TE OGH 2005/9/6 10ObS61/05a

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Veröffentlicht am 06.09.2005
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Neumayr und Dr. Schramm sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Peter Wolf (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Robert Hauser (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Rudolf B*****, Pensionist, *****, vertreten durch Mag. Gerhard Eigner, Rechtsanwalt in Wels, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt, Friedrich Hillegeist-Straße 1, 1021 Wien, im Revisionsverfahren nicht vertreten, wegen Pflegegeld, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 15. März 2005, GZ 12 Rs 17/05i-23, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Wels als Arbeits- und Sozialgericht vom 8. November 2004, GZ 16 Cgs 108/04k-19, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass sie insgesamt zu lauten haben:

„Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei vom 1. 2. 2004 bis zum 31. 5. 2004 Pflegegeld der Stufe 4 in einer monatlichen Höhe von EUR 632,70, insgesamt daher EUR 2.530,80 zu bezahlen.

Das auf Zahlung eines darüber hinausgehenden Pflegegeldes gerichtete Begehren wird abgewiesen."

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit EUR 333,12 (darin EUR 55,52 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der am 24. 6. 1940 geborene Kläger wurde am 19. 11. 2003 wegen einer Analfistel operiert. Er benötigte vom Operationszeitpunkt bis Ende Mai 2004 fremde Betreuung und Hilfe (mit einem monatlichen Pflegebedarf von insgesamt mehr als 180 Stunden) beim An- und Auskleiden, bei der täglichen Körperpflege, für das Besteigen und Verlassen einer Dusche oder Badewanne, für die Zubereitung und Einnahme von Mahlzeiten, die Verrichtung der Notdurft und die Leibstuhlentsorgung, für die Einnahme von Medikamenten, die Fortbewegung innerhalb der Wohnung, für die Reinigung bei Inkontinenz, für das Herbeischaffen von Nahrungsmitteln, Medikamenten und sonstigen Bedarfsgütern des täglichen Lebens sowie für die Reinigung der Wohnung und der persönlichen Gebrauchsgegenstände, die Wäschepflege und die Beheizung des Wohnraums einschließlich des Herbeischaffens des Brennmaterials. Ferner benötigte er während dieses Zeitraums fremde Hilfe bei Wegen außerhalb des Hauses. Seit Ende Mai 2004 ist der Kläger wieder in der Lage, sämtliche Verrichtungen des täglichen Lebens ohne fremde Hilfe durchzuführen.

Am 15. 1. 2004 beantragte er die Gewährung von Pflegegeld, das mit dem Bescheid vom 26. 3. 2004 abgelehnt wurde.

Das Erstgericht wies die dagegen erhobene Klage ab. Pflegegeld gebühre bei Zutreffen der übrigen Anspruchsvoraussetzungen dann, wenn der ständige Betreuungs- und Hilfsbedarf voraussichtlich mindestens sechs Monate andauern werde oder würde (§ 4 Abs 1 BPGG). Wenngleich der Pflegebedarf des Klägers insgesamt knapp über sechs Monate (von Mitte November 2003 bis Ende Mai 2004) angedauert habe, gebühre Pflegegeld nach § 9 Abs 1 BPGG erst mit Beginn des auf die Antragstellung folgenden Monats. Aufgrund seiner Antragstellung am 15. 1. 2004 sei die Pflegebedürftigkeit erst ab 1. 2. 2004 zu prüfen gewesen. Für den verbleibenden Zeitraum von drei Monaten bestehe kein Anspruch auf Pflegegeld.Das Erstgericht wies die dagegen erhobene Klage ab. Pflegegeld gebühre bei Zutreffen der übrigen Anspruchsvoraussetzungen dann, wenn der ständige Betreuungs- und Hilfsbedarf voraussichtlich mindestens sechs Monate andauern werde oder würde (Paragraph 4, Absatz eins, BPGG). Wenngleich der Pflegebedarf des Klägers insgesamt knapp über sechs Monate (von Mitte November 2003 bis Ende Mai 2004) angedauert habe, gebühre Pflegegeld nach Paragraph 9, Absatz eins, BPGG erst mit Beginn des auf die Antragstellung folgenden Monats. Aufgrund seiner Antragstellung am 15. 1. 2004 sei die Pflegebedürftigkeit erst ab 1. 2. 2004 zu prüfen gewesen. Für den verbleibenden Zeitraum von drei Monaten bestehe kein Anspruch auf Pflegegeld.

Das Berufungsgericht gab der auf Abänderung im Sinne eines Zuspruchs von Pflegegeld der Stufe 4 vom 1. 2. 2004 bis 31. 5. 2004 gerichteten Berufung des Klägers nicht Folge. Gegen den Standpunkt des Berufungswerbers spreche schon der klare Wortlaut des § 4 Abs 1 BPGG, wonach das Pflegegeld bei Zutreffen der übrigen Anspruchsvoraussetzungen dann gebühre, wenn der ständige Betreuungs- und Hilfsbedarfs (Pflegebedarf) voraussichtlich mindestens sechs Monate andauern werde oder würde. Die Konjunktivanwendung „andauern würde" solle (nur) klarstellen, dass es bei früherem Ableben eines Pflegebedürftigen genüge, wenn die Sechsmonatsfrist im Falle einer längeren Lebensdauer voraussichtlich erreicht worden wäre. Zu den Anspruchsvoraussetzungen gehöre - ausgenommen bei einer Leistungszuständigkeit des Unfallversicherungsträgers - ein Pflegegeldantrag, der bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen zu einer Leistung mit Beginn des folgenden Monats führe (§ 9 Abs 1 BPGG). Da ein Antrag die Anspruchsvoraussetzungen erst mit Beginn des Folgemonats herstelle und als weitere Voraussetzung eine voraussichtlich mindestens sechsmonatige Pflegebedürftigkeit vorliegen müsse, sei jedenfalls auf einen zukünftigen und nicht auf einen vergangenen Pflegebedarf abzustellen; eine retrospektive Betrachtung des Pflegebedarfs, wie sie dem Berufungswerber vorschwebe, sei durch den Gesetzeswortlaut nicht gedeckt. Mit dem Antragsprinzip sei notwendigerweise auch die Konsequenz verbunden, dass Leistungsansprüche mangels (rechtzeitigen) Antrags verloren gehen können. Da die Verfassung dieses Ergebnis nicht verbiete, bedürfe es auch der vom Berufungswerber gewünschten verfassungskonformen Interpretation des ohnehin klaren Gesetzeswortlautes nicht.Das Berufungsgericht gab der auf Abänderung im Sinne eines Zuspruchs von Pflegegeld der Stufe 4 vom 1. 2. 2004 bis 31. 5. 2004 gerichteten Berufung des Klägers nicht Folge. Gegen den Standpunkt des Berufungswerbers spreche schon der klare Wortlaut des Paragraph 4, Absatz eins, BPGG, wonach das Pflegegeld bei Zutreffen der übrigen Anspruchsvoraussetzungen dann gebühre, wenn der ständige Betreuungs- und Hilfsbedarfs (Pflegebedarf) voraussichtlich mindestens sechs Monate andauern werde oder würde. Die Konjunktivanwendung „andauern würde" solle (nur) klarstellen, dass es bei früherem Ableben eines Pflegebedürftigen genüge, wenn die Sechsmonatsfrist im Falle einer längeren Lebensdauer voraussichtlich erreicht worden wäre. Zu den Anspruchsvoraussetzungen gehöre - ausgenommen bei einer Leistungszuständigkeit des Unfallversicherungsträgers - ein Pflegegeldantrag, der bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen zu einer Leistung mit Beginn des folgenden Monats führe (Paragraph 9, Absatz eins, BPGG). Da ein Antrag die Anspruchsvoraussetzungen erst mit Beginn des Folgemonats herstelle und als weitere Voraussetzung eine voraussichtlich mindestens sechsmonatige Pflegebedürftigkeit vorliegen müsse, sei jedenfalls auf einen zukünftigen und nicht auf einen vergangenen Pflegebedarf abzustellen; eine retrospektive Betrachtung des Pflegebedarfs, wie sie dem Berufungswerber vorschwebe, sei durch den Gesetzeswortlaut nicht gedeckt. Mit dem Antragsprinzip sei notwendigerweise auch die Konsequenz verbunden, dass Leistungsansprüche mangels (rechtzeitigen) Antrags verloren gehen können. Da die Verfassung dieses Ergebnis nicht verbiete, bedürfe es auch der vom Berufungswerber gewünschten verfassungskonformen Interpretation des ohnehin klaren Gesetzeswortlautes nicht.

Die ordentliche Revision sei zulässig, weil der Oberste Gerichtshof zur Frage, ob auch ein vor Antragstellung gelegener Pflegebedarf für die Beurteilung der Sechsmonatsfrist nach § 4 Abs 1 BPGG zu berücksichtigen sei, noch nicht ausdrücklich Stellung genommen habe.Die ordentliche Revision sei zulässig, weil der Oberste Gerichtshof zur Frage, ob auch ein vor Antragstellung gelegener Pflegebedarf für die Beurteilung der Sechsmonatsfrist nach Paragraph 4, Absatz eins, BPGG zu berücksichtigen sei, noch nicht ausdrücklich Stellung genommen habe.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision des Klägers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung im Sinn eines Zuspruchs von Pflegegeld der Pflegegeldstufe 6 (ohne datumsmäßige Beschränkung) abzuändern. Hilfsweise wird ein Aufhebungs- und Zurückverweisungsantrag gestellt.

Die beklagte Partei hat sich am Revisionsverfahren nicht beteiligt.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist aus den vom Berufungsgericht genannten Gründen zulässig; sie ist auch im Sinne eines Zuspruchs von Pflegegeld der Stufe 4 für den Zeitraum von 1. 2. 2004 bis 31. 5. 2004 berechtigt. Festzuhalten ist, dass der Kläger das Ersturteil nur hinsichtlich der Abweisung eines Zuspruchs von Pflegegeld der Stufe 4 für diesen Zeitraum angefochten hat, sodass das auf Zuspruch von Pflegegeld einer höheren Pflegegeldstufe und über den 31. 5. 2004 hinaus gerichtete Mehrbegehren bereits rechtskräftig abgewiesen ist.

Zu den wesentlichen Revisionsausführungen, dass für die Beurteilung der Anspruchsvoraussetzung des sechsmonatigen Pflegebedarfs der gesamte zusammenhängende Zeitraum, in dem Pflegebedarf besteht (einschließlich des schon vor der Antragstellung liegenden) zu berücksichtigen sei, hat der Senat erwogen.

Das Pflegegeld gebührt nach § 4 Abs 1 BPGG bei Zutreffen der übrigen Anspruchsvoraussetzungen, wenn aufgrund einer körperlichen, geistigen oder psychischen Behinderung oder einer Sinnesbehinderung der ständige Betreuungs- und Hilfsbedarf (Pflegebedarf) voraussichtlich mindestens sechs Monate andauern wird oder würde. Dieser Satz gilt seit dem Inkrafttreten des BPGG mit 1. 7. 1993 (BGBl 1993/110). Die Verwendung der Alternative „oder würde" stellt nach den Gesetzesmaterialien klar, dass es bei Ableben des Pflegebedürftigen genügt, wenn die Sechsmonatsfrist im Fall einer längeren Lebensdauer voraussichtlich vorgelegen wäre (RV 776 BlgNR 18. GP 26; Gruber/Pallinger, BPGG [1994] § 4 Rz 27). Im Fall des Klägers kommt es daher darauf an, ob der ständige Pflegebedarf „voraussichtlich mindestens sechs Monate andauern wird".Das Pflegegeld gebührt nach Paragraph 4, Absatz eins, BPGG bei Zutreffen der übrigen Anspruchsvoraussetzungen, wenn aufgrund einer körperlichen, geistigen oder psychischen Behinderung oder einer Sinnesbehinderung der ständige Betreuungs- und Hilfsbedarf (Pflegebedarf) voraussichtlich mindestens sechs Monate andauern wird oder würde. Dieser Satz gilt seit dem Inkrafttreten des BPGG mit 1. 7. 1993 (BGBl 1993/110). Die Verwendung der Alternative „oder würde" stellt nach den Gesetzesmaterialien klar, dass es bei Ableben des Pflegebedürftigen genügt, wenn die Sechsmonatsfrist im Fall einer längeren Lebensdauer voraussichtlich vorgelegen wäre Regierungsvorlage 776 BlgNR 18. Gesetzgebungsperiode 26; Gruber/Pallinger, BPGG [1994] Paragraph 4, Rz 27). Im Fall des Klägers kommt es daher darauf an, ob der ständige Pflegebedarf „voraussichtlich mindestens sechs Monate andauern wird".

Das BPGG hat in seiner ursprünglichen, mit 1. 7. 1993 in Kraft getretenen Fassung (BGBl 1993/110) in seinem § 9 vorgesehen, dass das Pflegegeld „mit Beginn des Monats, in dem die Voraussetzungen für die Zuerkennung erfüllt sind, frühestens aber mit Beginn des Monates, in dem der Antrag gestellt ... wurde", gebührt. Auf das Antragsprinzip verweist weiters § 25 BPGG. In diesem Sinn wurde in § 9 BPGG zwischen den „Voraussetzungen für die Zuerkennung" der Leistung und dem Antrag, der zum Anfall der Leistung führt differenziert. § 9 BPGG wurde mit dem Strukturanpassungsgesetz 1996 (BGBl 1996/201) anders formuliert, mit dem allein mit budgetären Erwägungen begründeten Ziel, dass der Anspruch erst ab dem der Antragstellung folgenden Monatsersten gebühren soll (RV 72 BlgNR 20. GP 204 und 239). Die ursprüngliche, mit dem Strukturanpassungsgesetz 1996 inhaltlich nur in Bezug auf den Leistungsanfall veränderte Fassung zeigt sehr deutlich, dass die Voraussetzungen für den Pflegegeldanspruch mit Beginn der Pflegebedürftigkeit (und der Erfüllung allfälliger weiterer vom BPGG geforderter materieller Voraussetzungen) vorliegen und ein Antrag den Anfall der Leistung auslöst; eine „Stichtagswirkung" (wie im Pensionsversicherungsrecht) kommt dem der Antragstellung folgenden Monatsersten ganz offensichtlich nicht zu. Demnach normiert § 4 Abs 1 BPGG als Anspruchsvoraussetzung, dass der ständige (= regelmäßig erforderliche) Betreuungs- und Hilfsbedarf eine gewisse Dauerhaftigkeit dadurch erreichen muss, dass er „voraussichtlich mindestens sechs Monate andauern wird".Das BPGG hat in seiner ursprünglichen, mit 1. 7. 1993 in Kraft getretenen Fassung (BGBl 1993/110) in seinem Paragraph 9, vorgesehen, dass das Pflegegeld „mit Beginn des Monats, in dem die Voraussetzungen für die Zuerkennung erfüllt sind, frühestens aber mit Beginn des Monates, in dem der Antrag gestellt ... wurde", gebührt. Auf das Antragsprinzip verweist weiters Paragraph 25, BPGG. In diesem Sinn wurde in Paragraph 9, BPGG zwischen den „Voraussetzungen für die Zuerkennung" der Leistung und dem Antrag, der zum Anfall der Leistung führt differenziert. Paragraph 9, BPGG wurde mit dem Strukturanpassungsgesetz 1996 (BGBl 1996/201) anders formuliert, mit dem allein mit budgetären Erwägungen begründeten Ziel, dass der Anspruch erst ab dem der Antragstellung folgenden Monatsersten gebühren soll Regierungsvorlage 72 BlgNR 20. Gesetzgebungsperiode 204 und 239). Die ursprüngliche, mit dem Strukturanpassungsgesetz 1996 inhaltlich nur in Bezug auf den Leistungsanfall veränderte Fassung zeigt sehr deutlich, dass die Voraussetzungen für den Pflegegeldanspruch mit Beginn der Pflegebedürftigkeit (und der Erfüllung allfälliger weiterer vom BPGG geforderter materieller Voraussetzungen) vorliegen und ein Antrag den Anfall der Leistung auslöst; eine „Stichtagswirkung" (wie im Pensionsversicherungsrecht) kommt dem der Antragstellung folgenden Monatsersten ganz offensichtlich nicht zu. Demnach normiert Paragraph 4, Absatz eins, BPGG als Anspruchsvoraussetzung, dass der ständige (= regelmäßig erforderliche) Betreuungs- und Hilfsbedarf eine gewisse Dauerhaftigkeit dadurch erreichen muss, dass er „voraussichtlich mindestens sechs Monate andauern wird".

Auch die gegenüber dem § 4 Abs 2 BPGG jüngere Norm des § 254 Abs 1 Z 1 ASVG verlangt für den Anspruch auf Invaliditätspension, dass „die Invalidität (§ 255) voraussichtlich sechs Monate andauert oder andauern würde". Abgesehen von der Nichtverwendung des Wortes „mindestens" (die aber nicht zu einem anderen Sinn führt) ist der relevante Wortlaut insoweit unterschiedlich zu § 4 Abs 1 BPGG, als in der ersten Alternative nicht die Zukunfts-, sondern die Gegenwartsform („andauert") verwendet wird. Die Regelung wurde - nach dem Inkrafttreten des BPGG - mit dem Strukturanpassungsgesetz 1996, BGBl 1996/201, eingeführt. Davor war in § 254 ASVG zwischen dauernder Invalidität (Abs 1 Z 1) und vorübergehender Invalidität (Abs 1 Z 2) differenziert worden, wobei bei letzterer der Anspruch auf Invaliditätspension voraussetzte, dass die vorübergehende Invalidität bereits vor dem Stichtag zumindest 26 Wochen angedauert hatte (siehe dazu 10 ObS 121/01v = SSV-NF 15/69). Näheres zu dem neu geregelten Erfordernis einer mindestens sechs Monate dauernden Invalidität ist den Gesetzesmaterialien (RV 72 BlgNR 20. GP 255) zwar nicht zu entnehmen; es ging aber um die generelle Festlegung einer Mindestdauer der Invalidität (vgl auch Choholka/Juch/Rudda/Souhrada/Sulzbacher, Strukturanpassungsgesetz 1996 - Änderungen im Sozialversicherungsrecht, SozSi 1996, 471 [478]), ohne dass im Gesetzeswortlaut (und auch nach den Gesetzesmaterialien) danach differenziert wurde, in welchem Zeitraum (vor oder nach dem Stichtag) die Invalidität liegt. Auch die Rechtsprechung interpretiert die Vorschrift so, dass sie eine Mindestdauer der Invalidität als Anspruchsvoraussetzung festlegt (10 ObS 81/99f = SSV-NF 13/49; 10 ObS 117/00d = SSV-NF 14/61; 10 ObS 27/03y); auf die zeitliche Lage vor oder nach dem Stichtag wird nicht abgestellt.Auch die gegenüber dem Paragraph 4, Absatz 2, BPGG jüngere Norm des Paragraph 254, Absatz eins, Ziffer eins, ASVG verlangt für den Anspruch auf Invaliditätspension, dass „die Invalidität (Paragraph 255,) voraussichtlich sechs Monate andauert oder andauern würde". Abgesehen von der Nichtverwendung des Wortes „mindestens" (die aber nicht zu einem anderen Sinn führt) ist der relevante Wortlaut insoweit unterschiedlich zu Paragraph 4, Absatz eins, BPGG, als in der ersten Alternative nicht die Zukunfts-, sondern die Gegenwartsform („andauert") verwendet wird. Die Regelung wurde - nach dem Inkrafttreten des BPGG - mit dem Strukturanpassungsgesetz 1996, BGBl 1996/201, eingeführt. Davor war in Paragraph 254, ASVG zwischen dauernder Invalidität (Absatz eins, Ziffer eins,) und vorübergehender Invalidität (Absatz eins, Ziffer 2,) differenziert worden, wobei bei letzterer der Anspruch auf Invaliditätspension voraussetzte, dass die vorübergehende Invalidität bereits vor dem Stichtag zumindest 26 Wochen angedauert hatte (siehe dazu 10 ObS 121/01v = SSV-NF 15/69). Näheres zu dem neu geregelten Erfordernis einer mindestens sechs Monate dauernden Invalidität ist den Gesetzesmaterialien Regierungsvorlage 72 BlgNR 20. Gesetzgebungsperiode 255) zwar nicht zu entnehmen; es ging aber um die generelle Festlegung einer Mindestdauer der Invalidität vergleiche auch Choholka/Juch/Rudda/Souhrada/Sulzbacher, Strukturanpassungsgesetz 1996 - Änderungen im Sozialversicherungsrecht, SozSi 1996, 471 [478]), ohne dass im Gesetzeswortlaut (und auch nach den Gesetzesmaterialien) danach differenziert wurde, in welchem Zeitraum (vor oder nach dem Stichtag) die Invalidität liegt. Auch die Rechtsprechung interpretiert die Vorschrift so, dass sie eine Mindestdauer der Invalidität als Anspruchsvoraussetzung festlegt (10 ObS 81/99f = SSV-NF 13/49; 10 ObS 117/00d = SSV-NF 14/61; 10 ObS 27/03y); auf die zeitliche Lage vor oder nach dem Stichtag wird nicht abgestellt.

Greifeneder/Liebhart, die in ihrem Handbuch Pflegegeld einen Fall wie den vorliegenden nicht unmittelbar ansprechen, gehen davon aus, dass zum Gewährungszeitpunkt eine Prognose gestellt werden müsse. Sie räumen auch ein, dass der Zeitraum von sechs Monaten nicht abgewartet werden müsse (Rz 121). Auch Pfeil (Neuregelung der Pflegevorsorge in Österreich [1994] 179) spricht ohne konkretes Eingehen auf einen mit dem vorliegenden vergleichbaren Fall von der Notwendigkeit einer Prognose für die weitere Entwicklung des Zustandes; den geforderten „Dauercharakter" des Pflegebedarfs sieht er dann erfüllt, wenn dieser voraussichtlich insgesamt für sechs Monate in einem zumindest der Stufe 1 entsprechenden Ausmaß besteht (ebenso Pfeil, Bundespflegegeldgesetz [1996] 84, und Gruber/Pallinger aaO § 4 Rz 26).Greifeneder/Liebhart, die in ihrem Handbuch Pflegegeld einen Fall wie den vorliegenden nicht unmittelbar ansprechen, gehen davon aus, dass zum Gewährungszeitpunkt eine Prognose gestellt werden müsse. Sie räumen auch ein, dass der Zeitraum von sechs Monaten nicht abgewartet werden müsse (Rz 121). Auch Pfeil (Neuregelung der Pflegevorsorge in Österreich [1994] 179) spricht ohne konkretes Eingehen auf einen mit dem vorliegenden vergleichbaren Fall von der Notwendigkeit einer Prognose für die weitere Entwicklung des Zustandes; den geforderten „Dauercharakter" des Pflegebedarfs sieht er dann erfüllt, wenn dieser voraussichtlich insgesamt für sechs Monate in einem zumindest der Stufe 1 entsprechenden Ausmaß besteht (ebenso Pfeil, Bundespflegegeldgesetz [1996] 84, und Gruber/Pallinger aaO Paragraph 4, Rz 26).

Ungeachtet des geringfügig unterschiedlichen Wortlauts von § 4 Abs 1 BPGG einerseits und § 254 Abs 1 Z 1 ASVG andererseits ist der Oberste Gerichtshof der Ansicht, dass es in beiden Fällen darum geht, eine Anspruchsvoraussetzung zu normieren, um zu erreichen, dass die Leistung nur zu gewähren ist, wenn eine gewisse Mindestdauer des Bedarfs besteht, ohne dass es auf die zeitliche Lagerung vor oder nach Antragstellung ankommt. Entscheidend ist aber nicht ein tatsächlicher Pflegebedarf in der Dauer von mindestens sechs Monaten, sondern dass er voraussichtlich zumindest über diesen Zeitraum anhalten wird, da andernfalls die Leistungen nicht zeitnah zum Pflegebedarf gewährt werden könnten. Wie das deutsche Bundessozialgericht in seinem Urteil vom 17. 3. 2005, B 3 P 2/04 R, auf insoweit vergleichbarer Rechtslage zu § 14 Abs 1 SGB XI ausgesprochen hat, ist stets eine vorausschauende Prognosebetrachtung (vom Zeitpunkt der Antragstellung aus) maßgeblich, auch wenn der zwischenzeitige tatsächliche Geschehensaublauf diese Prognose nicht bestätigt.Ungeachtet des geringfügig unterschiedlichen Wortlauts von Paragraph 4, Absatz eins, BPGG einerseits und Paragraph 254, Absatz eins, Ziffer eins, ASVG andererseits ist der Oberste Gerichtshof der Ansicht, dass es in beiden Fällen darum geht, eine Anspruchsvoraussetzung zu normieren, um zu erreichen, dass die Leistung nur zu gewähren ist, wenn eine gewisse Mindestdauer des Bedarfs besteht, ohne dass es auf die zeitliche Lagerung vor oder nach Antragstellung ankommt. Entscheidend ist aber nicht ein tatsächlicher Pflegebedarf in der Dauer von mindestens sechs Monaten, sondern dass er voraussichtlich zumindest über diesen Zeitraum anhalten wird, da andernfalls die Leistungen nicht zeitnah zum Pflegebedarf gewährt werden könnten. Wie das deutsche Bundessozialgericht in seinem Urteil vom 17. 3. 2005, B 3 P 2/04 R, auf insoweit vergleichbarer Rechtslage zu Paragraph 14, Absatz eins, SGB römisch XI ausgesprochen hat, ist stets eine vorausschauende Prognosebetrachtung (vom Zeitpunkt der Antragstellung aus) maßgeblich, auch wenn der zwischenzeitige tatsächliche Geschehensaublauf diese Prognose nicht bestätigt.

Dann, wenn ein Teil des Sechsmonatszeitraums bereits vor der Antragstellung liegt, kann dem Wort „voraussichtlich" normative Bedeutung nur mehr für den in der Zukunft gelegenen Zeitraum zukommen; diesbezüglich ist eine Prognose anzustellen, ob „voraussichtlich" insgesamt ein Sechsmonatszeitraum erreicht wird. Bei Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen gebührt das Pflegegeld mit Beginn des der Antragstellung folgenden Monats (§ 9 Abs 1 BPGG).Dann, wenn ein Teil des Sechsmonatszeitraums bereits vor der Antragstellung liegt, kann dem Wort „voraussichtlich" normative Bedeutung nur mehr für den in der Zukunft gelegenen Zeitraum zukommen; diesbezüglich ist eine Prognose anzustellen, ob „voraussichtlich" insgesamt ein Sechsmonatszeitraum erreicht wird. Bei Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen gebührt das Pflegegeld mit Beginn des der Antragstellung folgenden Monats (Paragraph 9, Absatz eins, BPGG).

Der Oberste Gerichtshof übersieht nicht die Konsequenz, dass beispielsweise bei einer Kombination aus einem länger dauernden stationären Aufenthalt in einer Krankenanstalt und einer anschließenden häuslichen Rekonvalenszenz ein Anspruch auf Pflegegeld für den gesamten Zeitraum besteht, wenn die Gesamtdauer mindestens sechs Monate beträgt; dieses Ergebnis wird aber dadurch bestätigt, dass § 12 BPGG für die Dauer des stationären Aufenthalts ein Ruhen des Anspruchs auf Pflegegeld normiert (§ 12 BPGG).Der Oberste Gerichtshof übersieht nicht die Konsequenz, dass beispielsweise bei einer Kombination aus einem länger dauernden stationären Aufenthalt in einer Krankenanstalt und einer anschließenden häuslichen Rekonvalenszenz ein Anspruch auf Pflegegeld für den gesamten Zeitraum besteht, wenn die Gesamtdauer mindestens sechs Monate beträgt; dieses Ergebnis wird aber dadurch bestätigt, dass Paragraph 12, BPGG für die Dauer des stationären Aufenthalts ein Ruhen des Anspruchs auf Pflegegeld normiert (Paragraph 12, BPGG).

Gegen das Ergebnis, dass es nicht auf die zeitliche Lagerung vor oder nach Antragstellung ankommt, spricht im Übrigen auch nicht die Entscheidung 10 ObS 30/95 (SSV-NF 9/14). Dass der Oberste Gerichtshof darin auf eine Dauer des ständigen Pflegegebedarfs von mindestens sechs Monaten ab dem Inkrafttreten des BPGG mit 1. 7. 1993 abgestellt hat (weshalb ein bis November 1993 dauernder Pflegebedarf als nicht ausreichend angesehen wurde, um die von § 4 Abs 1 BPGG geforderten sechs Monate zu erfüllen) hat seinen Grund darin, dass ein vor dem Inkrafttreten des BPGG liegender Zeitraum nicht als anspruchsbegründend angesehen werden konnte.Gegen das Ergebnis, dass es nicht auf die zeitliche Lagerung vor oder nach Antragstellung ankommt, spricht im Übrigen auch nicht die Entscheidung 10 ObS 30/95 (SSV-NF 9/14). Dass der Oberste Gerichtshof darin auf eine Dauer des ständigen Pflegegebedarfs von mindestens sechs Monaten ab dem Inkrafttreten des BPGG mit 1. 7. 1993 abgestellt hat (weshalb ein bis November 1993 dauernder Pflegebedarf als nicht ausreichend angesehen wurde, um die von Paragraph 4, Absatz eins, BPGG geforderten sechs Monate zu erfüllen) hat seinen Grund darin, dass ein vor dem Inkrafttreten des BPGG liegender Zeitraum nicht als anspruchsbegründend angesehen werden konnte.

Der Revision des Klägers ist daher hinsichtlich des Zeitraums vom 1. 2. 2004 bis zum 31. 5. 2004 Folge zu geben; in diesem Zeitraum besteht Anspruch auf Pflegegeld der Stufe 4.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit a ASGG. Auch bei einer Bemessungsgrundlage (Wert des Ersiegten) von EUR 2.530,80 beträgt der Tarifansatz nach TP 3C RATG EUR 173,50.Die Kostenentscheidung beruht auf Paragraph 77, Absatz eins, Ziffer 2, Litera a, ASGG. Auch bei einer Bemessungsgrundlage (Wert des Ersiegten) von EUR 2.530,80 beträgt der Tarifansatz nach TP 3C RATG EUR 173,50.

Textnummer

E78300

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2005:010OBS00061.05A.0906.000

Im RIS seit

06.10.2005

Zuletzt aktualisiert am

09.02.2012
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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