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L92053 Altenheime Pflegeheime Sozialhilfe Niederösterreich;Norm
ABGB §143 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner und die Hofräte Dr. Stöberl, Dr. Köhler, Dr. Schick und Mag. Nussbaumer-Hinterauer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hofer, über die Beschwerde der Dr. AB in A, vertreten durch Dr. Günter Tews, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Volksfeststraße 32, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 6. März 2006, Zl. GS5- SH-6972/002-2005, betreffend Kostenersatz für Sozialhilfe, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die beschwerdeführende Partei hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der NÖ Landesregierung vom 6. März 2006 wurde die beschwerdeführende Partei verpflichtet, im Rahmen ihrer gesetzlichen Unterhaltspflicht zu den Kosten der ihrer Mutter mit Bescheid vom 26. Mai 1995 bewilligten Sozialhilfe ab 1. April 2003 einen monatlichen Kostenersatz in Höhe von EUR 200,-- zu leisten. Begründend wurde nach Darstellung des Verfahrensganges und der angewendeten Rechtsvorschriften im Wesentlichen ausgeführt, die Mutter der beschwerdeführenden Partei erhalte seit 1. Mai 1995 Hilfe durch Pflege im NÖ Landes-Pensionisten- und Pflegeheim S. Die Verpflegskosten in dieser Einrichtung betrügen im entscheidungsrelevanten Zeitraum monatlich EUR 3.420,80 zuzüglich Sozialhilfe-Taschengeld in Höhe von monatlich EUR 52,50 bzw. ab 1. Jänner 2005 monatlich EUR 57,74. Zum Vorbringen der beschwerdeführenden Partei, in diesen Verpflegskosten seien bestimmte Leistungen doppelt verrechnet worden (bereits mit dem Grundtarif (Hotelleistungen) abgegoltene Leistungen seien als Pflegeleistungen neuerlich verrechnet worden), sei eine Stellungnahme der für Landeskrankenanstalten und Landesheime beim Amt der NÖ Landesregierung zuständigen Abteilung eingeholt worden.
In dieser Stellungnahme sei Folgendes ausgeführt worden:
"Zu Ihrer Anfrage betreffend G. Maria; Kostenersatz, Berufungen, wird seitens der Abteilung GS7 festgehalten, dass die sogenannte Hotelleistung in diesem und auch in keinem anderen Fall doppelt verrechnet wird.
Die Feststellung der Pflegestufen nach dem Bundespflegegeldgesetz ist durch den Gesetzgeber vorgegeben und erfolgt gesetzeskonform.
Auf Grund des Ergebnisses wird anschließend vom Heim das von der Landesregierung nach dem Grundsatz der Kostendeckung festgesetzte Grundentgelt und der Zuschlag zu den Pflegeleistungen verrechnet. Da unabhängig von der Pflegestufe nach dem Pflegegeldgesetz jeder Heimbewohner durch das Heim die 'Hotelleistung' erhält, ist diese auch im Grundentgelt beinhaltet und im Grundentgelt wirtschaftlich kalkuliert.
Dementsprechend sind daher in den Zuschlägen zu den Pflegestufen keine sogenannten 'Hotelleistungen' kalkuliert. Wäre dies nicht so, müssten die Zuschläge entsprechend höher sein."
Die Berufungsbehörde sehe auf Grund dieser Ausführungen der zuständigen Fachabteilung keinen Anlass, die Einstufung und Verrechnung im vorliegenden Fall anzuzweifeln. Der Verpflegsaufwand in Höhe von monatlich EUR 3.473,30 bilde daher die Grundlage für die Bemessung des von der beschwerdeführenden Partei zu leistenden Kostenersatzes.
Die Mutter der beschwerdeführenden Partei beziehe als Einkommen ausschließlich Pflegegeld und zwar im entscheidungsrelevanten Zeitraum in Höhe von monatlich EUR 1.490,10. Der offene Tarifaufwand betrage somit EUR 1.983,20, der vom Vater der beschwerdeführenden Partei, der primär unterhaltspflichtig sei, im Ausmaß von monatlich EUR 1.171,-- ersetzt werde. Für die beschwerdeführende Partei verbleibe somit ein offener Verpflegsaufwand in Höhe von monatlich EUR 812,20. Ausgehend von einem monatlichen Einkommen der beschwerdeführenden Partei in Höhe von EUR 2.229,60 und unter Berücksichtigung näher dargelegter Umstände sei die Vorschreibung eines Kostenersatzes in Höhe von monatlich EUR 200,-- vertretbar.
Was jedoch das Vorbringen der beschwerdeführenden Partei anlange, es gebe noch eine weitere Tochter aus erster Ehe ihrer Mutter, die in Schweden wohne und ebenfalls zum Kostenersatz herangezogen werden müsse, sei zu bemerken, dass durch eine Anfrage bei der beschwerdeführenden Partei, bei ihrem Vater und beim NÖ Landes-Pensionisten- und Pflegeheim S keine Daten in Erfahrung gebracht hätten werden können, die für eine Heranziehung der erwähnten Tochter ausreichten.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wurde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 37 Z. 3 NÖ Sozialhilfegesetz 2000 (NÖ SHG) haben die unterhaltspflichtigen Angehörigen des Hilfeempfängers für die Kosten von Sozialhilfemaßnahmen, auf die ein Rechtsanspruch besteht, Ersatz zu leisten.
Gemäß § 39 Abs. 1 NÖ SHG haben Personen, die gesetzlich oder vertraglich zum Unterhalt des Empfängers der Sozialhilfe verpflichtet sind, im Rahmen ihrer Unterhaltspflicht Kostenersatz zu leisten. Eine Verpflichtung zum Kostenersatz besteht nicht, wenn dieser wegen des Verhaltens des Hilfeempfängers gegenüber dem Ersatzpflichtigen sittlich nicht gerechtfertigt wäre.
Gemäß § 39 Abs. 3 NÖ SHG dürfen unterhaltspflichtige Angehörige durch die Heranziehung zum Kostenersatz in ihrer wirtschaftlichen Existenz nicht gefährdet werden.
Mit der Wendung "im Rahmen ihrer Unterhaltspflicht" verweist das Gesetz auf Vorschriften des bürgerlichen Rechts über die gesetzliche (bzw. auf eine im vorliegenden Fall nicht in Betracht kommende vertragliche) Unterhaltsverpflichtung.
Nach der für die Beurteilung der gesetzlichen Unterhaltspflicht maßgeblichen Bestimmung des § 143 ABGB schuldet das Kind seinen Eltern und Großeltern unter Berücksichtigung seiner Lebensverhältnisse den Unterhalt, soweit der Unterhaltsberechtigte nicht im Stande ist, sich selbst zu erhalten, und sofern er seine Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind nicht gröblich vernachlässigt hat (Abs. 1).
Mehrere Kinder haben den Unterhalt anteilig nach Kräften zu leisten (Abs. 2). Der Unterhaltsanspruch eines Eltern- oder Großelternteiles mindert sich insoweit, als ihm die Heranziehung des Stammes eigenen Vermögens zumutbar ist. Überdies hat ein Kind nur insoweit Unterhalt zu leisten, als es dadurch bei Berücksichtigung seiner sonstigen Sorgepflichten den eigenen angemessenen Unterhalt nicht gefährdet (Abs. 3).
Voraussetzung der Unterhaltspflicht des Nachfahren ist der Mangel der Selbsterhaltungsfähigkeit des Vorfahren. Entscheidend für die Beurteilung dieser Frage ist, ob der Vorfahre in der Lage ist, die seinen Lebensverhältnissen angemessenen Bedürfnisse zu decken. Zu diesen gehören gerade bei altersbedingt betreuungsbedürftigen Menschen auch die erhöhten Kosten eines menschenwürdigen Heimaufenthalts und notwendiger Pflege. Vorfahren mit unzureichender Altersversorgung oder ungedeckten Pflegekosten sind daher nicht selbsterhaltungsfähig (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 2. Mai 2005, Zl. 2003/10/0021, und die dort zitierte Vorjudikatur).
Betreffend die Frage, ob die Mutter der beschwerdeführenden Partei im Stande sei, sich im Sinn des § 143 Abs. 1 ABGB selbst zu erhalten, liegt dem angefochtenen Bescheid die Auffassung zu Grunde, eine Gegenüberstellung der monatlichen Verpflegskosten mit den Eigenleistungen der Mutter ergebe - abzüglich des vom Vater der beschwerdeführenden Partei geleisteten Kostenersatzes - einen offenen Differenzbetrag in Höhe von monatlich EUR 812,20. In Ansehung dieses Differenzbetrages sei die beschwerdeführende Partei zur Selbsterhaltung außer Stande, sodass die Unterhaltspflicht der beschwerdeführenden Partei zum Tragen komme.
Die beschwerdeführende Partei wendet sich - wie schon im Verwaltungsverfahren - gegen die Höhe der Verpflegskosten. Sie bringt vor, es seien in den Verpflegskosten bestimmte Leistungen doppelt erfasst. Die Verpflegskosten setzten sich nämlich aus dem Grundtarif und den Zuschlägen für Pflegeleistungen zusammen. Im Grundtarif seien gemäß dem Heimvertrag u.a. enthalten:
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Angebot von Mahlzeiten,
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Wäscheversorgung und Reinigung der Unterkunft,
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Waschen/Bügeln der Privatwäsche,
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Gymnastik,
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ärztlich verordnete Schon- und Diätkost,
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Betreuungsangebote/Seniorenbetreuung/ehrenamtliche Mitarbeiter
Die Zuschläge für Pflegeleistungen würden pauschal nach der Pflegebewertung tarifiert. In der Pflegebewertung seien im konkreten Fall ua. ebenso enthalten:
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Zubereitung von Mahlzeiten: 30 Stunden/Monat
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Herbeischaffen von Lebensmitteln: 10 Stunden/Monat
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Reinigung der Wohnung und der persönlichen Gebrauchsgegenstände: 10 Stunden/Monat
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Pflege der Leib- und Bettwäsche: 10 Stunden/Monat
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Motivationsgespräche: 10 Stunden/Monat
Wenn nun aber etwa schon im Grundtarif Mahlzeiten angeboten würden, sei damit notwendigerweise auch die Herbeischaffung der Lebensmittel zur Zubereitung der Mahlzeiten umfasst. Es sei zwar korrekt, diese Positionen bei der Einstufung für das Pflegegeld anzusetzen, eine Heranziehung bei den Zuschlägen für Pflegeleistungen komme aber nur in Betracht, wenn diese Leistungen nicht bereits durch den Grundtarif abgegolten seien. Ziehe man daher bei den Pflegezuschlägen die bereits mit dem Grundtarif abgegoltenen Leistungen ab, wären im vorliegenden Fall Pflegezuschläge (lediglich) entsprechend der Pflegestufe 4 anzusetzen gewesen, d.h. die monatlichen Pflegezuschläge hätten ausgehend von einem Tageszuschlag in Höhe von EUR 29,75 (Pflegestufe 4) statt mit EUR 73,97 (Pflegestufe 7) mit nicht mehr als EUR 892,50 statt mit EUR 2.219,10 angesetzt werden dürfen. Wären die Verpflegskosten dementsprechend berechnet worden, käme eine Heranziehung der beschwerdeführenden Partei zur Leistung eines Kostenersatzes im Rahmen ihrer Unterhaltspflicht nicht in Betracht.
Die belangte Behörde hat diesem von der beschwerdeführenden Partei - wie dargelegt - bereits im Verwaltungsverfahren erstatteten Vorbringen eine Stellungnahme der für Heime zuständigen Abteilung des Amtes der NÖ Landesregierung entgegen gehalten, der zufolge die sogenannte "Hotelleistung" nicht doppelt, sondern der "Zuschlag zu den Pflegeleistungen" auf Grund der festgestellten Pflegestufe verrechnet werde.
Ersatzansprüche gegen Unterhaltspflichtige für die Kosten von Sozialhilfemaßnahmen sind begrenzt durch das Ausmaß des Unterhaltsanspruches einerseits und durch den Umfang der Leistungen, die der Sozialhilfeträger zur Deckung des Bedarfes des Unterhaltsberechtigten erbracht hat ("Kongruenzprinzip"; vgl. Pfeil, Österreichisches Sozialhilferecht, 525, 529 f) andererseits. "Leistungen" des Sozialhilfeträgers im soeben dargelegten Sinn sind im vorliegenden Fall die Zahlungen der nicht durch Eigenleistung der Mutter der Beschwerdeführerin gedeckten Pflegekosten. Diese Leistungen begründen aus dem Titel "Ersatz der Kosten von Sozialhilfemaßnahmen" die Legalzession der Unterhaltsansprüche der Mutter der Beschwerdeführerin zu Gunsten des Sozialhilfeträgers nach den §§ 37 Z. 3 und 39 Abs. 1 NÖ SHG.
Nun behauptet die Beschwerdeführerin nicht, es habe kein Bedarf nach den erbrachten Leistungen bestanden oder es seien die in Rede stehenden Leistungen (die Zahlung der "Verpflegskosten") nicht oder nicht in der der Berechnung des Ersatzanspruches zu Grunde gelegten Höhe erbracht worden. Sie vermutet vielmehr, dass mit den "Verpflegskosten" eine Reihe von Leistungen "doppelt verrechnet" würden, weil die betreffenden Leistungen sowohl im "Grundtarif", der Personen ohne Pflegebedarf in Rechnung gestellt werde, als auch in der Pflegebewertung enthalten seien; sie folgert daraus - offenbar im Wege einer Rechenoperation, die bei den in der Pflegebewertung angeführten Pflegeleistungen ansetzt - dass der Pflegezuschlag vom Vorliegen der Pflegestufe 4 ausgehen müsste. Damit verkennt die Beschwerde - die die Feststellungen des angefochtenen Bescheides, dass bei der Mutter der Beschwerdeführerin die tatsächlichen Voraussetzungen der Bemessung des Pflegegeldes nach der Stufe 7 vorliegen und die "Verpflegskosten" sich nach dem Heimvertrag aus pauschalierten "Grundkosten" und nach der Pflegestufe bemessenen pauschalierten "Pflegezuschlägen" zusammensetzen, nicht in Zweifel zieht - dass die sogenannte "Pflegebewertung" nicht etwa jene Leistungen aufzählt, die mit den pauschalierten Pflegezuschlägen abgegolten werden, sondern die sachverständige Grundlage für die Einstufung in die Pflegegeldstufen nach den pflegegeldrechtlichen Vorschriften (vgl. zB § 4 Abs. 1 BPGG) darstellt und demgemäß auf die Feststellung des gesamten (zeitlichen) Betreuungs- und Hilfsbedarfes (Pflegebedarfes), aufgegliedert nach sämtlichen Betreuungs- und Hilfsleistungen, derer der Betreffende bedarf , gerichtet ist. Die Darstellung der Komponenten des Betreuungs- und Hilfsbedarfes in der Pflegebewertung bietet somit keinen Anhaltspunkt für die von der Beschwerde in den Raum gestellte "Doppelverrechnung". Umso weniger besteht eine Grundlage für die Auffassung der Beschwerde, es wäre der Pflegezuschlag lediglich ausgehend von der Pflegestufe 4 anzusetzen gewesen.
Dem weiteren Vorbringen, die belangte Behörde habe es unterlassen, geeignete Erhebungen über eine Halbschwester der Beschwerdeführerin vorzunehmen, ist zu entgegnen, dass die belangte Behörde nach der Aktenlage die möglichen Erhebungsschritte vorgenommen hat. Die Beschwerde zeigt auch nicht auf, welche weiteren Erhebungen ein im Sinne des § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG anderes Verfahrensergebnis erbracht hätten.
Die sich somit als unbegründet erweisende Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 27. Juli 2007
Schlagworte
Rechtsgrundsätze Allgemein Anwendbarkeit zivilrechtlicher Bestimmungen Verträge und Vereinbarungen im öffentlichen Recht VwRallg6/1European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2007:2006100076.X00Im RIS seit
28.08.2007