ihren Hühnern gelegten Eier - zuzüglich zugekaufter Eier im Ausmaß von etwa 20 % der eigenen - auf ihren Marktständen und verarbeitet sie andererseits zu Backwaren (Mehlspeisen) und Eiaufstrich weiter, welche Produkte sie ebenfalls verkauft. An Mehlspeisen bietet die Beklagte, die im Frühjahr wöchentlich etwa 10 kg Äpfel zukauft, mit eigenem Obst belegte bzw gefüllte und von ihr selbst hergestellte Kuchen, Rouladen, Strudel und Plundergebäck an, daneben von ihrer Tochter hergestellte Kaffeecremeschnitten. Weiteres Backmaterial (Mehl, Backpulver) kauft die Beklagte zu. Das Mehlspeisensortiment variiert je nach Jahreszeit, Nachfrage der Kunden und Arbeitskapazität der Beklagten. Darüber hinaus verkauft sie Obst aus eigenem Anbau, selbst hergestellten Holundersirup und Liköre. Die von ihr angebotenen Nüsse stammen nicht aus eigener Produktion. Das Verhältnis zwischen dem zugekauften Backmaterial und den damit erzeugten Produkten steht ebenso wenig fest wie die Mengen der von der Beklagten verkauften Mehlspeisen und Eier sowie das Wertverhältnis zwischen den zugekauften Erzeugnissen und den von der Beklagten selbst gewonnenen. Nach Paragraph 2, Absatz 4, GewO muss die Ver- oder Bearbeitung überwiegend des eigenen Naturprodukts unter der Voraussetzung erfolgen, dass der Charkter des jeweiligen Betriebs als land- und forstwirtschaftlicher Betrieb gewahrt bleibt. Für die Frage des Überwiegens des eigenen Naturprodukts ist der Verkaufswert desselben mit der Summe des Einkaufswerts des zugekauften Naturprodukts plus des Wertes der mitverarbeiteten Erzeugnisse zu vergleichen und auf die 25 % - Regel des Paragraph 2, Absatz 3, GewO Bedacht zunehmen (Winkler, aaO). Vor dem Hintergrund der von den Vorinstanzen getroffenen Feststellungen und insbesondere der den Kläger treffenden Beweispflicht für die behauptete Gesetzesverletzung (4 Ob 31/91 = MR 1991, 205 - WERBESTÄNDER ua) - die offen gebliebenen Fragen im Zusammenhang mit den Wertvergleichen gehen damit zu seinen Lasten - ist die Auffassung nicht zu beanstanden, die Beklagte sei Landwirtin und überschreite in diesem Zusammenhang auch nicht die ihr nach Paragraph 4, Absatz 3, GewO zustehenden Rechte.
Soweit der Kläger im außerordentlichen Revisionsrekurs rügt, das Rekursgericht sei auf seine Feststellungsrüge nicht näher eingegangen, ist dem zu erwidern, dass seine im Rekurs angestellten Berechnungen zum Zukauf an Äpfeln den diesbezüglich ausdrücklichen Feststellungen des Erstgerichts widersprechen, diese Feststellungen aber auf Grund unmittelbarer Beweisaufnahme durch das Erstgericht getroffen worden sind (vgl RIS-Justiz RS0012391).Soweit der Kläger im außerordentlichen Revisionsrekurs rügt, das Rekursgericht sei auf seine Feststellungsrüge nicht näher eingegangen, ist dem zu erwidern, dass seine im Rekurs angestellten Berechnungen zum Zukauf an Äpfeln den diesbezüglich ausdrücklichen Feststellungen des Erstgerichts widersprechen, diese Feststellungen aber auf Grund unmittelbarer Beweisaufnahme durch das Erstgericht getroffen worden sind vergleiche RIS-Justiz RS0012391).
3. Ferner meint der Kläger, das Rekursgericht habe verkannt, dass die Beklagte auch Fleisch- und Wurstprodukte anbietet und damit jedenfalls das Nebengewerbe des § 2 Abs 4 GewO überschreite. Die Beklagte bot bis Sommer 2004 gelegentlich Fleischprodukte an. Zweimal jährlich kauft sie ein bereits geschlachtetes Schwein, woraus sie Schmalz und Grammeln zum Verkauf herstellt. Selbst hält sie keine Schweine. Auch wenn die GewerbeO den Zukauf von tierischen Produkten - im Gegensatz zu pflanzlichen Produkten (§ 2 Abs 3 Z 1 GewO) - von ihrer Anwendung grundsätzlich nicht ausnimmt (Winkler aaO; vgl auch Grabler/Stolzlechner/Wendl aaO Rz 77), ist daraus für den Kläger nichts gewonnen, weil er der Beklagten nicht den Verkauf von Fleisch- und Wurstwaren auf ihren Marktständen, sondern die Teilnahme an Märkten und dergleichen generell verbieten will. Dafür fehlen aber die Voraussetzungen.3. Ferner meint der Kläger, das Rekursgericht habe verkannt, dass die Beklagte auch Fleisch- und Wurstprodukte anbietet und damit jedenfalls das Nebengewerbe des Paragraph 2, Absatz 4, GewO überschreite. Die Beklagte bot bis Sommer 2004 gelegentlich Fleischprodukte an. Zweimal jährlich kauft sie ein bereits geschlachtetes Schwein, woraus sie Schmalz und Grammeln zum Verkauf herstellt. Selbst hält sie keine Schweine. Auch wenn die GewerbeO den Zukauf von tierischen Produkten - im Gegensatz zu pflanzlichen Produkten (Paragraph 2, Absatz 3, Ziffer eins, GewO) - von ihrer Anwendung grundsätzlich nicht ausnimmt (Winkler aaO; vergleiche auch Grabler/Stolzlechner/Wendl aaO Rz 77), ist daraus für den Kläger nichts gewonnen, weil er der Beklagten nicht den Verkauf von Fleisch- und Wurstwaren auf ihren Marktständen, sondern die Teilnahme an Märkten und dergleichen generell verbieten will. Dafür fehlen aber die Voraussetzungen.
Der außerordentliche Revisionsrekurs war daher zurückzuweisen.
Anmerkung
E78321 4Ob139.05bEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2005:0040OB00139.05B.0811.000Dokumentnummer
JJT_20050811_OGH0002_0040OB00139_05B0000_000