Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Niederreiter als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Tittel, Dr. Baumann, Hon. Prof. Dr. Danzl und Dr. Veith als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei W***** GesmbH, *****, vertreten durch Dr. Heinrich Keller, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagten Parteien 1.) Michael H*****, und 2.) Michael H*****, beide vertreten durch Gruber & Partner, Rechtsanwälte KEG in Wien, wegen Aufkündigung, infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 11. Juni 2003, GZ 39 R 64/03f-17, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Leopoldstadt vom 23. Oktober 2002, GZ 12 C 1487/01h-14, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagten Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der klagenden Partei die mit EUR 1.933,27 (darin enthalten EUR 323,21 USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die klagende Partei kündigt den Beklagten die ihnen vermietete Fläche der (ehemaligen) Halle 32 am Wiener Messegelände mit der Grundstücksadresse Messestraße Tor 5 sowie das nördlich der Halle angrenzenden Grundstückes im Ausmaß von 25 m2 gegen 6-monatige Kündigung für den letzten Tag des Monates April 2002 gerichtlich auf. Sie macht unter Hinweis auf § 30 Abs 2 Z 13 MRG den vereinbarten Kündigungsgrund gemäß Punkt VII und Punkt VI der Mietverträge sowie unter Hinweis auf § 31 (gemeint offenbar § 30) Abs 1 und 2 MRG geltend, dass die gekündigte Halle zur Gänze für den U-Bahnbau benötigt werde. Im Laufe des Verfahrens führte die klagende Partei weiters aus, die Halle 32 sei wegen des U-Bahnbaus abgerissen worden; das Bestandobjekt sei daher untergegangen und eine Wiedererrichtung nicht mehr möglich. Die Kündigung werde daher auch auf den Kündigungsgrund des § 30 Abs 1 MRG gestützt. Das Bestandobjekt sei bereits von der klagenden Partei geräumt übernommen worden, weshalb ein Räumungsbegehren nicht mehr gestellt, wohl aber das Kündigungsbegehren aufrechterhalten werde.Die klagende Partei kündigt den Beklagten die ihnen vermietete Fläche der (ehemaligen) Halle 32 am Wiener Messegelände mit der Grundstücksadresse Messestraße Tor 5 sowie das nördlich der Halle angrenzenden Grundstückes im Ausmaß von 25 m2 gegen 6-monatige Kündigung für den letzten Tag des Monates April 2002 gerichtlich auf. Sie macht unter Hinweis auf § 30 Abs 2 Z 13 MRG den vereinbarten Kündigungsgrund gemäß Punkt römisch VII und Punkt römisch VI der Mietverträge sowie unter Hinweis auf § 31 (gemeint offenbar § 30) Abs 1 und 2 MRG geltend, dass die gekündigte Halle zur Gänze für den U-Bahnbau benötigt werde. Im Laufe des Verfahrens führte die klagende Partei weiters aus, die Halle 32 sei wegen des U-Bahnbaus abgerissen worden; das Bestandobjekt sei daher untergegangen und eine Wiedererrichtung nicht mehr möglich. Die Kündigung werde daher auch auf den Kündigungsgrund des § 30 Abs 1 MRG gestützt. Das Bestandobjekt sei bereits von der klagenden Partei geräumt übernommen worden, weshalb ein Räumungsbegehren nicht mehr gestellt, wohl aber das Kündigungsbegehren aufrechterhalten werde.
Die Beklagten erhoben Einwendungen gegen die Aufkündigung und beantragten die Abweisung des Klagebegehrens. Die geltend gemachten Kündigungsgründe lägen nicht vor. Die Beklagten verfügten über einen unbefristeten Mietvertrag. Die klagende Partei führe am Standort den Betrieb weiter und sei verpflichtet, ein Ersatzobjekt zur Verfügung zu stellen.
Das Erstgericht hob die Aufkündigung auf.
Es ging von nachstehendem Sachverhalt aus:
Die klagende Partei ist Eigentümerin jenes Teiles des Messegeländes, auf dem die Halle 32 errichtet war und jener 25 m2 des Messegeländes, die an diese Halle anschließen. Die Halle 32 lag in dem aus Vorgartenstraße und Trabrennstraße gebildeten Eck des Messegeländes.
Mit Mietvertrag vom 21. 2. 1996 mietete die C***** KEG 1000 m2 der Fläche der Halle 32. Zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses war dem Prokuristen der klagenden Partei bereits bekannt, dass in Zukunft möglicherweise eine U-Bahn am Messegelände vorbei oder durch dieses führen werde. Nähere Planungen, wo die U-Bahntrasse verlaufen sollte, welche Hallen allenfalls umgebaut oder abgerissen werden müssten, gab es damals noch nicht. Weder der Prokurist der klagenden Partei noch die Gesprächspartner erwähnten gegenüber den beklagten Parteien bei Vertragsabschluss, dass in Zukunft eine U-Bahn durch das Messegelände verlaufen werde und dass in diesem Fall die angemietete Halle oder allenfalls noch näher zu bestimmende Hallen abgerissen oder umgebaut werden müssten. Der U-Bahnbau war damals zwischen den Parteien kein Thema. Punkt VII. des Mietvertrages lautet unter anderem:Mit Mietvertrag vom 21. 2. 1996 mietete die C***** KEG 1000 m2 der Fläche der Halle 32. Zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses war dem Prokuristen der klagenden Partei bereits bekannt, dass in Zukunft möglicherweise eine U-Bahn am Messegelände vorbei oder durch dieses führen werde. Nähere Planungen, wo die U-Bahntrasse verlaufen sollte, welche Hallen allenfalls umgebaut oder abgerissen werden müssten, gab es damals noch nicht. Weder der Prokurist der klagenden Partei noch die Gesprächspartner erwähnten gegenüber den beklagten Parteien bei Vertragsabschluss, dass in Zukunft eine U-Bahn durch das Messegelände verlaufen werde und dass in diesem Fall die angemietete Halle oder allenfalls noch näher zu bestimmende Hallen abgerissen oder umgebaut werden müssten. Der U-Bahnbau war damals zwischen den Parteien kein Thema. Punkt römisch VII. des Mietvertrages lautet unter anderem:
„Die Vermieterin ist berechtigt, sollte sie am Standort keinen weiteren Betrieb mehr durchführen oder wesentliche Umbauten der Halle zu tätigen, eine Auflösung auch während der Vertragsdauer unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von 6 Monaten vorzunehmen (Vereinbarung a).
Eine Auflösung dieses Vertrages durch den Mieter ist unter Einhaltung einer 6-monatigen Kündigungsfrist möglich."
Mit einem weiteren Mietvertrag vom 19. 3. 1997 schlossen die Parteien einen weiteren Mietvertrag über 25 m2 Freifläche, der im Bereich des Festteiles der Halle 32 an diese anschließt.
Punkt II. dieses Mietvertrages lautet unter anderem:Punkt römisch II. dieses Mietvertrages lautet unter anderem:
„Die WMC ist berechtigt, sollte sie am Standort keinen weiteren Betrieb mehr durchführen oder wesentliche Umbauten der Halle tätigen, eine Auflösung auch während der Vertragsdauer unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von sechs Monaten vorzunehmen" (Vereinbarung b).
Nach Anmietung der Halle und des Freigeländes errichteten die beklagten Parteien in der Halle Kletterwände und andere Aufbauten zum Betrieb einer Kletterhalle bzw einer Kletterwand. Dieser Geschäftszweck wurde in den Mietvereinbarungen auch jeweils festgehalten; die beklagten Parteien betrieben die Kletterhalle und die Kletterwand bis zum Abriss der Halle 32.
Im Jahr 2000 entschloss sich der Gemeinderat der Stadt Wien, ein neues Messekonzept am Messegelände zu verwirklichen. Die Eigentümer des Messegeländes, die Wiener Messebesitz GmbH steht zu 95 % im Eigentum der Gemeinde Wien. Das neue Messekonzept sah vor, dass die alten kleineren Hallen am Messegelände abgerissen werden und im Nordteil des Messegeländes neue Hallen errichtet werden. Diese neuen Hallen werden mit neuem Flächenausmaß und neuer Anordnung errichtet. Ziel des neuen Messekonzeptes war es, die Ausstellungsflächen von etwa 190.000 m2 im alten Messegelände auf etwa 90.000 m2 im neuen Messegelände zu reduzieren.
In dem Bereich, auf welchem ehemals die Halle 32 stand, soll die U-Bahnstation Trabrennstraße-Messe errichtet werden; In diesem Bereich befindet sich auch die U-Bahntrasse. Der Liegenschaftsteil neben der U-Bahntrasse und dem Stationsgebäude ist an das öffentliche Gut abzutreten, jener Liegenschaftsteil, auf dem die U-Bahntrasse verlaufen wird und das Stationsgebäude errichtet werden soll, wird von der klagenden Partei an die Wiener Linien verkauft werden. Sollte dieser Liegenschaftsbereich nicht verkauft werden, könnte auch ein Enteignungsverfahren eingeleitet werden.
Die Beklagten erfuhren im Frühjahr 2001 vom U-Bahnbau am Messegelände. Sie kamen einer Aufforderung, die angemieteten Teile der Halle 32 und die Freifläche im Sommer 2002 zurückzustellen, nicht nach. Im Juli 2002 wurde die Halle 32 im Auftrag der klagenden Partei abgerissen. Die klagende Partei hatte hiefür einen Abbruchbescheid erwirkt, einen Abbruchauftrag gab es nicht.
Rechtlich erachtete das Erstgericht die Prüfung eines wichtigen Kündigungsgrundes nach § 30 Abs 1 oder eines vereinbarten Kündigungsgrundes nach § 30 Abs 2 Z 13 MRG für erforderlich. Werde eine Aufkündigung auf einen vereinbarten Kündigungsgrund gestützt, so müsse sich der Inhalt der streng auszulegenden Vereinbarung aus der Urkunde selbst ergeben, ohne dass erst der Vertragswille der Parteien erforscht oder interpretiert werden müsste. Eine ergänzende Auslegung komme nicht in Betracht. Der beabsichtigte Abbruch eines Hauses sei für sich allein kein gültig zu vereinbarender Kündigungsgrund. In beiden Mietverträgen sei ein Kündigungsrecht der Klägerin vorgesehen, wenn a) die Vermieterin am Standort keinen weiteren Betrieb mehr durchführe oder b) wesentliche Umbauten der Halle zu tätigen seien. Auf den U-Bahnbau als Anlass für eine Kündigung werde jedoch in diesen Vereinbarungen in keiner Weise und zwar weder ausdrücklich noch schlüssig Bezug genommen. Der U-Bahnbau sei als Auflösungsgrund von den Parteien bei Vertragsabschluss auch nicht besprochen worden. Betrachte man die Vereinbarung a), so sei der Kündigungsgrund schon deshalb nicht verwirklicht, weil das Beweisverfahren ergeben habe, dass auch in Zukunft Messen auf dem Wiener Messegelände abgehalten würden, der Betrieb also aufrecht bleibe. Feststehe, dass auch neue Messehallen errichtet würden. Wenn in diesem Zusammenhang die Formulierung „am Standort" gewählt worden sei, so könne dies nur so verstanden werden, dass damit das gesamte Wiener Messegelände (also der Standort der Klägerin) und nicht die einzelne Halle der Beklagten gemeint gewesen sei. Betrachte man die Vereinbarung b), wonach eine Kündigung möglich sei, wenn wesentliche Umbauarbeiten in der Halle getätigt würden, so müsse diese Vereinbarung an den Kündigungsgründen des Abbruches gemäß § 30 Abs 2 Z 14 und 15 MRG gemessen werden. Nur dann, wenn ein diesen Kündigungsgrund für den Vermieter an Wichtigkeit nahe kommender Kündigungsgrund vorliege, liege eine wirksame Vereinbarung vor. In den Kündigungsfällen wegen Abbruches des Hauses werde zusätzlich gefordert, dass die ordnungsgemäße Erhaltung nicht finanziert werden könne bzw die Errichtung eines neuen Gebäudes nicht sichergestellt sei; im Übrigen müsse der Vermieter ein Ersatzanbot stellen. Grundsätzlich könne daher der beabsichtigte Abbruch eines Hauses für sich allein keinen gültig zu vereinbarenden Kündigungsgrund nach § 30 Abs 2 Z 3 MRG darstellen.Rechtlich erachtete das Erstgericht die Prüfung eines wichtigen Kündigungsgrundes nach § 30 Abs 1 oder eines vereinbarten Kündigungsgrundes nach § 30 Abs 2 Z 13 MRG für erforderlich. Werde eine Aufkündigung auf einen vereinbarten Kündigungsgrund gestützt, so müsse sich der Inhalt der streng auszulegenden Vereinbarung aus der Urkunde selbst ergeben, ohne dass erst der Vertragswille der Parteien erforscht oder interpretiert werden müsste. Eine ergänzende Auslegung komme nicht in Betracht. Der beabsichtigte Abbruch eines Hauses sei für sich allein kein gültig zu vereinbarender Kündigungsgrund. In beiden Mietverträgen sei ein Kündigungsrecht der Klägerin vorgesehen, wenn a) die Vermieterin am Standort keinen weiteren Betrieb mehr durchführe oder b) wesentliche Umbauten der Halle zu tätigen seien. Auf den U-Bahnbau als Anlass für eine Kündigung werde jedoch in diesen Vereinbarungen in keiner Weise und zwar weder ausdrücklich noch schlüssig Bezug genommen. Der U-Bahnbau sei als Auflösungsgrund von den Parteien bei Vertragsabschluss auch nicht besprochen worden. Betrachte man die Vereinbarung a), so sei der Kündigungsgrund schon deshalb nicht verwirklicht, weil das Beweisverfahren ergeben habe, dass auch in Zukunft Messen auf dem Wiener Messegelände abgehalten würden, der Betrieb also aufrecht bleibe. Feststehe, dass auch neue Messehallen errichtet würden. Wenn in diesem Zusammenhang die Formulierung „am Standort" gewählt worden sei, so könne dies nur so verstanden werden, dass damit das gesamte Wiener Messegelände (also der Standort der Klägerin) und nicht die einzelne Halle der Beklagten gemeint gewesen sei. Betrachte man die Vereinbarung b), wonach eine Kündigung möglich sei, wenn wesentliche Umbauarbeiten in der Halle getätigt würden, so müsse diese Vereinbarung an den Kündigungsgründen des Abbruches gemäß § 30 Abs 2 Ziffer 14 und 15 MRG gemessen werden. Nur dann, wenn ein diesen Kündigungsgrund für den Vermieter an Wichtigkeit nahe kommender Kündigungsgrund vorliege, liege eine wirksame Vereinbarung vor. In den Kündigungsfällen wegen Abbruches des Hauses werde zusätzlich gefordert, dass die ordnungsgemäße Erhaltung nicht finanziert werden könne bzw die Errichtung eines neuen Gebäudes nicht sichergestellt sei; im Übrigen müsse der Vermieter ein Ersatzanbot stellen. Grundsätzlich könne daher der beabsichtigte Abbruch eines Hauses für sich allein keinen gültig zu vereinbarenden Kündigungsgrund nach § 30 Abs 2 Z 3 MRG darstellen.
Das von der klagenden Partei angerufene Berufungsgericht gab der Berufung Folge und erklärte die gerichtliche Aufkündigung vom 11. 10. 2002 für rechtswirksam. Es sprach aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei.
Es führte rechtlich aus, die Generalklausel des § 30 Abs 1 MRG, wonach der Vermieter nur aus wichtigen Gründen den Mietvertrag kündigen könne, decke alle jene Kündigungsgründe ab, die in den individualisierten Kündigungsgründen des § 30 Abs 2 MRG nicht enthalten seien. Die Generalklausel des Abs 1 habe nicht die Aufgabe, fehlende Merkmale der Kündigungsgründe zu ersetzen, sondern diene dazu, vom Gesetz sonst nicht erfasste, aber den Kündigungsgründen des § 30 Abs 2 MRG gleichwertige Sachverhalte diesen gleichzusetzen. Eine Aufkündigung nach § 30 Abs 1 MRG sei daher nur zulässig, wenn anstelle der fehlenden Voraussetzungen eines Tatbestandes nach Abs 2 leg cit solche zusätzlichen Umstände vorlägen, dass der gesamte Sachverhalt an Wichtigkeit den im § 30 Abs 2 MRG aufgezählten Kündigungsgründen gleichkomme. Ein Anwendungsfall der Generalklausel sei das „öffentliche Interesse" eines Rechtssubjektes öffentlichen Rechtes, zu dessen satzungsgemäßen Zwecken die Wahrung bestimmter öffentlicher Interessen zählten. Unter Beachtung des speziellen Kündigungsgrundes des § 30 Abs 2 Z 11 MRG fordere die Rechtsprechung jedoch im Rahmen der Generalklausel ein qualifiziertes öffentliches Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses. Dieses bestehe dann, wenn der Gebietskörperschaft die Erfüllung ihrer öffentlich-rechtlichen Aufgaben ohne die Aufkündigung geradezu unmöglich gemacht oder doch unerträglich erschwert würde. Ein solches qualifiziertes öffentliches Interesse liege bereits dann vor, wenn eine Liegenschaft für eine U-Bahntrasse und die mit dem U-Bahnbau im Zusammenhang stehende Infrastruktur unbedingt benötigt werde.Es führte rechtlich aus, die Generalklausel des § 30 Absatz eins, MRG, wonach der Vermieter nur aus wichtigen Gründen den Mietvertrag kündigen könne, decke alle jene Kündigungsgründe ab, die in den individualisierten Kündigungsgründen des § 30 Abs 2 MRG nicht enthalten seien. Die Generalklausel des Absatz eins, habe nicht die Aufgabe, fehlende Merkmale der Kündigungsgründe zu ersetzen, sondern diene dazu, vom Gesetz sonst nicht erfasste, aber den Kündigungsgründen des § 30 Absatz 2, MRG gleichwertige Sachverhalte diesen gleichzusetzen. Eine Aufkündigung nach § 30 Absatz eins, MRG sei daher nur zulässig, wenn anstelle der fehlenden Voraussetzungen eines Tatbestandes nach Absatz 2, leg cit solche zusätzlichen Umstände vorlägen, dass der gesamte Sachverhalt an Wichtigkeit den im § 30 Absatz 2, MRG aufgezählten Kündigungsgründen gleichkomme. Ein Anwendungsfall der Generalklausel sei das „öffentliche Interesse" eines Rechtssubjektes öffentlichen Rechtes, zu dessen satzungsgemäßen Zwecken die Wahrung bestimmter öffentlicher Interessen zählten. Unter Beachtung des speziellen Kündigungsgrundes des Paragraph 30, Absatz 2, Ziffer 11, MRG fordere die Rechtsprechung jedoch im Rahmen der Generalklausel ein qualifiziertes öffentliches Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses. Dieses bestehe dann, wenn der Gebietskörperschaft die Erfüllung ihrer öffentlich-rechtlichen Aufgaben ohne die Aufkündigung geradezu unmöglich gemacht oder doch unerträglich erschwert würde. Ein solches qualifiziertes öffentliches Interesse liege bereits dann vor, wenn eine Liegenschaft für eine U-Bahntrasse und die mit dem U-Bahnbau im Zusammenhang stehende Infrastruktur unbedingt benötigt werde.
Darüber hinaus liege der Kündigungsgrund des § 30 Abs 2 Z 13 MRG dann vor, wenn eine bereits im Mietvertrag bestimmt bezeichnete Tatsache eingetreten sei, die für den Vermieter von Bedeutung sei. Für die Klägerin sei der zu erwartende „wesentliche" Umbau der Halle Anlass gewesen, sich für diesen Fall ein Kündigungsrecht zu sichern. Diese für die Klägerin bedeutsame Tatsache werde aber dadurch übertroffen, dass die Halle nicht nur umgebaut, sondern zur Gänze entfernt worden sei. Wenn daher für die Parteien bereits der Umbau der Halle ausreichend gewesen sei, der Klägerin die Möglichkeit zur Auflösung des Bestandverhältnisses einzuräumen, müsse dies umso mehr für den Fall Geltung haben, dass die Halle nicht mehr wieder errichtet werde.Darüber hinaus liege der Kündigungsgrund des Paragraph 30, Abs 2 Ziffer 13, MRG dann vor, wenn eine bereits im Mietvertrag bestimmt bezeichnete Tatsache eingetreten sei, die für den Vermieter von Bedeutung sei. Für die Klägerin sei der zu erwartende „wesentliche" Umbau der Halle Anlass gewesen, sich für diesen Fall ein Kündigungsrecht zu sichern. Diese für die Klägerin bedeutsame Tatsache werde aber dadurch übertroffen, dass die Halle nicht nur umgebaut, sondern zur Gänze entfernt worden sei. Wenn daher für die Parteien bereits der Umbau der Halle ausreichend gewesen sei, der Klägerin die Möglichkeit zur Auflösung des Bestandverhältnisses einzuräumen, müsse dies umso mehr für den Fall Geltung haben, dass die Halle nicht mehr wieder errichtet werde.
Da eine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung nicht zu klären gewesen sei, sei die ordentliche Revision nicht zuzulassen.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die außerordentliche Revision der beklagten Parteien mit dem Antrag, die Entscheidung dahin abzuändern, dass das Urteil des Erstgerichtes wiederhergestellt werde. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die klagende Partei beantragt in der ihr freigestellten Revisionsbeantwortung, der Revision der Gegenseite nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist zur Klarstellung der Rechtslage zulässig, aber nicht berechtigt.
Das Berufungsgericht hat ein qualifiziertes öffentliches Interesse der aufkündigenden klagenden Partei darin erblickt, dass das aufgekündigte Objekt unbedingt für den U-Bahnbau benötigt werde.
Nach der Lehre (Würth/Zingher/Kovanyi Miet- und Wohnrecht21 Rz 9 zu § 30 MRG) kann öffentliches Interesse als Kündigungsgrund nach § 30 Abs 1 MRG überhaupt nur bei einem Rechtssubjektes öffentlichen Rechtes, allenfalls noch bei einem Verein, zu dessen satzungsmäßigen Zwecken die Wahrung bestimmter öffentlicher rechtlicher Interessen zählen, als Vermieter in Betracht kommen, nicht aber bei Privatpersonen. Die von den genannten Autoren zitierte Belegstelle (SZ 21/152) führt dazu ausdrücklich aus, ein privater Vermieter könne ein Bestandverhältnis nur aus solchen Gründen auflösen, die seine Interessensphäre erheblich berührten; ein Tatbestand solcher Art werde um so eher als wichtiger Kündigungsgrund anzusehen sein, wenn die Zulässigkeit der Aufkündigung auch im öffentlichen Interesse gelegen sei. Danach kann nach dieser Entscheidung ein öffentliches Interesse an der Aufkündigung auch bei einem privaten Vermieter eine Rolle spielen. Dabei muss aber ein „qualifiziertes öffentliches Interesse" an der Beendigung des Mietvertrages vorliegen (Würth/Zingher/Kovanyi aaO). Im Rahmen der Generalklausel gemäß § 30 Abs 1 MRG macht die klagende Partei aber kein über das öffentliche Interesse hinausgehendes eigenes Interesse geltend, das zufolge eines öffentlichen Interesses an der Aufkündigung als wichtiger Kündigungsgrund im Sinne der Generalklausel gewertet werden könnte. Die zunehmende Auslagerung von Staatsaufgaben auf Privatrechtssubjekte gebietet es aber, den durch die Entscheidung SZ 21/152 gesteckten engen Rahmen zu überdenken. Zumindest solche Privatrechtssubjekte, deren Gesellschafter mehrheitlich Körperschaften des öffentlichen Rechtes sind, müssen den öffentlichen Gepflogenheiten zufolge auch berechtigt sein, das öffentliche Interesse an einer Aufkündigung selbst geltend zu machen.
Die Rechtsprechung hat ein qualifiziertes öffentliches Interesse in der Aufkündigung zur Freimachung einer Wohnung für einen Sprengelarzt (SZ 33/44) und der Aufkündigung zur Herstellung eines Hochwasserschutzes für eine Großstadt (MietSlg 30.363; 34.409) bejaht. Nach den Feststellungen wurde und wird die Liegenschaft, auf der sich das aufgekündigte Objekt befand, dringend zur Herstellung der U-Bahn benötigt. Die aufkündigende Partei steht zu 95 % im Eigentum der Stadt Wien.
Der erkennende Senat teilt unter diesen Umständen die Rechtsansicht des Berufungsgerichtes, dass die beklagte Partei in diesem Fall berechtigterweise ein qualifiziertes öffentliches Interesse an der Aufkündigung geltend macht.
Da bereits dieser Kündigungsgrund verwirklicht ist, muss auf die Ausführungen zum Vorliegen des Kündigungsgrundes nach § 30 Abs 2 Z 13 MRG nicht weiter eingegangen werden.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.
Textnummer
E78285European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2005:0020OB00211.03Y.0811.000Im RIS seit
10.09.2005Zuletzt aktualisiert am
19.04.2011