Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 25. August 2005 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Markel als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schmucker, Dr. Zehetner, Dr. Danek und Hon. Prof. Dr. Kirchbacher als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Lang als Schriftführer, in der Strafsache gegen Willibald K***** wegen des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten gewerbsmäßigen schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 3, 148 zweiter Fall und 15 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Krems an der Donau vom 10. November 2004, GZ 16 Hv 60/04h-114, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit der Vertreterin der Generalprokuratur, Generalanwältin Dr. Aicher, des Angeklagten und seines Verteidigers Mag. Schuster zu Recht erkannt:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung wird Folge gegeben und die über den Angeklagten verhängte Freiheitsstrafe auf drei Jahre und zehn Monate herabgesetzt.
Dem Angeklagten fallen die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Willibald K***** (zu A./) des Vergehens der Vortäuschung einer mit Strafe bedrohten Handlung nach § 298 Abs l StGB (der von § 260 Abs l Z 2 StPO verlangte - bei der Urteilsverkündung gegebene [S 353/VI] - Ausspruch, dass durch die im Urteilstenor [§ 260 Abs l Z l StPO; US 2] und in den Entscheidungsgründen [§ 270 Abs 2 Z 5 StPO; US 6 f, 25 f] als erwiesen angenommene Tat dieses Vergehen begründet wurde, erfolgte in der Urteilsausfertigung anlässlich der rechtlichen Beurteilung [US 31]) und (zu B./) des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten (richtig:) gewerbsmäßigen schweren Betruges (vgl US 35) nach §§ 146, 147 Abs 3, 148 zweiter Fall und 15 StGB schuldig erkannt.Mit dem angefochtenen Urteil wurde Willibald K***** (zu A./) des Vergehens der Vortäuschung einer mit Strafe bedrohten Handlung nach § 298 Abs l StGB (der von § 260 Abs l Z 2 StPO verlangte - bei der Urteilsverkündung gegebene [S 353/VI] - Ausspruch, dass durch die im Urteilstenor [§ 260 Abs l Z l StPO; US 2] und in den Entscheidungsgründen [§ 270 Abs 2 Z 5 StPO; US 6 f, 25 f] als erwiesen angenommene Tat dieses Vergehen begründet wurde, erfolgte in der Urteilsausfertigung anlässlich der rechtlichen Beurteilung [US 31]) und (zu B./) des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten (richtig:) gewerbsmäßigen schweren Betruges vergleiche US 35) nach §§ 146, 147 Abs 3, 148 zweiter Fall und 15 StGB schuldig erkannt.
Danach hat er
A./ im November 2000 (richtig: 2002) den zur Entgegennahme von Anzeigen zuständigen Beamten des Gendarmeriepostens Vitis durch die fälschliche Behauptung, dass am bzw kurz vor dem 17. November 2002 in das Haus Sch***** Nr. 30 eingebrochen und ein Einbautresor mit Gegenständen in einem 40.000 Euro übersteigenden Wert von ca 70.000 Euro gestohlen worden sei, die Begehung einer mit Strafe bedrohten Handlung, nämlich des Verbrechens des schweren Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 127, 128 Abs 2, 129 Z l StGB wissentlich vorgetäuscht;
B./ mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, und in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, durch Täuschung über Tatsachen nachgenannte „Personen bzw Institutionen" zur Übergabe von Geldbeträgen
I./ verleitet, und zwar:römisch eins./ verleitet, und zwar:
l./ Thomas R***** durch die unrichtige Behauptung, er könne ihm durch seine Kontakte zu Beamten des Verkehrsamtes im Führerscheinentzugsverfahren behilflich sein, sohin durch Täuschung über Tatsachen zu Handlungen, nämlich zur Übergabe von insgesamt 5.400 Euro, wodurch dieser um den genannten Betrag in seinem Vermögen geschädigt wurde, und zwar:
a./ im Dezember 2002 zur Übergabe von 2.000 Euro;
b./ im Juli 2003 zur Übergabe von 3.400 Euro;
2./ im Dezember 2002 Monika R***** durch Täuschung über Tatsachen, nämlich die Behauptung, er könne auf Grund seiner Kontakte Geld kurzfristig äußerst gewinnbringend anlegen, zu einer Handlung, nämlich zur Übergabe von 11.000 Euro, wodurch diese um den genannten Betrag in ihrem Vermögen geschädigt wurde;
II./ zu verleiten versucht, und zwar:römisch II./ zu verleiten versucht, und zwar:
im November 2002 Angestellte der A***** AG durch die fälschliche Behauptung des zu A./ angeführten Einbruchs, die Vorlage der zu A./ angeführten Anzeige und die Vorlage einer von Manuela K***** unterfertigten Schadensanzeige über den unter A./ angeführten fingierten Einbruchsdiebstahl zur Auszahlung einer Versicherungssumme in Höhe von 36.636 Euro, wodurch die genannte Versicherung im erwähnten Ausmaß in ihrem Vermögen geschädigt werden sollte.
Rechtliche Beurteilung
Gegen den Schuldspruch B./II./ (versuchter Versicherungsbetrug) richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten; sie schlägt fehl.
Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) reklamiert absolut untauglichen Versuch mit der Behauptung, dass für den in der Schadensmeldung wahrheitswidrig als gestohlen bezeichneten Tresor samt Inhalt im Tatzeitpunkt „kein Versicherungsschutz bestanden habe" und demzufolge das angegriffene (Tat-)Objekt bei der sonach gebotenen objektiven ex-post Betrachtung der wahren Sachlage für die Herbeiführung des tatbildmäßigen Erfolges unter keinen Umständen geeignet gewesen wäre.
Nach den Urteilsfeststellungen scheiterte die Vollendung der Tat daran, dass sich zum einen der grundsätzlich für den Tresorinhalt bestehende Versicherungsschutz auf Schadensereignisse beschränkte, die zu Zeiten erfolgten, in denen das Haus bewohnt war, und zum anderen der Angeklagte - in Unkenntnis dieser Einschränkung - gegenüber der Versicherung angab, der Diebstahl habe zu einem Zeitpunkt stattgefunden, zu dem das Haus nicht bewohnt gewesen sei.
Der dargestellte Beschwerdestandpunkt, demzufolge wegen (vorgeblicher) Objektsuntauglichkeit eine objektive ex-post Betrachtung anzustellen sei, ist verfehlt, weil der Gegenstand, an dem sich der Angriff auf das geschützte Rechtsgut (hier: Vermögen; vgl Kirchbacher/Presslauer, WK² § 146 Rz 4; Kienapfel/Schmoller Studienbuch BT II § 146 Rz 17) in concreto auswirken sollte, also das Tatobjekt (vgl Kienapfel/Höpfel AT11 Z 3 Rz 9; SSt 57/81) des aktuellen Betrugsversuches, nicht der in der Schadensmeldung fälschlich als gestohlen deklarierte Tresor samt Inhalt, sondern das Vermögen der Versicherungsgesellschaft im Umfang des geltend gemachten Anspruchs war, wobei der vertretungsbefugte Versicherungsangestellte (Schadensreferent) durch Vortäuschen eines Schadensfalles zu einer irrtumsbedingten Vermögensverfügung zum Nachteil der Versicherung (Schadensliquidierung) veranlasst werden sollte. Demnach lag aber keine Untauglichkeit des Objekts, sondern - dem Beschwerdestandpunkt zuwider - der Versuchshandlung vor, welche somit Gegenstand der begehrten Tauglichkeitsprüfung zu sein hat.Der dargestellte Beschwerdestandpunkt, demzufolge wegen (vorgeblicher) Objektsuntauglichkeit eine objektive ex-post Betrachtung anzustellen sei, ist verfehlt, weil der Gegenstand, an dem sich der Angriff auf das geschützte Rechtsgut (hier: Vermögen; vergleiche Kirchbacher/Presslauer, WK² § 146 Rz 4; Kienapfel/Schmoller Studienbuch BT II § 146 Rz 17) in concreto auswirken sollte, also das Tatobjekt (vgl Kienapfel/Höpfel AT11 Z 3 Rz 9; SSt 57/81) des aktuellen Betrugsversuches, nicht der in der Schadensmeldung fälschlich als gestohlen deklarierte Tresor samt Inhalt, sondern das Vermögen der Versicherungsgesellschaft im Umfang des geltend gemachten Anspruchs war, wobei der vertretungsbefugte Versicherungsangestellte (Schadensreferent) durch Vortäuschen eines Schadensfalles zu einer irrtumsbedingten Vermögensverfügung zum Nachteil der Versicherung (Schadensliquidierung) veranlasst werden sollte. Demnach lag aber keine Untauglichkeit des Objekts, sondern - dem Beschwerdestandpunkt zuwider - der Versuchshandlung vor, welche somit Gegenstand der begehrten Tauglichkeitsprüfung zu sein hat.
Dieser zufolge liegt nur dann ein absolut untauglicher Versuch im Sinn des § 15 Abs 3 StGB vor, wenn die Verwirklichung der angestrebten strafbaren Handlung auf die vorgesehene Art bei generalisierender Betrachtung, somit losgelöst von den Besonderheiten des Einzelfalles, aus der ex-ante Sicht eines über den Tatplan informierten verständigen Beobachters geradezu ausgeschlossen erscheint und demzufolge unter keinen wie immer gearteten Umständen erwartet werden kann (Hager/Massauer in WK2 § 15 Rz 78, 82). Ein bloß relativ untauglicher Versuch ist dagegen anzunehmen, wenn die Tatvollendung nur infolge der zufälligen Modalitäten des konkreten Einzelfalles gescheitert ist. Dies bedeutet, dass in einem solchen Fall die Handlung zwar die zur Herbeiführung des verpönten Erfolges erforderliche Eignung in abstracto besaß, die Herbeiführung in concreto ber nicht möglich war (Leukauf/Steininger Komm3 § 15 RN 35; 12 Os 15/99; JBl 2001, 62; 15 Os 73/00; RIS-Justiz RS0090148 und RS0115363). Die Versuchstauglichkeit hängt dabei - der Beschwerde zuwider - nicht von der zivilrechtlichen Vorfrage nach der Leistungspflicht bei hypothetischer Annahme des vorgespiegelten Schadensereignisses ab, weil es - fallaktuell schon im Hinblick auf das aufrechte Versicherungsverhältnis, das den Inhalt des Safes bis zum Höchstbetrag von 500.000 S grundsätzlich erfasste (US 7 unten) - keineswegs geradezu ausgeschlossen ist, dass der Versicherer einen Entschädigungsbetrag - sei es auch nur kulanzhalber - tatsächlich leistet, zu dem er sich ohne Täuschung nicht veranlasst gesehen hätte (Kirchbacher/Presslauer in WK2 § 146 Rz 128; EvBl 1972/80; SSt /81; 11 Os 75/88; 12 Os 136/91; 12 Os 16, 17/95).
Weil im vorliegenden Fall die vom Angeklagten mit Abgabe der unrichtigen Schadensmeldung und seinem nachdrücklichen Hinwirken auf eine - nach den Urteilsannahmen in derartigen Fällen durchaus mögliche (US 24) - Kulanzleistung (US 8) intendierte Schädigung der Versicherung nur deshalb unterblieb, weil der Schadensreferent die - vom Angeklagten nicht eingeplante (US 8) - Leistungsfreiheitsklausel bemerkte und deswegen die begehrte Schadensliquidierung verweigerte, scheiterte die Tatvollendung nur infolge der besonderen Umstände des Einzelfalles, obwohl die Täuschungshandlung bei generalisierender Betrachtung hiezu geeignet gewesen wäre. Dem Erstgericht ist daher bei der Beurteilung des festgestellten Sachverhaltes als bloß relativ untauglicher und damit strafbarer Betrugsversuch kein Rechtsirrtum unterlaufen.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.
Das Schöffengericht verhängte über den Angeklagten eine vierjährige Freiheitsstrafe. Es wertete bei der Strafbemessung als erschwerend die „11 auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden Vorstrafen, die die Qualifikation des § 39 StGB erfüllen", das Zusammentreffen eines Verbrechens mit einem Vergehen und die zweifache Betrugsqualifikation, als mildernd hingegen den Umstand, dass es in einem Fall beim Versuch geblieben ist.
Dagegen richtet sich die eine Herabsetzung der Strafe anstrebende Berufung des Angeklagten. Ihr zuwider wurde die Wertgrenze des § 147 Abs 3 StGB in der zum Urteilszeitpunkt geltenden Fassung nicht nur unbedeutend, sondern um mehr als 30 % oder 13.000 Euro überschritten. Dem Milderungsgrund des teilweisen Versuchs wurde auch unter Rücksichtnahme darauf, dass hievon ein Betrag in der Höhe von rund zwei Dritteln des Gesamtschadens umfasst war, in sachgerechter Weise Rechnung getragen. Wenngleich sprachlich missverständlich formuliert, hat das Erstgericht hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht, dass es zwar vom Vorliegen der Voraussetzungen des § 39 StGB, nicht aber von einem hiedurch veränderten Strafrahmen ausgegangen ist (vgl US 4).Dagegen richtet sich die eine Herabsetzung der Strafe anstrebende Berufung des Angeklagten. Ihr zuwider wurde die Wertgrenze des § 147 Abs 3 StGB in der zum Urteilszeitpunkt geltenden Fassung nicht nur unbedeutend, sondern um mehr als 30 % oder 13.000 Euro überschritten. Dem Milderungsgrund des teilweisen Versuchs wurde auch unter Rücksichtnahme darauf, dass hievon ein Betrag in der Höhe von rund zwei Dritteln des Gesamtschadens umfasst war, in sachgerechter Weise Rechnung getragen. Wenngleich sprachlich missverständlich formuliert, hat das Erstgericht hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht, dass es zwar vom Vorliegen der Voraussetzungen des § 39 StGB, nicht aber von einem hiedurch veränderten Strafrahmen ausgegangen ist vergleiche US 4).
Dem weiteren Berufungsvorbringen zuwider ist die sorgfältige Planung und Vorbereitung eines „Versicherungsbetruges" keineswegs „arttypisch" für dieses Delikt, wird jenes in der Praxis doch durchaus auch dadurch begangen, dass ein reelles Schadensereignis vom Täter zum Anlass genommen wird, seine Versicherung mit (für eine Schadensliquidierung erforderlichen) falschen Angaben zu Unrecht in Anspruch zu nehmen. Dass das Vorhaben des Angeklagten schließlich scheiterte, schließt dessen sorgfältige Planung und Vorbereitung im konkreten Fall nicht aus. Schließlich waren seine Manipulationen nicht "leicht überprüfbar", sondern konnten erst durch ein relativ umfangreichendes Beweisverfahren einschließlich eines technischen Sachverständigengutachtens nachgewiesen werden. Von der Einschränkung des Versicherungsschutzes für den Tresorinhalt hatte nicht nur der Angeklagte keine Kenntnis, sondern auch sein Versicherungsbetreuer. Der Betrugsversuch kann daher keineswegs als „stümperhaft" angesehen werden.
Im Recht ist die Berufung jedoch dahingehend, dass die - die vierwöchige Frist des § 270 Abs 1 StPO objektiv beträchtlich überschreitende und von (wenngleich deutlich überdurchschnittlichem) Umfang und Schwierigkeit her sachlich nicht mehr gerechtfertigte, somit unverhältnismäßig lange - Dauer der Ausfertigung des Ersturteils im konkreten Fall den zusätzlichen Milderungsgrund der unverhältnismäßig langen Verfahrensdauer (§ 34 Abs 2 StGB) bewirkt.
Die von den Tatrichtern ausgemessene Sanktion einer vierjährigen Freiheitsstrafe entsprach im Urteilszeitpunkt Tatunrecht, Täterschuld und Täterpersönlichkeit. In Hinblick auf das Hinzutreten des dargestellten weiteren Milderungsgrundes war jedoch spruchgemäß eine diesem hinreichend Rechnung tragende Reduktion der Strafe vorzunehmen, sodass der Berufung in diesem Umfang Folge zu geben war.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 390a Abs 1 StPO.
Textnummer
E78431European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2005:0150OS00071.05P.0825.000Im RIS seit
24.09.2005Zuletzt aktualisiert am
12.10.2010