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L55005 Baumschutz Landschaftsschutz Naturschutz Salzburg;Norm
B-VG Art10 Abs1 Z10;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner und die Hofräte Dr. Stöberl, Dr. Köhler, Dr. Schick und Mag. Nussbaumer-Hinterauer, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hofer, über die Beschwerde 1. der SS,
2. des Mag. HG und 3. der HG, alle in S und alle vertreten durch Gradischnig & Gradischnig Rechtsanwälte GmbH in 9500 Villach, Moritschstraße 7, gegen den Bescheid der Salzburger Landesregierung vom 5. Dezember 2006, Zl. 21301-RI-699/11-2006, betreffend naturschutzbehördliche Bewilligung für die Nutzung von Flächen als Wiese, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben dem Land Salzburg Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Schreiben vom 22. Dezember 2003 stellten die Beschwerdeführer beim Magistrat der Stadt Salzburg den Antrag auf naturschutzbehördliche Genehmigung der Nutzung zweier näher bezeichneter Teilflächen im Ausmaß von 108 m2 beziehungsweise von 127 m2 des Grundstücks Nr. 1137/18, KG A, als Garten.
Aus den vorgelegten Verwaltungsakten ergibt sich, dass sich auf dem im Eigentum der Erstbeschwerdeführerin stehenden Grundstück Nr. 1137/42 und dem im Eigentum des Zweitbeschwerdeführers und der Drittbeschwerdeführerin stehenden Grundstück Nr. 1137/40, je KG A, Reihenhäuser befinden. Das Grundstück Nr. 1137/18 steht im Eigentum Dritter.
Den Beschwerdeführern wurde mit Berufungsbescheid des Landeshauptmannes von Salzburg vom 16. September 2003 die Bewilligung nach Forstgesetz 1975 zur Rodung der auch im vorliegenden Verfahren gegenständlichen Teilflächen gegen Zahlung eines Ausgleichbetrages erteilt.
Die Beschwerdeführer führten in ihrem Antrag an die Naturschutzbehörde aus, dass auf Grund des genannten Bescheides des Landeshauptmannes davon auszugehen sei, dass die in Rede stehenden Teilflächen keine Waldflächen darstellten. Es könnten daher nach dem Sbg NatSchG keine Gründe für ein Einschreiten den Antragstellern gegenüber vorliegen. Der Nutzung der gerodeten Flächen als Garten könnten auch vom Standpunkt des Sbg NatSchG aus keine Hinderungsgründe entgegenstehen. Der Magistrat Salzburg möge daher den Beschwerdeführern hinsichtlich der in Rede stehenden Teilflächen die naturschutzbehördliche Bewilligung zur Benützung als Gartenflächen erteilen.
Der Magistrat Salzburg führte aus, dass sich die betroffenen Teilflächen im Landschaftsschutzgebiet Aigner Au befänden, weshalb das "Vorhaben" naturschutzrechtlich bewilligungspflichtig sei.
In der Verhandlung vor dem Magistrat Salzburg am 9. März 2004 änderten die Beschwerdeführer ihren Antrag insoferne ab, als nicht um die Bewilligung der Benützung der gegenständlichen Teilflächen als Gartenfläche, sondern um die Bewilligung ihrer Benützung als natürliche Wiese angesucht werde.
Nach Einholung der Stellungnahme der Landesumweltanwaltschaft und eines naturschutzfachlichen Gutachtens wies der Magistrat Salzburg mit Bescheid vom 18. November 2005 den Antrag der Beschwerdeführer ab.
Die Beschwerdeführer erhoben Berufung.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung der Beschwerdeführer als unbegründet ab. Nach Ansicht der belangten Behörde sei eine Bewilligung im Landschaftsschutzgebiet im Sinne von § 18 Abs. 2 NSchG auf Grund der Beeinträchtigung des Charakters der Landschaft durch die beantragte Nutzung nicht möglich. Die beantragte Nutzung würde zudem zu einer Beeinträchtigung des Naturhaushaltes im Sinne der Begriffsdefinition nach § 5 Z 21 NSchG führen, da das Beziehungs- und Wirkungsgefüge der Lebewesen untereinander und zu ihrer Umwelt in Folge der erweiterten menschlichen Benutzung beeinträchtigt werde. Durch Herausnahme der beiden ehemaligen Waldflächen werde auch der Schutzzweck auf Grund des Widerspruchs zur Erhaltung der besonderen landschaftlichen Schönheit des Waldbestandes der Aigner Au nach § 18 Abs. 2 NSchG beeinträchtigt. Im Hinblick auf die Beeinträchtigung des besonderen Erlebnis- und Erholungswertes des den Landschaftscharakter im Süden der Stadt Salzburg prägenden, flussbegleitenden Waldbestandes im Sinne von § 18 Abs. 2 Sbg NatSchG liege ein Widerspruch zum Schutzzweck des Landschaftsschutzgebietes vor. Die zur Bewilligung beantragte Benutzung der gegenständlichen Flächen als Wiesenflächen entspreche (gemeint wohl: widerspreche) insgesamt wesentlich den grundsätzlichen Zielsetzungen des Landschaftsschutzgebietes Aigner Au im Sinne von § 51 Abs. 2 Z 3 Sbg NatSchG.
Die Beschwerdeführer hätten darauf verwiesen, dass der begehrte Lebensraum zur Aufrechterhaltung und Förderung der Gesundheit der in den genehmigten Wohnobjekten lebenden Menschen im überwiegenden öffentlichen Interesse liege. Nach Ansicht der belangten Behörde müssten diese Interessen im Sinne der Schaffung eines Freiraumes oder einer Verbesserung der Wohnraumsituation nicht zwingend durch die Schaffung von Wiesenflächen in einem als Auwald geschützten Landschaftsschutzgebiet gewährleistet sein. Die Ausführungen der Beschwerdeführer seien daher nicht geeignet, ein öffentliches Interesse an der Benutzung der gegenständlichen Grundflächen zu belegen. Die von der Forstbehörde im Berufungswege erteilte Rodungsbewilligung für die gegenständlichen Teilflächen des Grundstückes Nr. 1137/18 sei für das Naturschutzverfahren unmaßgeblich. Die erstinstanzliche Behörde habe einen Lösungsvorschlag unterbreitet, wonach von den Beschwerdeführern an Stelle der hohen Waldbäume niederwüchsigere Bäume und Sträucher auf den gegenständlichen Grundstücken zu pflanzen wären. Dieser Vorschlag sei von den Beschwerdeführern aber abgelehnt worden.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der inhaltliche Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des Salzburger Naturschutzgesetzes 1999, LGBl. Nr. 73/1999, § 18 in der Fassung LGBl. Nr. 1/2002 (in der Folge: Sbg NatSchG), lauten auszugsweise:
"Landschaftsschutzgebiete
§ 16
Gebiete außerhalb geschlossener Ortschaften können durch Verordnung der Landesregierung zu Landschaftsschutzgebieten erklärt werden, wenn sie wenigstens eine der folgenden Voraussetzungen erfüllen:
1.
Sie weisen eine besondere landschaftliche Schönheit auf.
2.
Sie sind für die Erholung als charakteristische Naturlandschaft oder als naturnahe Kulturlandschaft bedeutend.
Die für den Bestand des schutzwürdigen Gebietes notwendigen Flächen können in den Schutzbereich einbezogen werden. Bei der Erklärung eines Gebietes zum Landschaftsschutzgebiet ist auf Gesichtspunkte der Raumordnung Bedacht zu nehmen. In der Verordnung und in der Kundmachung nach § 17 Abs 1 iVm § 13 Abs 1 ist auf den Schutzzweck (Z 1 oder 2) hinzuweisen.
...
Bewilligungsvorbehalt
§ 18
(1) In einer Landschaftsschutzverordnung sind jene Maßnahmen anzuführen, die zur Wahrung des Landschaftsbildes, des Charakters der Landschaft, des Naturhaushaltes oder des Wertes der Landschaft für die Erholung in diesem Gebiet nur mit einer naturschutzbehördlichen Bewilligung zulässig sind.
(2) Die Naturschutzbehörde hat die Bewilligung zu erteilen, wenn durch die Maßnahme der Charakter der Landschaft (§ 5 Z 7), der Naturhaushalt (§ 5 Z 21) und der Schutzzweck des Gebietes (§ 16) nicht beeinträchtigt werden.
(3) Bei der Aufstellung oder wesentlichen Änderung von Bebauungsplänen (3. Teil ROG 1998) für Flächen, die im Landschaftsschutzgebiet liegen, ist zur Wahrung der Interessen des Naturschutzes ein Gutachten der Landesregierung einzuholen."
Gemäß § 2 Abs. 1 Verordnung der Salzburger Landesregierung vom 10. November 1980, mit der Teile der Stadtgemeinde Salzburg zu einem Landschaftsschutzgebiet erklärt werden (Aigner-Au-Landschaftsschutzverordnung), LGBl. Nr. 94/1980 in der Fassung LGBl. Nr. 83/2003, findet in dem gemäß § 1 festgelegten Landschaftsschutzgebiet die Allgemeine Landschaftsschutzverordnung, soweit im Folgenden nicht anderes bestimmt ist, Anwendung.
Der angefochtene Bescheid beruht auf der Auffassung, die gemäß § 2 Z 2 ALV bewilligungspflichtige Nutzung stelle eine Beeinträchtigung des Charakters der Landschaft und des Naturhaushaltes dar und außerdem liege eine Beeinträchtigung des Schutzzweckes des Landschaftsschutzgebiets vor. Die von den Beschwerdeführern ins Treffen geführten Überlegungen im Zusammenhang mit der Verbesserung ihrer Wohnraumsituation könnten kein öffentliches Interesse an dem Eingriff begründen.
Die Beschwerdeführer wenden sich gegen den angefochtenen Bescheid im Wesentlichen mit dem Vorbringen, die belangte Behörde habe in Kenntnis davon, dass hinsichtlich der gegenständlichen Grundflächen eine rechtskräftige Rodungsbewilligung vorgelegen sei, den Standpunkt vertreten, dass für diese Flächen weiterhin die Bestimmungen des Salzburger Naturschutzgesetzes 1999 anzuwenden seien.
Diese Ausführungen sind jedoch nicht geeignet, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen.
Die Vorschriften des Forstgesetzes 1975 und des Sbg NatSchG sind vielmehr - worauf die belangte Behörde zutreffend hingewiesen hat - unabhängig vom jeweiligen Anwendungsbereich des anderen Gesetzes anzuwenden.
Unabhängig davon, dass nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes auch landesgesetzliche Regelungen bezüglich Grundflächen, die Wald im Sinne des Forstgesetzes 1975 darstellen, unter dem in die Landeskompetenz fallenden Gesichtspunkt zulässig sind (vgl. das Erkenntnis des VfGH Slg. 10.292/1987), bedeutet der Umstand, dass aus dem Gesichtspunkt der forstlichen Interessen nichts gegen eine andere Verwendung des Waldbodens spricht, nicht, dass die Naturschutzbehörde in ihrer Beurteilung in irgendeiner Weise gebunden wäre. Gerade die verfassungsrechtliche Kompetenzaufteilung, die die Regelung verschiedener Aspekte den Gebietskörperschaften zuweist, führt dazu, dass bei der Erteilung der jeweiligen Bewilligungen auf unterschiedliche Gesichtspunkte Bedacht zu nehmen ist und somit in der Regel die Entscheidung der Bundesbehörde nach dem Forstgesetz die naturschutzbehördliche Entscheidung in keiner Weise präjudiziert. Es ist im Beschwerdefall auch auf Grund der angewendeten Bestimmungen des Sbg NatSchG kein Fall derart gegeben, dass etwa die Naturschutzbehörde sachlich die gleiche Frage zu beurteilen gehabt hätte wie die Forstbehörde bei der Erteilung ihrer Bewilligung.
Die Anwendung des Sbg NatSchG hängt daher nicht nur nach seinen (einfachgesetzlichen) Bestimmungen nicht davon ab, ob "Wald" im Sinne des Forstgesetzes 1975 vorliegt oder nicht, sondern es besteht auch keine verfassungsrechtliche Notwendigkeit, die Bestimmungen des Sbg NatSchG in diese Richtung einschränkend zu interpretieren. Die Naturschutzbehörden sind auch nicht verpflichtet, bei der Erteilung von Bewilligungen nach dem Sbg NatSchG in ihrer Beurteilung auch ins Kalkül zu ziehen, dass allenfalls bereits eine Bewilligung für die betreffende Maßnahme nach dem Forstgesetz 1975 erteilt worden wäre. Die Naturschutzbehörde hat sich vielmehr ausschließlich an die im NatSchG positivierten Entscheidungsparameter (hier nach § 18 Abs. 2 Sbg NatSchG der Charakter der Landschaft, der Naturhaushalt sowie der Schutzzweck des Schutzgebiets) zu halten. Zu der diesbezüglichen Beurteilung der belangten Behörde wird in der Beschwerde nichts vorgebracht.
Wenn in der Beschwerde darauf hingewiesen wird, dass nach einem "Öffentlichkeitsprinzip" des Grundbuches die belangte Behörde an eine Grundstücksbezeichnung im Grundbuch gebunden sei, genügt es darauf hinzuweisen, dass ein so verstandenes "Öffentlichkeitsprinzip" nicht besteht. Die in der Beschwerde behauptete Bindung der Naturschutzbehörde an die Bezeichnung im Grundbuch ist daher in dieser Form nicht gegeben.
Soweit in der Beschwerde darauf hingewiesen wird, dass nicht nur die Schaffung von Wohnraum ein öffentliches Interesse darstelle, sondern damit im Zusammenhang stehend auch die Wohnqualität, wird ebenfalls nicht aufgezeigt, dass die Beschwerdeführer in einem Recht auf Erteilung einer naturschutzbehördlichen Bewilligung verletzt worden wären.
Die Beschwerde zeigt somit eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht auf.
Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.
Wien, am 27. Juli 2007
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2007:2007100009.X00Im RIS seit
04.09.2007