TE OGH 2005/8/25 6Ob169/05d

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Veröffentlicht am 25.08.2005
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Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Ehmayr als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Huber, Dr. Prückner, Dr. Schenk und Dr. Schramm als weitere Richter in der Sachwalterschaftssache der Betroffenen Christine E*****, über den Revisionsrekurs der Betroffenen und ihres Sachwalters Mag. Walter L*****, beide vertreten durch Dr. Helmuth Hackl, Rechtsanwalt in Linz, gegen den Beschluss des Landesgerichts St. Pölten als Rekursgericht vom 17. Mai 2005, GZ 10 R 26/05h-91, womit über den Rekurs der Betroffenen und des Sachwalters der Beschluss des Bezirksgerichts Waidhofen/Ybbs vom 11. März 2005, GZ 2 P 10/02h-80, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden aufgehoben. Dem Erstgericht wird die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen.

Text

Begründung:

Über Anregung der Betroffenen selbst, die an einer in Schüben auftretenden manisch-depressiven Erkrankung leidet, wurde ein Sachwalterschaftsverfahren eingeleitet. Nach Einholung eines psychiatrischen Gutachtens (ON 6) und dessen Ergänzung (ON 16) bestellte das Erstgericht am 12. 6. 2002 einen Steuerberater zum Sachwalter mit dem Wirkungskreis „Vermögensverwaltung und Abschließung vermögensrelevanter und unterhaltsrechtlicher Vereinbarungen in einem Scheidungsverfahren“ (ON 17). Über Klage des Mannes der Betroffenen war ein Ehescheidungsverfahren anhängig, die Frau hatte Widerklage erhoben. Der Ehemann verstarb am 18. 6. 2004. Die Obsorge hinsichtlich der beiden Söhne wurde der Lebensgefährtin des Verstorbenen übertragen. Der Betroffenen wurde ein Besuchsrecht eingeräumt, das allerdings in der Folge zeitweilig ausgesetzt wurde (ON 56). Am 5. 7. 2004 wurde die Betroffene wegen eines manischen Schubs stationär untergebracht, ebenso am 8.9.2004. Die Unterbringungen wurden vom Unterbringungsgericht jeweils für zulässig erklärt (ON 54 f). Am 15. 7. 2004 erfolgte eine Erstanhörung durch das Erstgericht über eine allfällige Erweiterung der Sachwalterschaft (ON 52), die der Sachwalter im Zusammenhang mit einer Antragstellung auf Gewährung einer Witwenpension angeregt hatte. Mit Beschluss vom 15. 7. 2004 bestellte das Erstgericht den Sachwalter auch zum einstweiligen Sachwalter im anhängigen Verfahren über die Erweiterung der Sachwalterschaft sowie für die dringenden Angelegenheiten während des Verfahrens (Antragstellung und Vertretung im Verfahren über die Witwenpension; ON 53). Die Betroffene ist Eigentümerin mehrerer Liegenschaften, ua ¾ Eigentümerin eines Hauses. Das restliche Viertel steht im Eigentum ihrer Schwester. Die Liegenschaft ist mit einem Fruchtgenussrecht des Vaters der Betroffenen belastet. Neben der in der Folge zuerkannten Witwenpension erzielt die Betroffene auch Mieteinkünfte. Sie hatte im Jahr 1999 ihrem Ehemann einen 2/3-Anteil einer Liegenschaft geschenkt. Am 18. 2. 2003 brachte die durch einen gewählten Rechtsanwalt vertretene Betroffene eine pflegschaftsgerichtlich genehmigte Klage zu 2 C 260/03b des Bezirksgerichts Waidhofen/Ybbs, gerichtet auf Aufhebung des Schenkungsvertrags, mit der wesentlichen Begründung ein, dass die Schenkung nur auf psychischen Druck des Ehemanns und auf Grund der Erkrankung der Betroffenen zustande gekommen sei. Dieses Verfahren ist noch anhängig.

Am 11. 11. 2004 fand im Haus der Betroffenen eine Anhörung durch den Pflegschaftsrichter statt. In der Tagsatzung vom 25. 11. 2004 kam es zu einer Besprechung mit dem Sachwalter, dem gewählten Rechtsvertreter der Betroffenen, dieser selbst und ihrem Vater über eine allfällige Errichtung einer Privatstiftung, in deren Rahmen die Betroffene ein regelmäßiges Einkommen erzielen könnte. Erörtert wurde ferner der Verkauf der Liegenschaft in Wien, die zu ¾ im Eigentum der Betroffenen steht (darüber wurde in der Zwischenzeit ein pflegschaftsgerichtlich genehmigter Kaufvertrag geschlossen: ON 97).

Mit Beschluss vom 23. 12. 2004 stellte das Erstgericht das Verfahren über die Notwendigkeit der Ausdehnung der Sachwalterschaft ein (ON 67). In einem Aktenvermerk vom 4. 3. 2005 (ON 77) hielt der nach einem Richterwechsel zuständige Richter seinen Eindruck über ein Telefonat mit dem Sachwalter dahin fest, dass es dem Sachwalter vor allem um die Interessen des Vaters und der Schwester der Betroffenen gehe. Der Sachwalter wünschte die Aufhebung der Sachwalterschaft, um „eine Privatstiftung zur Einbringung des gesamten Vermögens der Betr. mit dem Sw, Dr. Hackl und einer namentlich noch nicht genannten dritten Person als Vorstandsmitglieder zu gründen“. Der Richter habe auch den Eindruck, dass der Sachwalter nicht über genügende Rechtskenntnisse verfüge, um das Walten des Rechtsvertreters der Betroffenen überprüfen zu können. Der Pflegschaftsrichter fasse einen Rechtsanwalt in Ybbs als neuen Sachwalter ins Auge.

In der Tagsatzung vom 7. 3. 2005 kam es zu einer Anhörung der Betroffenen. Der erste Satz des Protokolls lautet: „Die Betroffene wird über den Zweck des Gesprächs aufgeklärt“. Zu einem „möglichen Interessenkonflikt“ des Sachwalters - einerseits als Steuerberater der Schwester der Betroffenen und andererseits als deren Sachwalter - erklärte die Betroffene, dass es nie Interessenkonflikte gegeben und keine Überschneidungen der Vermögen (mit der Schwester) gegeben habe. Der Sachwalter handle beim beabsichtigten Verkauf des Hauses nicht zu ihrem Nachteil. In der Tagsatzung nahm die Betroffene ferner zu den als zu wenig empfundenen Kontakte zu ihren Kindern und zu den Prozessaussichten im anhängigen Prozess über die Aufhebung der Schenkung Stellung. Sie glaube, mit ihrem Rechtsvertreter Dr. Hackl nicht über die Verfahrensaussichten und Verfahrenskosten gesprochen zu haben. Zuletzt erklärte die Betroffene, keinen anderen Sachwalter zu wünschen. Für rechtliche Sorgen habe sie ihren Rechtsanwalt.

Mit Beschluss des Erstgerichts wurde 1.) der Sachwalter enthoben, 2.) zum neuen Sachwalter Rechtsanwalt Dr. Franz Hofbauer bestellt, diesem 3.) der Wirkungskreis a) Vermögensverwaltung und b) „rechtliche Angelegenheiten; insbesondere die Vertretung der Betroffenen im Verfahren zu hg 2 C 260/03b“ zugewiesen und 4.) die Sachwalterschaft hinsichtlich der Abschließung vermögensrelevanter Vereinbarungen und unterhaltsrechtlicher Vereinbarungen in einem Scheidungsverfahren beendet.

Die Feststellungen des Erstgerichts und dessen umfangreiche Wiedergabe des Akteninhalts können, weil es im Revisionsrekursverfahren entscheidend nur auf die verfahrensrechtliche Frage des § 128 AußStrG (neu) ankommt, kurz dahin zusammengefasst werden, dass die Betroffene auf Grund ihrer Erkrankung einerseits gegenüber ihrer Familie (Vater; Schwester), aber auch gegenüber ihrem Rechtsanwalt Misstrauen habe, dieses aber immer wieder relativiere und dann doch volles Vertrauen zu den Genannten bekunde. In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht im Wesentlichen aus, dass die Betroffene nicht in der Lage sei, ihre rechtlichen Angelegenheiten selbst zu besorgen. Im Fall des Unterliegens im anhängigen Verfahren über die Aufhebung der Schenkung drohe ein „enormer finanzieller Schaden“. Für den Fall der Erzielung eines Verkaufserlöses aus dem Verkauf des 3/4-Anteils einer Liegenschaft drohe die Rückzahlung von Gebühren, von denen die Betroffene wegen bislang gewährter Verfahrenshilfe befreit sei. Der bisherige Sachwalter sei als juristischer Laie nicht hinreichend qualifiziert und allenfalls auch wegen seiner beruflichen Tätigkeit für die Schwester der Betroffenen und der dadurch bedingten Interessengegensätze nicht geeignet. Er könne auch nicht die Tätigkeit des gewählten Rechtsvertreters der Betroffenen im anhängigen Verfahren überprüfen. Die Umbestellung entspreche dem Wohl der Betroffenen. Die anhängigen Verfahren (Schenkungsprozess; Verlassenschaftsverfahren; Pflegschaftsverfahren der Kinder) erforderten eine Erweiterung der Sachwalterschaft auf rechtliche Angelegenheiten (§ 273 Abs 1 Z 2 ABGB). Eine gänzliche Aufhebung der Sachwalterschaft komme im Hinblick auf den letzten Krankheitsschub erst im Herbst 2004 nicht in Frage. Eine Aufhebung könne erst nach einer länger dauernden Stabilität der Betroffenen erfolgen.Die Feststellungen des Erstgerichts und dessen umfangreiche Wiedergabe des Akteninhalts können, weil es im Revisionsrekursverfahren entscheidend nur auf die verfahrensrechtliche Frage des Paragraph 128, AußStrG (neu) ankommt, kurz dahin zusammengefasst werden, dass die Betroffene auf Grund ihrer Erkrankung einerseits gegenüber ihrer Familie (Vater; Schwester), aber auch gegenüber ihrem Rechtsanwalt Misstrauen habe, dieses aber immer wieder relativiere und dann doch volles Vertrauen zu den Genannten bekunde. In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht im Wesentlichen aus, dass die Betroffene nicht in der Lage sei, ihre rechtlichen Angelegenheiten selbst zu besorgen. Im Fall des Unterliegens im anhängigen Verfahren über die Aufhebung der Schenkung drohe ein „enormer finanzieller Schaden“. Für den Fall der Erzielung eines Verkaufserlöses aus dem Verkauf des 3/4-Anteils einer Liegenschaft drohe die Rückzahlung von Gebühren, von denen die Betroffene wegen bislang gewährter Verfahrenshilfe befreit sei. Der bisherige Sachwalter sei als juristischer Laie nicht hinreichend qualifiziert und allenfalls auch wegen seiner beruflichen Tätigkeit für die Schwester der Betroffenen und der dadurch bedingten Interessengegensätze nicht geeignet. Er könne auch nicht die Tätigkeit des gewählten Rechtsvertreters der Betroffenen im anhängigen Verfahren überprüfen. Die Umbestellung entspreche dem Wohl der Betroffenen. Die anhängigen Verfahren (Schenkungsprozess; Verlassenschaftsverfahren; Pflegschaftsverfahren der Kinder) erforderten eine Erweiterung der Sachwalterschaft auf rechtliche Angelegenheiten (Paragraph 273, Absatz eins, Ziffer 2, ABGB). Eine gänzliche Aufhebung der Sachwalterschaft komme im Hinblick auf den letzten Krankheitsschub erst im Herbst 2004 nicht in Frage. Eine Aufhebung könne erst nach einer länger dauernden Stabilität der Betroffenen erfolgen.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Betroffenen und des Sachwalters nicht Folge. Gemäß § 128 AußStrG (neu) hätten die Vorschriften für das Verfahren zur Bestellung eines Sachwalters auch für das Verfahren über die Erweiterung der Sachwalterschaft sinngemäß Geltung. Das Gericht müsse sich allerdings nur insoweit einen persönlichen Eindruck vom Betroffenen verschaffen, mündlich verhandeln und einen Sachverständigen beiziehen, wenn dies beantragt werde oder das Gericht für erforderlich halte. Dies gelte allerdings nicht für ein Verfahren über eine erhebliche Erweiterung der Sachwalterschaft. Für die Umbestellung des Sachwalters würden die Regeln über das Bestellungsverfahren nicht gelten. Hier komme es auf den Vergleich zwischen der ursprünglichen Sachwalterbestellung und der nunmehrigen Umschreibung des Umfangs der Sachwalterschaft an. Wenn nunmehr die Rede von der Vermögensverwaltung und rechtlichen Angelegenheiten sei, liege darin keine relevante Erweiterung, weil die Vermögensverwaltung zwangsläufig eine Vielzahl von rechtlichen Angelegenheiten in sich schließe. Eine Abgrenzung zwischen „Vermögensverwaltung“ und „rechtlichen Angelegenheiten“ sei kaum möglich. Es handle sich also nicht um eine Erweiterung, sondern um eine Umformulierung. Es habe daher der besonderen Verfahrensgarantien des Bestellungsverfahrens nicht bedurft. Die Umbestellung auf einen rechtskundigen, unabhängigen Sachwalter sei im Hinblick auf den Druck der Familie der Betroffenen und deren Abhängigkeit von der Familie zweckmäßig. In Anbetracht der psychischen Ausgangslage der Betroffenen sei es angebracht, dass sie von einer Person vertreten werde, die nicht in einer Nahebeziehung zur Familie der Betroffenen stehe. Das notwendige Distanzverhältnis sei beim bisherigen Sachwalter nicht gegeben. Die weiteren Ausführungen des Rekursgerichts im Zusammenhang mit der Privatstiftung und dem Verkauf einer Liegenschaft sind für die Entscheidung im Revisionsrekursverfahren nicht wesentlich.Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Betroffenen und des Sachwalters nicht Folge. Gemäß Paragraph 128, AußStrG (neu) hätten die Vorschriften für das Verfahren zur Bestellung eines Sachwalters auch für das Verfahren über die Erweiterung der Sachwalterschaft sinngemäß Geltung. Das Gericht müsse sich allerdings nur insoweit einen persönlichen Eindruck vom Betroffenen verschaffen, mündlich verhandeln und einen Sachverständigen beiziehen, wenn dies beantragt werde oder das Gericht für erforderlich halte. Dies gelte allerdings nicht für ein Verfahren über eine erhebliche Erweiterung der Sachwalterschaft. Für die Umbestellung des Sachwalters würden die Regeln über das Bestellungsverfahren nicht gelten. Hier komme es auf den Vergleich zwischen der ursprünglichen Sachwalterbestellung und der nunmehrigen Umschreibung des Umfangs der Sachwalterschaft an. Wenn nunmehr die Rede von der Vermögensverwaltung und rechtlichen Angelegenheiten sei, liege darin keine relevante Erweiterung, weil die Vermögensverwaltung zwangsläufig eine Vielzahl von rechtlichen Angelegenheiten in sich schließe. Eine Abgrenzung zwischen „Vermögensverwaltung“ und „rechtlichen Angelegenheiten“ sei kaum möglich. Es handle sich also nicht um eine Erweiterung, sondern um eine Umformulierung. Es habe daher der besonderen Verfahrensgarantien des Bestellungsverfahrens nicht bedurft. Die Umbestellung auf einen rechtskundigen, unabhängigen Sachwalter sei im Hinblick auf den Druck der Familie der Betroffenen und deren Abhängigkeit von der Familie zweckmäßig. In Anbetracht der psychischen Ausgangslage der Betroffenen sei es angebracht, dass sie von einer Person vertreten werde, die nicht in einer Nahebeziehung zur Familie der Betroffenen stehe. Das notwendige Distanzverhältnis sei beim bisherigen Sachwalter nicht gegeben. Die weiteren Ausführungen des Rekursgerichts im Zusammenhang mit der Privatstiftung und dem Verkauf einer Liegenschaft sind für die Entscheidung im Revisionsrekursverfahren nicht wesentlich.

Das Rekursgericht sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei, weil die Auswahl der Person des Sachwalters stets von den Umständen des Einzelfalls abhängig sei. Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung seien nicht zu behandeln gewesen.

Mit ihrem außerordentlichen Revisionsrekurs beantragen die Betroffene und ihr Sachwalter die (ersatzlose) Aufhebung, hilfsweise wird die Aufhebung zur Verfahrensergänzung beantragt.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Rekursgerichts zulässig, weil zu den verfahrensrechtlichen Voraussetzungen einer Erweiterung der Sachwalterschaft nach dem hier schon anzuwendenden § 128 AußStrG (neu) noch keine oberstgerichtliche Rechtsprechung vorliegt. Der Revisionsrekurs ist auch berechtigt.Der Revisionsrekurs ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Rekursgerichts zulässig, weil zu den verfahrensrechtlichen Voraussetzungen einer Erweiterung der Sachwalterschaft nach dem hier schon anzuwendenden Paragraph 128, AußStrG (neu) noch keine oberstgerichtliche Rechtsprechung vorliegt. Der Revisionsrekurs ist auch berechtigt.

1.) Gegen die Umbestellung eines Sachwalters haben der Betroffene, sein Vertreter und der Sachwalter ein Rekursrecht (5 Ob 263/98g mwN). Die Rekurslegitimation der Rekurswerber ist daher zu bejahen.

Auf den vorliegenden Fall sind - weil beide Vorinstanzen nach dem 31. 12. 2004 entschieden haben - schon die Bestimmungen des neuen AußStrG, BGBl I 2003/111, anzuwenden. Gemäß § 128 Abs 1 AußStrG sind die Vorschriften für das Verfahren zur Bestellung eines Sachwalters auch auf das Verfahren über die Erweiterung der Sachwalterschaft sinngemäß anzuwenden. Abs 2 leg cit bestimmt, dass sich das Gericht nur insoweit einen persönlichen Eindruck vom Betroffenen verschaffen, mündlich verhandeln und einen Sachverständigen beiziehen muss, als dies die betroffene Person oder ihr Vertreter beantragen oder das Gericht für erforderlich hält. Dies gilt nicht für ein Verfahren über eine erhebliche Erweiterung der Sachwalterschaft.Auf den vorliegenden Fall sind - weil beide Vorinstanzen nach dem 31. 12. 2004 entschieden haben - schon die Bestimmungen des neuen AußStrG, BGBl römisch eins 2003/111, anzuwenden. Gemäß Paragraph 128, Absatz eins, AußStrG sind die Vorschriften für das Verfahren zur Bestellung eines Sachwalters auch auf das Verfahren über die Erweiterung der Sachwalterschaft sinngemäß anzuwenden. Absatz 2, leg cit bestimmt, dass sich das Gericht nur insoweit einen persönlichen Eindruck vom Betroffenen verschaffen, mündlich verhandeln und einen Sachverständigen beiziehen muss, als dies die betroffene Person oder ihr Vertreter beantragen oder das Gericht für erforderlich hält. Dies gilt nicht für ein Verfahren über eine erhebliche Erweiterung der Sachwalterschaft.

Die Revisionsrekurswerber stehen auf dem Standpunkt, dass vor der gegen den Willen der Betroffenen verfügte Erweiterung der Sachwalterschaft zwingend ein medizinisches Gutachten einzuholen gewesen wäre. Die Bestellung des bisherigen Sachwalters sei „ausdrücklich nur für das Scheidungsverfahren gewährt worden“.

2.) Vorauszuschicken ist, dass auf die Revisionsrekursausführungen zum Thema der Geschäftsfähigkeit der Betroffenen auf Grund ihres durch regelmäßige Medikamenteneinnahme bewirkten stabilen Gesundheitszustands (sie sei fähig, selbst einen Rechtsanwalt zu bevollmächtigen) sowie zu den Themen der Vermögensverwaltung (Kaufvertrag; Privatstiftung) deshalb nicht einzugehen ist, weil der gerügte Verfahrensmangel tatsächlich vorliegt. Entgegen der Ansicht des Rekursgerichts ist im angefochtenen Beschluss nicht eine bloße Neuformulierung des bisherigen Umfangs des Wirkungskreises des Sachwalters, sondern vielmehr eine erhebliche Ausweitung der Sachwalterschaft zu erblicken:

Allenfalls könnte die bloße Umbestellung des Sachwalters, womit der bisherige Sachwalter durch einen rechtskundigen Sachwalter ersetzt wurde, als unerhebliche Erweiterung qualifiziert werden, dies aber nur dann, wenn der Aufgabenkreis nicht geändert worden wäre, es beispielsweise also beim Wirkungskreis der Vermögensverwaltung geblieben wäre. Der Wirkungskreis des Sachwalters im nun angefochtenen Beschluss ist jedoch ein erheblich anderer und erweiterter im Vergleich zu demjenigen des Beschlusses vom 12. 6. 2002. Damals war der Sachwalter zur gesamten Vermögensverwaltung sowie zur Abschließung „vermögensrelevanter und unterhaltsrechtlicher Vereinbarungen in einem Scheidungsverfahren“ bestellt worden. Entgegen der Ansicht der Revisionsrekurswerber bezog sich die Vermögensverwaltung allerdings nicht auf das Scheidungsverfahren, sodass hier nicht schon allein deshalb die Sachwalterschaft für beendet erklärt werden könnte, weil der Ehemann der Betroffenen verstorben und das Scheidungsverfahren beendet ist.

Der Wirkungskreis der Vermögensverwaltung wurde beibehalten. Mit der Bestellung des Sachwalters für „rechtliche Angelegenheiten“ wurde der Aufgabenkreis aber nicht neu formuliert, sondern - möglicherweise unbeabsichtigt - erheblich erweitert, weil es nun nicht mehr um Rechtshandlungen im Scheidungsverfahren, sondern mangels Einschränkung um alle rechtlichen Angelegenheiten der Betroffenen geht und die Anführung der Vertretung der Betroffenen im anhängigen Schenkungsprozess nur eine beispielhafte Anführung ist (arg.: „insbesondere ...“). Aus dem Spruch (der die Angelegenheiten in a) Vermögensverwaltung und b) rechtliche Angelegenheiten teilt) und der Begründung des vom Rekursgericht bestätigten Beschlusses des Erstgerichts geht auch nicht hervor, dass der Aufgabenkreis „rechtliche Angelegenheiten“ nur die eingangs angeführte Vermögensverwaltung umfassen sollte. Auf Grund der gewählten weiten Formulierung sind daher auch die im Rahmen der Personensorge anfallenden Rechtshandlungen erfasst, wie beispielsweise die Bestimmung des Aufenthalts der Betroffenen, die Antragstellung auf Ausstellung eines Reisepasses, die Zustimmung oder Verweigerung einer Heilbehandlung uva. Damit wurde der Betroffenen im Vergleich zur früheren Rechtslage die eigene Entscheidungsbefugnis in Angelegenheiten der Personensorge zumindest insoweit entzogen, als es dabei auch um rechtsrelevante Angelegenheiten geht (vgl dazu SZ 58/61). Da im Bereich der Personensorge auch besonders schwerwiegende, tief in die Persönlichkeitsrechte eingreifende Entscheidungen anfallen können (vgl etwa die Erhebung einer Scheidungsklage durch den Sachwalter einer Wachkomapatientin: 5 Ob 94/05t), liegt in der bekämpften Erweiterung der Sachwalterschaft eine erhebliche im Sinne des § 128 Abs 2 AußStrG. Entgegen den Ausführungen des Rekursgerichts ist die nun gewählte Formulierung, dass die Bestellung des Sachwalters zur Besorgung der (aller) rechtlichen Angelegenheiten erfolgt, nicht dem Begriff der Vermögensverwaltung gleichzusetzen.Der Wirkungskreis der Vermögensverwaltung wurde beibehalten. Mit der Bestellung des Sachwalters für „rechtliche Angelegenheiten“ wurde der Aufgabenkreis aber nicht neu formuliert, sondern - möglicherweise unbeabsichtigt - erheblich erweitert, weil es nun nicht mehr um Rechtshandlungen im Scheidungsverfahren, sondern mangels Einschränkung um alle rechtlichen Angelegenheiten der Betroffenen geht und die Anführung der Vertretung der Betroffenen im anhängigen Schenkungsprozess nur eine beispielhafte Anführung ist (arg.: „insbesondere ...“). Aus dem Spruch (der die Angelegenheiten in a) Vermögensverwaltung und b) rechtliche Angelegenheiten teilt) und der Begründung des vom Rekursgericht bestätigten Beschlusses des Erstgerichts geht auch nicht hervor, dass der Aufgabenkreis „rechtliche Angelegenheiten“ nur die eingangs angeführte Vermögensverwaltung umfassen sollte. Auf Grund der gewählten weiten Formulierung sind daher auch die im Rahmen der Personensorge anfallenden Rechtshandlungen erfasst, wie beispielsweise die Bestimmung des Aufenthalts der Betroffenen, die Antragstellung auf Ausstellung eines Reisepasses, die Zustimmung oder Verweigerung einer Heilbehandlung uva. Damit wurde der Betroffenen im Vergleich zur früheren Rechtslage die eigene Entscheidungsbefugnis in Angelegenheiten der Personensorge zumindest insoweit entzogen, als es dabei auch um rechtsrelevante Angelegenheiten geht vergleiche dazu SZ 58/61). Da im Bereich der Personensorge auch besonders schwerwiegende, tief in die Persönlichkeitsrechte eingreifende Entscheidungen anfallen können vergleiche etwa die Erhebung einer Scheidungsklage durch den Sachwalter einer Wachkomapatientin: 5 Ob 94/05t), liegt in der bekämpften Erweiterung der Sachwalterschaft eine erhebliche im Sinne des Paragraph 128, Absatz 2, AußStrG. Entgegen den Ausführungen des Rekursgerichts ist die nun gewählte Formulierung, dass die Bestellung des Sachwalters zur Besorgung der (aller) rechtlichen Angelegenheiten erfolgt, nicht dem Begriff der Vermögensverwaltung gleichzusetzen.

3.) Nach der Rechtslage vor dem KindRÄG 2001 gehörte die Sicherstellung der erforderliche Personensorge bei jeder Sachwalterbestellung zu den Aufgaben des Sachwalters einer behinderten Person (RIS-Justiz RS0049114; § 282a ABGB alt; Weitzenböck in Schwimann ABGB3 Rz 6 zu § 273). Daran soll sich durch die Novellierung des Sachwalterrechts (Neufassung des § 282 ABGB) etwas dahin geändert haben, dass die Personensorge nun nur mehr dann und so weit Aufgabe eines Sachwalters ist, wenn dies im Bestellungsbeschluss angeführt wird. Der hier anzuwendende § 282 Abs 2 ABGB idF des KindRÄG 2001 spricht nämlich nur davon, dass der Sachwalter persönlichen Kontakt mit der behinderten Person zu halten und sich darum zu bemühen hat, dass die gebotene ärztliche und soziale Betreuung der behinderten Person gewährt wird. Aus dieser Verpflichtung, sich „zu bemühen“ können noch keine relevanten rechtlichen Befugnisse des Sachwalters im Bereich der Personensorge abgeleitet werden (Weitzenböck aaO Rz 2 zu § 282). Wenn allerdings - wie hier - der Sachwalter ausdrücklich für alle Rechtsangelegenheiten bestellt wird, umfasst dieser weite Wirkungskreis auch die Handlungsbefugnis und Vertretungsbefugnis in Rechtsangelegenheiten der Personensorge.3.) Nach der Rechtslage vor dem KindRÄG 2001 gehörte die Sicherstellung der erforderliche Personensorge bei jeder Sachwalterbestellung zu den Aufgaben des Sachwalters einer behinderten Person (RIS-Justiz RS0049114; Paragraph 282 a, ABGB alt; Weitzenböck in Schwimann ABGB3 Rz 6 zu Paragraph 273,). Daran soll sich durch die Novellierung des Sachwalterrechts (Neufassung des Paragraph 282, ABGB) etwas dahin geändert haben, dass die Personensorge nun nur mehr dann und so weit Aufgabe eines Sachwalters ist, wenn dies im Bestellungsbeschluss angeführt wird. Der hier anzuwendende Paragraph 282, Absatz 2, ABGB in der Fassung des KindRÄG 2001 spricht nämlich nur davon, dass der Sachwalter persönlichen Kontakt mit der behinderten Person zu halten und sich darum zu bemühen hat, dass die gebotene ärztliche und soziale Betreuung der behinderten Person gewährt wird. Aus dieser Verpflichtung, sich „zu bemühen“ können noch keine relevanten rechtlichen Befugnisse des Sachwalters im Bereich der Personensorge abgeleitet werden (Weitzenböck aaO Rz 2 zu Paragraph 282,). Wenn allerdings - wie hier - der Sachwalter ausdrücklich für alle Rechtsangelegenheiten bestellt wird, umfasst dieser weite Wirkungskreis auch die Handlungsbefugnis und Vertretungsbefugnis in Rechtsangelegenheiten der Personensorge.

4.) Daraus folgt, dass das Erstgericht vor seiner Entscheidung die Vorschriften des Bestellungsverfahrens (§ 117 - 127, 129 AußStrG neu) einzuhalten gehabt hätte. Dies gilt nach den Gesetzesmaterialien (RV 224 BlgNR 22. GP zu § 128) sogar für den Fall, dass für die Entscheidung die Verfahrensergebnisse aus dem ersten Bestellungsverfahren als ausreichende Entscheidungsgrundlage angesehen werden könnten. Auch wenn der letzte Krankheitsschub nur etwa ein halbes Jahr zurückliegt,waren die Einholung eines Sachverständigengutachtens und eine mündliche Verhandlung nicht nur nach dem Gesetz zwingend geboten (§ 121 iVm § 128 Abs 2 AußStrG), sondern es wäre eine Überprüfung des Gesundheitszustands der Betroffenen jedenfalls auch zweckmäßig gewesen. Dazu kann auf die Anregung des Gerichtssachverständigen im Erstverfahren aus dem Jahr 2002 verwiesen werden, wonach der Gesundheitszustand im Abstand von 1 bis 1 ½ Jahre neuerlich zu prüfen sei (vgl auch § 283 Abs 2 ABGB).4.) Daraus folgt, dass das Erstgericht vor seiner Entscheidung die Vorschriften des Bestellungsverfahrens (Paragraph 117, - 127, 129 AußStrG neu) einzuhalten gehabt hätte. Dies gilt nach den Gesetzesmaterialien (RV 224 BlgNR 22. GP zu Paragraph 128,) sogar für den Fall, dass für die Entscheidung die Verfahrensergebnisse aus dem ersten Bestellungsverfahren als ausreichende Entscheidungsgrundlage angesehen werden könnten. Auch wenn der letzte Krankheitsschub nur etwa ein halbes Jahr zurückliegt,waren die Einholung eines Sachverständigengutachtens und eine mündliche Verhandlung nicht nur nach dem Gesetz zwingend geboten (Paragraph 121, in Verbindung mit Paragraph 128, Absatz 2, AußStrG), sondern es wäre eine Überprüfung des Gesundheitszustands der Betroffenen jedenfalls auch zweckmäßig gewesen. Dazu kann auf die Anregung des Gerichtssachverständigen im Erstverfahren aus dem Jahr 2002 verwiesen werden, wonach der Gesundheitszustand im Abstand von 1 bis 1 ½ Jahre neuerlich zu prüfen sei vergleiche auch Paragraph 283, Absatz 2, ABGB).

Dem Revisionsrekurs ist aus den dargelegten Gründen im Sinn einer Aufhebung zur Verfahrensergänzung Folge zu geben. Da die Erweiterung des Wirkungskreises des Sachwalters für alle rechtlichen Angelegenheiten noch nicht feststeht, ist mit der Aufhebung auch die Umbestellung auf einen rechtskundigen Sachwalter zu erfassen.

Textnummer

E78206

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2005:0060OB00169.05D.0825.000

Im RIS seit

25.11.2005

Zuletzt aktualisiert am

16.12.2011
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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